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Veröffentlicht am 25.06.2017

Erzählungen, die nachdenklich machen

Liebe wird überschätzt
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In diesem kleinen Büchlein finden sich 8 ganz unterschiedliche, jedoch auch sehr menschliche Geschichten über die Liebe und das Leben. Die Sprache der Autorin ist sehr klar und verzichtet auf sentimentale ...

In diesem kleinen Büchlein finden sich 8 ganz unterschiedliche, jedoch auch sehr menschliche Geschichten über die Liebe und das Leben. Die Sprache der Autorin ist sehr klar und verzichtet auf sentimentale Ausschmückungen. Doch genau dieser Schreibstil macht die Geschichten so besonders: der Leser kann sich in die unterschiedlichen Charaktere hineinversetzen. Das fällt oft gar nicht so schwer, da nicht alle Charaktere Namen haben.
Am Besten haben mir die beiden Erzählungen „Liebe wird überschätzt“ und „Die Ausgesetzten“ gefallen. In beiden geht es um Liebe in verschiedenen Facetten und doch ähneln sie sich. Einfach wunderschön!
Weniger gelungen finde ich die Übersetzung, die den Lesefluss manchmal unterbricht und etwas hölzern wirkt. Das ist zwar schade, tut aber der Qualität der Erzählungen keinen Abbruch.
Das Cover gefällt mir nach wie vor sehr gut – so bunt wie die Liebe und das Leben und auch so verwirrend.
Kleine Geschichten, die zum Nachdenken anregen und mir noch lange im Gedächtnis bleiben werden.

Veröffentlicht am 07.06.2017

Liebe hat viele Gesichter

June
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Die fiktive Kleinstadt St. Jude im Bundesstaat Ohio:
Im Wechsel wird die Geschichte von Cassie (Juni 2015) und ihrer Großmutter June (Juni 1955) erzählt.
Juni 1955:
June (18) und Lindie (14) sind enge ...

Die fiktive Kleinstadt St. Jude im Bundesstaat Ohio:
Im Wechsel wird die Geschichte von Cassie (Juni 2015) und ihrer Großmutter June (Juni 1955) erzählt.
Juni 1955:
June (18) und Lindie (14) sind enge Freundinnen, obwohl sie unterschiedlicher Herkunft sind. Lindie betet June an und würde alles für sie tun. June lebt mit ihrer selbstsüchtigen Mutter Cheryl Ann nach dem Tod von Junes Vater im Hause des Onkels Lemon Gray Neely (Two Oaks), der mittlerweile sehr alt und gebrechlich ist. Dank Lemons Vermögen geht es den beiden Frauen ganz gut und June soll mit dem vermögenden, aber blassen und stets abwesenden Artie Danvers verheiratet werden. So die Vorstellung ihrer Mutter, der sich June zu fügen hat. Lindie lebt mit ihrem Vater in einfachen Verhältnissen in einem kleinen Haus gegenüber von Two Oaks und schert sich weder um ihr Aussehen noch um das Verbot, Two Oaks zu betreten. Lindies Vater ist ein liebenswerter und ruhiger Mann, der für Lemon Neely arbeitet. In Two Oaks lebt die dunkelhäutige Apatha als Köchin und Haushälterin und sie hat sich nach dem Verschwinden von Lindies Mutter ihrer angenommen. Eines Tages kommt ein Filmteam rund um den berühmten Schauspieler Jack Montgomery nach St. Jude, um dort einen Film zu drehen. Lindie ist total begeistert und bekommt schließlich die Stelle der Produktionsassistentin. June, die nur noch an ihre bevorstehende Hochzeit denkt, begegnet zufällig Jack Montgomery und geht zusammen mit Lindie heimlich zu einer Party der Filmcrew, um ihn wiederzusehen.
Juni 2015:
Cassie hat Two Oaks von ihrer Großmutter June geerbt. Leider ist die Villa nur noch ein Schatten vergangener Pracht. Dennoch zieht Cassie dort ein und versteckt sich vor der Welt oder sich selbst. Zusammen mit der ehemals herrschaftlichen Villa träumt Cassie von den beiden Freundinnen June und Lindie. So überschneiden sich die Handlungen in den beiden unterschiedlichen Jahren immer wieder miteinander. Plötzlich taucht ein Fremder vor ihrer Türe auf und eröffnet Cassie, dass sie von Jack Montgomery, dem einstigen Filmstar, etliche Millionen geerbt hätte. Ehe sie sich versieht, hat sie Gäste in ihrem Haus: Tate Montgomery, die Tochter von Jack Montgomery, die das Testament ihres Vaters anfechten will und von Cassie einen DNA-Test verlangt, um ihre Verwandtschaft mit Jack Montgomery nachzuweisen mit ihrer Entourage - Nick, ihr Assistent und Hank, das Mädchen für alles. Cassie ist völlig überfordert, denn sie weiß nichts von einer Affäre ihrer Großmutter June mit dem berühmten Filmstar Jack. Doch ehe sie ihre DNA zum Abgleich herausrückt, möchte sie wissen, ob es eine Verbindung zwischen Jack und June gab.
Miranda Beverly-Whittmore gelingt es tatsächlich und auch glaubhaft einen Mord und das besondere Flair eines Hollywood-Filmsets in ihren Liebesroman einzuflechten. Dabei wirkt die Geschichte nicht konstruiert und die Charaktere und die 50er Jahre werden beim Lesen lebendig. Mystisch, spannend und sehr anschaulich werden Junes und Cassies Leben in der Villa Two Oaks durch die Träume des Hauses erzählt. Der Glanz der vergangenen Zeiten und das bunte Treiben in der Villa um 1955 und der spätere Verfall des herrschaftlichen Gebäudes machen das Buch zu etwas Besonderem. Träumende Häuser – wenn diese Mauern erzählen könnten! Ein schöner, aber auch beängstigender Gedanke. June ist mir besonders ans Herz gewachsen. Sie ist eine außergewöhnliche, junge Frau, die zu ihrem Wort steht und für die Loyalität einen hohen Stellenwert hat. Dass ihre Gefühle dafür oft zurückstehen müssen, ist ihre Bürde.
Die Autorin versteht sich sehr gut darauf, Charaktere lebendig zu beschreiben und den Leser mit Wendungen zu überraschen. Die Geschichte um June und Jack wird stückchenweise offengelegt und somit bleibt es immer spannend. Der schöne Schreibstil macht es leicht, sich ganz in dem Buch zu vertiefen und es nicht mehr aus der Hand legen zu wollen. Am Ende fand ich es sehr schade, dass ich von June und Cassie Abschied nehmen musste. Das macht einen wirklich gelungenen Roman aus.

Veröffentlicht am 07.06.2017

Trügerische Freundschaften

Wo ist Jay
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Jay de Winter verschwindet eines Tages und ihr Mann Hugo geht davon aus, dass sie ihn und ihre beiden Kinder nach einem Streit verlassen hat. Ihre Freunde Thomas, Laura, Doreen, Falk und Leon haben ihre ...

Jay de Winter verschwindet eines Tages und ihr Mann Hugo geht davon aus, dass sie ihn und ihre beiden Kinder nach einem Streit verlassen hat. Ihre Freunde Thomas, Laura, Doreen, Falk und Leon haben ihre ganz persönlichen Gründe, sich über Jays Verschwinden keine großen Gedanken zu machen. Zudem kommt es so manchem ganz gelegen, dass die beliebte und charismatische Jay nicht mehr im Mittelpunkt der Clique steht. Nur Mia, Jays beste Freundin, ist fassungslos und sich sicher, dass Jay etwas zugestoßen sein muss. Doch sie steht mit ihrem Gefühl und ihren Nachforschungen ganz alleine da. Nicht einmal die Polizei geht darauf ein. Als dann auch noch zwei Frauenleichen gefunden werden, wird Mias Angst um die geliebte Freundin aus Kindertagen übermächtig. Sowohl ihr Mann Leon als auch die übrigen Freunde verhalten sich immer merkwürdiger und versuchen sogar, Mia von ihren „Ermittlungen“ abzubringen. Nur allmählich erfährt Mia, wie die anderen über Jay denken und ihr kommen Zweifel, ob Jay glücklich war. Tiefe Abgründe tun sich auf und drohen auch die Ehe von Mia und Leon zu verschlingen. Mias Loyalität und Entschlossenheit sind die einzige Hoffnung für Jay – auch wenn sie selbst nichts davon ahnt.
Bei diesem Psychothriller stellt sich der Leser innerhalb kürzester Zeit die Frage, was eine gute Freundschaft ausmacht. Eine einfache Antwort darauf gibt es nicht. Und im Laufe der Geschichte beschlich mich immer wieder das Gefühl, dass vermeintliche Freundschaften gefährlicher sein können als offene Feindschaften. Der Autorin hat mit ihrem Psychothriller nicht nur eine unglaublich spannende und entsetzliche Geschichte zu 2 Morden und einer Entführung gelungen, sondern auch eine Charakterstudie über eine Clique, deren Freundschaften nur sehr oberflächlich sind. Letztlich kommen Geheimnisse, Eifersucht, Neid und sogar Hass zutage. Es spielt dabei keine Rolle, ob die Protagonisten dabei in ihrer eigenen Gedankenwelt gefangen sind, sich nicht ehrlich den anderen gegenüber äußern oder Intrigen spinnen. Der Autorin gelingt es, das Grauen ganz langsam an den Leser heranschleichen zu lassen. Die Spannung wird von Seite zu Seite größer. Dadurch dass sie jeden der Protagonisten an unterschiedlichen Tagen zu Wort kommen lässt, wird das Verschwinden von Jay und die diversen Beziehungen innerhalb der Clique sehr anschaulich erzählt. Der grundlegende Handlungsstrang aus Mias Perspektive zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch.
Wenn man bedenkt, dass dieser Thriller keine reine Fiktion ist, sondern auf einem wahren Fall gründet, ist das Grauen umso größer. Denn dieser Fall zeigt unglaubliche menschliche Abgründe. Mir war nie so bewusst, wie gefährlich und hinterhältig es sein kann, nicht offen und ehrlich zu Menschen zu sein, die man als Freunde bezeichnet. Der unterschwellige Hass und die Eifersucht, die an den Freunden um Jay und Mia nagen, sind schwer auszuhalten.
Ein Psychothriller, der nicht nur eine Geschichte ist, sondern den Leser nachdenklich zurück und Freundschaften überdenken lässt!

Veröffentlicht am 02.06.2017

Eine ferne Liebe in Kriegszeiten

Die Liebe in diesen Zeiten
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Der Roman ist in 3 Teilen geschrieben (1. Bewahrung, 2. Zermürbung, 3. Wiederherstellung) und erstreckt sich von September 1939 bis Juni 1942. Die Handlung spielt im kriegsgebeutelten London und auf der ...

Der Roman ist in 3 Teilen geschrieben (1. Bewahrung, 2. Zermürbung, 3. Wiederherstellung) und erstreckt sich von September 1939 bis Juni 1942. Die Handlung spielt im kriegsgebeutelten London und auf der Insel Malta, die von britischen Soldaten verteidigt wird.
Als im September 1939 Großbritannien dem Deutschen Reich den Krieg erklärt, nehmen die Bewohner Londons dies meist gelassen hin. Mary North, aus guter Familie und recht unbedarft, meldet sich voller Euphorie freiwillig für den Kriegsdienst. Entgegen ihrer Erwartungen wird sie „nur“ als Hilfslehrerin eingesetzt und als sie sich bei der Evakuierung der Kinder aufs Land mit ihrer Vorgesetzten überwirft, wird sie als ungeeignet entlassen. Mit ihrem Trotzkopf und einem langen Atem bedrängt sie Tom, der bei der Schulbehörde arbeitet, ihr eine neue Anstellung als Lehrerin zu geben. Tom lässt sich von Mary einwickeln und gibt ihr eine Klasse von Kindern, die aufgrund ihrer Hautfarbe oder Unzulänglichkeiten auf dem Land nicht aufgenommen und somit in London zurück gelassen wurden. Zu ihnen gehört der kleine, farbige Zachary, dessen Vater in einer Minstrel-Show auftritt. Hilda, Marys Freundin, kann nicht verstehen, dass sich Mary tatsächlich um diese Kinder kümmern und sie unterrichten will. Mit der Zeit entwickelt sich zwischen Tom und Mary eine Beziehung und so entsteht auch die Idee, sich zu viert zu treffen. Toms Mitbewohner Alistair, der sich freiwillig zum Kriegsdienst gemeldet hatte, soll mit Hilda „verkuppelt“ werden. Doch das Treffen gestaltet sich ganz anders, denn von der ersten Sekunde an, fühlen sich Alistair und Mary unwiderstehlich zueinander hingezogen. Doch Mary hält an Tom fest und Alistair kehrt an die Front zurück. Hilda schreibt Alistair, denn sie hat sich in ihn verliebt. Doch ihr entgeht nicht, dass zwischen Alistair und Mary eine große Anziehungskraft besteht. Das führt nicht nur zu Unstimmigkeiten zwischen Hilda und Mary, sondern überschattet auch die Beziehung von Tom und Mary. Während die Bombardierung von London durch deutsche Kampfflieger beginnt, kümmert sich Mary liebevoll um ihre Schüler und vollzieht eine langsame Wandlung in ihrem Wesen. Von Blitzkrieg ist in der Bevölkerung nun keine Rede mehr und die Flucht in die Schutzkeller, der Fliegeralarm und das Rationieren von Lebensmitteln gehören mit der Zeit zum Alltag. Nur an Marys Familie scheint dies spurlos vorüberzugehen. Ihr Vater kümmert sich um Sitzungen im Ministerium und ihre Mutter versucht den guten Ruf der Familie zu wahren, was nicht ganz leicht ist, wenn die Tochter sich nicht standesgemäß verliebt und verhält. Dann schlägt das Schicksal gnadenlos zu, nimmt Mary während einer Theateraufführung geliebte Menschen und sie erleidet ein schweres Trauma.
In einer ganz anderen Situation findet sich Alistair auf der kargen Insel Malta wieder, wo er sich nicht nur auf die Belagerung durch die deutschen Truppen einstellen, sondern stets als Vorbild für seine Untergebenen stark sein muss. Er kämpft gegen Hunger, Tod, Hass, Verletzungen und den Unwillen der Malteser. Trotz der Grausamkeit des Krieges versucht er, sich seine Nächstenliebe und Menschlichkeit zu bewahren. Nicht zuletzt hilft ihm auch der Briefwechsel mit Mary, den die beiden heimlich angefangen haben.
In seiner Geschichte um Mary, ihre Freundin Hilda, Tom und seinen Freund Alistair verbindet Chris Cleave eine sehnsuchtsvolle Liebesgeschichte mit dem Drama des 2. Weltkriegs, der über London und auf Malta wütet. Das Augenmerk des Autors liegt dabei mehr auf dem Kriegsgeschehen und dessen Auswirkungen auf die Menschen und deren Beziehungen, als auf eine Liebesgeschichte bzw. Dreiecksbeziehung, wie der Covertext vermuten lässt. Dabei zieht er den Spannungsbogen von der ersten bis zur letzten Seite gekonnt durch, so dass der Leser sich weder dem Geschehen noch den Personen entziehen kann. Es entwickelt sich ein intensiver Roman, der die Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung aber vor allem auf die Soldaten in dieser zerstörerischen und grausamen Zeit beschreibt. Der gefühlvolle Schreibstil ist mit feinem Humor – vor allem in den Dialogen – durchsetzt und die Erzählweise wird von Seite zu Seite plastischer und beschwört Bilder von Zerstörung, Hass, Verlust, Angst, aber auch Kameradschaft, Freundschaft und Liebe herauf. Zudem befasst sich Chris Cleave auch mit dem Rassenproblem und Marys Morphium-Missbrauch, der durchaus nachvollziehbar, aber dadurch nicht weniger schlimm ist. Hier begegnen sich Mensch, die in Friedenszeiten gar nichts gemeinsam haben und wachsen – wie Mary und Alistair – über sich hinaus. Überhaupt sind die Charaktere im Buch interessant und lebhaft beschrieben und ihre Handlungen nachvollziehbar. Nur Tom bleibt etwas blass im Hintergrund. Wie sich ständige Alarmbereitschaft, die Bombardierung durch die deutsche Streitmacht, die Belagerung durch den Feind und Hunger aufgrund der Lebensmittelknappheit auf die menschliche Psyche auswirken, wird eindrucksvoll geschildert und wirkt sehr bedrückend. Dazu passt das Zitat ganz hervorragend: „Zentausende waren gestorben, und wer übrigblieb, war krank vor Elend. Dies war eine Eigenschaft des Krieges, vor der einen niemand warnte: dass der Tod die Krankheit der Lebenden war, ein Gift, das sich im Körper sammelte.“ (Seite 342 vorletzter Abschnitt) Am besten gefällt mir die Veränderung von Mary, die als verwöhnte Tochter aus gutem Hause sich gegen ihre Eltern durchsetzt und als Lehrerin ihr Herz für ausgegrenzte Kinder entdeckt. Gerade Zachary steht sie liebevoll zur Seite und das bewundere ich an ihr. Zu jener Zeit war ihr Verhalten undenkbar, vor allem da ihr Vater ungeachtet des Krieges seine politische Karriere unterstützt von Marys Mutter vorantreibt. Marys Mutter stellt für mich die typische Frau von Stand dar, die sich um Haus, Kinder und die Karriere ihres Mannes kümmert und dabei nicht über den Tellerrand blicken kann oder will. Es scheint, als ginge der Krieg spurlos an ihr vorüber. Alistair steht im Gegensatz zu Tom mit beiden Beinen im Leben und versucht, sich sein Mitgefühl und seine Werte auch in den schwierigsten Situationen zu bewahren. Die zarte Liebe zwischen Mary und Alistair steht für mich für die Hoffnung, dass auch in den schlimmsten Ruinen etwas Schönes und Großartiges entstehen kann. Dazu passt auch das Cover mit dem Bild eines zerstörten Gebäudes und der elegant gekleideten Frau im Vordergrund, die auf einen Briefkasten zugeht. Der Titel „Die Liebe in diesen Zeiten“ finde ich etwas holprig. Das Ende des Buches finde ich besonders gelungen. Ein klassisches Happy End wäre für mich unpassend gewesen und auch nicht glaubwürdig.
Insgesamt finde ich das Buch gelungen und es hat mir viele schöne Lesestunden beschert. Die geschichtlichen Fakten zum Krieg in London waren mir bisher unbekannt und daher finde ich den Roman sehr spannend, aber auch die Schilderungen der Verstümmelungen und das Leid der Bevölkerung und der Soldaten wirklich beängstigend. Die Liebesgeschichte zwischen Mary und Alistair ist dabei etwas in den Hintergrund geraten, was ich schade finde. Da hatte ich einfach etwas mehr erwartet.

Veröffentlicht am 01.06.2017

Finne Matti und das Mittelmaß

Rechne immer mit dem Schlimmsten
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Der Finne Matti zieht mit seiner Frau Beata von Finnland nach Schweden, bepackt mit Vorurteilen über das „fremde“ Land und deren Einwohner. Doch nicht nur seine negative Einstellung Schweden gegenüber ...

Der Finne Matti zieht mit seiner Frau Beata von Finnland nach Schweden, bepackt mit Vorurteilen über das „fremde“ Land und deren Einwohner. Doch nicht nur seine negative Einstellung Schweden gegenüber hat er mit im Gepäck, sondern auch besondere Erziehungsmethoden, die er seinen Kindern bereits in ganz jungen Jahren angedeihen lässt. Aus allem macht er einen Wettkampf und spornt seine Nachkommen zu immer besseren Leistungen an. So stehen vor allem die Zwillinge Raimo und Risto in einem ständigen Konkurrenzkampf, der nicht nur Gutes bringt. Matti vertritt außerdem die Meinung, dass man sich nicht aus der Masse herausheben soll. Mittelmaß also! Er gibt damit das Credo seines eigenen Vaters weiter. Pessimismus gehört auch zu seinem Leben, getreu dem Motto „Rechne immer mit dem Schlimmsten“ kommt die Lebensfreude bei ihm bisweilen zu kurz. Seine Frau Beata dagegen ist der Ruhepol der Familie und braucht oft starke Nerven. Als ein Unglücksfall die Familie ereilt und zudem seine Bemühungen, seine Kinder für sein Lebenswerk, den Verkauf von Raubinsekten, zu begeistern, fehlschlägt, kommt er auf eine ganz andere Idee. Natürlich hat sein Versuch wieder den Charakter eines Wettkampfes unter den Geschwistern.
Das Cover stellt einen sehr guten Bezug zum Inhalt des Buches dar. Im Laufe der Geschichte erschließt sich dem Lesen die Bedeutung dieses hässlichen Hundes auf dem Billardtisch.
Der Autor springt in der Zeit ziemlich wahllos vor und zurück, das sorgt für Verwirrung und macht die Geschichte unnötig kompliziert. Die Schreibweise ist genauso gewöhnungsbedürftig wie der Schreibstil, der an eine Biografie oder einen Bericht erinnert. Die Fußnoten irritieren mich manchmal doch sehr. Dagegen finde ich die Idee, den Leser in die Geschichte einzubeziehen ganz gelungen. Matti ist mir nicht sonderlich sympathisch, da er es mit seiner eigenwilligen Erziehungsmethode doch recht übertreibt und seine Vorurteile sind bisweilen grauenhaft. Doch tut er mir auch manchmal leid, denn er meint es sicherlich gut mit seinen Kindern – schießt jedoch oft weit übers Ziel hinaus. Seine Frau Beata bleibt in der Geschichte sehr blass und wirklich gefallen hat sie mir nur mit ihrer Treppenliftaktion. Für Lacher haben bei mir vor allem die wirklich dummen und blauäugigen Aktionen von Raimo gesorgt. Selbst jetzt weiß ich nicht so recht, was ich von dem Buch halten soll. Leider wiegen für mich die lustigen Passagen das Durcheinander beim Vor und Zurück in der Zeit und dem eigenwilligen Erzählstil nicht auf. Schade, denn ich hatte mich sehr auf das Buch gefreut und gehofft, dass es mich zum Lachen bringt. Letztlich musste ich mich fast schon überwinden weiterzulesen. Deshalb vergebe ich hier nur 2 Punkte.