Cover-Bild Langsame Jahre
(2)
  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
20,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Rowohlt
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 208
  • Ersterscheinung: 18.06.2019
  • ISBN: 9783498001049
Fernando Aramburu

Langsame Jahre

Willi Zurbrüggen (Übersetzer)

Ein achtjähriger Junge wird von seinen Eltern zu Verwandten gesckickt, sie selbst können ihn nicht mehr ernähren. In San Sebastián erwartet ihn eine typisch baskische Familie der sechziger Jahre: Die Tante hat das Sagen, ihr Mann kriegt den Mund nicht auf. Die Cousine und der Cousin suchen auf verschiedene Weisen neue Freiheiten, von denen die Eltern nichts wissen. Der Junge beobachtet mit den staunenden Augen eines Kindes, wie mühevoll es ist, seinen eigenen Weg zu finden. Doch als er seine Chance bekommt, nutzt er sie.
In „Langsame Jahre“ wird beschrieben, wie die Geschehnisse, die in Aramburus Erfolgsroman „Patria“ einzelne Familien und schließlich das ganze Land auseinanderbrechen lassen, ihren Anfang nehmen.

Weitere Formate

Dieses Produkt bei deinem lokalen Buchhändler bestellen

Lesejury-Facts

  • Dieses Buch befindet sich bei Dajobama in einem Regal.
  • Dajobama hat dieses Buch gelesen.

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.12.2019

Wie alles begann...

0

Langsame Jahre – Fernando Aramburu
Ist es tatsächlich so, dass Zeit, die man in einer Diktatur (vergleichsweise Gefangenschaft) verbringt, wesentlich langsamer vergeht, als Jahre in Freiheit? Ja, vermutlich ...

Langsame Jahre – Fernando Aramburu
Ist es tatsächlich so, dass Zeit, die man in einer Diktatur (vergleichsweise Gefangenschaft) verbringt, wesentlich langsamer vergeht, als Jahre in Freiheit? Ja, vermutlich ist das so und damit hat Aramburu seinen Buchtitel treffend gewählt, denn wie schon in seinem großen Erfolg „Patria“ geht es um die schweren Jahre der Basken unter Francos Herrschaft.
Sehr viel mehr möchte ich zum Inhalt auch gar nicht sagen, es geht um eine einfache baskische Familie, die in diesen langen und harten Jahren um ein einigermaßen normales Leben kämpft. Der Klappentext sagt dazu:
„Nach dem großen Erfolg des Baskenromans „Patria“ wird hier erzählt, wie alles begonnen hat: eine berührende Familiengeschichte aus der Perspektive eines Kindes“

Aramburu kann schreiben, das ist gewiss. Er vermag es, den Leser mit wenigen Sätzen in seinen Bann zu ziehen und ihn in ein anderes Land, eine andere Zeit, ein völlig fremdes Leben zu entführen.
Es ist unmöglich, diesen Roman nicht mit seinem großen Bruder „Patria“ zu vergleichen, egal welches Buch denn nun zuerst geschrieben wurde bzw. erschienen ist.
Wie schon erwähnt, sind Thematik und Schreibstil unverkennbar, quasi ein Markenzeichen Aramburus. Der Aufbau dieses Romans unterscheidet sich allerdings grundlegend. Zum einen ist „Langsame Jahre“ wesentlich schmaler. Zum anderen beschreibt hier ein Junge dem Autor seine Erinnerungen. Dieser notiert sie, macht sich in vielen Einschüben selbst Notizen, wie das Erzählte zu einem Roman verarbeitet werden kann. So setzt sich dieses Buch aus Erzählungen und Bruchstücken eines Skripts zusammen. Ist dies einerseits sehr interessant, da es Einblicke in das Handwerk des Schriftstellers gewährt, hemmt es doch ein bisschen den Lesefluss und lässt den Leser emotional
nicht so nah an die Figuren heran, wie er das aus „Patria“ gewohnt ist.

Fazit: Absolut lesenswert, an „Patria“ reicht es aber nicht ganz heran!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 01.07.2019

Baskische Kindheitserinnerungen mit zwei Erzählebenen

0

2018 gehörte der gut 750 Seiten starke Roman "Patria" von Fernando Aramburu zu meinen Lieblingsbüchern. Nun ist sein im Original bereits 2012 veröffentlichtes, nur 200 Seiten umfassendes Buch "Langsame ...

2018 gehörte der gut 750 Seiten starke Roman "Patria" von Fernando Aramburu zu meinen Lieblingsbüchern. Nun ist sein im Original bereits 2012 veröffentlichtes, nur 200 Seiten umfassendes Buch "Langsame Jahre" auf Deutsch erschienen. Obwohl beide Titel sich mit dem Baskenland und der ETA befassen, sind sie doch inhaltlich und erzähltechnisch ganz verschieden. In "Patria" geht es um zwei Familien, Opfer und Täter. In den kurzen, nicht chronologisch geordneten Kapiteln steht je einer der neun Protagonisten im Mittelpunkt und einzelne Sätze werden aus der Ich-Perspektive erzählt. "Langsame Jahre" dagegen ist die Erinnerung eines Mannes an seine Kindheit in den Jahren 1968 bis 1971, als er Pflegekind im Haushalt seiner Tante in San Sebastián war. Er erzählt seine Geschichte dem Schriftsteller Fernando Aramburu und mahnt diesen immer wieder zur literarischen Verfremdung und zum Persönlichkeitsschutz. Beide, Erzähler und Romanautor, haben ihre Kindheit vor 40 Jahren im Stadtviertel Ibaeta verbracht. Der erzähltechnische Clou besteht darin, dass Aramburu 39 Einschübe mit Anmerkungen für einen zu schreibenden Roman in die im Original wiedergegebene Ich-Erzählung einfügt. In diesen nummerierten „Notaten“ ergänzt Aramburu eigene Erinnerungen, berichtigt Fehler des Erzählers, spielt mit möglichen Erzählvarianten und entwirft probeweise Dialoge. Durch diesen Blick in die Schreibstube gaukelt er dem Leser Authentizität vor.

Der namenlose Ich-Erzähler, von seinem Cousin Txiki genannt, kommt Anfang 1968 als Achtjähriger aus einem Dorf in Navarra nach San Sebastián. Seine Mutter kann die drei Söhne nach dem Weggang des Vaters nicht ernähren, und so kommt er als jüngster in den Haushalt seiner Tante, die beiden älteren ins Armenhaus nach Pamplona. Onkel, Tante, Cousine und Cousin nehmen ihn einigermaßen liebevoll auf, er verlebt hier insgesamt neun Jahre „ohne all jene Grausamkeiten und Kümmernisse, die sich für die Romanliteratur gewöhnlich als so nutzbringend erweisen“. Der intelligente Junge teilt sein Zimmer mit seinem zehn Jahre älteren Cousin Julen und wird, ohne es richtig zu verstehen, als einziger in der Familie Zeuge von dessen Radikalisierung unter dem Einfluss des örtlichen Priesters. Julen träumt davon, ein Held der baskischen Befreiung zu werden, und muss dafür teuer bezahlen. Die Cousine Mari Nieves führt zum Entsetzen ihrer Mutter ein lasterhaftes Leben und wird schwanger, sodass schnellstmöglich ein Ehemann gefunden werden muss - koste es, was wolle.

Anders als in "Patria" gibt es in diesem Roman nicht nur Verlierer. Zwar ist die Geschichte nicht ganz so intensiv und einiges bleibt der Interpretation des Lesers überlassen, doch hat mir die Perspektive des Kindes auf den Alltag „einfacher Leute mit wenig Bildung“ im franquistischen Baskenland und die Rekrutierung durch die ETA gefallen. Zusammen mit der originellen Erzählweise, der wertigen Aufmachung und dem sehr gut ausgewählten Cover ist auch dieser ältere Roman des in Deutschland lebenden Basken Fernando Aramburu auf jeden Fall empfehlenswert.