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Veröffentlicht am 27.05.2019

Die Leiden der jungen Sofia – oder wie man zurück ins Leben findet

Wie man bei Regen einen Berg in Flip-Flops erklimmt
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Die Geschichte startet mitten im Geschehen. Das mag ich sehr. Sehr authentisch, extrem einfühlsam und doch voller Humor wird beschrieben, wie traurig, einsam, unverstanden und ausgegrenzt sich die 14jährige ...

Die Geschichte startet mitten im Geschehen. Das mag ich sehr. Sehr authentisch, extrem einfühlsam und doch voller Humor wird beschrieben, wie traurig, einsam, unverstanden und ausgegrenzt sich die 14jährige Sofia fühlt. Das gelingt deshalb so gut, weil in der Ich-Erzählweise geschrieben wird und Sofia uns direkt aus der Tiefe ihres Herzens erreicht. Sie lässt uns in Rückblenden miterleben, wie abgrundtief sie es erschüttert hat, ihre Mutter tot aufzufinden, wie furchtbar die Last war, es ihrem Opa in Spanien mitteilen zu müssen, und wie durch die Trauer ein sprachloser Raum zwischen ihr und ihrem Vater entstanden ist.

Dagegen steht ihre lebenslustige Freundin Kiki, die sich zwar um Sofia sorgt, aber eben nicht verstehen kann, dass Sofia nach Monaten noch immer tieftraurig ist und wie es sich tatsächlich anfühlt, die Mutter zu verlieren. Woher auch? Für Sofia ist es dagegen kaum nachvollziehbar, wie sorglos Kiki mit Jungs umgeht, weil sie selbst sich so schwer damit tut, und es stört sie enorm, dass Kiki offenbar ihre Mutter mit Sofias Vater verkuppeln will. Für Sofia ein absolutes No-Go! Aber zum Glück gibt es »Frag Kate«, einen Online-Ratgeber, dem Sofia sich nach anfänglichem Zögern anvertraut. Von der Antwort ist sie geradezu geflasht. Kate schreibt kluge Dinge, die bei Sofia Eindruck hinterlassen.
„Eine Mutter kann man nur einmal verlieren, also hast du das Schlimmste im Leben schon hinter dir. (Seite 43)“

Nie hätte sie gedacht, wohin der E-Mail-Austausch mit Kate führen würde! Denn ausgerechnet sie ist die neue Frau an der Seite ihres Vaters! Das bringt Veränderungen mit sich, die Sofias komplettes Leben auf den Kopf stellen. Sie muss einige wichtige Entscheidungen treffen, an denen sie reift und langsam zurück findet in ein Leben neben der Trauer, in dem gelacht, getanzt und gesungen werden darf. Sie muss entscheiden, ob sie Kate anvertraut, dass sie ihr als Ratsuchende geschrieben hat. Sie muss sich mit Kates Tochter Alexa auseinandersetzen, die mit ihren 16 Jahren eine extrovertierte, laute Kratzbürste ist und aus ihrer Geringschätzung für Sofia keinen Hehl macht. Erst spät erkennt Sofia, dass Alexa damit nur ihre Verletzlichkeit versteckt, denn auch sie musste schon einiges einstecken und verkraften. Sehr schön dagegen ist die Begegnung mit Sam, mit dem sie ihre erste zarte Romanze erlebt, auch wenn das nicht immer reibungslos verläuft. Sie muss entscheiden, ob sie an ihrer vertrauten Schule bleibt oder an einer anderen Schule einen Neuanfang wagt. So erkennt Sofia schließlich, dass Veränderungen auch etwas Positives sein können, bis schließlich ein besonderes Ereignis einen Neuanfang für alle Beteiligten bedeutet.

Die Autorin Carol Weston betreut seit mehr als zwei Jahrzehnten die Ratgeberkolumne „Dear Carol“ in der Zeitschrift Girl´s Life und das merkt man diesem Jugendbuch an. Die Themen Trauer, Neuanfang und erste Liebe werden absolut einfühlsam, dabei sehr realistisch und superb auf die junge Zielgruppe ausgerichtet verarbeitet. In zwölf Kapiteln – für jeden Monat eins – begleiten wir die allesamt hervorragend ausgearbeiteten Charaktere durch teils turbulente Zeiten bis hin zu einem sehr versöhnlichen und glücklichen Ende, an dem Sofia für sich das Fazit ziehen kann

„Denn jetzt konnte nichts mehr meine Mom von mir fernhalten - kein Stau, keine Lehrerkonferenz und kein Stapel zu benotender Klassenarbeiten. Ich musste mich nie mehr von ihr verabschieden, denn im Geiste würde meine Mutter immer bei mir sein, unsichtbar und unantastbar. (Seite 229)“

Von mir eine ganz klare Leseempfehlung, vor allem (aber nicht ausschließlich) für Teenager.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Geschichte
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 25.06.2018

Atemberaubende Jagd rund um den Bondensee

Die Bücherjäger
4

Die Bücherjäger von Dirk Husemann – ein historischer Roman

Konstanz zur Zeit des Konzils, 1417: Poggio Bracciolini ist ein Meister im Aufstöbern antiker Texte - ein Bücherjäger. In einem Bergkloster am ...

Die Bücherjäger von Dirk Husemann – ein historischer Roman

Konstanz zur Zeit des Konzils, 1417: Poggio Bracciolini ist ein Meister im Aufstöbern antiker Texte - ein Bücherjäger. In einem Bergkloster am Bodensee entdeckt er ein Buch, das an eine Kette gelegt ist. Doch kaum hat Poggio die ersten brisanten Zeilen entziffert, ist der Foliant verschwunden. Entschlossen nimmt der Bücherjäger die Verfolgung der Diebe auf.

Der Autor Dirk Husemann arbeitet als Wissenschaftsjournalist und Archäologe, studierte Ur- und Frühgeschichte, Klassische Archäologie und Ethnologie und schreibt Reportagen und Sachbücher - und Romane. Ich lese „die Bücherjäger“ als Frischling und kann nur sagen – sein Werdegang und Knowhow kommt seinem Roman in jeder Hinsicht zugute.

Die spannungsgeladene Geschichte wartet mit einer ganzen Riege interessanter, historisch belegter Persönlichkeiten auf, als da wären:
• Poggio, der Bücherjäger – hat sich aus ärmlichen Verhältnissen hochgearbeitet und steht nun in den Diensten des Papstes. Ein überaus sympathischer Bursche, ich mag ihn sehr.
• Papst Johannes XXIII – geboren als Baldassare Cossa, ein durchtriebenes Schlitzohr und Freund, teilweise Beschützer von Poggio. Bei ihm muss man mit allem rechnen, er ist nie langweilig.
• Oswald von Wolkenstein – Widersacher Poggios, der das gejagte Buch für seine eigenen Zwecke nutzen will. Ein etwas simpler Charakter, der später noch gehörig einstecken muss.
• Agnes von Mähren, die sich aus politischen Gründen im Kloster versteckt und Poggio an seine Jugendliebe erinnert. Stets für Überraschungen gut und bis zum Schluss kaum zu durchschauen.
Dazu kommen noch zahlreiche Figuren, die nicht historisch belegt sind, die Geschichte aber wegen ihrer aussagekräftigen Charakterzüge enorm beleben. Keinen davon möchte ich missen.

Die Geschichte beginnt rasant mit der Flucht des Papstes vom Konstanzer Konzil, hält viele abwechslungsreiche Örtlichkeiten und Szenarien bereit, allesamt höchst interessant und unterhaltsamt – verläuft über mehrere Spannungsspitzen flott bis zum finalen Showdown, der ebenfalls eine rasante Verfolgungsjagd zum Rheinfall in der Schweiz ist.

Der Autor versteht es hervorragend sowohl absolute Sympathieträger als auch richtige Ekelpakete atmosphärisch dicht zu entwerfen und diese in entsprechendem Licht so darzustellen, dass man mit lebt, mit liebt, mit leidet, mit hasst.

Sehr gut gefallen hat mir an dem historischen Roman von Dirk Husemann einerseits die gute Mischung aus historischen Fakten und schriftstellerischer Phantasie (die im ausführlichen Anhang genau erläutert wird), andererseits die Kunst des Autors einen mit immer neuen spannenden Wendungen stets in Atem zu halten. Außerdem ist die Atmosphäre des Buchs wunderschön und stimmig, sowohl passend zur historischen Zeit der Handlung als auch bei der Beschreibung von Orten und Begebenheiten. Eine geniale Idee sind auch die immer wieder eingeschobenen Rückblicke in die Vorgeschichte der Protagonisten in Form von sogenannten Stundengläsern. Sie runden die Charaktere bereichernd ab.

Was mir aber am gesamten Buch am besten gefällt ist die Sprache des Autors. Eine Offenbarung!! Die bildgewaltige „Schreibe“ des Herrn Husemann hat mich begeistert. Das Buch ist voll wundervoller Sprach-Akrobatik! Da ist der Genuss das Lesen um des Lesens willen. Ich habe mich in die Sprache des Herrn Husemann Hals über Kopf verliebt.

„Die Bücherjäger“ ist für mich das erste Buch, das ich von Dirk Husemann lese – aber ganz sicher nicht das letzte!!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Abenteuer
  • Charaktere
  • Erzählstil
  • Originalität
Veröffentlicht am 28.02.2019

Von Einem, der süßen Honig sammelt und ein bitteres Schicksal meistern muss

Der Gesang der Bienen
3

„Das Sammeln des Honigs wilder Bienen durch den Menschen ist für die Zeit seit 9000 Jahren belegt. Der Begriff des Zeidlers oder Zeitlers bezeichnet einen besonderen Beruf des Honigsammlers, wie er sich ...

„Das Sammeln des Honigs wilder Bienen durch den Menschen ist für die Zeit seit 9000 Jahren belegt. Der Begriff des Zeidlers oder Zeitlers bezeichnet einen besonderen Beruf des Honigsammlers, wie er sich in Europa seit dem Frühmittelalter ausgebildet hat. Der Zeidler hielt, anders als der Imker im heutigen Sinne, die Bienen nicht in gezimmerten Bienenstöcken oder Bienenkörben. Man hieb alten Bäumen künstliche Höhlen (Beuten) in etwa sechs Meter Höhe ein und versah den Eingang mit einem Brett, in das ein Flugloch eingebracht war.“ (Aus Wikipedia)

Wie das genau vor sich ging, und zwar anno 1152, das beschreibt Ralf H. Dorweiler in seinem dritten historischen Roman auf wundervolle Weise. Es gelingt ihm scheinbar mühelos den Leser mit in die Wälder rund um Staufen und Freiburg zu nehmen und mit einer herrlich bildhaften Sprache zu zeigen, wie die Menschen damals gelebt und gelitten haben. Mit zeitgemäßem Sprachstil bringt er uns nahe, was es bedeutete, als einfacher Mann der Obrigkeit ausgeliefert zu sein und wie wenig es gebraucht hat, unschuldig in größte Not zu geraten.

Mit hervorragend ausgearbeiteten Charakteren führt uns der Autor in die Welt des Mittelalters und schickt uns auf eine Achterbahnfahrt der Gefühle und auf eine Reise vom Münstertal bis nach Bingen am Rhein. Wir erlangen tiefe Einblicke, wie mühselig das Reisen damals war, gefährlich und zeitraubend, wir erfahren viel über das Handwerk des Zeidlers, tauchen ein in den Alltag einer Ritterburg und erahnen wie entbehrungsreich das Klosterleben war.

Die vom Autor entworfenen Personen sind vielschichtig und tiefgründig, durchdachte Persönlichkeiten, die sich entwickeln. Man kann mit ihnen hoffen und bangen (Seyfried, ein Zeidler/Elsbeth, seine Frau/Anna, seine fast erwachsene Tochter), man kann sie hassen und verfluchen (Theobald, ein Ritter/seine Handlanger/Ursel, die Furie aus der Burgküche), man kann mit ihnen leiden (Adelheyd, die ein Geheimnis hütet/Gregor, ein verletzter Bote) und eintauchen in deren Alltag (Nonnen in Hildegards Kloster/Seyfrieds Zeidler-Kollegen/Karl, Küchenjunge auf der Stauferburg). All diese wunderbaren und schrecklichen Menschen erweckt der Autor im Verlauf der Geschichte zum Leben, lässt sie erblühen oder verwelken, macht sie stark oder schwach und hält uns Leser atemlos vor Spannung bei der Stange bis zur letzen Seite. Auch begegnen uns einige historisch belegte Personen wie Gottfried von Staufen (der um seine Tochter trauert), Abt Eberhard im Kloster St. Trudpert (Ankläger von Elsbeth), Hildegard von Bingen (Äbtissin im Kloster auf dem Rupertsberg) sowie Abt Kuno im Kloster Disibodenberg (der nicht gut auf Hildegart zu sprechen ist) und schließlich der frisch gekrönte König Friedrich I., auch bekannt als Barbarossa.

Kern der Geschichte ist der verzweifelte Versuch Seyfrieds, seine Frau Elsbeth vor der Hinrichtung zu retten. Weil sie Gottfrieds Tochter Fronika retten wollte, hat sie die ganze Familie in größte Not gebracht. Als letzter Ausweg seine Frau vor der Hinrichtung zu bewahren, bleiben ihm gerade noch 16 Tage, um von Hildegard von Bingen eine Fürsprache zu erhalten. Während Seyfried die mühselige Reise antritt bleiben seine Kinder zurück. Die kleine Lise bei Nachbarn, Tochter Anna und Sohn Jasper auf der Burg von Gottfried von Staufen. Dort sitzt auch Elsbeth im Verlies und wartet auf Rettung. Anna sorgt sich um Mutter und Bruder und muss sich dem widerlichen Theobald von Molsheim, Ritter von Gottfried, erwehren.
Seyfried bekommt das ersehnte Schreiben von Hildegard wiederum nicht so einfach, wie er sich das vorgestellt hat. Sie stellt Bedingungen - mehrere. Denn anders als Seyfried, glaubt Hildegard nicht daran, dass allein ein Schreiben von ihr die Rettung für Elsbeth ist. Der Autor lässt uns mitleiden, wenn die schon damals weithin bekannte Frau sagt: „An erster Stelle bin ich eine Frau. Äbtissin, Prophetin, Heilkundige, ja, das ist gut, aber in den Augen vieler Männer eben ´nur` eine Frau. Papst Eugen hat mich aufgefordert, mein Schreiben zu intensivieren. Soll das Weib nur schreiben. Aber die Männer regieren die Welt.“ und sie ermahnt Seyfried mit den Worten „Meinst du allen Ernstes, dass ein alter Abt sich von einer Äbtissin aus der Ferne vorschreiben lässt, wie er Recht zu sprechen hat?“

Als Leser hoffen wir auf Rettung und fiebern mit, wenn die Zeit für Elsbeths Rettung immer knapper wird. Das Buch ist ein echter Page-Turner, wir kommen vor Spannung kaum zu Atem. Kann Seyfried seine geliebte Elsbeth retten? Ist Anna stark genug, sich gegen Theobald zur Wehr zu setzen? Und welche Rolle spielt eigentlich Barbarossa in der ganzen Angelegenheit?

Insgesamt ist es ein ausführliches und einfühlsames Werk, zudem spannend von Anfang bis Ende, in dem alle losen Fäden äußerst gekonnt und schlüssig zusammengeführt werden. Sehr gelungen finde ich auch die Gestaltung des Buches, vom schönen Einband über ein ausführliches Personenverzeichnis bis hin zu einer anschaulichen Karte vom Reiseverlauf. Besonders hübsch sind die Kapitelanfänge mit historischen Zitaten und schön gemalten Bienenmotiven. Für mich war es das erste Buch des Autors und von mir gibt es eine uneingeschränkte Leseempfehlung.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Geschichte
  • Stil
  • Figuren
  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 21.01.2019

Interessanter Ansatz in lauwarmer Story

Forever You
2

Für Nick ist es seit eh und je klar: Lizzie, die kleine Schwester seines besten Freundes, ist die Liebe seines Lebens und genau das will er ihr an ihrem 18. Geburtstag gestehen. Doch just am Tag ihrer ...

Für Nick ist es seit eh und je klar: Lizzie, die kleine Schwester seines besten Freundes, ist die Liebe seines Lebens und genau das will er ihr an ihrem 18. Geburtstag gestehen. Doch just am Tag ihrer Volljährigkeit verkündet Lizzie stolz, dass ihr großer Traum von einer Modelkarriere wahr werden könnte, denn sie hat einen Vertrag in der Tasche, der sie in die USA führt. Die Jahre ziehen ins Land und Lizzie muss einige Schicksalsschläge wegstecken, bei denen Nick als ihr bester Freund ihr tröstend und helfend zur Seite steht. Bis zu dem Tag, an dem Lizzies Leben durch einen Skandal tief erschüttert wird und ihre gesamte Karriere gefährdet ist. Und wieder ist Nick sofort für sie da und schützt sie vor der Außenwelt.

Soweit so gut – bis dahin eine sehr gefühlvolle Lovestory mit sympathischen Protagonisten, eine vielversprechende Geschichte, bei der von Anfang an klar ist, wohin die Reise geht. Der Weg dahin ist allerdings sehr holprig und kurvenreich. Es gibt reichlich interessante Wendungen, die aber zum Teil sehr langatmig daherkommen. Obwohl Nick ein netter Kerl ist, kann er durch sein Verhalten nicht wirklich überzeugen. Öffentlich ist er ein erfolgreicher, klar strukturierter Zahlenmensch, privat ist er ein emotionales Häufchen Elend ohne Selbstbewusstsein. Bei Lizzie ist es nicht besser: Nach außen das erfolgreiche und strahlende Model, an sich aber eine komplett unfertige Person, die nicht weiß, was sie will und sich selbst gar nicht zu helfen weiß. Ich hatte den Eindruck, dass die Autorin zum einen Nick einen starken Charakter verpasst hat, ihn in Bezug auf seine Gefühle aber überhaupt nicht so handeln lässt. Und bei Lizzie hat sie wohl völlig vergessen hat, dass diese nach all den Jahren auch endlich mal erwachsen sein sollte.
Dazu kommt dann im Mittelteil das gebetsmühlenartig vorgetragene „sie/er liebt mich – ich sag´s ihr/ihm aber nicht, weil …“ was einfach zu oft wiederholt wird und letztlich ziemlich meine Geduld und Nerven strapaziert hat.


Fazit:
Es fällt mir schwer, eine gerechte Rezension zu schreiben. Vor allem weil das Buch an sich auf einer guten Idee mit viel Potential basiert, flüssig geschrieben und angenehm zu lesen ist - und weil Nick und Lizzie keine schlechten Typen sind. Insgesamt fand ich es aber auch relativ nichtssagend, die Charaktere sind nicht vollständig ausgearbeitet (vor allem der von Lizzie) und weil der Mittelteil zu lauwarm daherkommt. Das ständige "er/sie will mich ja doch nur als Freund“ wurde zu einer zermürbenden Dauerschleife. Das Ende hat mich dann wieder etwas versöhnt, da es hier nochmal sehr emotional wurde und die beiden auch endlich mal in die Pötte kamen. Obwohl ich zwischendurch wirklich gerne mal eine leseleichte Liebesstory mag, hat mich diese hier nicht vollkommen überzeugen können. Schade.

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  • Charaktere
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  • Gefühl
Veröffentlicht am 21.10.2019

Von rassigen Pferden, arabischen Nächten, maurischen Schönheiten und spanischem Temperament

Das Lied der Pferde
1

Die Autorin lebt und schreibt in Andalusien, wo sie einen Pferdehof führt. Sie kennt und liebt diese edlen Tiere. Das spürt man beim Lesen. Es begleitet uns eine innige Beziehung zwischen der Protagonistin ...

Die Autorin lebt und schreibt in Andalusien, wo sie einen Pferdehof führt. Sie kennt und liebt diese edlen Tiere. Das spürt man beim Lesen. Es begleitet uns eine innige Beziehung zwischen der Protagonistin und ihrer geliebten Stute Meletay durch die ganze Geschichte, und dennoch ist es kein Pferdebuch, soviel vorab für all jene Pferde-Liebhaber, die den Roman nur deshalb zur Hand nehmen. Ganz im Gegenteil, hier haben wir einen sehr komplexen historischen Roman, der uns von Cöln im Heiligen Römischen Reich des Jahres 1072 bis nach Valencia in Al-Andalus im Jahr 1099 führt. Dazwischen liegen nicht nur 27 Jahre sondern ganze Welten.

Zu Beginn lernen wir die abenteuerlustige Aenlin und ihren zaghaften Bruder Endres kennen. Der Erbe des Cölner Handelshauses kann und will die an ihn gestellten Erwartungen nicht erfüllen und so tauschen die Zwillinge kurzerhand die Rollen. An seiner Stelle macht sich Aenlin mit einer Gruppe Kaufleuten auf den Weg nach Zamora im spanischen Königreich León. Kurz vor dem Ziel wird der Handelszug jedoch überfallen, von keinem geringeren als Ritter Don Rodrigo Diaz de Vivar, auch bekannt als El Cid. Er nimmt Aenlin gefangen und Don Alvaro, Aenlins Beschützer, schließt sich dem Cid an. Ab diesem Zeitpunkt sind die drei auf schicksalhafte Weise miteinander verbunden.

Der weite Handlungsbogen spannt sich über mehrere Herrscher, die verschiedensten Gebiete und gegensätzlichsten Schauplätze. Wir ziehen durchs maurische Al-Andalus von Toledo über Sevilla nach Granada und wieder zurück nach Zaragoza ebenso wie durch die christlichen Königreiche Kastilien, Navarra und Aragon nur um am Ende wieder im arabischen Valencia im ehemaligen Palast des Emirs zu enden.

Wir schwelgen in luxuriösen maurischen Bädern, wandeln durch exotische Gärten oder erleben Zwist und Rangeleien unter den Haremsdamen genauso hautnah wie die Ausbildung junger Ritter am Königshof, die dortigen Intrigen, die Zerwürfnisse politischer Kontrahenten oder das einfache Leben eines Pferdezüchters. Wir begegnen spanischen Königen wie Ferdinand von Kastilien, Sancho II. und Alfons IV. ebenso wie den ständig in Machtkämpfen verstrickten arabischen Emiren Al-Mu´tamin oder Al-Qadir in ihren maurischen Palästen.

Don Rodrigo lässt keine Gelegenheit aus, plündernd und raubend durchs Land zu ziehen, dabei wechselt er die Seiten, wie es ihm am besten zum Vorteil gereicht. Mal dient er dem Emir, mal dem König. Mal nimmt er Untertanen des Königs gefangen, mal metzelt er maurische Edelleute nieder oder ficht gegen die aus Nordafrika einfallenden Almoraviden. Nichts ist vor ihm sicher, vor allem Aenlin nicht. Aenlin, die er auf dem Sklavenmarkt verkauft und später vom Emir als Geschenk erhält. Sie ist ihm ausgeliefert mit Haut und Haar. Dabei entwickelt sie sich vom jungen, naiven Mädchen zur Sklavin, die mit stoischer Ruhe ihr Schicksal erduldet bis hin zur strategisch handelnden Gespielin und fürsorglichen Mutter. Zugute kommen ihr dabei nützliche Fähigkeiten, die sie in einer Art Haremsschule bei Zuleika, ihrer ersten Herrin, erworben hat. Und so schafft sie es schließlich den Cid derart zu umgarnen, dass es ihre Gefangenschaft fast erträglich macht.

Fazit: Die Autorin versteht es hervorragend, Sitten und Gepflogenheiten stimmig zu zeichnen. Sie entwirft komplexe und gut durchdachte Charaktere. Sie leitet den Leser durch die Wirren der spanisch-arabischen Historie und am Ende führt sie gekonnt alle Fäden zu einem konsequenten Finale zusammen. Ich finde, es ist der Autorin sehr gut gelungen, einerseits die verklärten, heldenhaften Überlieferungen des Cid in den Roman einzuflechten wie auch seine grausamen und herrschsüchtigen Seiten, die in historischen Schriften ebenfalls überliefert sind. Auch vom unterschiedlichen Stand einer Frau in der damaligen Männerwelt - arabisch oder christlich geprägt - bekommen wir eine sehr klare Vorstellung. Hie und da fehlten mir ein paar Details, z. B. was aus Aenlins Bruder wurde oder wann und wie ihre Eltern den Rollentausch herausgefunden haben. Insgesamt leidet die Geschichte aber nicht darunter.

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