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Veröffentlicht am 06.04.2021

In der Gegenwart ankommen

Vom Aufstehen
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Helga Schubert erzählt in ihrem Roman über sehr persönliche Erinnerungen aus ihrem Leben, die eine große Bedeutung für sie haben. Episodenhaft werden emotionale Geschichten ruhig und unaufgeregt erzählt, ...

Helga Schubert erzählt in ihrem Roman über sehr persönliche Erinnerungen aus ihrem Leben, die eine große Bedeutung für sie haben. Episodenhaft werden emotionale Geschichten ruhig und unaufgeregt erzählt, sei es über die Beziehung zur Mutter oder zu Erlebnissen und Erfahrungen in der DDR. Darüber hinaus teilt sie ihre Gedanken über das Altsein, die Ängste, das Gefühl der Freiheit, die Jahreszeiten und vieles mehr.

"Ich bin ein Kriegskind, ein Flüchtlingskind, ein Kind der deutschen Teilung." (S.25)


Der Schreibstil hebt die einzelnen Geschichten geschickt hervor. Ich hatte das Gefühl, als würde ich Helga Schubert persönlich beim Erzählen zuhören, weil die Sprache die Ich-Erzählerin ein Stück weit geformt hat. Die einzelnen Gedanken und Erinnerungen haben mich auf unterschiedliche Weise berührt. Ich habe Trauer, Wut und Freude empfunden. Jede Geschichte regt zum Nachdenken an und endet mit einer eindrücklichen Pointe! Die Erinnerungen sind manchmal kurz, manchmal lang, was dem Roman eine angenehme Dynamik verleiht. Ihre Eindrücke zu Düften, Jahreszeiten, dem Leben, dem Altsein, den Träumen und Ängsten, hat sie sehr detailliert beschrieben. Dabei wird deutlich, wie stark Erinnerungen eigentlich sein können und dass sie uns das ganze Leben begleiten. Erinnerungen können auch Sehnsuchtsorte und Rettungsanker sein, bei Helga waren es die Sommerferien, die sie als Kind bei ihrer Großmutter verbracht hat:

"Am gedeckten Kaffeetisch. Bis zum Ende des Sommers. So konnte ich alle Kälte überleben. Jeden Tag. Bis heute." (S.10)


Dass die Geschichten so persönlich sind, hat mich zutiefst beeindruckt. Vor allem der distanzierte und kalte Umgang der Mutter mit ihrer Tochter Helga hat mich bekümmert und entsetzt. Umso bewundernswerter ist es, dass Helga in ihrem jetzigen Alter mit ihrer Vergangenheit, der Gegenwart und den Zukunftsträumen, genauer gesagt mit ihrem gesamten Leben, Frieden geschlossen hat. Diese friedliche und ruhige Stimmung habe ich beim Lesen durchgängig gespürt.

"Ich komme beim Älterwerden ganz langsam in der Gegenwart an." (S.169)


"Ich komme beim Älterwerden auch langsam aus der Zukunft an, ich nehme Abschied von den Aussichtstürmen, die ich nie besteigen, den warmen Meeren, in denen ich nie baden werde [...]." (S.170)




Fazit:

Dieser Roman ist sanft, intensiv, emotional und persönlich. Helga Schubert hat viel in ihrem Leben erlebt und schildert ihre Erinnerungen auf eine faszinierende Weise. Die einzelnen Geschichten regen zum Nachdenken an und werden auch nach der Lektüre eine ganze Weile nachhallen.

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