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Veröffentlicht am 28.12.2016

Des Kaisers neue Uhren

Cox
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Alistair Cox, der weltbeste Spielzeug- und Uhrmacher, hat den weiten Weg von England nach China auf sich genommen, denn dort wartet ein besonderer Kunde auf ihn: der Kaiser höchstpersönlich. In der verbotenen ...

Alistair Cox, der weltbeste Spielzeug- und Uhrmacher, hat den weiten Weg von England nach China auf sich genommen, denn dort wartet ein besonderer Kunde auf ihn: der Kaiser höchstpersönlich. In der verbotenen Stadt soll Cox mit seinen Gehilfen wahrhaft kaiserliche Uhren bauen und der Zeit ganz nebenbei ein Schnippchen schlagen.
Christoph Ransmayr nimmt den Leser mit in die mystische und prunkvolle Atmosphäre der kaiserlichen Stadt. Die zahlreichen Regeln und Vorschriften werden für die Engländer zwar verbogen und gebeugt, trotzdem bleibt die zurückhaltende Stimmung erhalten. In der Verbotenen Stadt darf sich nur einer frei bewegen – der Kaiser – auch sonst ist der Alltag von vielen Zwängen beherrscht. Die Uhrmacher sind völlig fehl am Platze und werden nur geduldet – zwar höflich umsorgt, aber nur geduldet. Cox hat zusätzlich noch mit persönlichen Schicksalsschlägen zu kämpfen und sieht die Aufträge des Kaisers bald als lebensverändernde Aufgaben an. Ransmayr zeichnet seine Charaktere ganz zart, trotzdem sind sie stark genug um die schon fast märchenhafte Geschichte zu tragen. Cox beschäftigt sich naturgemäß viel mit der Zeit und stellt dazu viele fast schon philosophische Betrachtungen an. Diese Gedankenspiele machten für mich den großen Reiz des Buches aus. Zusammen mit dem wunderbaren, subtilen Erzählstil, ergibt Cox eine lesenswerte Mischung, die den Leser schnell in ihren Seiten gefangen nimmt; bis der die Zeit beim Lesen völlig vergisst.

Veröffentlicht am 24.12.2016

Abflug

Der lange Weg zu einem kleinen zornigen Planeten
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Wo kommen eigentlich die Wurmlöcher her? Becky Chambers beantwortet diese und viele weitere Fragen und nimmt uns mit an Bord der Wayfarer, einem Tunnelerschiff, das Abkürzungen im All erschafft. Wir treffen ...

Wo kommen eigentlich die Wurmlöcher her? Becky Chambers beantwortet diese und viele weitere Fragen und nimmt uns mit an Bord der Wayfarer, einem Tunnelerschiff, das Abkürzungen im All erschafft. Wir treffen auf Menschen und allerlei Aliens, wir landen auf kleinen Außenposten und großen Planeten und erleben ganz nebenbei intergalaktische Abenteuer.
Es gibt zwar viele, sehr originelle Besatzungsmitglieder, aber so wirklich warm wird man leider mit keinem. Jeder rückt mal in den Fokus der Story, aber alles in allem bleibt die Erzählung zu distanziert, als dass man wirklich mit ihnen mitfiebern würde. Die Handlung ist relativ spannend, auf dem langen Weg zu den Toremi Ka hat die Wayfarer so manches Problem zu lösen, obwohl ich mir eingangs doch mehr Action erwartet hatte. Da die Zeit an Bord anders gemessen wird als wir Erdlinge das so tun, hatte ich kein wirkliches Gespür darüber wie lange der Weg denn nun wirklich war. Das war ebenso frustrierend wie die Sprache der Figuren, die viele speziesspezifische Begriffe benutzen, die nicht immer gut erklärt werden.
Chambers erschafft eine tolle Atmosphäre und wirft auch einen Blick in die Zukunft. Viele Ansichten und Verhaltensweisen zwischen den Menschen/Aliens kann man auch als leise Sozialkritik an unserer heutigen Gesellschaft sehen; die Autorin hat das wirklich sehr geschickt eingebaut, was mir gut gefallen hat. Ebenso so ihr Erzählstil, der immer wieder ins Humorvolle abdriftet und so manche halsbrecherische Situation entschärfen hilft.
Insgesamt hat mich die Geschichte gut unterhalten, es gab jedoch einige Abstriche zu verzeichnen, sodass ich sie nur mit Einschränkungen weiterempfehlen kann.

Veröffentlicht am 21.12.2016

Toller Ausflug in die Bismarckzeit

Der Jahrhundertsturm (Jahrhundertsturm-Serie 1)
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Paul hat einen großen Traum, er will nach England und dort beim Meister der Eisenbahn persönlich lernen. Doch sein Traum wird jäh zerstört, auch wenn ihn die Macht und Möglichkeiten der Dampfloks in den ...

Paul hat einen großen Traum, er will nach England und dort beim Meister der Eisenbahn persönlich lernen. Doch sein Traum wird jäh zerstört, auch wenn ihn die Macht und Möglichkeiten der Dampfloks in den nächsten Jahren nicht loslassen sollen. Alvin hat ebenfalls einen Traum, der bald auf tönernen Füßen steht. Die Wege der beiden kreuzen sich, ebenso wie sie immer wieder auf die junge Französin Louise treffen. Und auf einen gewissen Otto von Bismarck, der diese Zeit ebenso prägen soll wie die Bahn und die deutsch-französischen Querelen.

Die Bismarckzeit ist wirklich eine spannende Epoche, viele Veränderungen prägen diese Zeit. Dübell hat seine Protagonisten geschickt gewählt, sodass man sowohl beim industriellen Fortschritt als auch bei politischen Umbrüchen live dabei ist. Es handelt sich dabei aber beileibe nicht um bloße Statisten, die der Darstellung von historischen Gegebenheiten dienen, alle sind sehr gut getroffen und geben ein plastisches Bild ab. Was mir an der Geschichte so gar nicht gefallen hat, war die Ménage à trois, die sich zwischen Louise, Paul und Alvin entspinnt. Das entwickelte sich für mich etwas unrealistisch und hat die Charaktere auch nicht wirklich vorangebracht. Das ist aber auch so ziemlich mein einziger Kritikpunkt, ansonsten habe ich sehr wohl gefühlt in der Geschichte. Der Autor schreibt sehr ansprechend, hat auch immer eine Portion Humor mit im Gepäck und so sind die gut drei Jahrzehnte, die die Handlung umspannt, doch sehr schnell ausgelesen. Ein aufregender und trotzdem informativer Ausflug in die deutsche Vergangenheit, der mich sehr neugierig auf die Fortsetzung gemacht hat.

Veröffentlicht am 16.12.2016

Zeitlos gut

1933 war ein schlimmes Jahr
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Dominic hat seinen weiteren Lebensweg genau vor Augen, nämlich sein Talent als Baseballspieler zum Beruf machen. Der Armut daheim entfliehen, vor der kaputten Ehe seiner Eltern weglaufen, sein Leben als ...

Dominic hat seinen weiteren Lebensweg genau vor Augen, nämlich sein Talent als Baseballspieler zum Beruf machen. Der Armut daheim entfliehen, vor der kaputten Ehe seiner Eltern weglaufen, sein Leben als Spaghettifresser hinter sich lassen. Doch sein Vater hat andere Pläne, Dominic soll ins Maurergeschäft einsteigen. Und da wäre auch noch seine heimliche, unerreichbare Liebe in Gestalt der Schwester seines besten Freundes…

1933 war wirklich kein gutes Jahr für den Ich-Erzähler von Fantes Roman. Mit seinen hochfliegenden Träumen und typischen Teenieschwärmereien ist Dom ein ganz normaler Jugendlicher, der mit dem Erwachsenwerden und der Welt der Erwachsenen hadert. Seine naive Art, aber auch sein sturer Trotz machen ihn zum Inbegriff eines Heranwachsenden, dessen Figur zeitlos ist. Der Roman spielt im Jahre 1933, Dom hätte aber ebenso ins Jahr 2016 gepasst. Fante erzählt in einer recht einfach gehaltenen Sprache, die den bodenständigen Hintergrund von Dom widerspiegelt und den Leser trotzdem mitnimmt. Mir hat der kurze, aber starke Roman gut gefallen, es wird sicherlich nicht das letzte von Fantes Werken sein, das einen Weg in mein Regal findet.

Veröffentlicht am 16.12.2016

Baxter rules

Apocalypse Now Now. Schatten über Cape Town
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Baxter ist ein ganz normaler Jugendlicher, der mit seiner Familie in Kapstadt lebt. Sofern es normal ist, an der Schule einen blühenden Pornohandel zu betreiben und wirre, mystische Träume zu haben. Doch ...

Baxter ist ein ganz normaler Jugendlicher, der mit seiner Familie in Kapstadt lebt. Sofern es normal ist, an der Schule einen blühenden Pornohandel zu betreiben und wirre, mystische Träume zu haben. Doch als seine Freundin Esmé entführt wird, muss Baxter noch ganz anderes durchstehen, denn seine Träume waren nicht nur nächtliche Hirngespinste.

Charlie Human schmeißt den Leser mittenhinein in Baxters Welt. Die ist bei weitem nicht die eines schnöden Vorzeigeteenies und so mutet die Geschichte anfangs wie ein Werk aus z.B. John Nivens Feder an. Es wird geflucht, gedisst und gef***t, trotzdem war mir Baxter sofort sympathisch (was das über mich aussagt, stellen wir jetzt mal lieber nicht zur Diskussion ; ) Humans Ton ist ironisch, sarkastisch, vulgär und voller schwarzem Humor, trifft bei mir also absolut ins Schwarze. Auch der Aufbau der Story hat mir gut gefallen, sie ist spannend, überraschend und abwechslungsreich. Die Ausflüge in die afrikanische Mythologie, in die Welt der magischen Außenseiter, in das Denken und Fühlen von Kapstadt haben mir sehr gut gefallen. Ich habe nichts gegen abstruse Wendungen, allerdings hat Human für mich hier gerade gegen Ende den Bogen überspannt. An einigen Ecken wirkt die Story nicht mehr rund, man hat das Gefühl der Autor wollte um jeden Preis unbedingt noch eine Schippe drauflegen, was er meiner Meinung nach dann lieber hätte lassen sollen. So wirkt die Geschichte dann leider doch etwas überspannt. Trotzdem hat mir Band 1 mit Baxter unterm Strich gut gefallen, und auch wenn ich das Buch nicht in höchsten Tönen loben will, bin ich doch schwer an Band 2 interessiert.