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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.12.2016

Miss Marple 2.0

Canterbury Blues
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Ella Martin, eine junge Schriftstellerin, reist für Recherchen zu ihrem neuen Roman nach England. Genauer gesagt nach Canterbury. Sie kennt die Stadt gut, hat aus früheren längeren Aufenthalten auch Freunde ...

Ella Martin, eine junge Schriftstellerin, reist für Recherchen zu ihrem neuen Roman nach England. Genauer gesagt nach Canterbury. Sie kennt die Stadt gut, hat aus früheren längeren Aufenthalten auch Freunde gefunden und eine der Freundinnen hat ihr einen Aufenthalt in Feniston Park ermöglicht. In diesem herrschaftlichen Landsitz hat sich vor einigen Jahrzehnten eine tragische Liebesgeschichte abgespielt und Ella möchte sich davon inspirieren lassen.
Zwei Schwestern lebten dort, Rose, verheiratet mit George und Mutter von drei Kindern und Amelia, sehr unglücklich in Felix verliebt, der von der Familie als nicht standesgemäß angesehen wird. Zusätzlich hat der 1. Weltkrieg die Liebenden getrennt. Amelie wählte den Freitod und auch Rose ist nicht glücklich. Ihr Mann George, ein wahrer Tyrann, desertierte und ließ seine Frau und Kinder in Schande zurück.
Ella wird herzlich aufgenommen, ganz besonders von der betagten Heather, einer Tochter von Rose, die dort bei ihrem Neffen Ed Buckton, dem Titelerben und seiner Frau lebt. Dennoch scheint es auf Feniston Park Geheimnisse zu geben, je weiter Ella mit ihren Recherchen kommt, umso deutlicher wird, dass sie jemandem damit zu nahe kommt.
Hier stimmt wirklich alles, die englische Landhausatmosphäre, die sich für einen Cozy-Krimi direkt anbietet. Spannung, Verwicklungen, für Ella auch amouröser Art, hielten mich gefangen. Von der ersten Seite an, habe ich mich wunderbar unterhalten. Der locker-flüssige Sprachstil machten mir wirklich Spaß und Lust auch auf die anderen Abenteuer von Ella Martin, die fast wie Miss Marple in der Version 2.0 agiert. Das Buch ist eine Empfehlung für alle Liebhaber des Genres.

Veröffentlicht am 06.12.2016

Frank und wie er die Welt sieht

Willkommen in der unglaublichen Welt von Frank Banning
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Frank Banning ist wirklich ein besonderes Kind. Das muss Alice recht schnell feststellen, als sie ihn kennenlernt.
Eigentlich sollte sie sich um das Manuskript von Mimi Banning kümmern, einer Kultautorin, ...

Frank Banning ist wirklich ein besonderes Kind. Das muss Alice recht schnell feststellen, als sie ihn kennenlernt.
Eigentlich sollte sie sich um das Manuskript von Mimi Banning kümmern, einer Kultautorin, die nach ihrem Erstling nie wieder etwas veröffentlichte. Aber nun ist ein neues Buch in Sicht und der Lektor schickt seine Assistentin nach Los Angeles. Aber Mimi braucht niemand für sich, sie braucht jemand für Frank. Ihr charmantes, liebenswertes und so anstrengendes Kind. Frank liebt alte Filme, elegante Kleidung – er bevorzugt Frack und Weste – und verfügt über ein enzyklopädisches Wissen. Glücklich ist er, wenn alles nach seinen Regeln und seinen gewohnten Bahnen verläuft. Kein Wunder, dass Schule für Frank zur Hölle wird.
Alice findet Zugang zu Frank, wer könnte sich seinem Charme entziehen, auch wenn seine Ehrlichkeit und seine fehlende Fähigkeit zu Emotionen, sie immer wieder traurig stimmen. Allerdings dem Manuskript kommt Alice keinen Schritt näher, dazu ist Mimi viel exzentrisch.
Die Beziehung Alice-Frank ist zauberhaft geschildert, sehr emotional und voller Charme, mal tiefberührend, mal urkomisch. Frank besitzt eine Lebensklugheit, ohne es zu wissen und seine Ehrlichkeit hat mich immer wieder zum Lachen gebracht. Die Autorin beschreibt Franks Autismus ganz natürlich und leicht, es ist ein Kind, wie jedes andere auch, nur eben ein bisschen speziell. Das hat mir sehr gut gefallen und gerade auch in den Beschreibungen der Menschen liegt die Stärke der Autorin.
Aber ich vermisste eine Handlung, es gab keinen Spannungsbogen, zwar einige Überraschungen, aber am Ende fehlte mir das gewisse Etwas. Auch bei den Figuren gab es kaum eine Entwicklung. So bleibt es ein kurzweiliges, warmherziges Buch, das gut unterhält, aber auch nicht mehr.

Veröffentlicht am 02.12.2016

Warmherziger Weihnachtskrimi

Schöne Bescherung für Helene
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Als ob Helene in der Weihnachtszeit nicht schon genug um die Ohren hätte, da bittet sie ihre Freundin Theresa sie zur Beisetzung der Großmutter zu begleiten. Anschließend beschließen die Zwei ganz spontan ...

Als ob Helene in der Weihnachtszeit nicht schon genug um die Ohren hätte, da bittet sie ihre Freundin Theresa sie zur Beisetzung der Großmutter zu begleiten. Anschließend beschließen die Zwei ganz spontan mit dem alten Mercedes Cabrio der Verstorbenen einen kleinen Ausflug zu unternehmen und touchieren beim Einparken die Garagenwand. Das bleibt nicht ohne Folgen, es tut sich nicht nur ein Loch in der Wand auf, auch eine ziemlich tote Hand wird sichtbar.
Helene, die ja nicht zum ersten Mal ihr detektivisches Talent unter Beweis stellt, nimmt sich des Falls an. Vor allem in Theresas Familie scheint nicht alles so tadellos bürgerlich zu sein, wie der äußere Schein vorgaukelt.
Helene ist eine sympathische und patente Endvierzigerin, die sich grade beruflich und privat neu erfinden möchte. Die Kinder sind erwachsen, Wien scheint nicht mehr der Lebensmittelpunkt zu sein, vor allem da Ehemann Thomas sein Ingenieurswissen meist in der weiten Welt anwendet und sie monatelang allein ist. Graz, ihre alte Heimatstadt, ist grade in der Adventszeit ein ganz besonderer Ort.


Das macht auch den Krimi aus, die liebenswerten Figuren und der Schauplatz. Graz wirkt geradezu weihnachtlich leuchtend und wenn dann die dicken weißen Flocken fallen, wähnt man sich im Weihnachtsland. Wenn man mit Helene über den Grazer Adventmarkt schlendert, hat man den Duft von Glühwein und Weihnachtsplätzchen gleich in der Nase. Bei all den Ablenkungen lässt sich Helene aber nicht von ihren Ermittlungen ablenken und schnüffelt hartnäckig in alten Familiengeheimnissen.
Das ist ein richtiger Wohlfühlkrimi mit adventlichem Flair und viel Charme. Wer dann noch an dem einen oder anderen österreichischen Wort rätselt, findet im Anhang ein Glossar. Aber grade diese österreichischen Ausdrücke machen auch den Reiz des Buches aus.

Veröffentlicht am 30.11.2016

Leben kann man bis zum Schluss

Im Sommer wieder Fahrrad
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Zwei Frauen, zwei Leben, zwei Schicksale. Wer bei diesem Buch nicht sofort in Bann gezogen wird, dem ist nicht zu helfen.



Lea bekommt sehr jung eine niederschmetternde Diagnose, sie hat die lebensbedrohliche ...

Zwei Frauen, zwei Leben, zwei Schicksale. Wer bei diesem Buch nicht sofort in Bann gezogen wird, dem ist nicht zu helfen.



Lea bekommt sehr jung eine niederschmetternde Diagnose, sie hat die lebensbedrohliche Krankheit Morbus Hodgkin. Lea ist lebenslustig, wirbelt durch ihr schnelles Großstadtleben, Reisen, Freunde – all das soll nun zu Ende sein? Sie hat viele Menschen, die sie stützen, einen wundervollen Freund, eine liebevolle Familie, aber den Kampf gegen die Krankheit muss sie ganz alleine aufnehmen. Sie schreibt ganz unsentimental über die „Scheisskrankheit“, die Zeit im Krankenhaus, die Chemotherapien. Es sind Sätze wie „Leben kann man bis zum Schluss“, die Lea aufrütteln.


Dann ist da noch der Koffer von „Mütterchen“, so wurde die unkonventionelle Großmutter genannt. Er enthielt Briefe, Drehbücher, Fotos, Berichte, Mütterchens ganzes Leben eben. Und diese Lebensgeschichte wechselt mit Leas Beschreibung ihrer Krankheit ab.


Mit Mütterchens Leben gehen wir zurück in die 30 iger Jahre, dann der aufkommende National-sozialismus, die Judenverfolgung und der Krieg bilden den Hintergrund. Die Großmutter, eine Schauspielerin, ist eine starke Frau, unkonventionell und unerschrocken. Sie bleibt trotz aller Gefahren und Bedrohungen integer und mutig. Dann die Nachkriegszeit, die Gründung der DDR und der reale Sozialismus. Zu keiner Zeit lässt sie sich verbiegen oder passt sich an. Es ist fast eine Geschichtsstunde der Deutsche Vergangenheit.


Dabei ist dieser Roman nie schwermütig oder melancholisch. Der Grundton ist heiter, Lea gewinnt jeder Situation noch eine komische Seite ab. Auch wenn die Schilderungen der Therapien erschrecken, man den Krankenhausmief direkt in der Nase spürt, es wird nie rührselig. Rechtzeitig kommt dann ein Patient um die Ecke und berlinert „ et looft jut“ und klopft auf den Infusionsbeutel.
Die ganze Familie ist Stütze für Lea und sie beschreibt ihre Familie so liebevoll und menschlich, dass man sich nur wünscht, auch ein Teil dieser Familie zu sein.


Was für eine Familie, was für ein Schicksal und was für eine Kraft, das habe ich mir immer wieder gedacht und konnte mich kaum von diesem Buch losreißen.


„Bleibt tapfer, lacht weiter“ so verabschiedet sich Lea Streisand auf ihrem Blog. Das ist ein gutes Motto.

Veröffentlicht am 29.11.2016

Bringt den Sommer zurück

Mein Sommer mit Mémé
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Das Chateau im Burgund ist der Fixpunkt im Leben von Paulas Großmutter, von allen nur Mémé genannt. Dort hat sie eine glückliche Kindheit verbracht, aber nach ihrer Heirat mit einem Deutschen hat ihr Vater ...

Das Chateau im Burgund ist der Fixpunkt im Leben von Paulas Großmutter, von allen nur Mémé genannt. Dort hat sie eine glückliche Kindheit verbracht, aber nach ihrer Heirat mit einem Deutschen hat ihr Vater ihr nie verziehen. So vererbt er nach seinem Tod das Haus zur Hälfte ihr und einem ungeliebten Cousin. Mémé hat es nie wieder betreten und auch nie den Kontakt zu ihrem Verwandten gesucht. Nun ist auch der Cousin verstorben und Mémé beordert ihre Familie nach Frankreich um der alten Villa wieder Leben einzuhauchen und es zu renovieren.
Auch wenn es der Familie nicht gefällt, keiner kann sich der Energie der Großmutter entziehen und so versammeln sich Paula, ihre Mutter und ihr Bruder samt Familie dort, um anzupacken. Jeder hat seine eigenen Gründe, sich unterzuordnen.
Paula wollte eine romantische Woche in Paris verbringen um endlich gemeinsame Zeit mit ihrem Verlobten Jakob zu haben, der für Ärzte ohne Grenzen arbeitet und den sie Monate nicht gesehen hat. Ihr Bruder braucht dringend eine Finanzspritze für sein angeschlagenes Unternehmen und hofft auf die Großzügigkeit der Großmutter, wenn er ihre Wünsche erfüllt.
Es warten jedoch nicht nur viel Arbeit, sondern auch Erbstreitigkeiten auf sie alle. Cousin Valentin hat einen unehelichen Sohn, der Anspruch auf sein Erbe erhebt und die Pläne durcheinanderwirbelt.
Der Sommer bringt viele Überraschungen für die Familie und auch viele Geheimnisse ans Licht.
Die Enkelin Paula erzählt die Geschichte des Hause und der Familie aus ihrer Perspektive. Sie beginnt sich für die Vergangenheit zu interessieren und begreift, dass jeder in dieser Familie davon geprägt wurde. Sie muss ihr eigenes Leben überdenken und merkt, dass die Bindung an ihre Großmutter und an den französischen Teil ihrer Wurzeln viel stärker ist, als sie dachte. Nach diesem Sommer hat das Leben für jedes Mitglied der Familie eine neue Wendung genommen.
Das Buch ist eine leichte, sehr charmant erzählte Familiengeschichte. Die Autorin bringt mit jedem Abschnitt ihre Liebe zu Frankreich und ganz besonders zu Burgund, zum Ausdruck. Damit hat sie mich mitgenommen und gefesselt. Überhaupt sind die Landschaft, die kleinen Orte, die Weingüter und das französische Savoir Vivre die Stärken des Romans. Wie gern säße man mit einem Glas Wein mit am Tisch der Familie. Die turbulenten Verwicklungen und verborgenen Familiengeheimnisse bringen noch eine Portion Spannung ins Buch, auch wenn man natürlich weiß, dass ein so verzauberter Sommer nur glücklich enden kann.