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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.11.2016

Der Jahrhundertmord

Der Mord des Jahrhunderts
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Über ganz New York verteilt finden sich im Sommer 1897 Leichenteile. Die Polizei geht zunächst von einem Streich Medizinstudenten aus und schenkt dem Fall wenig Aufmerksamkeit. Reporter verschiedener New ...

Über ganz New York verteilt finden sich im Sommer 1897 Leichenteile. Die Polizei geht zunächst von einem Streich Medizinstudenten aus und schenkt dem Fall wenig Aufmerksamkeit. Reporter verschiedener New Yorker Tageszeitungen sind da aber ehrgeiziger und der Polizei alsbald mehr als nur eine Nasenlänge voraus. Schon bald stellt sich heraus, dass es sich bei der kopflosen Leiche, die inzwischen zusammengesetzt im Leichenschauhaus ihrer Identifizierung harrt, um ein Mordopfer handeln muss. Wer ist der Tote? Wer tötet einen Mann, zerteilt ihn dann in Teile und verteilt diese über New York? Und vor allem: Wo ist der Kopf abgeblieben?

Paul Collins zeichnet die Geschehnisse vom Mord bis zum Ableben der Hauptcharaktere und ein wenig darüber hinaus. Dabei zeigt er bildhaft die Medienlandschaft des ausgehenden 19. Jahrhunderts und beginnenden 20. Jahrhunderts. Vor dem Hintergrund von CSI Methoden, Leichenbeschauern 1897 über die Schulter zu schauen amüsierte zum einen und zum anderen weckte es einen tiefen Respekt in mir, mit wie viel Einsatz Menschen zur damaligen Zeit zu ihren Ergebnissen kamen und mit einfachsten Mitteln, sehr viel Schweiß und Köpfchen Puzzleteile zusammensetzten.

Im Anhang finden sich peinlich genau alle verwendeten Quellen aufgeführt und das Buch macht Lust darauf sich selbst noch einmal den Fall zu beschäftigen.

Einziges Manko für mich war der Bucheinband. Unter dem Schutzumschlag fand sich ein schön gestalteter Bucheinband, der viele Schlagzeilen der damals rivalisierenden Zeitungen enthielt. Diese Schlagzeilen verraten allerdings nicht nur die Verdächtigen, sondern auch die Schuldigen sowie die verhängten Urteile. Somit wusste ich schon vor Abschluss des ersten Kapitels wer zu welcher Strafe verurteilt wurde – sehr schade. Der Fall Guldensuppe mag in Amerika bekannt sein, dass dies vielleicht keinen Abbruch für das Lesevergnügen bedeutet, aber in unseren Breiten trifft dies nicht zu.

Empfehlung: Schutzumschlag drauflassen. ?

Veröffentlicht am 17.11.2016

Bleibt flach

Regionalexpress
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Max lebt mit seiner Schwester Paula bei den Eltern. Seit die Mutter von Engeln erleuchtet wurde nennt sie sich Eirenaá und „empfängt“ in ihrem Privathaus suchende Seelen, die sie gemeinsam mit ihrem Mann ...

Max lebt mit seiner Schwester Paula bei den Eltern. Seit die Mutter von Engeln erleuchtet wurde nennt sie sich Eirenaá und „empfängt“ in ihrem Privathaus suchende Seelen, die sie gemeinsam mit ihrem Mann Klaus betreut. Ganz nebenbei machen die beiden damit eine ganze Menge Geld.

Doch Max fühlt sich von Tag zu Tag leerer, alleingelassen und er wird wütend. Wütend auf sich selbst vor allem aber auf sein Umfeld, auf all die Menschen, die sich dem Alltagstrott unterwerfen.

Eines Tages greift er ein, als im Zug, eine Truppe Rechtsradikaler einen jungen Türken belästigen. Adil und Max kommen ins Gespräch, freunden sich an und Max lernt eine neue Welt kennen. Kurze Zeit später konvertiert er zum Islam und sein Leben bekommt wieder einen Sinn. Doch dieser Sinn kann ihn selbst und seine Familie ins Unglück stürzen.

Das Buch wird abwechselnd aus der Sicht von drei Personen geschrieben. Max, seine Schwester Paula und der Verfassungsschutzangestellte Kemper erzählen von den Ereignissen.

Sie alle haben mit ihren eigenen Dämonen zu kämpfen. Max und Paula vor allem mit den Eltern, die auf dem Esoteriktrip allen Menschen helfen aber ihre eigenen Kinder nicht mehr verstehen können.

Kemper, der seine Frau bei einem tragischen Autounfall verloren hat und seitdem in einer Art Dämmerzustand lebt, sich selbst, die Arbeit und seine Familie vernachlässigt.

Kemper wird auf eine Gruppe Islamisten angesetzt, die er observieren soll, es werden terroristische Anschläge befürchtet. Genau in diese Gruppe wird Max aufgenommen und alsbald in deren Geheimnis eingeweiht.

Das Buch war mir insgesamt zu flach, zu klischeebeladen. Ich hätte mir tiefere Einblicke in die Gefühlswelt von Max’ Eltern gewünscht oder auch in die von Adil. Das Ende erfolgt meiner Meinung nach an einer Stelle, an der es für mich erst begonnen hätte interessant zu werden. Mir fehlen Meinungen und Standpunkte der Protagonisten. Ich konnte mich zwar in Paula und Kemper hineinversetzen aber Max Beweggründe erschlossen sich mir nicht. Er war so verloren einerseits, so gierig nach etwas, dass ihn erfüllt, aber es wurde für mich leider nie greifbar.

Veröffentlicht am 17.11.2016

Zurück ins Jugendalter

Mücke im März
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Und hier meine schriftliche Meinung:
Mücke ist 15 und zum ersten Mal verliebt. Zuhause erzählt sie davon zunächst nichts, denn ihr Vater hat genug Sorgen mit der Demenzerkrankung ihrer Mutter und ihr kleiner ...

Und hier meine schriftliche Meinung:
Mücke ist 15 und zum ersten Mal verliebt. Zuhause erzählt sie davon zunächst nichts, denn ihr Vater hat genug Sorgen mit der Demenzerkrankung ihrer Mutter und ihr kleiner Bruder Jan kommt als Gesprächspartner noch nicht in Frage.

Mücke hält den Kopf oben, sie lernt für die Schule, gibt sich locker und lustig unter Freundinnen, kommt Yurik langsam näher – aber in ihrem Herzen wird ihr immer schwerer zu Mute.

Sie denkt oft an die Mutter und wie sie vor ihrer Erkankung war, an die Gespräche, an die Streits die sie geführt haben und je mehr Mücke darüber nachdenkt um so einsamer fühlt sie sich.

„Mücke im März“ ist ein Jugendroman, der tiefsinnig ist ohne zu beschweren, der leichtfüßig ist, ohne oberflächlich zu sein. Eine Geschichte, die tief bewegt und berührt ohne traurig zu machen. Melancholie weicht Hoffnung und das macht das Lesegefühl ganz besonders.

Die Charaktere verhalten sich „echt“, Mücke ist fünfzehn und hat nicht nur mit ihrem Umfeld sondern vor allem mit sich selbst und dem Wirrwarr ihrer Gefühle zu kämpfen. Genauso wie Yurik, ist sie manchmal unsicher, zornig, wütend, romantisch, verletzlich – und nicht selten alles zusammen.

Ich habe mich während des Lesens lebhaft an meine Schulzeit erinnert, an meine erste Liebe, ich hatte sogar plötzlich den Duft des Sommers 1995 in der Nase.

Ein wunderschönes Buch – nicht nur für Jugendliche.

Veröffentlicht am 17.11.2016

Nicht so meins

Ich wünsche mir, dass endlich mal was Schönes passiert
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Friederike Berger steht vor den Trümmern ihrer Ehe. Gescheitert, lebt sie allein mit ihrer kleinen Tochter in einer Drei-Zimmer-Wohnung und arbeitet Vollzeit als Lektorin eines renomierten Verlages um ...

Friederike Berger steht vor den Trümmern ihrer Ehe. Gescheitert, lebt sie allein mit ihrer kleinen Tochter in einer Drei-Zimmer-Wohnung und arbeitet Vollzeit als Lektorin eines renomierten Verlages um sie beide durchzubringen.

Trotz eines rigiden Organisationsplanes, wächst Fritzi die Doppel- und Dreifachbelastung bald über den Kopf. Ihr Konto wird gepfändet, sie ist gezwungen, die Pfändung mit ihren Ersparnissen abzuwenden.

Eine Einladung zum Frühlingsbrunch mit der High Society der Verlagswelt endet in peinlichen Gesprächen und Namensverwechslungen für Trixi und schon bald wünscht nicht nur sie selbst sich, dass endlich mal was Schönes passiert – auch wir LeserInnen tun dies aus ganzem Herzen.

Ein verlängertes Wochenende mit ihrer treuen Freundin Johanna soll Fritzi auf andere Gedanken bringen, an einem holländischen Strand trifft sie Ton – einen sympathischen Strandcafé-Besitzer und schenkt ihm ihr Herz. Aber wird er sie auf Händen in den Himmel der Liebe tragen?

Ich habe mich schnell mit Fritzi identifiziert, denn ich habe selbst kleine Kinder und bin berufstätig, da habe ich sofort Parallelen erkannt. Allerdings begann mich die Figur schon bald zu ärgern, nach der nur knapp abgewendeten Kontopfändung hat die Dame nichts Besseres zu tun als sich in die nächste Boutique zu werfen und das Konto einem weiteren Fiasko nahe zu bringen.

Auch kann ich nur schlecht nachvollziehen warum Fritzi nach einer gescheiterten Ehe sofort darauf brennt wieder einen Partner zu finden und es über große Strecken des Buches zentral ist, „dass sie einen Mann braucht“.

Diese Reduktion fand ich ein wenig schade, mir hätte ein anderer Zugang zum emotionalen Scheitern besser gefallen. Auch die Männerwahl von Fritzi fand ich etwas sonderbar – um nicht zu sagen „Gänsehaut“ verursachend.

Leider finde ich abschließend auch, dass die „Moral von der Geschicht“ – die ich sehr gelungen fand, wieder geschmälert wurde durch ein verkitschtes und nicht wirklich notwendiges Schlusskapitel, auf das das Buch gut verzichten hätte können.

Sicher eine schöne Lektüre für einen regnerischen Nachmittag, ohne wirklichen Tiefgang und leider ohne progressives Frauenbild – sondern mit dem altbekannten Klischee – „Aschenputtel sucht ihren Traumprinzen“

Veröffentlicht am 17.11.2016

Super Dystopie

Die Bestimmung
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Einige Tage vor dem Eignungstest. Beatrice lebt in einer unwirtlichen Zukunft, die Menschheit hat sich nach großen Katastrophen in 5 Fraktionen geteilt, da sie meinten erkannt zu haben, dass es menschliche ...

Einige Tage vor dem Eignungstest. Beatrice lebt in einer unwirtlichen Zukunft, die Menschheit hat sich nach großen Katastrophen in 5 Fraktionen geteilt, da sie meinten erkannt zu haben, dass es menschliche Makel sind, die verantwortliche für Kriege sind. Jede Fraktion hält ein anderes Ideal hoch –

Alturan, Selbstlosigkeit
Ken, Wissen
Candor, Wahrheit
Ferrox, Tapferkeit und
Amite, Friedfertigkeit
Mit sechzehn Jahren können junge Menschen entscheiden, ob sie in ihrer Fraktion bleiben wollen oder in eine andere überwechseln wollen. Als Beatrices’ Eignungstest unbestimmt ausfällt, gerät ihre Welt aus den Fugen. Sie ist unschlüssig welcher Fraktion sie sich anschließen will, aber eines ist für sie klar, eine Alturan kann sie auch nicht bleiben.

Sie wechselt zu den Ferrox und erkennt alsbald, dass sie einen sicheren Hafen gegen ein blutiges Trapez ohne Sicherheitsnetz gewählt hat. Die Ferrox sind nicht nur mutig, sie sind auch grausam, brutal und hart gegen sich selbst und gegen andere. Beatrice merkt schnell, dass sie sich weder Schwächen erlauben darf noch ihre wahre Identität als Unbestimmte preisgeben kann – will sie bei den Ferrox überleben.

Eine actiongeladene Dystopie, die sofort mit Vollgas loslegt. Beatrice ist eine sympathische und vor allem außergewöhnliche junge Frau, die es versteht sich anzupassen aber ihren Willen und ihre Leidenschaft dabei nie verliert und sich selbst treu bleibt.

Die Autorin schont ihre ProtagonistInnen nicht und das ist ein Punkt, den ich sehr schätze. Die Fraktionen und ihre Beweggründe sind glaubhaft dargestellt obwohl ich mir an manchen Stellen etwas mehr Ausführungen zu allen Fraktionen gewünscht hätte. Ferrox und Alturan werden sehr genau behandelt, aber vor allem die Hintergründe von Amite werden kaum beleuchtet. Da es sich hier aber um den ersten Teil einer Serie handelt, bleibt die Hoffnung, dass die anderen Fraktionen in den Folgebänden noch gewürdigt werden.

Die Autorin setzt einen sehr flüssigen Schreibstil ein, der es schafft die LeserInnen in den Bann zu ziehen und sie ganz für sich einzunehmen. Ich hatte beim Lesen Herzrasen vor Aufregung, verspürte Beklemmung in Simulationen oder hatte Tränen in den Augen bei tragischen Szenen.

Ein sehr gelungenes Buch. Einzig mit der Altersempfehlung kann ich nicht übereinstimmen, das Buch ist über große Strecken voll mit psychischer als auch physischer Gewalt und somit nichts für schwache Nerven und schon gar nicht für 14 – 15-Jährige.