Ein perfides Spiel unter tropischer Sonne
Blaues WunderMeine Meinung und Inhalt
Ich habe schon mehrere Bücher von der Autorin Anne Freytag gelesen – und jedes (bisher gelesene) hat mich auf seine Weise begeistert. Umso gespannter war ich auf "Blaues Wunder", ...
Meine Meinung und Inhalt
Ich habe schon mehrere Bücher von der Autorin Anne Freytag gelesen – und jedes (bisher gelesene) hat mich auf seine Weise begeistert. Umso gespannter war ich auf "Blaues Wunder", das mich gleich mit seinem ungewöhnlichen Setting und der leisen, spannungsgeladenen Erzählweise in den Bann gezogen hat. Die Sprecherstimme fand ich mehr als angenehm.
Schon nach den ersten Minuten war klar: Das hier ist anders als ihre bisherigen Romane. Erwachsener. Düsterer. Und auf eine sehr subtile Art noch eindringlicher.
Die Geschichte spielt auf einer luxuriösen Yacht vor den Philippinen. Drei Paare und ein junger Mann gehen auf eine gemeinsame Reise – zumindest geografisch. Denn schnell wurde mir klar, dass es hier um weit mehr geht als um ein bisschen Sonne, Meer und Smalltalk. Zwischen den Figuren brodelt es, oft unausgesprochen. Was nach außen hin perfekt wirkt, fühlt sich innen hohl, angespannt, kontrolliert an.
Was mich besonders gefesselt hat: Ich wusste lange Zeit nicht, wohin „die Reise“ wirklich geht – nicht nur im wörtlichen Sinn, sondern auch emotional. Wer sagt die Wahrheit? Wer spielt ein Spiel? Was wird hier eigentlich verhandelt? Und warum schweigen alle über das, was so offensichtlich zwischen ihnen steht? Dieses Gefühl der Unsicherheit, dieses ständige „Etwas liegt in der Luft“, hat mich durch das ganze Buch getragen.
Anne Freytag erzählt konsequent aus der Sicht der drei Frauen – Nora, Franziska und Walters Ehefrau. Das war für mich ein starker erzählerischer Kniff, weil ich dadurch ganz nah an ihren Gedanken war. Ich habe mit ihnen gezweifelt, gehofft, getäuscht und beobachtet. Besonders beeindruckt hat mich, wie feinfühlig die Dynamiken in den Beziehungen beschrieben wurden.
Inhaltlich geht es um Kontrolle, Rollenbilder, emotionale Abhängigkeit.
Für mich ist "Blaues Wunder" kein Buch, das laut schreit, sondern eines, das nachhallt. Blaues Wunder hat mich nachdenklich gemacht – über Beziehungen, über Macht, über Schweigen. Und über all das, was unter der Oberfläche schlummert, wenn man bereit ist, genau hinzusehen.
Für mich war es ein starkes, reifes Buch – und ein weiterer Beweis dafür, warum ich Anne Freytags Geschichten so gerne lese.
Inhalt
Als Ferdinand von einem "Sommer auf dem Meer" sprach, hatte Nora etwas anderes im Sinn: weniger abgelegen, weniger beruflich. Auch Franziska ahnte nicht, worauf sie sich einließ, als ihr Mann Kilian einen Urlaub zu siebt ankündigte: mit seinem Chef Walter Bronstein, Ferdinand Mattern, seinem größten Konkurrenten, den drei Ehefrauen und Walters Sohn David. Auf der luxuriösen Superyacht in den Philippinen mangelt es ihnen an nichts, es könnte eine entspannte Zeit sein, aber die Gäste ahnen: Bei diesem Trip geht es um mehr, um etwas Großes. Nur worum genau, das scheint keiner zu wissen. Wieso hat Walter die beiden Kontrahenten und ihre Frauen eingeladen? Zwei Paare in den Vierzigern, die Kinder aus dem Gröbsten raus, die Eigenheime abbezahlt, die Karrieren steil – die der Männer, versteht sich. Alle zeigen sich von ihrer besten Seite. Es wird strahlend gelächelt und gekonnt konversiert. Eheleute, wie man sie sich nicht glücklicher ausmalen könnte. Aber nichts ist, wie es scheint. Sie alle spielen eine Rolle in dieser Inszenierung. Aber für wen? Und wer führt Regie? Anne Freytag beobachtet präzise und deckt schonungslos auf, was sie sieht. Sie erzählt mit großer Dringlichkeit von stillschweigenden Übereinkünften, die aufgekündigt werden, Erwartungshaltungen und Enttäuschungen, Bedürfnissen und Begierden, Konventionen und Geheimnissen.
Über die Autorin
Anne Freytag hat International Management studiert und als Grafikdesignerin gearbeitet, bevor sie sich ganz dem Schreiben widmete. Für ihre Romane wurde die Autorin mehrfach für Literaturpreise nominiert und damit ausgezeichnet – unter anderem dem BAYERISCHEN KUNSTFÖRDERPREIS in der Sparte Literatur. Darüber hinaus gibt es konkrete Pläne zur Verfilmung einzelner Werke. Die Autorin lebt mit ihrem Mann in München.