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Veröffentlicht am 05.04.2021

Trotz kunjunktureller Ideologie spannend bis zur letzten Seite

Klima
1

Es ist Ostermontag und die Zeit steht endlich einmal still für mich. Schienengeratter, Weichenstöße, Bahnhofshallenechos – all das ist in den Hintergrund getreten, die Geräuschkulisse des alltäglichen ...

Es ist Ostermontag und die Zeit steht endlich einmal still für mich. Schienengeratter, Weichenstöße, Bahnhofshallenechos – all das ist in den Hintergrund getreten, die Geräuschkulisse des alltäglichen Getriebenseins summt nur ab und an als Erinnerung leise im hintersten Gehörgang auf. Und ich finde endlich Muße, meine Lektüreerfahrungen der letzten Wochen aufzubereiten.

Ich blättere in meinem Notizheftchen ein wenig ratlos hin und her. Die Frage, zu welchem gelesenen Buch ich mich jetzt äußern sollte, habe ich noch entschieden. Oder doch? Die wirren Striche sind es, die meine Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Ja, das heftige Gekritzel zeigt es an: Hier wurde ein Lesegenuss der Extraklasse memoriert. Es ist ein packender Thriller, auf den ich dank Lesejury aufmerksam geworden bin: „Klima“ von David Klass.

Allein der Titel! Brennendes Problem unserer Zeit oder nur konjunktureller Aufhänger? Das Klima ist die neue Religion. Zumindest wird in der Klimafrage von uns Zeitgenossen bereits ein quasi religiöses Bekenntnis abverlangt, das das Dogma von der drohenden Klimakatastrophe bei Strafe der Exkommunikation in keinen Zweifel stellt. Und wie jede Heilslehre bringt auch die Klimareligion fanatische Anhänger hervor, die für die Erfüllung ihrer Mission aufs Ganze gehen.

Green Man heißt jener verbissene Enthusiast mit globalem Sendungsbewusstsein im Buch, der glaubt, mit terroristischer Radikalität der Ökologie zu ihrem Recht verhelfen zu müssen um auf diese Weise nicht weniger als die Welt vor dem Untergang zu retten. Für die einen, die schon bald nach seinen tollkühnen Aktionen, sich als seine Jünger und Gefolgschaft sehen, ist er die ultimative Kreuzung zwischen dem Messias und Robin Hood, für die anderen schlicht ein Öko-Terrorist, dem schleunigst der Garaus gemacht werden muss. Als Jäger tritt Tom Smith auf den Plan. Der wie sein Gegenpart ebenfalls hochintelligente Datenanalyst des FBI folgt auch bald der richtigen Spur. Doch, und hier wir die Story richtig spannend, hat er recht bald mit innerem Widerspruch zu kämpfen, schüchterne Sympathie und das klammheimliche Verständnis für den Gejagten ringen mit Pflichtbewusstsein und Gesetzestreue.

Der Autor lässt die Zügel seines Erzählens recht frei und gibt uns als Leser die Möglichkeit, unser Wohlwollen beiden Seiten zukommen zu lassen und dem Ausgang des spannenden Duells wechselseitig entgegenzufiebern. Eigentlich ist es weniger das Klimathema an sich, das in dieser rasanten Erzählung in den Bann schlägt, sondern der Zweikampf zweier gleichstarker Kontrahenten, das Ringen und Kräftemessen ebenbürtiger Gegner. Ein wirklich männliches, beinah ritterlich zu nennendes Turnier der Extraklasse.

Ein wenig störend im Gesamtfluss der Erzählung ist die recht ideologiehaltige Besserwisserei und vor allem die karrikaturhafte Beschreibung des Staatspräsidenten, dem ein wenig zu grotesk die Züge des offenbar dem Autor leidlich verhassten DJT verpasst wurden.

Ansonsten jedoch das Fazit: Leute, lest auch dieses Werk.

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