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Veröffentlicht am 16.06.2022

Von schwierigen Zeiten und starken Menschen

Die Dorfschullehrerin
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Das Cover ist historisch-schlicht und mit liebevollem Bild gestaltet, passend zum ersten Teil der Serie, der Schreibstil locker und flüssig zu lesen.

Der Autorin ist es ein weiteres Mal gelungen, einen ...

Das Cover ist historisch-schlicht und mit liebevollem Bild gestaltet, passend zum ersten Teil der Serie, der Schreibstil locker und flüssig zu lesen.

Der Autorin ist es ein weiteres Mal gelungen, einen charmanten historischen Roman des Lebens im Jahre 1968 mit authentischen und lebhaften Charakteren zu schreiben.
Für das Verständnis des Buches ist es nicht unbedingt erforderlich, den ersten Teil gelesen zu haben, man findet sich auch so leicht in die Geschichte ein.

Der Leser nimmt teil an schwierigen Schicksalen und Herausforderungen der Menschen in Kirchdorf.

Neben der Hauptfigur Helene, die sich ihren Schwierigkeiten in der Liebe und Herausforderungen als neue Rektorin der Dorfschule stellt, ihrer Tochter Marie, die mit den Gespenstern der Vergangenheit kämpft und eine schreckliche neue Entdeckung macht gibt es Agnes, die junge Sprechstundenhilfe der Arztpraxis, die neben ihrer Arbeit eine hohe Arbeitslast und Verantwortung in der Familie tragen muss, ihr Freund Dieter, ein junger Soldat, der unbeabsichtigt in eine gefährliche Situation gelangt und natürlich Tobias, der Landarzt, der auch mit Liebeskummer zu kämpfen hat.
Auch Isabella, die beste Freundin von Helene gerät in eine absolute Ausnahmesituation, die sie vor einige schwierige Entscheidungen stellt, als sie als Hebamme selbst unbeabsichtigt schwanger wird - von einem Mann, der in der Gesellschaft keinesfalls akzeptiert wird.
Man kann sich in jede Figur sehr gut hineinversetzen und verstehen, was sie zu ihren Handlungen bewegt.

Ein wenig ist der Leser auch beim Unterricht im Klassenzimmer mit dabei, es wird über besondere Kinder und Schüler erzählt und auch von einem kranken Mädchen, das manche der Dorfbewohner für "besessen" halten, da sie abergläubisch sind.
Auch in den Sprechstunden bei Tobias und bei Isabellas Arbeit als Hebamme gibt es einige Schicksale, die wir hautnah miterleben dürfen und können somit zugleich in die Arbeitswelten von damals eintauchen.
Eine Besonderheit des Gebietes um Kirchdorf ist die Nähe zum innerdeutschen Grenzzaun und damit immer eine latente Spannung - dort ist die Army mit ihren Soldaten und deutsche Soldaten mit eigenen Patrouillen, Liebesbeziehungen und Affären von Dorfbewohnern und Soldaten und Jugendliche, die sich ins Abenteuer stürzen und sich illegal in die Nähe der Grenze begeben...nicht ohne Konsequenzen...

Es ist auf jeden Fall ein sehr abwechslungsreiches und spannendes Buch mit tollen bunten und gemischten Figuren, das ich absolut empfehlen kann!

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Veröffentlicht am 04.04.2022

Elly - ein Freigeist mit Herz und Verstand

Fräuleinwunder
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Das Cover des Buches "Fräuleinwunder" von Stephanie von Wolff passt mit seinem Retro-Stil wunderbar zu den 50er Jahren und der Pionierzeit des Fernsehen - und somit zum Inhalt des Buches. Der Schreibstil ...

Das Cover des Buches "Fräuleinwunder" von Stephanie von Wolff passt mit seinem Retro-Stil wunderbar zu den 50er Jahren und der Pionierzeit des Fernsehen - und somit zum Inhalt des Buches. Der Schreibstil ist flüssig, locker und leicht zu lesen - wie ein Gespräch mit besten Freunden.

Die Leser werden auf eine spannende Reise in die Vergangenheit mitgenommen und erfahren,
wie Elly, eine junge Frau aus sehr reichem Hause, sich auf ihren ganz eigenen Weg macht. Sie wird vor zahlreiche Hindernisse gestellt - Erwartungen an Frauen in dieser Zeit, mit einem "passenden, reichen Partner" verheiratet zu werden ohne ihn zu lieben, einen Beruf nur mit Einverständnis des Vaters ergreifen zu dürfen, sexuellen Belästigungen ausgeliefert zu sein, die fast als normal gelten, strenge und tyrannische Familienväter zu haben.

Ihrer besten Freundin Ingrid geht es nicht besser - frisch aus der Schweiz zurück nach Hamburg gekommen, berichtet sie Elly von ihrer Schwangerschaft und wird von ihrem Vater gedrängt, das Kind abtreiben zu lassen.
Elly und Ingrid halten zusammen wie Pech und Schwefel und versuchen auf eigene Faust mit ihren Problemen ihre ganz eigenen Lebenswege zu finden.
Beide verlassen ihre gewohnten Wirkungskreise der wohlhabenden Kaufmannsfamilien und tauchen mehr und mehr ein in die für sie völlig fremde Welt des Hamburger Kiez - wo sie neue, offene und liebenswürdige Menschen kennenlernen.

Zum ersten mal verliebt Elly sich richtig - in Peter, einen bedachten und angenehmen Mann, der ihr Halt gibt und dem sie vertrauen kann. Der Leser erfährt, wie diese Liebe sich entwickelt und vor welche Hindernisse auch sie gerät.

Elly nimmt eine Arbeit beim NWDR an, wo sie sich in der hektischen, quirligen, bunten Welt des Fernsehens wiederfindet. Sie ist gleich Feuer und Flamme für ihre Arbeit dort und macht so manche spannende Begegnung - einige der Ereignisse und Protogonisten beruhen dabei auf wahren Begebenheiten, es lohnt sich, das nebenbei zu recherchieren.

Außerdem hält das Buch einige weitere interessante Überraschungen und unerwartete Wendungen bereit - etwa als Elly´s Schwester Kari plötzlich mit einer für die damalige Zeit völlig untypischen Partnerschaft überrascht oder schöne Anekdoten über den Hamburger Tierpark Hagenbeck mit spannenden Wildtieren und ihren Geschichten.

Das Ende des Buches findet einen gewissen Abschluss und ist dennoch offen - denn im Frühjahr 2023 wird die Fortsetzung des Buches erscheinen - ich bin als Leser auf jeden Fall dabei!

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Veröffentlicht am 01.11.2021

Über den Mut, zu sich selbst zu finden

Felix Ever After
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"Vielleicht solltest du nicht so viel darüber nachdenken, sondern es einfach machen. Was auch immer es ist, wovor du Angst hast. Tu es. Sag einfach ja" - dies ist mein Lieblingszitat aus dem Buch - denn ...

"Vielleicht solltest du nicht so viel darüber nachdenken, sondern es einfach machen. Was auch immer es ist, wovor du Angst hast. Tu es. Sag einfach ja" - dies ist mein Lieblingszitat aus dem Buch - denn zum Leben und Lieben gehört doch immer eine gute Portion Mut.

Mut zeigt der 17-jährige Felix Love in diesem Buch, indem er mutig für sich entscheidet, wer er ist und wen er liebt.
Im Verlauf von wenigen Monaten, die der Leser in Felix´ Leben eintaucht, erfährt er, an wievielen Fronten ein junger transsexueller, queerer und farbiger Mensch täglich zu kämpfen hat. Felix wünscht sich -wie jeder Mensch- Liebe und Anerkennung und auch, seinen beruflichen Lebensweg zu finden.

Der Frust, in der eigenen Familie nicht richtig verstanden zu werden, sich mit 17 noch nie verliebt zu haben - und geliebt zu werden- , Zweifel an der eigenen Identität zu haben und gegen anonyme Mobber anzugehen sind nur einige der Probleme, mit denen Felix zurechtkommen muss.
An seiner Seite ist ein kleiner, bunter Freundeskreis und vor allem sein bester Freund Ezra, der ihm treu wie Gold in allen Lebenslagen zur Seite steht.

Nachdem Felix öffentlich bloßgestellt wurde, schmiedet er hastig einen Racheplan, der sich im Verlauf der Geschichte völlig verselbstständigt und außer Kontrolle gerät.
Als die Dinge beginnen, völlig aus dem Ruder zu laufen, beginnt Felix, sich ernsthaft auf sich und seine Kunstprojekte zu konzentrieren, um sich für eine große Ausstellung und die Aufnahme an einer Elite-Uni zu bewerben.

Der Leser erfährt viel über die Höhen und Tiefen eines normalen Teenager-Lebens und darüberhinaus über die täglichen Schwierigkeiten und Kämpfe, denen sich Menschen, die nicht der "Norm" entsprechen, heutzutage leider immer noch stellen müssen.
Man erfährt einiges über andere Geschlechterbezeichnungen, die noch gar nicht so bekannt sind, Menschen, die sich irgendwo zwischen den Geschlechtern empfinden.

Autor/in Kacen Callender ist selbst eine nicht-binäre Person und bringt diese Themen authentisch und einfühlsam rüber, so dass auch nicht direkt betroffene Personen einen Einblick in besondere Schwierigkeiten bekommen können.

Die Sprache des Buches ist eine lockere, leicht zu lesende Jugendsprache. Allerdings wird jedes Geschlechtspronomen gegendert, was das flüssige Lesen etwas zum Stocken bringt.
Besonders irritierend finde ich die Anrede "they /them"...
("Möchtest du dazu auch was sagen?"- fragt they, und als ich nur trocken schlucke, fügt they hinzu . // "Ich sehe auf, sehe them kurz in die Augen ...")
Persönlich würde ich am liebsten ohne jegliches gendern in der Sprache auskommen wollen, aber ich verstehe natürlich, dass es zu einem solchen Buch passt und es einigen Menschen wichtig ist.

Am Ende finde ich, dass sich viele der Probleme zu leicht in Luft auslösen, was dem Buch etwas Glaubwürdigkeit nimmt.


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