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Veröffentlicht am 22.03.2024

Meisterwerk

Reichlich spät
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“Reichlich spät” geschrieben von Claire Keegan handelt von Frauenfeindlichkeit und der Meinung, dass Männer mehr wert seien als Frauen.

Claire Keegan erzählt in ihrem kurzen prägnanten Roman unglaublich ...

“Reichlich spät” geschrieben von Claire Keegan handelt von Frauenfeindlichkeit und der Meinung, dass Männer mehr wert seien als Frauen.

Claire Keegan erzählt in ihrem kurzen prägnanten Roman unglaublich intensiv über eine Beziehung, die von Frauenfeindlichkeit geprägt ist. Zwischen den Zeilen liegt die Botschaft; die Autorin zeigt uns die komplexe Beziehung zwischen Cathal und Sabine auf.

“So vieles im Leben verlief reibungslos, ungeachtet des Gewirrs menschlicher Enttäuschungen und des Wissens, dass alles einmal enden muss.”
(Pos. 21)

Cathal denkt über seine gescheiterte Beziehung mit Sabine nach.
Ihre Präsenz in seiner Wohnung, das viele dreckige Geschirr, obwohl ihre Kochkünste erwähnenswert waren, die etwas schielenden Augen, die Art, unbekümmert Geld auszugeben und auch noch das Problem, dass sie viele Entscheidungen selbst treffen wollte.

Der Umzugswagen kam und Sabine zog zu ihm, in sein Haus und das schreckliche war, sie hatte unglaublich viele Sachen. Cathal nennt es Zeugs und kommt nicht klar damit, dass sie damit sein Haus befüllt.

Sabine trifft sich mit Cathals Kollegin und erfährt mehr über Männer wie ihn. Frauen sollen den Mund halten und den Männern geben, was sie wollen. Ansonsten werden diese Männer verachtenswert und sprechen sehr abwertend über das weibliche Geschlecht . All diese Vorwürfe kamen seiner Wahrheit und Einstellung sehr nahe, deshalb sagt er nichts dazu.
Und doch ist er ein bisschen enttäuscht, dass Sabine nicht einsichtig war und er somit diese Beziehung nicht aufrechterhalten konnte.

Die kurze Geschichte lässt uns intensiv über das Thema Frauenfeindlichkeit, vor allem in einer Beziehung, nachdenken.

Was macht Frauenfeindlichkeit aus?

Die Autorin schreibt flüssig und ausdrucksstark, kein Wort zu viel, dafür mit einer Klarheit und Intensität, die den Leser:in fesselt.
Das geschriebene, sowie das ungeschriebene lassen den Leser nachdenklich zurück.

Ein Meisterwerk von Keegan!

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Veröffentlicht am 21.03.2024

Kraftvolles Werk

Glänzende Aussicht
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“Glänzende Aussicht” von Fang Fang wurde verlegt von Hoffmann und Campe.

“Das Leben war ein Ameisendasein, der Tod wie ein Staubkorn. War das nicht die Beschreibung unzähliger gewöhnlicher Existenzen…? ...

“Glänzende Aussicht” von Fang Fang wurde verlegt von Hoffmann und Campe.

“Das Leben war ein Ameisendasein, der Tod wie ein Staubkorn. War das nicht die Beschreibung unzähliger gewöhnlicher Existenzen…? “ (Pos.915/6.Kapitel)

Der Roman handelt von einer Arbeiterfamilie aus Wuhan, in welcher die Anzahl der Kinder hohen Wert besitzt. Die Familie, ehrenwerte Bewohner der Henan-Baracken in Hankou, hat acht Söhne, zwei Töchter und bewohnt einem Raum mit dreizehn Quadratmetern.
Der achte Sohn, der Liebling des Vaters, geboren am selben Tag und zur selben Zeit, starb am 16. Tag seines Lebens. Aus Sicht dieses Sohnes wird die Geschichte erzählt.
Der Vater ist ein echter Kerl, er schlägt seine Frau und Kinder, ist in Kämpfe verwickelt und dem Schnaps nicht abgeneigt.
Die Mutter eine attraktive Frau betet ihren Mann an und empfindet bei den Prügeln eine gewisse Genugtuung.
Bruder Sieben ist das jüngste und schwächste Kind; der Unmut des Vaters und der Geschwister wird an ihm ausgelassen. Zerlumpt und hungrig lernt er früh Müll und später Gemüse aufzusammeln. Als er die zwei Jahre ältere Gougou kennenlernt, gibt diese seinem Leben etwas Sinn. Der Gedanke an das Mädchen leuchtet wie ein Stern in der Finsternis für ihn. Er bewahrt die Erinnerung an Gougou in seinem Herzen. In seiner Familie wird er schlechter behandelt als ein Hund. Er musste auf allen vieren kriechen, unter dem feuchten Bett schlafen und wenn sein Vater ihn verprügelt, blickt die Mutter nicht auf, obwohl sie es gerne mag, wenn ein Hund gezüchtigt wird.
Großer Bruder beschimpft den Vater, der sein Leben verplempert und seinen Kindern dieses Leben als erstrebenswert mit auf den Weg gibt. Obwohl diese hungern und in Lumpen gekleidet wie Schweine in einer Bruchbude hausen mussten.
Die Kinder verlassen alle nach und nach die Eltern. Bruder Sieben hat das Glück, durch seine Landverschickung den Weg zur Universität zu finden. Dadurch wird er sein Schicksal verändern. Sein Bestreben nach Macht und Einfluss und das Brechen mit seiner Herkunft aus dem Elend lassen ihn ein schönes und erfreuliches Leben leben. Es gibt ihm das Ansehen, dass der kleine schüchterne und verängstigte Junge nie hatte.
Fang Fang erzählt von den unterschiedlichen Entwicklungen der Kinder, von dem Elend und den gewalttätigen Attacken der Familienmitglieder untereinander. Sie berichtet von Transportarbeitern, Hungersnot , patriarchalischen Familienstrukturen und bringt den Leser:innen mit diesem Roman die Strukturen Chinas nahe. Sie erzählt von Konflikten innerhalb der Generationen, zeigt den materiellen Erfolg von Personen der Unterschicht auf und die Wege zum sozialen Aufstieg. Nicht immer moralisch nachvollziehbar und doch realistisch beschreibt Fang Fang das Leben zur damaligen Zeit. Ungeschönt mit verstörenden Ansichten der damaligen Generation zeigt sie uns urbane Lebensbedingungen der Arbeiterfamilien auf.

Ein beeindruckendes, kraftvolles Werk mit einer absoluten Leseempfehlung.

“Das Leben gleicht dem Blatt am Baum, alles Entstehen und Werden führt in den Tod, Egal welchen Weg du einschlägst, es kommt immer aufs Gleiche heraus.”(Position 1737/14.Kapitel).


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Veröffentlicht am 17.03.2024

Wunderschön

Das Haus verlassen
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“Das Haus verlassen” von Jacqueline Kornmüller ist mit den bezaubernden Illustrationen von Kat Menschik ein wahres Schmuckstück.
Eine Hausbesitzerin möchte sich verändern und bietet ihr restauriertes ...

“Das Haus verlassen” von Jacqueline Kornmüller ist mit den bezaubernden Illustrationen von Kat Menschik ein wahres Schmuckstück.
Eine Hausbesitzerin möchte sich verändern und bietet ihr restauriertes altes Feldsteinhaus mit einem wunderschönen Garten zum Verkauf an. Alles ist für die Ich-Erzählerin perfekt, auch die ungewöhnliche Kommunikation mit dem Haus fühlt sich sehr gut an und doch zieht es unsere Protagonistin zu neuen Herausforderungen.
Es gibt unterschiedliche Kaufinteressent:innen und doch sind weder die Hausbesitzerin, noch das Haus überzeugt. Wissen diese Menschen überhaupt zu schätzen, was sie kaufen? Können sie das besondere spüren?
Oder wäre das Haus nur wieder ein Haus?
Die Ich-Erzählerin denkt an das Gemüse, welches geerntet werden muss und im neuen Jahr an die vielen wundervollen Blumenzwiebel, die zu unterschiedlichen Zeiten aufblühen. Werden die Besitzer:innen dies zu schätzen wissen?
Um so mehr interessierte, vermeintliche Käufer:innen erscheinen, um so mehr streubt sich die Eigentümerin.
Sie nimmt endlich wahr, was sie bereits besitzt. Die Situation lässt sie innehalten und darüber nachdenken, ob es an einem anderen Ort wirklich besser ist?
Will sie wirklich neues erkunden oder ist das altbewährte nicht doch ein Stück Beständigkeit?
Jacqueline Kornmüller hat mit ihrer feinfühligen und poetischen Schreibweise eine unglaublich herzliche, berührende und zarte Novelle geschrieben. Schmunzelnd und tief berührt verschlingt man dieses Kleinod. Als Leserin konnte ich direkt diese zarte Verbundenheit spüren und die liebevolle Erfahrung zwischen Haus und Besitzerin rührte mich zu Tränen.
Eine große Leseempfehlung für dieses unglaublich schöne Buch.



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Veröffentlicht am 15.03.2024

Erinnerungen und Abschied

Wie Inseln im Licht
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“Wie Inseln im Licht” von Franziska Gänsler verlegt durch Kein&Aber erzählt von Erinnerungen und dem Abschied von Mutter und Schwester.

Zoey kommt nach dem Tod ihrer Mutter an den Campingplatz zurück, ...

“Wie Inseln im Licht” von Franziska Gänsler verlegt durch Kein&Aber erzählt von Erinnerungen und dem Abschied von Mutter und Schwester.

Zoey kommt nach dem Tod ihrer Mutter an den Campingplatz zurück, den sie zu dritt bewohnt und nur zu zweit verlassen haben. Ihre Mutter ist nach dem Verschwinden ihrer Schwester Oda vor 20 Jahren mit Zoey von dem alternativen Campingplatz nach Berlin gezogen.
Dort hat ihre Mutter versucht, Zoey jahrelang an die Wohnung und sich zu binden. Sie hat ihr Leid auf ihre Tochter abgelegt. Aber Zoey erkundete die Welt, lernte Ari kennen und lebte ihr Leben.
In den letzten drei Jahren hatte sich jedoch alles verändert, Zoey hat ihr Leben nach und nach vernachlässigt um ihre Mutter zu pflegen. Oder hat diese die Tochter kontrolliert?

Der Vater gibt ihr nur die Verbindlichkeit immer erreichbar zu sein. Ansonsten lebt er sein Leben mit einer anderen Frau. Zoey möchte gerne seinen Beistand bei der Einäscherung und später beim verstreuen der Asche. Ob er bereit ist, so viel für seine Tochter zu geben?

Ari, Zoey’s erste Freundin unterstützt sie mit den Erledigungen der Einäscherung und Überführung. Zoey möchte die Asche ihrer Mutter an dem Ort ihrer Kindheit, im Atlantik verstreuen.

Sie reist bereits einige Zeit vor der Beerdigung im Hotel am Meer an. Angelockt durch die Vergangenheit, das Verschwinden der Schwester am Campingplatz und die Ungewissheit, ob Sie selbst Schuld am Verschwinden von Oda hat, lassen Zoey zweifeln. Um in die Zukunft zu blicken, muss sie erst verstehen, was es genau war, was ihre Mutter zu Boden drückte.

Jahrelang wusste sie nicht, ob es ein Traum war, eine Schwester zu haben oder Realität. Ein Schweigen hat sich über alles gelegt, niemand sprach von Oda, auch nicht die Mutter.
Das Wort Oda durfte in der kleinen Wohnung nicht ausgesprochen werden, die Mutter könnte daran zerbrechen. Bis Zoey ein Bild von sich und ihrer Schwester gefunden hatte, dann hat die Realität Gestalt angenommen.

Ihre Nachforschungen am Campingplatz klingen, wie das Leben auf einer Insel, einer abgeschiedenen Welt. Die Mutter und die beiden Mädchen, eine schöne wärmende Erinnerung.
Nur die Offenbarung, dass Oda ein kränkliches Kind war, hatte Zoey unterdrückt.

Die Trauerphasen um den Tod der Mutter treffen Zoey wellenartig, mal stärker, mal schwächer, mal öfter, mal seltener. Ein Wechselspiel der Emotionen, auch ihr Weg, die Unklarheiten über das Verschwinden ihrer Schwester, das Unverständnis warum nirgends nach dem
kleinen Mädchen gesucht wurde, die Wut über das stete Schweigen der Mutter, die eigenen Ängste und Schuldgefühle lassen Zoey zittern.

Zoey sucht den Schlüssel zur Vergangenheit und begibt sich hierzu in den Abgrund.

Franziska Gänsler lässt den Leser eintauchen in eine Welt der Depressionen, Schuldgefühle, Wut, Schmerz und Ängsten. Sie beschreibt die Protagonisten äußerst detailliert und authentisch. Die Situationen und verschiedenen Stimmungen kann man als Leser nachspüren.

Die Autorin schafft einen fesselnden und intensiven Roman.

“Ich denke daran, wie das Leben weiterzieht und immer schon begonnen hat, die Lücken, die es aufreißt, mit Neuem zu füllen. Wie die Wellen bereits Sand in die Löcher spülen, die fremde Familien in den Strand graben.” (Position 1599)

Eine Leseempfehlung für dieses emotionale, berührende Buch.

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Veröffentlicht am 14.03.2024

Gänsehautfeeling

Die Influencerin
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“Die Influencerin” von Rebecca Russ dreht sich um das aktuelle Thema “Influencer” und welche Auswirkungen ein Shitstorm auf die Online-Karriere und das Privatleben haben kann.

Sarah Rode, Mutter und Lifestyle-Influencerin ...

“Die Influencerin” von Rebecca Russ dreht sich um das aktuelle Thema “Influencer” und welche Auswirkungen ein Shitstorm auf die Online-Karriere und das Privatleben haben kann.

Sarah Rode, Mutter und Lifestyle-Influencerin wird vorgeworfen, Schuld am Tod einer jungen Followerin zu sein.

War Sarah wirklich so unaufmerksam? Oder ist es menschlich, nicht sofort auf Tausende von Kommentaren intensiv einzugehen? Warum hat sie den Hilferuf nicht erkannt?

Nicht nur Sarahs Fans geben ihr die Schuld, auch sie selbst lebt täglich mit diesen Schuldgefühlen.

Ihren Account @sarahlaeuft hat Sarah deaktiviert und meidet alles was Social Media betrifft. Es ist schwer, ihre Gewohnheiten, alles aus ihrem Leben zu posten, vermarkten und zu veröffentlichen, abzulegen und doch hat Sarah Angst diesen Druck einer Influencerin nochmals nachgeben zu müssen. Angst, ihr wahres Ich aus den Augen zu verlieren. Ihr Mann und gleichzeitig Agent versucht ihr die Angst zu nehmen und unterstützt Sarah bei ihrer Auszeit.

Es gibt jedoch Follower die sehnsüchtig auf weitere Posts warten. Sarah war ihr Augapfel, ihr Wegweiser und Vorbild. Andere wüten mit ihren Hass-Kommentaren quer durch das Netz und hinterlassen mit ihren Anschuldigungen eine regelrechte Verwüstung. Gruselig wird es, als dieser Hass, diese Zerstörung direkt vor Sarahs Türschwelle erscheint und auch keinen Halt vor einem weiteren Schritt macht.

Ein neuer Instagram Account @sarahrennt mit einem sehr ähnlichen Namen erscheint und Sarah, sowie der Rest der Welt wird mit Wahrheiten über ihr Leben konfrontiert, welche ihr nicht nur Angst machen, sondern auch bedrohlich wirken.

Wer steckt hinter diesem Fake-Account und was bezweckt diese Person? Und vor allem, woher weiß diese Person so viele intime und persönliche Sachen von Sarah?

Die Autorin fesselt durch den flüssigen Schreibstil und die gekonnt eingesetzten Spannungskurven. Die Protagonisten werden sehr authentisch und bildlich beschrieben, ebenso geben die Instagram-Kommentare als Einleitung der Kapitel dem Leser das Gefühl von Authentizität. Die Emotionen und Reaktionen der Protagonisten wurden sorgfältig ausgearbeitet und ziehen den Leser tief in die Story.
Man fiebert und rätselt mit Sarah, wer hinter allem steckt. Kaum hat man einen konkreten Verdacht, wird dem Leser bewusst, dass er in die Irre geführt wurde.

Ein unglaublich fesselnder Thriller, der bis zuletzt die Spannung aufrecht erhält.
Als Leser wurde ich sehr gut unterhalten, das Thema ist brandaktuell und der Thriller garantiert Gänsehautfeeling, wenn man merkt, dass man nicht mehr Online und Anonym, sondern Präsent ist.

Und ungeschützt vor der unbekannten Bedrohung.

Eine klare Leseempfehlung.

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