Cover-Bild Das Herzflorett
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24,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Luchterhand
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Erzählende Literatur
  • Seitenzahl: 288
  • Ersterscheinung: 11.09.2024
  • ISBN: 9783630876603
Marica Bodrožić

Das Herzflorett

Roman
Ein Dorf im Taunus. Eine Familie aus Dalmatien. Eine zerrissene Kindheit und eine rebellische Jugend. Die vielfach preisgekrönte Autorin Marica Bodrožić erzählt von einer jungen Frau und ihrem Weg in die Freiheit.

Pepsi liebt das Leben und den flimmernden Schlaf des Sommers. Ihre Eltern arbeiten in Hessen und tauchen nur in den Sommerferien auf dem einsamen Hof des Großvaters in Dalmatien auf. Zeitweise kommt sie auch bei anderen Verwandten unter, doch wo immer sie ist, bleibt sie fremd. Nur in der Natur fühlt sie sich aufgehoben, verbringt, fasziniert von der Sprache der Vögel am Himmel, ihre Tage barfuß im Gras. Als die Eltern sie zu ihren Geschwistern in die Einzimmerwohnung in einem Dorf im Taunus holen, will Pepsi sofort wieder weg. Die vom Putzen rissigen Hände der Mutter sind zu keiner Zärtlichkeit fähig. Der Vater beginnt seine Tage mit Schnaps. Das neue Leben hält aber zugleich Dinge bereit, zu denen das Mädchen sich wie magnetisch hingezogen fühlt. Die Welt der Bücher und Buchstaben, die deutsche Sprache, in die sie sich so plötzlich und heftig verliebt wie später in Aleksandar. Doch als sie Abitur machen und studieren will, wird ihr das verboten, weil sie kein Junge ist. Es ist wie ein Stich ins Herz, ein Abschied - und zugleich ein Neubeginn.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 14.04.2025

Faszinierend, bereichernd und erschütternd zugleich

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Pepsi wächst als Kind jugoslawischer Eltern in einem hessischen Dorf auf, gemeinsam mit ihren beiden jüngeren Geschwistern. Wir begleiten sie knapp 10 Jahre lang bis zu ihrem 18. Lebensjahr. Währenddessen ...

Pepsi wächst als Kind jugoslawischer Eltern in einem hessischen Dorf auf, gemeinsam mit ihren beiden jüngeren Geschwistern. Wir begleiten sie knapp 10 Jahre lang bis zu ihrem 18. Lebensjahr. Währenddessen können wir beobachten, wie der Einfluss und der Erziehungsstil der Eltern die Entwicklung der Kinder bestimmen und prägen - und wie Pepsi trotzdem ihren Weg geht.

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Marica Bodrožić hat mit „Das Herzflorett“ ein sprachlich zartes und zugleich so poetisches Werk erschaffen. Ich hatte während der Lektüre immer wieder ein Bild im Kopf: ein Seidentuch, das durch Dornenbüsche und Stacheldraht gezogen wird, und das dabei zwar immer wieder Fäden zieht, aber nie ganz kaputt geht.

Pepsi muss durch ihre Eltern so schlimme Gewalt erleben - körperlich und psychisch, dass es wirklich schwer zu ertragen ist. Die Worte der Mutter sind so schlimm, so grausam und so unvorstellbar. Doch Pepsi leistet stillen Widerstand.

Mich hat Pepsis Wesen tief beeindruckt: Wenn es zu schlimm wird, wird sie still, blickt in die Natur und findet dort Erlösung. Harmonie und Freundlichkeit der Welt gegenüber sind ihr Weg. Sie hat alles durchlebt – Erniedrigung, Machtmissbrauch, Brutalität – doch nie lässt sie sich von Hass, Wut oder Rachelust leiten.

Stattdessen schlägt sie in ihrem Lexikon nach, was sie nicht versteht. Und es gelingt ihr, die Gewalt der Eltern zu interpretieren und sie nicht auf sich selbst zu beziehen. Sie lernt, dass sie selbst keine Schuld trifft und dass ihre Eltern eigene Erfahrungen auf die Kinder projizieren.

Was vielleicht nüchtern klingt, ist durch die Sprache der Autorin so nah und intim aus Pepsis Augen zu sehen, dass es mich oftmals erstarren lässt. Und was für mich zurückbleibt, ist ganz ganz große Bewunderung für Pepsis wunderschönen Charakter.

Dieses Buch ist kein einfacher Roman, es ist eine seelische Grenzerfahrung - doch eine sehr lehrreiche. Große Empfehlung für alle, die fühlen wollen, wie Literatur unser Innerstes berühren kann und dass Sanftheit auch Stärke ist.

Veröffentlicht am 27.09.2024

Eine jugoslawische Familientragik

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Pepsi lebt bei ihrer Großmutter. In den Sommerferien kommen ihre Eltern zu Besuch, sitzen mit ihr unter dem Mandelbaum und freuen sich über die Zeit, die sie in ihrer Heimat verbringen. In Deutschland, ...

Pepsi lebt bei ihrer Großmutter. In den Sommerferien kommen ihre Eltern zu Besuch, sitzen mit ihr unter dem Mandelbaum und freuen sich über die Zeit, die sie in ihrer Heimat verbringen. In Deutschland, wo sie arbeiten, fliegen die Tage dahin. Die Mutter putzt in Schulen, Büros und überall, wo sie schneller ist als ihre Konkurrentinnen.

Pepsi vermisst ihre Geschwister, die schöne Herzmandel und den stillen Bruder. Als die muslimische Bevölkerung in Dalmatien nicht mehr gern gesehen ist, kommt sie zu einer Tante, nach deren Tod zu einer anderen. Dort bekommt sie wenig zu essen, weil die beiden Söhne der Tante gieriger sind als sie und weil Jungs wichtiger sind. Pepsi hält die Trennung von Eltern und Geschwistern kaum aus und deswegen schreibt sie ihren Eltern einen Brief.

Die Eltern holen alle Kinder in den Taunus, wo sie auf engstem Raum leben. Pepsi empfindet tiefe Zärtlichkeit für die Mutter, deren rissige Hände schmerzen. Die Mutter, immer in Bewegung, kann Pepsis Zuneigung nicht erwidern, im Gegenteil, sie ist ihr lästig. Schon bald schließt Pepsi ihre Liebe hinter ihrer Brust ein, spricht trotz ihres großen Sprachverständnisses nicht und vergräbt sich in Büchern.

Der Vater beginnt seinen Tag mit Schnaps und Zigaretten, die ihn grau im Gesicht und die Tapeten gelb machen. Der Umzug ins größere Fachwerkhaus bringt den Kindern keine Erleichterung. Der Vater lässt die Kinder auf Reiskörnern knien, wenn sie vorlaut waren. Die Körnchen graben sich tief in die Haut, die noch Tage danach sticht und prickelt.

Fazit: Marica Bodrozic hat eine Familiengeschichte geschaffen, die im ehemaligen Jugoslawien beginnt und in Deutschland endet, wo die Eltern unter sich bleiben. Das Leben, das sie gewählt haben, ist kein Vergnügen, der Vater unterdrückt seine Traurigkeit durch Betäubung, die Mutter kompensiert ihre Einsamkeit durch Wutausbrüche. Ihr Zorn trifft vor allem die Protagonistin und gründet auf Eifersucht, auf die Intelligenz und den Freiheitsdrang des Mädchens. Ich mag den Plot und finde das Thema Balkankrise und Flucht wichtig. Zuerst hat mir die märchenartige Sprache der Autorin gefallen, die Naturbeschreibungen in Pepsis Kindheit. Ab der Hälfte des Buches hat mich der Singsang Rhythmus genervt. Die zahlreichen Adjektive: der lange lange Weg, die tiefe tiefe Traurigkeit, schöne und nährende Gedanken. Ebenso die Wortwiederholungen: Der Abschied ist ein Abschied, weil er ein Abschied ist. Jetzt muss sie gehen, das Gehen lernen, Schritt für Schritt, hätte ich nicht gebraucht. Da die Autorin aber mehrfach ausgezeichnet und ihre Bücher mehrsprachig übersetzt wurden, mag ich das als meinen eigenen Geschmack werten, den sie nicht ganz getroffen hat. Ich kann verstehen, wenn andere Leser*innen diese Erzählung als etwas Besonderes feiern.

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