Starke Frau wandert aus
Das Licht in den WellenIch mag historische Romane mit zwei Zeitperspektiven, wovon eine Zeitebene in der Jugend der Hauptperson spielt und eine im Hier und Jetzt, wenn die Protagonistin schon alt ist und auf ihr Leben zurückblickt. ...
Ich mag historische Romane mit zwei Zeitperspektiven, wovon eine Zeitebene in der Jugend der Hauptperson spielt und eine im Hier und Jetzt, wenn die Protagonistin schon alt ist und auf ihr Leben zurückblickt. Genau das ist in das Licht in den Wellen der Fall. Mit Inge Martensen, die kurz vor ihrem 100. Geburtstag steht, erleben wir nochmal ihre Jugend als Rückblick und im Hier und Jetzt eine Schiffsreise, die sie mit ihrer Ur-Enkelin macht, um noch einmal nach New York zu reisen.
Inge kommt von der kleinen Insel Föhr, die sie Anfang zwanzig kurz nach dem zweiten Weltkrieg Hals über Kopf in Richtung New York verlässt. Wir lernen sie als Jugendliche kurz nach diesem Entschluss kennen und können ihre beschwerlichen Anfänge in New York hautnah miterleben. Schön zu sehen ist auch, wie sie sich vom stillen Mädchen, dass sich seinem Schicksal ergibt, zu einer weltoffenen starken Frau entwickelt, die ihr Glück selbst in die Hand nimmt. Dass sie in dem Erzählstrang der Gegenwart genau so einen Schub auch für ihre Urenkelin plant, wird schnell deutlich. Denn Urenkelin Swantje ist sehr begabt in ihren Modeentwürfen und so schlägt Uroma Inge zwei Fliegen mit einer Klappe, als sie vorschlägt, noch einmal nach New York zu reisen, um die Plätze wiederzusehen, wo sie so glücklich war, und gleichzeitig ihrer Urenkelin die Türen zu einer Karriere zu eröffnen. Wir erleben damit gleich zweimal einen Neuanfang, auch wenn die historische Erzählschiene deutlich mehr Raum einnimmt.
Gerade die Anfänge von Inge in New York und wie sie sich durchgeschlagen hat, haben mir sehr, sehr gut gefallen. Es ist eine Freude zu sehen, wie sie sich weiterentwickelt und wie sie glücklich wird. Natürlich gab es auch emotionale Momente, die ebenfalls sehr gut transportiert wurden. Insbesondere haben mir auch die Sätze auf Föhringer Platt sehr gefallen. Es hat das Leseerlebnis abgerundet und hat mich auch manchmal zum Schmunzeln gebracht, weil es sich für einen Nicht-Friesen doch stellenweise lustig anhört.
Lediglich die Ansprache der Personen fand ich zwischenzeitlich etwas verwirrend. So ist in allen historischen Kapiteln die Rede von Inge und Hauke. Dann folgt relativ in der Mitte ein Kapitel, was eher aus Toms Perspektive erzählt scheint, wo die beiden als Mom und Dad auftauchen. Danach geht es dann noch in die Bezeichnung auf Föhringer Platt und das bunt gemischt. Auch wenn es zu keiner Zeit so war, dass man die Personen gar nicht zuordnen konnte, wäre etwas mehr Durchgängigkeit besser für mich gewesen.
Ein tolles Leseerlebnis, was das Leben einer starken Frau zeichnet und gleichzeitig etwas darüber lernen lässt, wie Föhringer Auswanderer Mitte des 20.Jahrhunderts ihr Glück in New York gemacht haben.