Cover-Bild Wie konnte das geschehen? Deutschland 1933 bis 1945
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34,00
inkl. MwSt
  • Verlag: S. FISCHER
  • Themenbereich: Geschichte und Archäologie - Geschichte
  • Genre: Sachbücher / Geschichte
  • Seitenzahl: 768
  • Ersterscheinung: 27.08.2025
  • ISBN: 9783103973648
Götz Aly

Wie konnte das geschehen? Deutschland 1933 bis 1945

Götz Aly zählt zu den bekanntesten Autoren zur Geschichte des Nationalsozialismus und des Holocaust – hier stellt er die zentrale Frage: Wie konnte das geschehen?
In einer schweren Krise wurde die NSDAP 1932 zur mit Abstand stärksten Partei gewählt. Bald konnte sie die Macht übernehmen und auf wachsende gesellschaftliche Zustimmung bauen. Hitler brauchte den Krieg – das Volk fürchtete sich davor. Dennoch terrorisierten schließlich 18 Millionen deutsche Soldaten Europa. Wie kam es dazu?  Warum beteiligten sich Hunderttausende an beispiellosen Massenmorden?
Die Antwort ist vielschichtig. Die NSDAP versprach den Deutschen Aufstieg und Wohlstand , zugleich hielt man die Menschen in Bewegung, keine Atempause, keine Zeit zum Nachdenken, so ging es Richtung Krieg . Als der Glaube an einen Sieg nachließ, wurde aus der Volksgemeinschaft eine Verbrechensgemeinschaft . Jeder konnte wissen, welche Schuld die Deutschen auf sich luden , die Angst vor dem, was nach einer Niederlage geschehen würde, wurde bewusst geschürt .
Götz Aly schildert in einer fesselnden Erzählung die Herrschaftsmethoden, mit denen die NS-Machthaber Millionen Deutsche in gefügige Vollstrecker oder in vom Krieg abgestumpfte Mitmacher verwandelten – und von denen nicht wenige beängstigend aktuell sind. 

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.11.2025

Das Wegschauen und das Komplizentum

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In seinen Büchern über das nationalsozialistische Deutschland hat der Historiker Götz Aly schon wiederholt die Stimmung der Bevölkerung im Zweiten Weltkrieg untersucht. Mit seinem neuen Buch "Wie konnte ...

In seinen Büchern über das nationalsozialistische Deutschland hat der Historiker Götz Aly schon wiederholt die Stimmung der Bevölkerung im Zweiten Weltkrieg untersucht. Mit seinem neuen Buch "Wie konnte das geschehen?" versucht er Antworten zu geben auf eine Kernfrage, die wohl alle beschäftigt, die sich mit dem Dritten Reich, der Schoah und deutschen Kriegsverbrechen befassen oder darüber lernen. Das Buch mit teilweise persönlichen Elementen beim Rückblick auf das Verhalten und die Stimmung in der eigenen Familie liefert viel Stoff zum Nachdenken - auch und gerade dann, wenn Vergleiche zu den Themen und Strategien rechtspopulistischer und rechtsextremer Parteien und Gruppierungen in der Gegenwart gezogen werden.

Aly zeigt, dass das Komplizentum und die Einbindung der "Normalbevölkerung" weitaus verbreiteter waren und auf vielen Ebenen stattfanden, eben nicht nur bei denen, die 1938 dank "arisierter" Betriebe und Geschäfte wirtschaftlich ganz anders durchstarteten. Dass der Ausschluss von Juden von Bildungseinrichtungen und ihre Verdrängung aus guten beruflichen Positionen Chancen öffnete für viele, die vielleicht weder politisch noch antisemitisch waren, die aber gleichwohl von der antisemitischen Politik profitierten und Aufstiegschancen erhielten, die zuvor nicht denkbar gewesen wären. Dass es eben nicht nur die immer wieder zitierten Autobahnen waren, die Arbeitsplätze schufen sondern Gesetzespakete für mehr soziale Absicherung bei Arbeitslosigkeit, Krankheit und im Alter, die für viele Menschen eine tatsächliche Verbesserung der Lebensumstände bedeuteten und die Bevölkerung gewissermaßen einfingen.

Aly räumt auch mit zahlreichen Legenden auf, etwa dem Heldentum und der Verfolgung von Gewerkschaftern, Sozialdemokraten oder Kommunisten, die seinen Zahlen zufolge deutlich niedriger ausfiel als in der Nachkriegszeit verbreitet. Mit Untersuchung unter anderem der Goebbels-Tagebücher, oder zeitgenössischer Medienberichterstattung geht er auch díe Entschuldungsbehauptung an, die Menschen in Deutschland hätten ja nichts gewusst: Die Deportationen von jüdischen Mitbürgern begann mit allseits sichtbaren Zügen durch deutsche Städte, die Absichten des Regimes gegenüber den deutschen wie europäischen Juden waren keineswegs unverschleiert und wurden immer deutlicher, je weiter der Krieg voran- und der deutschen Niederlage entgegenschritt. Dies auch, um ein Gefühl von "Mitgefangen, mitgehangen" zu erzeugen, wie auch die Analyse von Soldatenbriefen insbesondere von der Ostfront zeigt: Wer so viele Verbrechen sah oder daran beteiligt war, hat allen Grund, die Rache der Sieger zu fürchten.

Ein wenig erinnert die Analyse an den Clinton-Wahlkampfslogan "It´s the economy, stupid!" - denn die Argumentation Alys beruht darauf, dass es weniger Ideologie war, die das nationalsozialistische Deutschland prägte, sondern wirtschaftliche und politische Interessen, bei der jüdisches Eigentum eine wichtige Rolle spielte - auch bei der Finanzierung des zunehmend verschuldeten Staates. Mit diesem Ansatz unterscheidet er sich von vielem, was etwa in meinen Geschichtsbüchern im Schulunterricht stand und liefert auch plausible Erklärungen auf die Frage "Wie war es möglich" - es hatte sich für viele einfach gelohnt.

Veröffentlicht am 08.11.2025

Wie Macht Schritt für Schritt normal wurde

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Fünf Sterne sind beinahe zu wenig für ein Buch, das einen so kalt erwischt — und dann doch nicht loslässt. Götz Aly schafft das Kunststück, mir die Abgründe der Jahre 1933–1945 nicht als staubige Lehrstunde, ...

Fünf Sterne sind beinahe zu wenig für ein Buch, das einen so kalt erwischt — und dann doch nicht loslässt. Götz Aly schafft das Kunststück, mir die Abgründe der Jahre 1933–1945 nicht als staubige Lehrstunde, sondern als hochkonzentriertes Sogereignis zu servieren: präzise, unaufgeregt, und doch mit einer Wucht, die unter die Haut geht. Keine heroischen Narrative, keine Ausflüchte — stattdessen: Mechanik der Macht, Kalkül der Verführer und die fatale Normalität des Mitläufertums.

Man liest nicht seicht. Vielmehr stolpert man immer wieder über Details, bei denen man sich die Hände reibt und wünscht, man hätte diese Quellen früher gekannt. Aly zeigt, wie Verheißungen von Wohlstand, kleine Privilegien und ständige Mobilisierung den freudigen Radau für eine Gesellschaft lieferten, die kaum Zeit zum Atmen blieb. Wer glauben wollte, das alles sei nur von oben diktiert worden, merkt schnell: die Landkarte der Verantwortung ist viel dichter.

Erzählerisch bleibt das Buch nah beim Menschen, ohne sentimental zu werden. Biografische Skizzen, wirtschaftliche Analysen und die nüchterne Sprache zusammengefügt — das ergibt ein Mosaik, das in seiner Schärfe kaum vergleichbar ist. Besonders eindringlich: wie Angst und Propaganda zu Handlungsmotoren wurden und wie sehr die Aussicht auf „Weiter so“ moralische Sinne betäubte. Das liest sich nicht immer leicht, aber gerade das ist Stärke: Konfrontation statt Beschönigung.

Kritisch: Aly verlangt Aufmerksamkeit. Wer leichte Kost sucht, ist hier falsch aufgehoben. Dafür belohnt das Buch mit Klarheit und einer Menge Erkenntnis, die sich wie ein Kompass verhakt. Zum Schluss bleibt ein beklemmendes Gefühl — und das ist gut so. Geschichte, die wachrüttelt, statt wegnickt.

Dieses Buch ist kein Trostpflaster, sondern ein Spiegel — unbequem, dringend und erstaunlich aktuell in seiner Warnung.

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