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Veröffentlicht am 23.05.2025

Eine Ode an Lyrik und Sehnsucht.

Wie Worte auf beschlagenen Scheiben
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„Wie Worte auf beschlagenen Scheiben“ ist der poetische, nachtschwarze Weg hin zu einer tröstenden Umarmung. Ist die Zeit, die es braucht, um Wunden zu sehen, anzunehmen, zu versorgen. Das Finden zu sich ...

„Wie Worte auf beschlagenen Scheiben“ ist der poetische, nachtschwarze Weg hin zu einer tröstenden Umarmung. Ist die Zeit, die es braucht, um Wunden zu sehen, anzunehmen, zu versorgen. Das Finden zu sich selbst.

Ella Bergmanns einstiger Traum ist zum Greifen nah: Für ihren Debütroman hat sie mit ihren Gänsehaut-Texten nicht nur eine berüchtigte Marketingfirma gewonnen, sondern auch den perfekten Verlag gefunden! Nur dass Ella über die Monate immer mehr zu Lalott wurde, aufhörte, dieses Projekt, das ihr aus den Händen gerissen wird, als IHRE Herzensangelegenheit zu fühlen. Genau wie der Social-Media-Account, auf dem zwar Tausende ihre bewegenden, lyrischen Zeilen lesen, kommentieren, teilen, jedoch nie die echte, reine Autorin sehen, ist das geplante Buch nur noch ein Anker. Der einzige Halt, der Ella blieb, seit sie vor einem halben Jahr so vieles, einen Teil ihrer selbst, verloren hat. …
Dass Poesie stets Raum zur Interpretation schafft, ist unvermeidlich, aber stillschweigend ignoriert Lalott Probleme, verletzt an Stellen, die doch endlich heilen sollten.

Jonah Reed ist der angesehenste Lektor des edaVerlags und genauso begeistert wie das gesamte Team, als dieser einen zukunftsträchtigen Auftrag an Land zieht. Doch als Jonah das Exposé der gefeierten Lyrikerin in Händen hält, ihr zum ersten Mal gegenübersteht, überkommen ihn Zweifel. Denn statt strahlender Leidenschaft findet er nur ein blasses Abbild, eine junge Frau, die von Resignation und einer unsichtbaren Schwere niedergedrückt zu werden scheint. Gefangen in einem Pseudonym, gezeichnet von unsagbarer Trauer.
Dass LitA Bromberg ihrer Klientin rege über den Mund fährt, selbst Luft abfängt, bestärkt seinen niederschmetternden Eindruck. Dabei sind Lalotts deepe Lyrics für viele Menschen Trost und Halt. Fragmente, die Welten füllen. Herzen brechen.
Jonah will Ella, ihre Wahrheit, kennenlernen, will das Bestmögliche für ihr Debüt, und riskiert bei diesem Versuch so viel mehr als nur seinen Ruf und das Sprungbrett, welches diese Veröffentlichung für den edaVerlag sein könnte.

Jennifer Ebbinghaus und Marie Döling haben mit „Wie Worte auf beschlagenen Scheiben“ ein ganz besonderes, eindringliches Werk erschaffen, das mit Wortgewalt, poetischer Sprache und einer Fülle von Emotionen tief trifft, laut nachklingt. Ausdrucksstark, echt, angefüllt mit verschiedenen Nuancen aus Schmerz und Trauer, beängstigenden Abgründen und zarter, leiser Hoffnung.
Die LeserInnen bekommen ausreichend Raum und Gelegenheit, in die Protagonisten einzudringen, sie kennenzulernen und ihre Reaktionen, die Zweifel und Gefühlsstürme zu verstehen. Sowohl Ellas unbewusst selbst erschaffenes Gefängnis, das durch Erwartungen, Druck und Bevormundung stetig enger wird, ihr die Stimme raubt, sie verblendet und als Zuschauerin zurücklässt. Wie auch Jonah, dem es von Treffen zu Treffen schwerer fällt, Professionalität und Grenzen zu wahren, der sich nicht von Lalotts Farce blenden, sich aber von Ellas Zerbrechlichkeit gefangen nehmen, von ihrer Poesie faszinieren lässt.
Diese wortverliebten Menschen wurden mit zahlreichen Facetten und Eigenheiten bestückt, mit Hintergründen und Wünschen, mit Leben.
JedeR für sich und beide gemeinsam schleichen sich ins Herz. Unauskratzbar.

Die Liebesgeschichte ist zärtlich, intensiv, slow burn – nichts anderes würde passen –, hält Konflikte, Uneinigkeiten und Kribbeln, Reflexion und Erkenntnisse, Loslassen und Abschied bereit. Zusätzlich treffen wir in diesem dichten, Mitgefühl auslösenden New Adult Roman auf unterschiedliche Nebenfiguren, die ausreichend Raum bekamen, sich entfalten und wirken konnten. Neben Jonahs speziellem, dynamischen Freundeskreis sorgen das Verlagsteam – in dessen Arbeit und die (Tücken der) Buchbranche wir hier und da Einblick bekommen – für Abwechslung und Found-Family-Vibes.
Als Thüringerin war es außerdem ein Fest für mich, dass die Story im kulturellen Weimar spielt – die Literaturstadt wurde mit so viel Liebe zum Detail und Gemütlichkeit gezeichnet, dass ich es kaum erwarten kann, bewusst auf den Spuren von Ella & Jonah zu wandeln.
Worte nehmen eine gewichtige Rolle ein – nicht nur die sorgfältig gewählten, mit denen uns die Autorinnen diese gewichtige, bedeutsame Geschichte erleben lassen, nicht nur jene, mit denen Ella ihr Innerstes nach außen kehrt, oder mit denen sich Jonas einen Safe Place schafft, sondern auch die des Dichters Goethe. Das ganze Buch war eine Ode an die Lyrik. An Verlust und Sehnsucht.

Obgleich der Verlauf hauptsächlich von Melancholie und Wehmut durchtränkt ist, von Tragik, gab es auch Liebe. Freundschaft. Veränderung. Den Glauben an Neuanfänge und Licht, selbst wenn es regnet. Gab es auch Spaß – die Leipziger Buchmesse, die Leidenschaft um Cosplaying, um Welten erschaffen, fügte sich perfekt in diesen Plot. Dass wir auf den letzten Seiten mit Spannung und Intrigen, mit endlich Aufstehen, für sich Einstehen, konfrontiert werden; mit sich selbst finden, ungeahnten (Weiter)Entwicklungen und mit gezielt getroffenen Entscheidungen lässt mich meine Einleitung, dass es sich hierbei um ein außergewöhnliches Buch handelt, nur wiederholen.

Jennifer Ebbinghaus und Marie Döling beendeten ihren poetisch-modernen Roman so, wie es nicht besser hätte sein können – nasse Wangen, Herzschmerz-Augenblicke, Luft anhalten. Einfach fühlen.

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Veröffentlicht am 22.05.2025

Saskia Louis: wie nach Hause kommen.

Love and Hockey: Lilly & Austin
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Es sollte nur ein One-Night-Stand werden. Doch sie konnten einander nie vergessen.
Zehn Jahre später treffen Künstlerin Lilly und der Captain der 𝐋.𝐀. 𝐇𝐚𝐰𝐤𝐬 erneut aufeinander – um ihrer Nacht auf ganz ...

Es sollte nur ein One-Night-Stand werden. Doch sie konnten einander nie vergessen.
Zehn Jahre später treffen Künstlerin Lilly und der Captain der 𝐋.𝐀. 𝐇𝐚𝐰𝐤𝐬 erneut aufeinander – um ihrer Nacht auf ganz besondere Weise zu huldigen …

Endlich wieder zurück zu den strammen Burschen der L.A. Hawks – dieses Mal geht es um Austin Fox, der es sich heute, endlich geschieden und überzeugter Single, zur Aufgabe gemacht hat, nicht nur ein vernünftiger und skandalfreier Spieler, sondern auch rund um die Uhr für seine Kameraden da zu sein und stets einen Platz in seinem riesigen Haus für diese zu haben. Ein adäquater Ersatz für die kinderreiche Familie, die Fox nicht vergönnt war.
Als plötzlich ein Mädchen vor der Halle auftaucht, das eine vage Ähnlichkeit mit einem Menschen aufweist, den der Eishockeyspieler im ersten Moment nicht greifen kann, ändert sich alles – neben Unglauben und einer leisen Begeisterung schwillt in Fox unbändige Wut. Tiefer Zorn.

Ein Jahrzehnt hat Lilly Adams es vermieden, zurück in ihre Heimat zu gehen, hat sich in Venedig auf ihre Kunst konzentriert, sich weiterentwickelt und als alleinerziehende Mutter eine wunderbare Tochter großgezogen.
Nun, wieder in L. A., beharrt Delfina, die einzige Person, die um die Identität ihres Vaters weiß, darauf, diesen endlich kennenzulernen. Nie hätte Lilly zu hoffen gewagt, dass der verlogene Typ, der damals wortlos aus ihrem Bett verschwunden ist, so aufrichtig enttäuscht, verletzt und sauer sein würde.
Neben Romantik und einer Menge Humor warten in diesem sechsten Teil verhärtete Fronten, Missverständnisse und natürlich auch unwiderstehliche Eishockey-Jungs. In diesem Sinne möchte ich erwähnen, dass viele Spieler der L.A. Hawks präsent integriert sind, Raum einnehmen und aufgrund Eigenheiten und Marotten herrlich witzige Situationen erschaffen. Zeitgleich untermauert Louis den Found-Family-Trope mit diesem warmherzigen Team ungemein. Bad Boys? Fehlanzeige!
Ebenfalls typisch für Bücher der Autorin: Die Protagonistin ist eigenständig, schlagfertig und unbeeindruckt von Ruhm und Geld. Lilly hat die letzten Jahre gekämpft, für sich, ihre Leidenschaft und ihr Kind. Auch jetzt ist sie nicht bereit, einzuknicken, egal, wie oft Fox sie mit Blicken, in denen unausgesprochene Vorwürfe und Wehmut liegen, erdolcht. Dass dieser Mann nicht nur das Herz von Del in rasender Geschwindigkeit gewinnt, sondern auch Lilly an so viele verdrängte Empfindungen erinnert, bringt die Glasbläserin gehörig durcheinander.
Austin geht in seiner neuen Rolle augenblicklich auf, es war zuckersüß, ihn und Del dabei zuzusehen, wie sie sich kennenlernen, wie er Verantwortung übernimmt und ein echter Daddy wird. Um Lilly kommt er hierbei nicht herum, auch nicht um die einstige, nie erloschene Anziehung. Wären da nicht seine stänkernde Exfrau, Fox' Misstrauen und Lillys Sorge, ihre Sonne zu verlieren.

Saskia Louis führt uns in ihrem locker-flockigen, direkten und gefühlvollen Ton durch die Geschichte, die nicht nur mit Lillys bester Freundin Daisy ein Easter Egg für Fans der Autorin bereithält.
Wir lernen die Protagonisten, ihre Hintergründe, Zweifel und Ängste genau kennen, und es ist so leicht, sich in die beiden hineinzuversetzen, ihren Ärger zu verstehen und Teil der Familienzusammenführung zu werden. Auch Delfina kam mit ihrem kindlichem Charme wunderbar zur Geltung und sorgte für einige Schmunzler.
Obgleich größtenteils auf überzogenes Drama verzichtet wird, gab es spannende Entwicklungen, innige Augenblicke, Spice und Witz.
Für mich eine rundum gelungene Romance und, wie jedes Buch von Louis, eine Art Coming-home-and-feel-good.

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Veröffentlicht am 22.05.2025

Was für ein Ritt.

Blood of Hercules
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»Lass dich von niemandem schlechter behandeln, als du es verdienst, Sagenhafte.«

„Blood of Hercules“ ist durch und durch unterhaltsam, originell und frisch.

2050
Alexis Hert wuchs in ärmlichen, missbräuchlichen ...

»Lass dich von niemandem schlechter behandeln, als du es verdienst, Sagenhafte.«

„Blood of Hercules“ ist durch und durch unterhaltsam, originell und frisch.

2050
Alexis Hert wuchs in ärmlichen, missbräuchlichen Verhältnissen am unteren Rand der Gesellschaft in einer trostlosen, von mythischen Mächten inspirierten, durch auserwählte spartanische „SuperheldInnen“ und die Angst vor Titanenangriffen geprägten Welt auf. Hunger, Armut, Gewalt und Mobbing begleiten sie schon ihr gesamtes Leben – und hinterließen tiefe Narben. Zum Licht in ihrer Einsamkeit wurden Nyx, eine unsichtbare Schlange, und der stumme Charlie, den sie mit allen Mitteln versucht, vor der Grausamkeit ihrer Pflegeeltern zu schützen.
Ihre Abschlussprüfung ist ein Meilenstein, der ihr Dasein für immer verändern soll, denn plötzlich ist Alexis kein einfacher Mensch mehr, der sich durch den harten Alltag eines mittellosen, gebrochenen Teenagers quält, sondern ein „verwaistes spartanisches Mischblut“. Heißt: Alexis und zahlreiche andere müssen in einem Massaker – dem SGC – gegeneinander antreten, bis nur noch zehn auf dem Schlachtfeld stehen. Nur, um sich danach monatelang in einer ‚Feuerprobe' von Gladiatoren, „Gottheiten“, chthonischen Erben/grausamen Lehrern quälen zu lassen – denn die Unsterblichkeit, etwas, worum Alexis nie bat, auf das sie gar keine Lust hat, muss man sich verdienen …

Jasmine Mas führt uns in einem wunderbar komischen, lockeren und lebendigen Stil durch ihre skurrile Handlung, die neben Mythologie und Überlebenskämpfen, verschiedenen Wesen und mächtigen, tödlichen Fähigkeiten Merkmale von Dystopie, Fantasy und Romance aufweist.
Erzählt wird hauptsächlich aus der Sicht der beinahe 20-Jährigen – wir werden Teil ihrer Vergangenheit, ihres Traumas, sind dabei, als alles immer wieder ins Chaos stürzt, und verfolgen ihre Entwicklung und ihre ironischen Monologe hautnah. Zwischen Flashbacks, die wehtun, Hoffnungslosigkeit und dem Wunsch, aufzugeben; tiefer Verzweiflung, bleierner Müdigkeit und dem herrlich frischen, trockenen Sarkasmus blitzen so viel Mut und Wut auf, eine Stärke, die sich nach und nach Bahn bricht.
Durch Alexis’ unbekannte Herkunft, kleine Erinnerungsblitze und plötzliche Twists wirft die Autorin rege Fragen in den Raum, deren Antwort ebenso überraschend ist wie so manch Ereignis, Offenbarung und Intention. Denn sowohl die Alexis zugeteilten Mentoren Achilles und Patro als auch die Professoren aus der Unterwelt, Augustus und Kharon, mischen die kleine Gruppe von Auserwählten auf, treiben sie an ihre Grenzen, nehmen Opfer in Kauf. Doch alle vier scheinen ein besonderes Interesse an der spartanischen Frau – eine kostbare Seltenheit – zu hegen.

„Blood of Hercules“ wird zwar mit einigen typischen „(Dark) Romance“-Tropes beworben, kommt dabei aber hervorragend ohne eine im Vordergrund stehende Romanze und hauptsächlich auch ohne explizite Szenen aus. Dabei sind die männlichen Charaktere definitiv dark, morally grey, regelrecht böse, dominated, besitzergreifend, blutrünstig (…) und schwer zu durchschauen. Es war sowas von cool, sich von den spritzigen Dialogen (wenn Alexis auch häufig nur zu gedanklichen Kontern fähig ist) unterhalten zu lassen und die sich entwickelnden, teilweise toxischen, durch und durch gefährlichen Dynamiken zu verfolgen. Zartes, wenn auch undeutbares Aufflattern von echten Emotionen und Mitgefühl, kryptische Aussagen und widersprüchliches Verhalten sorgen dafür, diese „Verehrer“ immer wieder zu hinterfragen und neu zu bewerten. Mas animiert gekonnt dazu, nicht nur über Alexis’ Besonderheiten, sondern auch über die Gründe und Ziele der Vier zu rätseln.

Typisch für Bücher mit mythologischen Aspekten/Gottheiten sind Intrigen, perfide Pläne und Machtspiele – so auch hier. Die letzten Kapitel werfen auf Vorangegangenes, beleuchtet durch andere Perspektiven, ein neues Licht, welches zur logischen Verknüpfung beiträgt. Dabei empfand ich die Geschichte insgesamt als sehr detailreich und greifbar ausgearbeitet. Der authentische, direkte Ton und Alexis' Gedanken machen es leicht, sie – ihre Reaktionen, Zweifel und Unsicherheiten – zu verstehen. Der Aufbau war durchdacht und abwechslungsreich, weder kamen Spannung noch Action zu kurz, und auch an rührenden Momenten, Überraschungen und Blut wurde nicht gespart. Ein weiterer großer Pluspunkt: Im Verlauf finden sich immer wieder Informationen über das Worldbuilding, die Gegebenheiten und Hierarchien, über die Götter, deren Abkömmlinge und die diversen Fähigkeiten sowie deren dekadente Lebensstile und andere Wesen.

Die Zeit der Feuerprobe nimmt den Großteil des Verlaufs ein – die Initianten müssen Schlaflosigkeit, Hunger, Gehorsam-Bestrafung sowie folterähnlichen Prüfungen und Aufgaben trotzen, zahlreiche Hürden, Konfrontationen überstehen und Peinlichkeiten ertragen. Denn ja, Alexis ist auf eine verschrobene Art taff, intelligent und unbewusst witzig, aber Zwischenmenschliches, soziale Kommunikation, romantische/sexuelle Erfahrungen und Selbstwert sind kein Teil ihres Stärkenrepertoires. Und meine Güte, es kommt zu etlichen Szenen, in denen sich Unbeholfenheit, Gleichgültigkeit und Erschöpfung vereinen und dafür sorgen, dass zumindest wir lachen müssen. Ich musste es jedenfalls. Oft.
Auch Nyx, stets treu, zum Töten bereit, ist eine originelle Figur, die Spaß macht. Jedes einsame Mädchen sollte eine verruchte Schlange bekommen – oder die Chance, zu einem heldenhaften Monster zu werden, das für sich selbst eintritt.
Am Ende können wir Alexis’ Ursprung, ihren Kern, fassen, ihre Möglichkeiten, und doch sind es altbackene Strukturen und Regeln, die sie in einem Schicksal festhalten, welches nicht in ihrer Hand liegt. Oder?

„Bonds of Hercules“ erscheint im Herbst und ich hege die große Vermutung, dass die Fortsetzung zwar mit mehr Spice aufwartet, doch weder an Amüsement noch an Action, Intrigen und Twists gespart wird.

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Veröffentlicht am 18.05.2025

Guter Dritter Band, der einige Wendepunkte bereithält.

Amari und der Preis der Magie
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Mehr als zwei Jahre ist es her, seit wir 𝗔𝗺𝗮𝗿𝗶 𝗣𝗲𝘁𝗲𝗿𝘀 zuletzt begleitet haben – dementsprechend hätte dem dritten Band eine Zusammenfassung gutgetan, fällt es doch schwer – und ich bin sicher, dass es ...

Mehr als zwei Jahre ist es her, seit wir 𝗔𝗺𝗮𝗿𝗶 𝗣𝗲𝘁𝗲𝗿𝘀 zuletzt begleitet haben – dementsprechend hätte dem dritten Band eine Zusammenfassung gutgetan, fällt es doch schwer – und ich bin sicher, dass es der eigentlichen Zielgruppe noch schwerer fällt – alle neuen und alten Informationen in Einklang zu bringen, um ein stimmiges Bild zu erhalten.


Geschrieben wurde wie gewohnt in einem altersgerechten, gut lesbaren Ton, der die Handlung lebendig und bunt erscheinen lässt.
Nachdem die begabte Magierin ihre Kräfte verloren hat, ist sie auf der Flucht und steht weiterhin zwischen der Oberbehörde für Übernatürliches, die ihre Abscheu gegenüber der Magierschaft weiterhin vehement vertritt, und der Magierallianz, die mittlerweile von Dylan van Helsing befehligt wird. Die „andere“ Welt ist geprägt von Machtgier, Wahn und Hass, Konflikte pulsieren, Angst breitet sich aus.
Um eine Chance für sich und ihre FreundInnen zu ergattern und den perfiden Plänen von Dylan den gar auszumachen, begeben sich Amari und ihre treuen GefährtInnen auf die Suche nach Artefakten – doch die Zeit läuft …


𝗕. 𝗕. 𝗔𝗹𝘀𝘁𝗼𝗻 schuf einen spannenden dritten Band, der uns tiefer in das System der Magischen und in Gefahren reißt.
Amari, die sich weiterhin alle Verantwortung auflastet, stößt mehrfach an ihre Grenzen. Obgleich wir eine Geschichte von Wagemut und HeldInnen lesen, sind die Jugendlichen nicht allwissend und grenzenlos talentiert, sondern handeln nur im Rahmen ihrer Fähigkeiten. Dies schafft eine authentische Identifikationsbasis und verleiht den Charakteren sowie der Storyline selbst etwas glaubhaftes. Dass sich die Protagonistin, aus deren Perspektive wir das turbulente Geschehen verfolgen, merklich entwickelt und sich auch die Beziehung zu ihrer Clique verfestigt hat, ist deutlich. Quinton, Elsie und Co gehen aufeinander ein, behandeln sich respektvoll und riskieren viel, um einander zu schützen.
Auch das Worldbuilding war wieder durchdacht, die Kombination aus Fantasyelementen, Agenten-Knowhow und technischen Hilfsmitteln, kreativen und bekannten Elementen gelang hervorragend.
Der Verlauf steht zu keiner Zeit still, spannende und berührende Momente, neue Erkenntnisse und Pläne reihen sich gekonnt aneinander, ohne zu überladen.
Trotz der ernsten, aktuellen Themen – Ausgrenzung, Diskriminierung, Hetze und Ideologien – kommen Spaß, Freundschaften und (Geschwister)Liebe nicht zu kurz.
B. B. Alston lässt die Frage mitklingen, was du bereit bist zu Opfern – für Gleichheit, Freiheit und jene, die dir am Herzen liegen...

Wird auch vieles in „𝐀𝐦𝐚𝐫𝐢 𝐮𝐧𝐝 𝐝𝐞𝐫 𝐏𝐫𝐞𝐢𝐬 𝐝𝐞𝐫 𝐌𝐚𝐠𝐢𝐞“ beendet, sind doch nicht alle Fäden verknüpft – die Hoffnung auf eine Fortsetzung bleibt.

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Veröffentlicht am 17.05.2025

Queerer Zeitreise-Young-Adult mit wichtigen Themen.

Pride und Prejudice und Pittsburgh
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Zugegeben, historische Romane gehören eher selten in meine Read-List, aber eine Zeitreise-Story, in der Selbstfindung, der Kampf um die eigene Freiheit, eine seichte Sapphic-Romanze und Opposites-Attract ...

Zugegeben, historische Romane gehören eher selten in meine Read-List, aber eine Zeitreise-Story, in der Selbstfindung, der Kampf um die eigene Freiheit, eine seichte Sapphic-Romanze und Opposites-Attract eine gewichtige Rolle spielen? Nun, her damit!



2023
Seit Audrey Cameron von ihrer ersten Liebe verlassen wurde, ihr Traum, an einer renommierten Kunstakademie zu studieren, in der Schwebe hängt und auch ihre Inspiration – vielleicht sogar ihre Leidenschaft – abhanden kam, läuft das Leben der Schülerin auf Autopilot. Neben dem Unterricht, Hund Cooper und der Arbeit in dem kleinen Laden ihrer Eltern bleibt für Audrey nichts. Außer Leere. Monotonie. Resignation. Dabei war ihr Pittsburgh immer zu klein, zu eng; dabei wollte sie immer mehr.

1812
Nur noch ein paar Monate bleiben Lucy Sinclair, bis sie in die Ehe gedrängt, bis ihr Wohlergehen von einem weiteren Mann abhängig sein wird. Jede Minute, die der Graf dem Anwesen Radcliffe fern ist, kommt der 18-Jährigen wie ein Hauch Freiheit, ein Stück Himmel vor. Raum, um mit Martha zu scherzen, um mit Grace zu tratschen.
Denn für ihren Vater war sie nie mehr als eine Investition, die es zu formen und gewinnbringend zu verkaufen galt.

Mr. Montgomery ist es, der das Unmögliche möglich macht und diese unterschiedlichen Lebensstränge verknüpft. Der Audrey aus ihrer Sicherheit, ihrer Blase reißt und Lucy zeigt, dass alles möglich sein könnte … Denn Glück, Erfahrungen, Inspiration und Träume finden wir nicht drinnen, nicht im Immergleich, sondern draußen, anderswo, genau wie die Liebe …

„Pride und Prejudice und Pittsburgh" ist ein Young-Adult-Roman, der passend zur Zielgruppe einfach und verständlich geschrieben wurde. Dennoch verleiht Lippincott den jeweiligen Perspektiven eine eigene Note und damit Authentizität.
Sind Audreys Kapitel eher umgangssprachlich und salopp gehalten, übertünchen Selbstbewusstsein und Sarkasmus doch nicht die Angst, für immer festzustecken, die Wut darüber, planlos im frühen 19. Jahrhundert herumstolpern, sich in Korsetts pressen, knicksen zu müssen.
Lucy – ernster, formeller – hat gelernt, Gefühlsregungen und Sehnsüchte unter Verschluss zu halten, stoisch zu nicken, sich zu fügen. Dass eine wilde Fremde binnen weniger Wochen ihre sorgsam errichtete Mauer niederreißt, sie hoffen lässt, kann die vorbildliche Lady, kurz vor ihrer Hochzeit, kurz bevor sie von einem ins andere Gefängnis geschoben wird, gar nicht gebrauchen – und hat doch nie mehr gebraucht.
Während Lucy Audrey darauf vorbereitet, sich in die gehobene Gesellschaft einzufügen, sich zu verlieben – denn was sonst sollte ihre Aufgabe hier sein, hier 200 Jahre in der Vergangenheit? –, lockt Audrey Lucy aus der Reserve, weckt in ihr befristete Verwegenheit. Und Funken. Jene Funken, nach denen beide so unbedingt lechzen, Funken, die ein Feuer werden könnten – wären da nur nicht die strengen Konventionen der Regency-Zeit, der nahende Skandal und der Umstand, dass Miss Cameron nicht hierhergehört.

∞„Vielleicht ging es ja gar nicht darum, die wahre Liebe zu finden, sondern bloß darum, mir klarzumachen, (...) Dass ich nach einem gebrochenen Herzen wieder lieben kann.“

Die Autorin macht es den LeserInnen leicht, sich in die Figuren, ihre Situationen und Gedanken hineinzuversetzen, ihre Unsicherheiten und Ängste, das Ausbrechen zarter Schmetterlinge, heimliche Sehnsüchte und unbekannte Empfindungen zu sehen.
Nahbar, nicht frei von Missverständnissen, von kurz mutig sein und Zögern verlief die sachte romantische Entwicklung. Gerade Lucys Inneres, hin und her gerissen zwischen Ausweglosigkeit und manierlichem Verhalten, dem Wunsch, auszubrechen, zu rebellieren, frei zu sein, endlich zu fühlen – in Audreys Welt, einer, die Gleichberechtigung und Selbstbestimmung predigt, zu existieren –, war berührend.
Sowohl der abwechslungsreiche Verlauf als auch das Setting, die Bälle und die Versuche, die Zeitreisende für das andere Geschlecht interessant zu machen – was definitiv funktionierte! – kamen lebendig, manchesmal mit Witz untermalt, zur Geltung. Ein weiterer Pluspunkt sind die Nebenfiguren: James, Mr. Shepherd und Alexander – Junggesellen, die mir gerne den Hof machen dürften – über Mr. Sinclair und Mr. Caldwell, Männer, deren Einstellung die Jahrhunderte leider überdauerte und nicht mehr als Abscheu erzeugt.

Obgleich es viele melancholische, wehmütige Szenen gab – vor allem mit Blick auf die strengen Regeln des frühen 19. Jahrhunderts, die Stimmlosigkeit der Frau –, seicht knisternde Wohlfühl-Momente, hält dieses Buch Romantik, Charme, Humor und Tiefe, Stoff zum Nachdenken, bereit. Themen, die für die Zielgruppe ebenso relevant sind wie für ältere Lesende. Eine Erinnerung daran, dass sich die Zeiten verändert haben. Wir heute zwar ohne Ballkleider, pompöse Festivitäten und schicke Anwesen leben, dafür mit Rechten, Privilegien, Unabhängigkeit – und Technik. Rachel Lippincott schreibt von TeenagerInnen-Strugglen, dem ersten Herzschmerz, Zukunftsorgen und Perspektivlosigkeit, von der Angst, außerhalb der Komfortzone (wieder) verletzt zu werden, zu scheitern. Von den Risiken, die Veränderungen und Wagnisse, Laut werden mit sich bringen – und von den vielen Möglichkeiten. Die draußen warten.
Selbstfindung und ‑bestimmung, Coming-out, Neuanfänge, sich endlich trauen werden mitsamt zahlreichen Erkenntnissen, charakterlichen Entwicklungen und überraschenden Wendungen großgeschrieben. Und das alles ummantelt von Bridgerton-Flair.

»Manchmal kümmert sich Liebe – echte Liebe – einfach nicht darum, was anständig ist oder was die Leute denken. Sie findet einen, wenn man sie am wenigsten erwartet (...)«


Ich habe das Buch in einem Rutsch gelesen und kann es von Herzen all jenen empfehlen, die eine kurze Auszeit vom Alltag brauchen, sich in der Regency-Epoche verlieren wollen, nach Hoffnung und einem Funken Magie suchen.

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