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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.12.2016

Wie weit darf man gehen

Sparifankerl
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Es ist schon mehr als ungewöhnlich, wenn sich der selbstverliebte und überhebliche Pathologe Dr. Dyrkhoff mal leutselig gibt und das Ermittlerteam um Kommissar Sauerwein mit Torte verwöhnt. Ihm sind einige ...

Es ist schon mehr als ungewöhnlich, wenn sich der selbstverliebte und überhebliche Pathologe Dr. Dyrkhoff mal leutselig gibt und das Ermittlerteam um Kommissar Sauerwein mit Torte verwöhnt. Ihm sind einige Merkmale an verstorbenen Männern aufgefallen, zu wenig um den Totenschein zu verweigern, doch seltsam, weil es ihm öfters begegnet.
Mehr aus Freundlichkeit, als aus Überzeugung sehen sich Sauerwein und Eva die Fälle näher an und müssen tatsächlich zugeben, dass ihr Bauchgefühl Dr. Dyrkhoff Recht gibt, auch wenn sie keine Ermittlungsansätze sehen. Alle Männer waren verheiratet und die Ehefrauen hatte alle sehr häufig häusliche Unfälle, blaue Flecken, Prellungen, aber nie kam es zu einer Anzeige wegen häuslicher Gewalt. Aber das macht das Team aus, sie halten zusammen. Allmählich verdichten sich die Verdachtsmomente, nicht zuletzt durch die findigen Ermittlungsansätze von Eva Neunhoeffer und ihren Kollegen. Ganz besonders gut fand ich hier den Part, den die sonst so gern unterschätzte Sekretärin Nora einnimmt
Der dritte Krimi von Susanne Rößner ist dieses Mal etwas ernster im Ansatz als die beiden Vorgänger. Sicher liegt das am Fall, der bald alle Kollegen an ihre Grenzen bringt. Sind es Morde? Was sind die Motive? Kann man die wasserdichten Alibis der Ehefrauen knacken?
Auch wenn auch in diesem Band immer wieder der Humor und der Witz anklingt, die Rößners Krimis so unverwechselbar machen, es ist ein ernstes und spannendes Thema, das diesen Krimi ausmacht. Nicht nur die Ermittler des Kommissariats Rosenheim, auch die Leser werden gefordert. Bis zur letzten Seite bleibt es spannend, auch weil immer wieder ganz geschickte Wendungen auftauchen. Die Charaktere sind wieder gut gezeichnet, Susanne Rößner kann mit einigen Sätzen schon eine Figur formen.
Es gibt einen kleinen Kritikpunkt, den ich erwähnen möchte. Der Titel „Sparifankerl“ (Teufel im bayrischen Brauchtum) wirkt fast zu verniedlichend für das Thema des Krimis.

Veröffentlicht am 12.12.2016

Untreue Ehemänner leben gefährlich

Schere 9
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Isabella Archan überrascht mich mit jedem Buch auf’s Neue. Mit Heinz Baldur hat sie einen Kommissar auf den Weg gebracht, der in seinen Ermittlungen mehr involviert ist, als ihm lieb sein kann.
Obwohl ...

Isabella Archan überrascht mich mit jedem Buch auf’s Neue. Mit Heinz Baldur hat sie einen Kommissar auf den Weg gebracht, der in seinen Ermittlungen mehr involviert ist, als ihm lieb sein kann.
Obwohl er seine Verlobte Rita liebt, kann er keiner Versuchung widerstehen und sein letzter Seitensprung mit der besten Freundin Ritas, lässt sie ausrasten. Sie versucht Baldur zu vergiften. Nach seiner Genesung lässt er sich nach Frankfurt versetzen um einen privaten und beruflichen Neuanfang zu machen. Gleich sein erster Fall führt in an seine Grenzen. In einem Hotel wird die Leiche eines Mannes gefunden, der offensichtlich ein tödliches Sexabenteuer hatte, die Mordwaffe: eine Schere! Es bleibt nicht bei diesem Toten und allen ist gemeinsam, dass sie hemmungslos jede Möglichkeit zu außerehelichem Sex nutzten. Die Rache einer betrogenen Frau?
Verstörend ist der zweite Handlungsstrang: ein Chat zwischen zwei Personen, die sich an diesen Morden ergötzen.
Heinz Baldur kommt an seine Grenzen, zu nah kommt ihm dieser Fall. Aber seine Mitarbeiter Melek Arslan und Thomas Habermann können ihn immer wieder erden. Die Entwicklung des Teams und die Zusammenarbeit untereinander haben mir gut gefallen.
Der Krimi hat viele Elemente, die ihn schon fast zum Psychothriller machen. Ich konnte mich dem Sog der Handlung nicht entziehen, auch wenn die Mordschilderungen mir schon an die Nieren gingen. Isabella Archan schaut schon genau hin und die Opfer sind in ihrer realistischen Charakterisierung so erschreckend banal. Die Story wird temporeich vorangetrieben und die zweite Erzählebene, aus der Sicht des Täters geschrieben, ist schonungslos, rasant und eiskalt und hat die Spannung noch einmal erhöht. Das liegt sicher auch an der Sprache der Autorin, die in diesem Buch ungewohnt hart ist.
Ein toller Krimi, eher schon ein Thriller, der mich von der ersten Seite an gepackt hat.


Veröffentlicht am 12.12.2016

In Dunkelheit und Eiseskälte

Lautlose Nacht
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Eigentlich wollte Yasmin zusammen mit ihrer gehörlosen Tochter Ruby ihren Mann Matt in Alaska besuchen. Er arbeitet dort als Tierfilmer, sie sehnt sich nach langer Abwesenheit Matts auch nach einer Aussprache. ...

Eigentlich wollte Yasmin zusammen mit ihrer gehörlosen Tochter Ruby ihren Mann Matt in Alaska besuchen. Er arbeitet dort als Tierfilmer, sie sehnt sich nach langer Abwesenheit Matts auch nach einer Aussprache. Doch statt von ihrem Mann wird sie am Flughafen von der Polizei erwartet, die von einem tragischen Unfall spricht. In der kleinen Ansiedlung Anaktue im Norden Alaskas wurde durch einen Brand die ganze Bevölkerung ausgelöscht und Matt hat sich dort aufgehalten.
Doch alles in Yasmin wehrt sich gegen die Nachricht, sie ist sich sicher dass Matt lebt und macht sich zusammen mit Ruby auf die Reise in den Norden Alaskas, zuerst als Beifahrer auf einem Truck, dann später allein, durch Dunkelheit, Stürme und Minustemperaturen weit unter vorstellbaren Graden.
Drei Ebenen strukturieren diesen spannenden, mitreißenden Roman: Yasmins Erinnerungen an den Beginn ihrer Liebe zu Matt und die beginnende Entfremdung. Rubys Gedankenwelt, ihr Umgang mit der Gehörlosigkeit und ihr Sträuben gegen Einengung durch ihre Mutter. Ihre Welt ist auch ohne Sprache vielseitig und mit ihren Sinnen nimmt sie viel an Stimmungen wahr, hat so viele Ausdrucksmöglichkeiten, dass ihre Welt dem Leser ebenso reich erscheint, wie dem Sprechenden. Dann die Realität, die Gefahr durch die lebensfeindliche Umwelt und ganz akut durch einen geheimnisvollen Verfolger, der mit allen Mitteln verhindern will, das Yasmin und ihre Tochter Anaktue erreichen.
Die Geschichte fesselte mich durch die facettenreiche Beschreibung der Erinnerungen und der Gedanken von Yasmin und Ruby, aber auch durch die tollen Schilderungen des arktischen Winters. Dunkle, menschenleere Tundra, durchzogen vor einer Eisstraße, auf der nur die Scheinwerfer des Trucks einen Lichtstrahl durch die dunkle Welt schicken. Stürme, Schnee, Eis und eisige Temperaturen von minus 40° werden für mich auch beim Lesen fast erlebbar, so plastisch und lebendig ist die Sprache von Rosemary Lupton, so atmosphärisch dicht ihr Stil.
Ein tolles, spannendes Buch, ein Thriller mit einer wichtigen Botschaft, das ich nicht mehr aus der Hand legen konnte und das mich tief beeindruckt hat.
Auch das Cover passt zur Atmosphäre des Romans, eine Nacht mit dem kalten Grün des Polarlichts, passend auch der deutsche Titel.


Veröffentlicht am 11.12.2016

Stimmungsvoller Nordseekrimi

Nebeltod
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Hauptkommissar John Benthien wird zu einem bizarren Mordfall gerufen. In der Nähe von Niebüll wurde ein Mann an die Gleise gefesselt und vom herannahenden Zug überrollt. Kurz danach trifft ein Foto bei ...

Hauptkommissar John Benthien wird zu einem bizarren Mordfall gerufen. In der Nähe von Niebüll wurde ein Mann an die Gleise gefesselt und vom herannahenden Zug überrollt. Kurz danach trifft ein Foto bei der Polizei ein, das unmittelbar vor dem Mord aufgenommen wurde und mit dem Wort „schuldig“ überschrieben ist.
Kurz danach führt die Spur zu einer Künstlerkolonie auf Föhr, auch dort gibt es einen Toten, auch hier taucht wieder ein Foto auf. Gleichzeitig werden Pferde auf einer Weide grausam abgeschlachtet. Benthiens Truppe ermittelt außerdem in einem Anschlag auf den Wagen des Gutsbesitzers von Rentzow. Auch in Benthiens Haus auf Sylt passieren unerklärliche Vorfälle.
An allen Fronten ist das Ermittlerteam involviert, gibt es Verbindungen?
Nina Ohlandt nimmt sich viel Zeit die einzelnen Fälle zu beschreiben und in ihrem ruhigen, aber auch spannenden Stil entwickelt sich die Spurensuche zu einem fesselnden Puzzle. Die Ermittler und ihre Arbeit werden sehr realistisch und differenziert geschildert, ohne dass, wie oft üblich, privaten Verwicklungen zu viel Raum eingeräumt wird.
Die nordfriesische Winterlandschaft zwischen Küste und den Inseln Sylt und Föhr bietet einen idealen Hintergrund für diesen vielschichtigen Krimi mit stimmig geschilderten Charakteren.
Es ist der dritte Band um Benthien und sein Team, aber der Fall ist in sich geschlossen und auch ohne Vorkenntnis zu lesen.
Ein sehr stimmiger Krimi mit viel Atmosphäre, der in einigen Kapiteln vielleicht etwas mehr Tempo gut vertragen hätte.

Veröffentlicht am 08.12.2016

Mord auf der Pippilotta

Der Bulle von der Schlei
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In der Rah hängt ein Toter. Die Schiffsbesatzung starrt nach oben, eifrig kommt der Bulle von der Schlei an Bord und stolpert gleich über eine Taurolle. „Schnitt“ schreit der Regisseur.
Dreharbeiten also, ...

In der Rah hängt ein Toter. Die Schiffsbesatzung starrt nach oben, eifrig kommt der Bulle von der Schlei an Bord und stolpert gleich über eine Taurolle. „Schnitt“ schreit der Regisseur.
Dreharbeiten also, der Tote hängt laut Regieanweisung da oben. Aber seltsam, er regt sich nicht mehr, also doch Mord, oder?
So turbulent beginnt der amüsante Krimi. Kommissar Paul Beck und Kollege Nick Harder müssen doch ermitteln, denn auch der Bulle von der Schlei stammt aus dem Drehbuch. Es gibt viele Verdächtige auf dem Boot, die ganze Filmcrew war dort und der Schauspieler war kein angenehmer Mensch, Motive und Gelegenheit finden sich also genug. Vor allem, als dann auf der „Pippilotta“ noch ein präparierter Geldkoffer gefunden wird. Der stammt aus einem Entführungsfall in Dänemark, das Entführungsopfer ist die Schwester des toten Schauspielers. Zwei dänischen Kolleginnen, im Entführungsfall involviert, greifen Paul und Nick nur zu gern unter die Arme.
Das Setting bietet viel Gelegenheit zum Slapstick und zu amüsanten Blicken hinter die Kulissen einer Krimiserie. Der Polizisten-Darsteller geht so in seiner Rolle auf, dass die „echte“ Polizei ihn kaum bremsen kann. Die Grenzen zwischen Film und Krimi sind fließend, das macht richtig Spaß bei der Lektüre. Vor allem, da auch die beiden Beamten wie aus einem Drehbuch wirken. Nick Harder, als Actiondarsteller und Paul Beck besetzt die Rolle des Detektivs mit den grauen Zellen. Er kleidet sich mit Bowler und schwarzen Lodenmantel fast wie Hercule Poirot. Dass die Katze von Beck dann noch Watson heißt und ihm als Orakel dient, rundet die Exzentrik noch ab.
Mir hat dieser Krimi viel Spaß gemacht, die Atmosphäre auf dem Schiff und die Dreharbeiten boten viel Abwechslung und Unterhaltung, wobei für mich einige Szene schon fast etwas zu albern war. Die Spannung kam auch nicht zu kurz, die überschaubare Zahl der Verdächtigen lädt zum Miträtseln ein. Der richtige Krimi also für Leser, die beim Regionalkrimi auf Humor und Witz setzen.