Cover-Bild Der unsichtbare Roman
24,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Diogenes
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 272
  • Ersterscheinung: 25.09.2019
  • ISBN: 9783257070774
Christoph Poschenrieder

Der unsichtbare Roman

Wer ist schuld am Ersten Weltkrieg? Im Jahr 1918 wird die Frage immer drängender. Da erhält der Bestsellerautor Gustav Meyrink in seiner Villa am Starnberger See ein Angebot vom Auswärtigen Amt: Ob er – gegen gutes Honorar – bereit wäre, einen Roman zu schreiben, der den Freimaurern die Verantwortung für das Blutvergießen zuschiebt. Der ganz und gar unpatriotische Schriftsteller und Yogi kassiert den Vorschuss – und bringt sich damit in Teufels Küche.

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 24.11.2019

Mit der Wahrheit ist das so eine Sache ...

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Zugegeben: Ein wenig Konzentration sollte man schon mitbringen, wenn man sich an „Der unsichtbare Roman“ von Christoph Poschenrieder heranmacht. Genau wie man ein wenig langen Atem braucht. Dann aber bietet ...

Zugegeben: Ein wenig Konzentration sollte man schon mitbringen, wenn man sich an „Der unsichtbare Roman“ von Christoph Poschenrieder heranmacht. Genau wie man ein wenig langen Atem braucht. Dann aber bietet dieses 272-seitige Buch, im September 2019 bei Diogenes erschienen, Leserinnen und Lesern einige vergnügliche, lehrreiche und interessante Lesestunden.
Der heute fast in Vergessenheit geratene Schriftsteller Gustav Meyrink (1868 – 1932) wird vom Auswärtigen Amt beauftragt, einen Roman zu schreiben, in dem den Freimaurern die Schuld am Ersten Weltkrieg zugeschoben wird. Da er sich selbst in einem finanziellen Engpass befindet – „Es zwickt und beißt (…) im Portemonnaie“ (S. 19) – sagt er kurzerhand zu, doch es will mit dem Schreiben nicht so recht vorangehen. „Erst hat Meyrink es nicht versucht, jetzt, wo er will, geht es nicht.“ (S. 187). Und so gerät er in eine Schreibkrise, die ihresgleichen sucht.
Diesen Auftrag gab es tatsächlich – allein erfüllt wurde er, zumindest von Meyrink, nie. Warum? Dieser Frage spürt Poschierender in diesem Roman nach.
Zuerst will Meyrink ganz einfach nicht schreiben. Der Vorschuss ist da, der Starnberger See ruft … und so tut Meyrink das, was ihm das Liebste ist: Das Leben genießen. Wenn ihn dann das schlechte Gewissen doch ein wenig plagt, begibt er sich zu Recherchezwecken in einschlägige Etablissements. Einschlägig, weil dort das Leben brodelt. Das Leben der Sozialisten und Aufrührer. Und ohne es wirklich zu wollen, als ganz und gar unpolitischer Mensch, gerät der einstige Erfolgsautor mitten in die Wirren der Münchner Novemberrevolution des Jahres 1918. Für Leserinnen und Leser hat dieses zur Folge, dass es neben Unterhaltung auch noch einiges zu erfahren und überdenken gibt.
Ja, selbst das Resümieren über das eigene Leben, was eben das eine oder andere Mal für Langatmigkeit sorgt, erscheint dem Auftragsschriftsteller interessanter als die eigentliche Arbeit. In immer wieder eingeschobenen Ich-Kapiteln beschreibt er seinen Lebensweg: seine Versuche, auf unbürokratische Weise an Geld zu kommen, seine Ausflüge in die Welt der Alchemie (wozu denn das?) und des Okkultismus und seinen Werdegang als Schriftsteller, dessen „Golem“ Auflagen erreichten, die andere vor Neid erblassen ließen – und das alles pointiert und selbstironisch.
Als ihm das Wasser dann bis zum Halse steht, beginnt er zu schreiben. Und: Es klappt. Doch gerade, als sich der Roman „wie von selbst“ schreibt, die letzte Hürde: Die Schrift verblasst, das Schreibband der Schreibmaschine ist „staubtrocken“…, doch was soll’s? Man soll den Schreibfluss nicht unterbrechen. So entsteht schließlich ein Roman im Roman, der unsichtbar ist und zudem äußerst amüsant.
So wie Meyrink in seinem Werk Phantastisches mit Realem vermischte, macht es auch der Autor dieses Romans: Immer wieder werden „Recherchenotizen“ eingefügt, die den Lesefluss zwar unterbrechen, jedoch zeigen, was ein Autor aus historisch Belegtem machen kann – und wie er es umdefinieren kann. Fürs Lesen hat das zur Folge, dass man sich immer wieder fragt, was denn nun Fiktion und Realität ist – und ganz nebenbei erfährt, dass geschriebene Geschichten nicht immer wahr sein müssen; das galt früher, das gilt heute.
Poschenrieders Schreibstil hat mich von Anfang an fasziniert: Sein Roman ist zwar nicht gerade unkompliziert aufgebaut, was beim Lesen eben einiges an Konzentration erfordert, aber die Sprache zeugt von Virtuosität, trifft die Sachen auf den Punkt und sprüht vor Witz und Ironie. Gerade die Dialoge und Selbstreflexionen sind äußerst amüsant, zum Teil auch bissig zu lesen und haben mich beim Lesen die Zeit vergessen lassen.
Meyrinks „Der Golem“ steht schon langer auf meiner „Muss ich unbedingt noch lesen“-Liste. „Der unsichtbare Roman“ hat mich wieder darin bestärkt, mich unbedingt mit diesem Schriftsteller und seinem Werk auseinanderzusetzen. Außerdem hat Christoph Poschenrieder mir mit seinem neusten Roman einige amüsante und lehrreiche Lesestunden beschert, und er konnte mich 100%-ig überzeugen. Auf jeden Fall werde ich noch weitere von Poschenrieders Romanen zur Hand nehmen. Mit viereinhalb von fünf Lesepunkten (den halben Punktabzug gibt es, weil ich am Anfang doch einiges mehrmals lesen musste) empfehle ich dieses Buch gerne allen weiter, die Wert auf intelligente, anspruchsvollere und dennoch humorvolle Lektüre legen.

Veröffentlicht am 09.10.2019

Es lohnt sich immer einen Roman von Poschenrieder zu lesen

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Christoph Poschenrieders Bücher zu lesen, macht einfach Spaß, da sie gut geschrieben sind. Man fliegt durch die Seiten und die Geschichte wächst und wächst. Es ist immer ein Augenzwinkern dabei und dieser ...

Christoph Poschenrieders Bücher zu lesen, macht einfach Spaß, da sie gut geschrieben sind. Man fliegt durch die Seiten und die Geschichte wächst und wächst. Es ist immer ein Augenzwinkern dabei und dieser feine leise Humor schafft es, dass man selbst schwere Thema leichter erträgt. In diesem Buch erzählt er die Geschichte von Gustav Meyrink und der Diskussion, wer am ersten Weltkrieg Schuld war bzw. wem man diese Schuld zuschieben kann. Meyrink weiß zunächst nicht so richtig, was er von diesem Angebot, welches vom Auswärtigen Amt kam, halten soll. Doch das Honorar war einfach zu gut, um es nicht doch anzunehmen. Jedoch hat Meyrink seinen eigenen Widerwillen gegen diese Auftragsarbeit unterschätzt und vertrödelt seine Zeit, verprasst seinen Vorschuss und hält das Auswärtige Amt mit fadenscheinigen Antworten auf Abstand. Die Geschichte wird immer wieder mit Recherchenotizen und Archivbelegen von Christoph Poschrieder untermauert und weitererzählt. Über Meyrinks Vorgehen und seine Gedankengänge musste ich ab und an schmunzeln, wie er sich windet, um seinen Auftrag, den Freimaurern die Schuld zuzuschieben, nicht aufschreiben zu müssen. Denn bewiesen ist nichts und die Angst seinen Ruf zu schädigen ist groß. Es ist eine wahre Geschichte, die der Autor, in einen anschaulichen und unterhaltsamen Roman verpackt hat. Das Thema ist interessant und man erhält Einblicke in die damalige Politik und deren Vorgehen und Denkweise