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Veröffentlicht am 23.07.2019

Ceylon als Schauplatz eines Dramas

Die Saphirtochter
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1935 Galle/Ceylon. Die 32-jährige Louisa Reeve ist die Tochter eines erfolgreichen Edelsteinhändlers und seit 12 Jahren mit Elliot verheiratet. Dass es bisher mit dem Nachwuchs nicht geklappt hat, macht ...

1935 Galle/Ceylon. Die 32-jährige Louisa Reeve ist die Tochter eines erfolgreichen Edelsteinhändlers und seit 12 Jahren mit Elliot verheiratet. Dass es bisher mit dem Nachwuchs nicht geklappt hat, macht Louise immer trauriger, denn sie wünscht sich so sehr ein Kind. Eines Tages stirbt Elliot bei einem Autounfall, den Louisa erst einmal verkraften muss. Doch dafür bleibt ihr keine Zeit, denn sein Tod bringt nach und nach Geheimnisse zutage, die Louisa daran zweifeln lassen, ob sie Elliot jemals wirklich gekannt hat. Nicht nur Schulden hat er ihr hinterlassen, deren Gläubiger nun Louisa bedrängen, sondern Elliot hat sogar einen Sohn namens Connor mit der Schwester des benachbarten Plantagenbesitzers Leo. Als wäre als dies nicht genug, was Louisa ertragen muss, macht ihr auch noch ihre Schwiegermutter Irene das Leben zur Hölle. Wie gut, dass es Leo gibt, der Louisa in dieser schweren Zeit zur Seite steht…

Dinah Jefferies hat mit „Die Saphirtochter“ einen unterhaltsamen historisch angehauchten Roman vor der exotischen Kulisse Ceylons vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig und bildhaft, so dass der Leser schnell in die Geschichte eintauchen kann, wo er an Louisas Seite einige Schicksalsschläge miterleben darf, wobei er auch Louisa gut kennenlernt. Die Autorin lässt die vergangene Zeit wieder auferstehen und lässt den Leser im ehemaligen Sri Lanka an der exotischen Natur, den dortigen Gebräuchen und Lebensverhältnissen teilhaben, während vor dem inneren Auge die Zimtplantagen nicht nur zum Leben erweckt werden, sondern einem auch der Geruch in die Nase steigt. Die Handlung kann dagegen nicht wirklich überzeugen, zu viele Schauplätze werden angeschnitten und alles wird mehr oder weniger oberflächlich und wenig nachvollziehbar abgehandelt. Ein Spannungsbogen ist so gut wie gar nicht vorhanden, aber der Geschichte fehlt es auch an Tiefgang, um glaubwürdig und nachvollziehbar zu sein. Zudem wird übertrieben in Emotionen geschwelgt, was der Handlung ebenfalls nicht guttut. Von allem etwas weniger wäre hier eindeutig mehr gewesen.

Die Charaktere bleiben allesamt recht blass, so dass es dem Leser schwer fällt, Sympathie und Nähe zu ihnen aufzubauen, mit ihnen zu fühlen und sich so als Teil des Ganzen zu fühlen. Louisa zeichnet sich nicht gerade durch Stärke aus, sie hat sich Jahre lang hinters Licht führen und ausnutzen lassen. Aber anstatt daraus zu lernen und etwas mehr Selbstbewusstsein und –achtung an den Tag zu legen, verändert sie sich nicht. Leo ist ein netter Mann, der sich um Louise kümmert und sie unterstützt, doch auch er sticht nicht heraus. Einzig Irene ist etwas farbiger gestaltet, obwohl sie ein Teufelsbraten ist. Sie hat snobistische Züge, hebt ihren verstorbenen Sohn in den Himmel und macht Louisa das Leben schwer, indem sie immer wieder bösartige Seitenhiebe verteilt. Man muss sie nicht mögen, doch durch ihr Auftreten kommt etwas Bewegung in die ganze Geschichte.

„Die Saphirtochter“ hat etwas von einer griechischen Tragödie, nur sind die besser geschrieben. Hier hätten weniger Nebenschauplätze der Handlung gut getan, um diese dann spannender und glaubhafter zu gestalten und an den Leser zu unterhalten. Diese Geschichte bleibt nicht lange in Erinnerung und ist leider nur unteres Mittelmaß aufgrund der wunderbaren Landschaftsbeschreibungen. Schade, denn diese Autorin kann das wirklich besser.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Figuren
  • Geschichte
  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 23.06.2019

Geesches verhängnisvolle Entscheidung

Die Hebamme von Sylt
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1872 Sylt. Während draußen der Sturm tobt, kommt die Hebamme Geesche Jensen um vor Sorge um ihren Verlobten Andrees, der bei der Inselbahn arbeitet. Doch sie hat keine Zeit, länger darüber nachzudenken, ...

1872 Sylt. Während draußen der Sturm tobt, kommt die Hebamme Geesche Jensen um vor Sorge um ihren Verlobten Andrees, der bei der Inselbahn arbeitet. Doch sie hat keine Zeit, länger darüber nachzudenken, denn es wollen auch zwei Kinder auf die Welt kommen, wofür ihre Hilfe von Nöten ist. So erblicken in jener Nacht sowohl Elisa, die erste Tochter des Grafen von Zederlitz, als auch Hanna Boyken, die Tochter eines armen Fischers, unter Geesches Augen das Licht der Welt. Geesche, die von ihren Sorgen nicht loskommt, begeht einen fatalen Fehler, der 16 Jahre später einige Menschen ins Unglück stürzt…
Gesa Pauly hat mit „Die Hebamme von Sylt“ einen unterhaltsamen historischen Roman vor der malerischen und sturmerprobten Kulisse Sylts vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig und sehr detailliert, was dem Leser zum einen einen guten Einblick in das Inselleben zur damaligen Zeit ermöglicht, zum anderen aber leider auch zu einen zähen Lesefluss führt. Dazu kommt, dass die Autorin den Leser gleich mit dem Prolog das eigentliche Geheimnis schon offenbart, was der Geschichte sämtliche Spannung wegnimmt und es im weiteren Handlungsverlauf nur noch darum geht, wann es ans Tageslicht kommt und welche Reaktionen es hervorrufen wird. Durch das Wissen um das Geheimnis ist das Hauptpulver verschossen, das die Spannung eigentlich treiben soll. Daran ändern auch die unterschiedlichsten Handlungsstränge und Perspektiven nichts, eher wirken sie wie eine Ablenkung vom eigentlichen Geschehen. Die historischen Fakten der Sylter Geschichte sowie das damalige Inselleben werden von der Autorin sehr schön und bildlich geschildert, so erfährt der Leser von der Wichtigkeit des Fischfangs für die armen Bewohner und auch von der Entwicklung des Tourismus auf der Insel durch die Inselbahn und die wachsende Besucherzahl.
Die Charaktere sind recht einfach gestrickt, niemand von ihnen ragt besonders aus der Masse hervor, so dass der Leser eher außen vor ist als mittendrin. Die so geschaffene Distanz nimmt den Leser jegliche Möglichkeit, sich mit den Protagonisten zu identifizieren und sich ihnen nahe zu fühlen. Geesche hat als einzige Hebamme von Sylt eine sehr verantwortungsvolle Stelle. Eigentlich vermutet man hinter so einer Person Integrität sowie Einfühlungsvermögen, Ehrlichkeit und Empathie. Doch all diese Dinge sind hinfällig, wenn man in Betracht zieht, was sie mit ihrem Handeln verursacht. Der Adel, vertreten durch Graf Arndt Zederlitz und seine Familie, wirkt abgehoben und weltfremd. Tochter Elisa wird als überirdische Schönheit dargestellt, während Hanna nicht nur mit einem Handicap leben muss, sondern auch rundum als hässlich beschrieben wird. Auch Protagonisten wie Ebbo, Nissen oder Pollacsek treten nicht besonders hervor, um der Handlung mehr Intensität zu verleihen.
„Die Hebamme von Sylt“ ist ein unterhaltsamer Roman, der Familiengeschichten, Sylter Inselleben, die Liebe und historische Fakten sowie etwas Spannung in sich vereint. Da das Geheimnis dem Leser schon so bald offenbart wird und dadurch viel an Spannung einbüßt, gibt es hier nur eine eingeschränkte Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 15.06.2019

Byzantinische Verhältnisse

Die Mondschein-Lagune
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Die Archäologin Antonia bekommt ein Angebot, in Venedig einen Forschungsauftrag zu übernehmen, und da ihre Beziehung zu Freund Stefan gefühlsmäßig am Ende angekommen ist, beschließt Antonia, ihrem Leben ...

Die Archäologin Antonia bekommt ein Angebot, in Venedig einen Forschungsauftrag zu übernehmen, und da ihre Beziehung zu Freund Stefan gefühlsmäßig am Ende angekommen ist, beschließt Antonia, ihrem Leben mit der Reise nach Italien eine neue Richtung zu geben. In Venedig kommt sie über Verbindungen bei Contessa Ada Foscarini unter, einer alten Dame, die mit ihrer Katze Mimi in einem alten Palazzo direkt am Wasser wohnt. Die beiden Frauen sind sich sofort sehr vertraut. Über Ada lernt Antonia auch Dario kennen, den Mann, den sie schon mehrfach durch Zufall in Venedig getroffen hat und der ihr nicht mehr aus dem Kopf geht. Gemeinsam mit Dario und Ada erkundet Antonia die Stadt und die umliegenden Insel. Dabei lernt sie viele gastfreundliche Venezianer kennen, die ihre alte Lagunenstadt mit allen Mitteln erhalten wollen und immer wieder auf die Missstände aufmerksam machen. Gleichzeitig machen sich Dario und Antonia auch auf die Suche nach einem alten Geheimnis aus Adas Familiengeschichte, wobei sich die beiden immer näher kommen…
Dorette Deutsch hat mit „Die Mondschein-Lagune“ einen unterhaltsamen Roman vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig und nimmt den Leser direkt mit ins Geschehen, wo er an der Seite von Antonia die wunderschöne und geheimnisvolle italienische Lagunenstadt gründlich erkunden darf. Die Autorin geht mit dem Leser nicht nur auf Entdeckungstour über Brücken und Inseln sowie die einzelnen Stadtteile von Venedig, sondern zeigt auch auf, mit welchen Problemen die Venezianer zu kämpfen haben, seien es die großen Kreuzfahrtschiffe, die in großer Zahl ihre Gäste an Land bringen, oder die schnellen Motorboote, die ebenfalls Gift für die Lagunenstadt sind wie die künstlich angelegten MOSE genannten Sperrwerke, die vor dem Hochwasser schützen sollen. Wer Venedig gut kennt, kann die Problematiken gut nachvollziehen und wird sich auf die Seite der Gegner stellen. Auch die Rundgänge innerhalb der Stadt sowie die Besuche der einzelnen Inseln sind ein Genuss für Liebhaber dieser Traumstadt, denn man hat gedanklich alles vor Augen während der Lektüre. Ebenso wird das italienische Dolce Vita sehr schön präsentiert. Während all dieser Schilderungen geht die angedachte Liebesgeschichte zwischen Antonia und Dario allerdings völlig unter. Die witzigen Einfügungen mit den Gesprächen zwischen der Katze Mimi und ihrem Freund Canaletto, einer Kanalratte, können dies leider auch nicht retten.
Die Charaktere sind charmant in Szene gesetzt, wirken mit ihren individuellen Eigenschaften glaubhaft und authentisch. Allerdings besteht immer ein Abstand zum Leser, so richtig nahe kommt man ihnen nicht. Antonia ist eine Frau, die in Venedig ihre Selbstsicherheit wiederfindet. Sie ist freundlich und offen für Neues, möchte alles Alte von sich streifen. Ada ist mit Abstand die Sympathieträgerin der Geschichte, sie ist eine alte Dame mit Tradition, die viele Geschichten erzählen kann. Herzlich und munter gibt sie ihren Gästen immer ein Gefühl des Willkommenseins. Dario ist ein politisch engagierter Mann, der seine Stadt liebt und alles dafür tut, die misslichen Zustände zu ändern. Mimi ist eine sehr von sich eingenommene Katze, während Canaletto ebenso selbstbewusst als Ratte seine Standpunkte vertritt. Aber auch Protagonisten wie Lele, Vinizio und Fabio spiegeln das Leben Venedigs auf ihre Weise wieder.
Wer in „Die Mondschein-Lagune“ einen Liebesroman vermutet, wird enttäuscht sein. Das Buch gibt einen schönen Streifzug durch die Lagunenstadt wieder sowie das Leben in Venedig im Allgemeinen. Die Handlung hat etliche Längen und ist nur etwas für Liebhaber, die gedanklich in Venedig herumstromern möchten. Da die durch die Kurzbeschreibung geschürten Erwartungen nicht erfüllt werden, gibt es nur eine eingeschränkte Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 31.05.2019

Henry Dunants Vision

Die Mohnfelder von Solferino
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19. Jh. Italien. Giò und Milo leisten als Soldaten ihren Beitrag zu den Unabhängigkeitskriegen in der habsburgischen Armee. Bei der Schlacht von Solferino muss Giò miterleben, wie sein Cousin und bester ...

19. Jh. Italien. Giò und Milo leisten als Soldaten ihren Beitrag zu den Unabhängigkeitskriegen in der habsburgischen Armee. Bei der Schlacht von Solferino muss Giò miterleben, wie sein Cousin und bester Freund seit Kindertagen Milo ebenso wie viele andere junge Männer dort schwer verletzt wird und in Giòs Armen stirbt. Giò selbst ist völlig entkräftet und wartet gemeinsam mit vielen verwundeten Soldaten darauf, dass sich jemand ihrer annimmt, doch es scheint, als würde sich niemand um sie kümmern. Nur mit Hilfe des Schweizers Henry Dunant gelingt es, den Soldaten Hilfe angedeihen zu lassen. Giò selbst wird von der jungen Magdalena versorgt, deren Anblick ihm sogleich das Herz raubt und er sich in sie verliebt. Die Begegnung mit Henry Dunant hinterlässt einen bleibenden Eindruck bei Giò, der in seiner Meinung über den Mann hin- und hergerissen ist und dabei auch mit seiner Frau Magdalena immer wieder in Streit gerät. Henri Dunant weiß dagegen seine Eindrücke während der Schlacht von Solferino gut zu nutzen und gründet einige Zeit später das Rote Kreuz…
Diana Menschig hat mit „Die Mohnfelder von Solferino“ einen interessanten historischen Roman vorgelegt, der mit guter Hintergrundrecherche und Fakten glänzt, die den meisten Lesern bisher wohl unbekannt waren. Der Erzählstil ist flüssig und nimmt den Leser mit an den geschichtlich belegten Kriegsschauplatz, wo er hautnah die Gräueltaten des Krieges miterlebt, wo junge Männer aufgrund von Regierungsstreitigkeiten und Machtgerangel zu tausenden ihr Leben lassen und andere unversorgt auf dem Schlachtfeld ewig auf Hilfe warten mussten. Sehr gekonnt setzt die Autorin hier Henry Dunant ein, der sich nicht darum schert, welcher Truppe oder welcher Nationalität die Verwundeten angehören, sondern einfach nur selbstlos und menschlich reagiert, versorgt und Hilfe organisiert. Dass er einige Zeit später das Rote Kreuz gründet, welches noch heute existiert und weltweit aktiv ist, ist eine bemerkenswerte Leistung, die man niemals genug würdigen kann. Die von der Autorin in den Vordergrund gestellte Liebesgeschichte ist eine nette Auflockerung innerhalb der Handlung, passt aber irgendwie nicht wirklich hinein. Leider konzentriert sich die Geschichte im Verlauf immer mehr auf das Miteinander von Giò und Magdalena, ihre kontroversen Ansichten allerdings sind nicht ohne einen gewissen Reiz. Viel interessanter dagegen sind die damaligen Behandlungsmethoden, vor allem im gynäkologischen Bereich, die den Grundstein für die weitere Entwicklung legten.
Die Charaktere sind gut ausgearbeitet, wirken glaubwürdig und authentisch, so dass der Leser sich an ihre Fersen heften und sich ihr Schicksal zu Herzen nehmen kann. Giò stammt aus einfachen Verhältnissen, ist schnell aufbrausend und beharrt auf seinem Standpunkt. Aber er hat auch eine weiche Seite und hat zudem ein großes Interesse für die Medizin. Magdalena kommt aus einer reichen Familie, ist gebildet und hat ein Gespür fürs Geschäftliche. Da sie ebenso wie ihr Mann einen Sturschädel besitzt, geraten die beiden oftmals aneinander, weil ihre Ansichten verschieden sind. Der eigentliche Star dieser Geschichte ist allerdings Henry Dunant, dessen Beobachtungsgabe, Einfallsreichtum sowie Mitmenschlichkeit überzeugt und herausragt.
„Die Mohnfelder von Solferino“ ist ein gut recherchierter historischer Roman, der interessante Fakten preisgibt und das Leben eines bedeutenden Mannes anreißt, der seiner Vision gefolgt ist und dessen Idee noch heute in der Welt Gewicht hat. Die ebenfalls enthaltene Liebesgeschichte ist nettes Beiwerk, wirkt aber eher deplatziert. Verdiente Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 25.05.2019

Die Liebe zur Präsidentengattin

Meine Zeit mit Eleanor
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1932. Die junge Reporterin Lorena Alice Hickok arbeitet für die Nachrichtenagentur Associated Press und schreibt über den US-Präsidentenwahlkampf, für den sich auch Franklin D. Roosevelt aufstellen lässt. ...

1932. Die junge Reporterin Lorena Alice Hickok arbeitet für die Nachrichtenagentur Associated Press und schreibt über den US-Präsidentenwahlkampf, für den sich auch Franklin D. Roosevelt aufstellen lässt. Dabei lernt sie nicht nur den zukünftigen Präsidenten, sondern auch dessen Ehefrau Eleanor bei einigen Interviews näher kennen. Von Beginn an spüren die beiden Frauen eine enge Verbindung zueinander. Nach der gewonnenen Wahl kündigt Lorena ihre Anstellung bei Associated Press und zieht mit den Roosevelts ins Weiße Haus, vorrangig, um für Roosevelt als Chefermittlerin zu arbeiten, aber eigentlich hauptsächlich, um mit Eleanor zusammen zu sein, denn die beiden verbindet inzwischen mehr als nur eine Frauenfreundschaft. Die beiden gehen gemeinsam auf Reisen und pflegten einen intensiven Briefwechsel. Allerdings findet ihre Liebe im Geheimen statt, denn zur damaligen Zeit war eine gleichgeschlechtliche Beziehung tabu, zumal es sich hier auch noch um die First Lady handelte.
Amy Bloom hat mit „Meine Zeit mit Eleanor“ einen interessanten und melancholischen Roman vorgelegt, der die Beziehung zwischen Eleanor Roosevelt und Lorena Hickok tiefer beleuchtet, wobei es sich hier um eine fiktive Geschichte mit wahren Persönlichkeiten handelt. Es wurde nie bewiesen, dass die beiden Frauen eine Liebesbeziehung hatten, die Gerüchte stützen sich auf die vielen Briefe, die sich beide täglich schrieben und die enge Freundschaft, die sie pflegten und für viele ungewöhnlich war. Die Autorin strickt hier allerdings eine Liebesbeziehung, die zur damaligen Zeit von der Öffentlichkeit nicht toleriert wurde und bettet sie ein in das schwierige politische Umfeld, das damals herrschte. Der Erzählstil ist flüssig und gut zu lesen, kann den Leser aber leider überhaupt nicht fesseln, sondern wirkt eher wie eine geschichtliche Abhandlung, bei der Eleanor die Hauptrolle spielt. Gelungen sind die Eindrücke der Frauenrolle zur damaligen Zeit. Die Zeitsprünge innerhalb der Handlung machen das Folgen der Geschichte allerdings sehr schwierig und teilweise recht anstrengend. Auch fehlt dem Erzählstil jegliches Gefühl, der Leser hat dauerhaft das Gefühl, eine Art Beobachtungsposten zu beziehen.
Die Charaktere sind aus vielen Biographien entwickelt und mit Leben versehen worden, wobei ihnen immer eine gewisse Distanz innewohnt, die den Leser eine Armlänge von sich entfernt hält. Ein Mitfühlen ist daher gar nicht möglich. Lorena hatte eine schwere Kindheit, die von Einsamkeit und Missbrauch gekennzeichnet war. Mit 13 verließ sie ihr Elternhaus und schlug sich selbst durch, machte ihren Abschluss und erwarb sich als Reporterin einen ausgezeichneten Ruf. Sie war eine mutige und selbstbewusste Frau, die zeitlebens unter starkem Diabetes litt und bekennende Lesbierin war, obwohl dies nicht öffentlich bekannt werden durfte. Eleanor Roosevelt kommt aus einem reichen, aber unglücklichen Elternhaus, wuchs nach dem Tod ihrer Eltern bei ihrer Großmutter auf und heiratete ihren Onkel 6. Grades, der wie der Bruder ihres Vaters Präsident der USA wurde. Eleanor setzte sich zeitlebens für Menschenrechte ein, war eine selbstbewusste und starke Frau, die sich behaupten konnte und auch aktiv in der Politik tätig war.
„Meine Zeit mit Eleanor“ ist ein Abbild der damaligen amerikanischen Gesellschaft und Politik, gibt aber auch die lange andauernde angebliche Liebesbeziehung zwischen zwei Frauen wieder, die in der Öffentlichkeit standen und die aufgrund ihrer Rolle zur Heimlichkeit verdammt waren. Da der Geschichte Wärme und Gefühl fehlen sowie eine stärkere Anbindung des politischen Zeitgeschehens, gibt es hier allerdings nur eine eingeschränkte Leseempfehlung.