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Veröffentlicht am 25.10.2016

Das Ende der Donaumonarchie

Der Sturz des Doppeladlers
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Die Geschichte beginnt zwei Jahre nach dem Ausbruch des 1. Weltkrieges mit der Beerdigung des Kaisers Franz Joseph in Wien und erstreckt sich bis Ende 1921, als für viele Bewohner Österreichs nichts mehr ...

Die Geschichte beginnt zwei Jahre nach dem Ausbruch des 1. Weltkrieges mit der Beerdigung des Kaisers Franz Joseph in Wien und erstreckt sich bis Ende 1921, als für viele Bewohner Österreichs nichts mehr so ist wie vorher.
Birgit Mosser webt die Schicksale sehr unterschiedlicher Familien in den Zerfall der Donaumonarchie ein: Da ist zum einen das Kindermädchen Berta, die nach dem Tod ihres geliebten Verlobten Franz plötzlich schwanger zurückbleibt und für sich und ihr Kind in einer Welt voller Zurückweisung und Entbehrung kämpfen muss. Einem ganz anderen Kampf steht Julius Holzer, Anwalt und Sohn eines Hoteliers in Toblach, gegenüber: in den Dolomiten ist er als Oberleutnant für seine Soldaten verantwortlich und wird im tobenden Krieg immer wieder auf eine harte Probe gestellt. Dagegen ist Ferdinand von Webern in seiner Position als Sektionschef im k. und k. Ministerium für Äußeres damit betraut, den jeweiligen Minister zu unterstützen und dafür zu sorgen, dass Österreich nicht völlig zerfällt. Dagegen zieht der arrogante und tyrannische Architekt August Belohlavek für Ehre und Vaterland freiwillig an die Front, ohne sich weiter um seine Familie zu kümmern.
Mit einem guten Gespür für die unterschiedlichen Gesellschaftsschichten gelingt es der Autorin sehr gut, die Schicksale der unterschiedlichen Familie miteinander zu verweben. Sie zeichnet ihre Charaktere detailliert und mit einem klaren Blick für die verschiedenen Beweggründe, mit denen sie ihr Leben meistern. Trotz des grausamen Krieges, der mit Hunger, Hass, Verlust und Demütigungen einhergeht, vergisst sie die Liebe nicht.
Die Familienaufstellung am Ende des Buches hat mir stets geholfen, die Familien auseinander zu halten und ihre Verbindung zueinander nicht aus dem Auge zu verlieren. Da ich mich allerdings mit der Geschichte Österreichs nicht besonders gut auskenne, wünschte ich mir, dass Birgit Mosser ihrem Buch eine Landkarte aus jener Zeit beigefügt hätte. Manchmal tat ich mir doch etwas schwer, die Begebenheiten ganz genau zu verstehen. Die Überschriften der einzelnen Handlungsstränge mit dem jeweiligen Ort und dem Datum waren sehr hilfreich. Als Sachbuchautorin zur österreichischen Geschichte hat Birgit Mosser ein fundiertes Wissen in ihren Roman einfließen lassen, ohne dass ich das Gefühl hatte, im Geschichtsunterricht meiner strengen Gymnasiallehrerin zu sitzen. Einen zusätzlichen Pluspunkt finde ich auch das Einfließen der Dialekte, die der Geschichte authentisch machen und ihre Liebe zu Österreich widerspiegeln.

Veröffentlicht am 25.10.2016

Ein Mörder mit Vorliebe für ungewöhnliche "Waffen"

DNA
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Zwei Frauen werden auf grausame Weise ermordet – beide in ihrem Zuhause. Der Mörder bedient sich außergewöhnlicher Mordwaffen und gibt dem unerfahrenen Kommissar Huldar und seinem Team große Rätsel auf, ...

Zwei Frauen werden auf grausame Weise ermordet – beide in ihrem Zuhause. Der Mörder bedient sich außergewöhnlicher Mordwaffen und gibt dem unerfahrenen Kommissar Huldar und seinem Team große Rätsel auf, da er keine Beweismittel hinterlässt. Es scheint keinerlei Verbindung zwischen den beiden Frauen zu geben und sie galten als völlig unbescholten. Ausgerechnet der unerfahrene Kommissar Huldar wird mit den Fällen betraut. Sein Vorgesetzter Egill setzt ihn nur aus einem Grund ein: er will zwei Kollegen aus der Schusslinie der Öffentlichkeit bringen und im Falle eines Scheitern Huldars damit das Ansehen der Polizei nicht noch mehr schädigen. Keine schönen Aussichten für Huldar, der gerade mit Nikotinkaugummis endlich vom Rauchen loskommen will und zudem mit seinem schlechten Gewissen gegenüber seinem Kollegen Rikhardður kämpft. Mit dessen Frau Karlotta hatte er in betrunkenem Zustand einen One-Night-Stand. Die Ermittlungen werden nicht gerade einfacher, als er auf die Psychologin Freyja trifft. Unter falschen Angaben zu seinem Namen und Beruf hatte er eine Nacht mit ihr verbracht. Mit ihrer Hilfe befragt er Margret, die Tochter der ersten Ermordeten, die beim Tod ihrer Mutter im selben Raum war. Das traumatisierte Mädchen kann nur wenige Angaben zum Mörder machen. Huldar ist bald mit der Aufklärung der Morde etwas überfordert, da der Mörder keine Spuren hinterlässt. Als Vorgesetzter von Rikhardður und der hartgesottenen Polizistin Erla hat er keinen leichten Stand, auch wenn die beiden ihn tatkräftig unterstützen. Nur sein ignoranter Vorgesetzter Egill ist mehr mit der Anschaffung von neuem Equipment für sein Kommissariat beschäftigt und spielt bei den Ermittlungen keine Rolle. Zudem hält er nichts von Psychologen.

Zwischen den Perspektivenwechsel erscheint der junge Student und Amateurfunker Karl, der ein einsames und tristes Leben führt. Seine beiden „Freunde“ Börkur und Halli wenden sich zusehends von ihm ab – hatte sie letztlich nur ihr Faible fürs Funken zusammengeführt. Doch als Karl plötzlich seltsame Zahlenfolgen empfängt, stecken die drei Freunde ihre Köpfe zusammen und versuchen, den vermeintlichen Code zu knacken.

Selten war ich so ahnungslos, was die Person des Mörders betrifft. Sämtliche Spuren, die ich verfolgte, liefen ins Leere. Selbst der Prolog half mir nicht, um auf den Mörder zu kommen. Yrsa Sigurdardóttir gelingt es durch den gekonnten Perspektivenwechsel zwischen den Opfern und den Ermittlungen sowie den Einwürfen zum Privatleben von Freyja und Huldar die Spannung immer gleichbleibend aufrecht zu erhalten und den Leser immer wieder in die Irre zu führen. Dabei ist ihre Sprache klar und ungekünstelt, ohne kalt zu wirken. Dadurch fühlte ich mich als Leser wie ein stiller Beobachter. Über den Mörder gibt die Autorin nur sehr wenig preis, was die Spannung befeuert. Freyja und Huldar waren mir weder sympathisch noch unsympathisch. Beide haben ihre eigene Geschichte, die ab und zu durchschimmert. Das ergibt nur einen kleinen Abriss der beiden und lässt Raum für die Fantasie des Lesers. Auch im Hinblick darauf, dass „DNA“ das erste Buch einer Serie um die Psychologin Freyja und den Kommissar Huldar ist, bleibt der Leser neugierig zurück. Es gefällt mir, dass auch die Schwächen der beiden Hauptfiguren angesprochen werden…. Huldar bei einer Obduktion und Freyjas Bruder Baldur. Die kleine Margrét kommt als kluges, aber auch introvertiertes Mädchen herüber. Der Thriller erzeugt einen Nervenkitzel, der ohne allzu blutige Details zu den Morden auskommt. Mich hat dieser „kühle“ isländische Thriller gefesselt und zugleich neugierig auf weitere Folgen gemacht. Das ungewöhnliche Cover, auf dem zwei zu einem X-geformten blutige Klebestreifen angebracht sind, steht in direktem Zusammenhang mit den Morden und auch der Titel passt sehr gut dazu. Für mich ein rundum gelungenes Buch!