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Veröffentlicht am 19.01.2024

Zurück auf Anfang

Lichtungen
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Kato und Lev verbindet eine Freundschaft seit Kindertagen. „Lichtungen“ gewährt Einblicke in ihre Entwicklung und das Leben drumherum.
Während sich Handlung innerhalb der einzelnen Kapitel vorwärts bewegt, ...

Kato und Lev verbindet eine Freundschaft seit Kindertagen. „Lichtungen“ gewährt Einblicke in ihre Entwicklung und das Leben drumherum.
Während sich Handlung innerhalb der einzelnen Kapitel vorwärts bewegt, sind diese rückwärts, also vom Heute zur Vergangenheit hin, angeordnet. So ist uns der Ausblick von Anfang an bekannt, während wir uns nach und nach in der Zeit zurückbegeben.
Der Roman besteht aus Episoden im Leben der Protagonisten, die viel über die Zustände ihres Landes, Rumänien, offenbaren, einer Diktatur, die Angst schürt und Menschen fliehen lässt, die aber auch viel offenlassen. Durch das Rückwärtserzählen und das Episodenhafte wird das Erfassen der Zusammenhänge etwas erschwert.
Die auktoriale Erzählstimme verwendet eine poetische Sprache, um Alltägliches zu beschreiben. „Diese Stille, dachte Lev, war eine, die aus Tönen kommt, die noch von ihnen erzählt, die satt ist und voll, die sich erst verflüchtigen muss, wie Rauch.“ Es ist diese schöne Sprache, die mich im Buch versinken und mich darüber hinwegsehen ließ, dass mir womöglich ein Detail entgangen ist; es lohnt sich allemal!

Veröffentlicht am 14.01.2024

Anpassung an…

Kursbuch 216
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Das Kursbuch mit der Nummer 216 hat “Passt euch an” zum Motto und enthält Beiträge unterschiedlicher Wissensgebiete zur Anpassung, vom Klimawandel über Migration bis hin zu künstlicher Intelligenz.
Die ...

Das Kursbuch mit der Nummer 216 hat “Passt euch an” zum Motto und enthält Beiträge unterschiedlicher Wissensgebiete zur Anpassung, vom Klimawandel über Migration bis hin zu künstlicher Intelligenz.
Die Politik- und Kulturzeitschrift Kursbuch erscheint einmal pro Quartal als Klappenbroschur und versammelt Reflexionen unterschiedlicher Autoren zu einem Thema. Bei der Gestaltung steht der Text im Mittelpunkt, es wird mit inverser Schrift oder unterschiedlichen Schriftarten variiert, während einige Farbfotos und Graphiken diesen ergänzen.
“Angepasst zu sein, hat einen schlechten Ruf. Wer sich allem und jedem anpasst, steht leicht im Verdacht, keine eigene Meinung zu haben - oder aber nicht das Selbstbewusstsein und die argumentative Fähigkeit, für diese einzustehen.” Den Großteil der Texte habe ich als sehr gut lesbar empfunden. Sie decken eine große Vielfalt ab, zeigen Beispiele auf, an die man nicht sofort denkt. Besonders aber beim Thema Klimawandel verstehen sie es, mit verständlichen Erklärungen aufzurütteln. Mich hat dieses Kursbuch beeindruckt und nachdenklich gemacht.

Veröffentlicht am 08.01.2024

Die Welt von 2041

Endling
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Die Ich-Erzählerin zieht temporär wieder zu Hause ein, bei ihrer Teenieschwester und ihrer Tante, während ihre Mutter eine Therapie macht. Die Schwester fühlt sich nicht verstanden, die Tante schirmt sich ...

Die Ich-Erzählerin zieht temporär wieder zu Hause ein, bei ihrer Teenieschwester und ihrer Tante, während ihre Mutter eine Therapie macht. Die Schwester fühlt sich nicht verstanden, die Tante schirmt sich vor Keimen ab; so die Ausgangssituation. Doch dann begibt sich das Trio auf die Suche nach einer verschollenen Freundin. Wir schreiben das Jahr 2041, wo einiges anders ist, als wir es kennen.
Die Zeichnungen zum Kapitelanfang und das Fachwissen der Erzählstimme spiegeln die Fähigkeiten der Autorin als Biologin und Künstlerin wider und bilden einen wissenschaftlichen Gegenpol zu mystischen Ereignissen, die die Figuren erleben. “In den letzten zweiundsiebzig Stunden hatten wir einen Hund gefunden, ein sehr seltsames Frauendorf entdeckt, längst ausgestorbene Tiere und Pflanzen gesehen und waren von Wölfen gejagt worden. Das musste man erst mal verkraften.” Im Buch werden verschiedene Themen angeschnitten, vom Artensterben über Frauenrechte bis hin zu Alkoholismus, ohne dass sich der Roman tiefer mit ihnen auseinandersetzt. Die Sprache des Romans habe ich als einfach empfunden, also weder übermäßig wissenschaftlich noch poetisch; es wird häufig wörtliche Rede verwendet.
Es handelt sich zwar um eine Dystopie, aber nicht im Stile eines Science-Fiction-Thrillers, sondern eher eines Unterhaltungsromans. Das Mitfühlen mit den drei Damen erhält einen höheren Stellenwert als die Ausarbeitung jeglicher Theorie oder Technik. Es hat mich nicht gestört, dass nicht jeder lose Faden verknüpft wurde, da die kleinen Anspielungen dem Roman ausreichend Würze für eine interessante Lektüre verliehen haben. Mir hat gut gefallen, wie die Geschichte nach einem eher ruhigen Anfang Tempo aufnimmt und welche Dynamik sich zwischen den Frauen entwickelt.

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Veröffentlicht am 06.01.2024

Durchs wilde Kurdistan

Zweistromland
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Aufgewachsen in Deutschland, lebt Dilan nach dem Tod ihrer Mutter als Erwachsene mit ihrem Mann in Instanbul. Eines Tages bricht die Schwangere ohne Vorankündigung und ohne Ziel auf, um sich schließlich ...

Aufgewachsen in Deutschland, lebt Dilan nach dem Tod ihrer Mutter als Erwachsene mit ihrem Mann in Instanbul. Eines Tages bricht die Schwangere ohne Vorankündigung und ohne Ziel auf, um sich schließlich im Osten der Türkei wiederzufinden, wo ihre Familie ihre Wurzeln hat.
Die Rahmenhandlung mit der erwachsenen Protagonistin spielt im Jahr 2016, während mit einem Abstecher ins Jahr 1999 ihre Jugend beleuchtet wird. Dieser Zeitsprung macht klar, warum es für Dilan so wichtig ist, Nachforschungen nach den Aktivitäten ihrer Eltern anzustellen, die der kurdischen Minderheit in der Türkei angehörten. Die vorherrschenden Themen des Romans, Identität und Familie, werden eingebettet in die türkische Geschichte.
Obwohl wir uns in der seltsamen Situation vorfinden, in der die Hauptfigur scheinbar irrational und wenig nachvollziehbar agiert, fiel es mir leicht, Vertrauen in sie und ihre Entscheidungen zu setzen. „Dass die Stille alles andere zwischen uns verdrängt hatte, merkte ich zu spät. Die Stille war schon ausgelegen, die Mulden darin perfekt an unsere Körper angepasst.“ Mit einfühlsamer Sprache zeigt die Autorin, dass es nicht nur schwarz oder weiß, sondern viele Nuancen in den Gefühlen und Handlungen der Familienmitglieder gibt. Die Geschichte einer selbstbewussten Frau in einem schwierigen Umfeld hat mich begeistert und hallt nach.

Veröffentlicht am 20.12.2023

Als Kind in der DDR

Ein Halstuch voller Lügen
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Als die 12-jährige Susanne 1984 mit Mutter und Bruder von Thüringen nach Berlin zieht, heißt es erstmal Wohnung besetzen und Freunde finden. Bevor sie Vertrauen fassen kann, kommen auch ein paar Notlügen ...

Als die 12-jährige Susanne 1984 mit Mutter und Bruder von Thüringen nach Berlin zieht, heißt es erstmal Wohnung besetzen und Freunde finden. Bevor sie Vertrauen fassen kann, kommen auch ein paar Notlügen über ihre Lippen.
„Ein Halstuch voller Lügen“ ist ein Kinderbuch, geschrieben von Annette Herzog und illustriert von Maja Bohn, die das Leben in der DDR kennen und sowohl verständlich als auch authentisch darstellen. So gehört es zum Alltag eines Kindes, an Pionierveranstaltungen teilzunehmen oder Altstoffe zu sammeln. Verweise auf das vorherrschende System werden dezent eingesetzt oder kindgerecht erklärt. „Siehst du, Sanne, man darf nicht aufgeben. Das ist das Gute in diesem Land: Man freut sich über jede Kleinigkeit.“
Neben der Vermittlung der Werte von Freundschaft und Zusammenhalt ist die Ansiedlung der Handlung in der DDR besonders erwähnenswert, da sich das Buch gut eignet, Kindern quasi nebenbei die Geschichte unseres Landes zu erzählen. Für mich als Erwachsene hatte die Lektüre den Effekt einer Zeitreise, die manches Detail sogar mit einem Bild wieder in Erinnerung gerufen hat.