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Veröffentlicht am 01.05.2017

Wiederholt sich die Geschichte?

Ein Deutsches Leben
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Diese Frage scheint gerade in dieser Zeit berechtigt zu sein, wenn man sich die derzeitige Entwicklung der Politik in Europa und Amerika anschaut. In diesem Sachbuch geht es ganz speziell um die Biografie ...

Diese Frage scheint gerade in dieser Zeit berechtigt zu sein, wenn man sich die derzeitige Entwicklung der Politik in Europa und Amerika anschaut. In diesem Sachbuch geht es ganz speziell um die Biografie von Brunhilde Pomsel sowie die anschließende analytische Auseinandersetzung des Mitautors Thore D. Hansen. Die Interviewaufzeichnungen aus dem Jahr 2013 entstanden im Rahmen eines Filmprojektes, aus denen Herr Hansen einen Teil der Aufzeichnungen in diesem Buch verfasste. Im Jahre 1911 wurde Frau Pomsel geboren, wuchs mit vier jüngeren Brüdern in Berlin auf und erzählt ihren Lebenslauf von ihrem Elternhaus bis zum Zeitpunkt des Interviews. Schwerpunkt der Aufzeichnungen sind die Jahre 1933 bis 1945. In dieser Zeit findet der berufliche Aufstieg von Brunhilde Pomsel statt, der sie bis in die Regierungskreise von Adolf Hitler führte. Als junge Frau begann sie ein Volontariat bei einer Berliner Zeitung. Dort blieb sie nach dem Volontariat nicht, weil ihr das Gehalt zu wenig war. Klare Vorstellungen von einem Gehalt veranlassten Frau Pomsel auf eine weitere Suche. Sie arbeitete bei einem jüdischen Rechtsanwalt, beim Berliner Rundfunk und gelangte durch Beziehungen in das Propagandaministerium von Joseph Goebbels. Ab 1942 arbeitete sie als eine von mehreren Sekretärinnen für Joseph Goebbels. Sie erzählt von ihrer Arbeit im Ministerium und welchen Bezug sie zu der damaligen Politik hatte und rechtfertigt ihr Handeln in der damaligen Zeit.
Thore D. Hansen schrieb unkritisch die Aufzeichnungen von Brunhilde Pomsel, die im Rahmen eines Filmprojektes entstanden sind. Das Buch wie auch der Film wurden im April 2017 veröffentlicht. Im Anschluss der knappen 130 Seiten langen Aufzeichnungen bekommt man einen Einblick von einer Frau, die nicht näher der Machteliten der Nationalsozialisten während des Zweiten Weltkrieges bekommen konnte. Häufig fragt man sich, warum verschloss man die Augen vor der Realität? Warum haben Menschen wie Brunhilde Pomsel nicht die Courage gehabt, sich für die Politik, die Konzentrationslager oder für die Zielinteressen von Adolf Hitler und Joseph Goebbels zu interessieren. Der Autor dieses Buches lässt aber die Aufzeichnungen von Brunhilde Pomsel nicht unbegründet. In einem anschließenden Essay behandelt er analytisch und ausführlich die Aussagen von Frau Pomsel. Er hinterfragt und vergleicht die damaligen Entwicklungen und Interessen der Nationalsozialisten mit der heutigen politischen Entwicklung in Deutschland, Europa und der Welt. Rechtsextreme und Populisten in Gruppierungen und Parteien in der Gegenwart zeigen anhand ihrer Ziele und Handlungen Parallelen zu der Zeit der Nationalsozialsten zwischen 1933 und 1945. Brunhilde Pomsel ist eine Figur von vielen, die aufgrund ihres Desinteresses, Egoismus und Schuldabweisungen Menschen wie Hitler und Goebbels und deren Anhänger an der Macht agieren lassen, statt die Augen aufzumachen, und mit anderen Gegnern gegen die Gräueltaten und diktatorischen Ziele zu handeln.
Dieses Sachbuch rüttelt auf, spätestens dann, wenn man noch nicht von den politischen Entwicklungen seit 2015 aufgerüttelt wurde. Thore D. Hansen verdeutlicht in dem Buch, dass jetzt noch der Zeitpunkt besteht, das Ruder herumzureißen, um Anhängern von Anti-Demokratie, Populismus, Gewalt und Hass, aber auch gegen Ungleichheit, einseitigen Wirtschaftsinteressen sowie Umweltzerstörungen und kriegerischen Auseinandersetzungen entgegen zu wirken. Besonders gut haben mir die Ausführungen im Essay von Seite 154 bis 160 gefallen, um nochmal verdeutlichen, dass die Geschichte sich wiederholen kann, wenn man nicht gegen die derzeitige weltweite und nationalen Politikentwicklungen entgegensteuert. Eine Auseinandersetzung mit der Geschichte und der Gegenwart, die zum Diskutieren und Handeln auffordert. Viele Fragen entstehen, aber man muss Lösungen für diese Fragen finden. Am besten fängt man bei sich selbst an.

Veröffentlicht am 30.04.2017

Kurz-Krimi mit schottischen Humor

Die Mädchen von Strathclyde
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Jim Daley ist Police Constable, der für die schottische Kriminalpolizei abgeodert wird. An seiner Seite ist der etwas ältere Kollege Brian Scott. Jims eigentlicher Chef Sergeant Donald ist ein mürrischer ...

Jim Daley ist Police Constable, der für die schottische Kriminalpolizei abgeodert wird. An seiner Seite ist der etwas ältere Kollege Brian Scott. Jims eigentlicher Chef Sergeant Donald ist ein mürrischer Vorgesetzter, der keine Fehler zulässt. Die junge Tracey Greene wird ermordet in einer Blulache liegend auf einem Bett gefunden. Sie war bekannt für Drogenkonsum. Ihr Tod steht auch in Verbindung mit Drogen, doch diesmal scheint jemand ihr nachgeholfen zu haben.

Die Dialoge - vor allem von Brian Scott - sind trocken und amüsant, aber auch mürrisch und ernsthaftig wie bei Sergeant Donald. Anhand von musikalischen Liedern und Gegenständen ist zu erkennen, das der Krimi nicht in der Gegenwart handelt, sondern in den 1980er Jahren.

Veröffentlicht am 18.04.2017

Nordfriesisch, spannend, unterhaltsam

Küstenfluch
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Theo Krumme – der ehemalige Kommissar aus Berlin-Neukölln – und seine junge Kollegin Patrizia Reichel haben einen neuen Fall zu lösen. Der älteste Sohn des Bauern Tore Jessen ist von Scheunendachboden ...

Theo Krumme – der ehemalige Kommissar aus Berlin-Neukölln – und seine junge Kollegin Patrizia Reichel haben einen neuen Fall zu lösen. Der älteste Sohn des Bauern Tore Jessen ist von Scheunendachboden gestürzt. Zunächst sieht es nach einem Unfall aus. Als dann noch Hinnerks Schwester Ingrid Jacobs auf ihrem Fahrrad angefahren wird und ins Koma fällt, glaubt Kommissar Krumme nicht mehr an Unfälle, sondern an böse Absichten. Ingrid und ihr Mann Niklas haben zwei Kinder – Jan und Grete. Häufig überkommen Jan in der Nacht düstere Träume. Er sieht Schatten und nimmt Geräusche und Bewegungen wahr. Allerdings kann man diese Wahrnehmungen nicht sehen. Draußen im Wattenmeer liegt ein altes Schiffswrack, dessen Geschichte relativ unbekannt ist. Familie Jessen geht von einem Fluch aus, der über ihre Familie aufgrund der Unfälle schwebt. Hängt der Fluch mit dem Schiffswrack zusammen?
Hendrik Berg versteht etwas von gut erzählten Kriminalromanen. Denn er zieht die Leserschaft bildhaft in die nordfriesische Idylle zwischen Husum und St. Peter-Ording und lässt die Figuren charakterlich aufblühen. Teilweise wird die Geschichte so spannend erzählt wie ein Thriller. Beim Lesen fühlt man sich, als ob man mitten im Geschehen in dörflicher Atmosphäre wäre. Theo Krumme geht gerne seine Alleingänge, aber es nimmt nicht Überhand. Zum Glück hat er seine neue Kollegin Pat an seiner Seite, die noch recht schüchtern wirkt, und sich gerne hinter dem PC-Bildschirm und ihrem Handy versteckt. Das sture Familienoberhaupt Tore Jessen erscheint authentisch, wobei er manchmal auch emotional und weich werden kann. Außerdem wurden die beiden Kinder Jan und Grete in ihren Rollen gut dargestellt – wie Kinder zwischen vier und sieben Jahren sein können. Besonders gut hat mir der Epilog gefallen, weil dort ein Teil der Geschichte erzählt und aufgeklärt wird. Die Auflösung der Unfälle sind überraschend, denn bis zum Schluss weiß man nicht, wer und warum hinter den ganzen Missetaten steckt.
Da dieser Kriminalroman mein erstgelesener Roman des Autors ist, bin ich positiv überrascht. Theo Krumme als Hauptprotagonist ist mir ans Herz gewachsen. Seine Kollegin ist zwar eine neue Figur, aber wenn sie an ihrer Schüchternheit noch arbeitet, und mehr Einsatz bei der Arbeit zeigt, kann sie mir noch richtig sympathisch werden. Rundum ein gut lesbarer Krimi, auch als Urlaubslektüre.

Veröffentlicht am 17.04.2017

Abenteuer auf einem Schulschiff

Deadwater
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Jugendliche zwischen dem 13. Und 15. Lebensjahr, vier Lehrer und Lehrerinnen sowie vier Seeleute gehen auf dem Schulschiff Marie auf eine Seereise Richtung Indien. Grund der Reise soll die Erziehung der ...

Jugendliche zwischen dem 13. Und 15. Lebensjahr, vier Lehrer und Lehrerinnen sowie vier Seeleute gehen auf dem Schulschiff Marie auf eine Seereise Richtung Indien. Grund der Reise soll die Erziehung der Jugendlichen auf engstem Raum sein. Disziplin, Gehorsam und Solidargemeinschaft stehen an erster Stelle der Umerziehung. Chris ist fünfzehn Jahre alt und kommt aus einem gutbürgerlichen Elternhaus. Seine Eltern sind mit ihm überfordert und investieren mehr Zeit in ihre Arbeit. Somit überraschen seine Eltern ihn mit dieser sechsmonatigen Schiffsreise, die aber eher eine Herausforderung ist als eine (Urlaubs-)Reise. Als der Lehrer Herr Detering nach einem heftigen Sturm verschwindet, machen sich die Jugendlichen Sorgen wie es weitergeht. Als dann noch erpresserische Nachrichten zugesendet werden und Drohnen das Schiff beobachten, geraten die Jugendlichen in Panik und müssen sich Ängsten und Krankheiten stellen. Doch die Jugendlichen unterstützen sich, um die nicht ganz ungefährliche Situation zu meistern mit mancher Improvisation. Wird Herr Detering wieder auftauchen?
Tobias Rafael Jung schrieb einen Jugendroman, der sein Debütroman ist. Zielgruppe des Romans sind Jungen an 12 Jahren. Chris – die Hauptfigur - beginnt, ein Logbuch zu verfassen, in das er die anderen Jugendlichen ebenso hineinschreiben lässt. Jede und jeder schreibt seine Erlebnisse, Gefühle und Skizzen sowie Notizen in das Logbuch. Aufgrund der Ereignisse auf dem Schiff wird es zu einer spannenden Abenteuerreise, die nicht ohne Opfer bleibt. Die Eltern der Jugendlichen spielen eher eine Rolle im Hintergrund. Chris und die anderen Figuren zeigen ihre eigenen Charaktere und erzählen aus ihrer Perspektive in ernster, humorvoller und frecher Manier.
Dieser Jugendroman ist vielseitig gestaltet, denn Nils Andersen illustrierte den Roman mit Randnotizen, Skizzen von Landkartenausschnitten und der jugendlichen Figuren. Am Ende des Romans sind von dem Autor zwei Anhänge aufgestellt. Der erste Anhang beschreibt die Figuren, die in dem Roman eine Rolle spielen, und der zweite Anhang erläutert die Begriffe aus der Seefahrt. Mit diesem Kinderroman lernen die kleinen Leser und Leserinnen interaktiv einiges über die Seefahrt, die Geografie und Abenteuer. Gestalterisch ist das Buch ein Hingucker.

Veröffentlicht am 26.03.2017

Eine Familie mit dunkler Vergangenheit

Korrosion
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Der junge Sudanese Obado flüchtet aus seinem Heimatland nach Europa, wo er letztendlich in der Schweiz strandet. Bei einer Reinigungsfirma erhält er einen Job, indem er Treppenhäuser reinigt. Über seine ...

Der junge Sudanese Obado flüchtet aus seinem Heimatland nach Europa, wo er letztendlich in der Schweiz strandet. Bei einer Reinigungsfirma erhält er einen Job, indem er Treppenhäuser reinigt. Über seine Arbeit lernt er die Witwe Bernadette Berger kennen, die in einem Mietshaus wohnt. Eines Tages findet man Frau Berger tot in ihrer Wohnung. Ihre Wohnungseinrichtung schließt nicht darauf zurück, dass sie sehr vermögend gewesen ist. Tom Winter, der als Sicherheitschef bei einer Schweizer Bank arbeitet, befasst sich mit dem Tod von Frau Berger, denn sie ist Mandantin dieser Bank gewesen. Es stellt sich heraus, dass Frau Berger mehrere Millionen und drei Kinder – zwei Töchter und einen Sohn - hinterlassen hat. Bei Recherchen stellt sich des Weiteren heraus, dass der verstorbene Ehemann Berger als Bäcker auf eine brutale Art ums Leben gekommen ist. Bis heute weiß man nicht, wer der Mörder von Herrn Berger ist. Somit muss Tom Winter zwei Mordfälle klären, in dessen Zusammenhang auch die Kinder des Ehepaares Berger stehen.
Peter Beck schrieb mit Korrosion sein zweites Buch mit der Figur Tom Winter. Die Figur Tom Winter geht analytisch an seine Aufgaben heran, denn in der Vergangenheit arbeitete Tom Winter bei der Schweizer Polizei. Erst wenn Winter Unklarheiten geregelt hat, können Geld- und Sachleistungen an die Nachkommen weitervererbt werden. In dem Fall Berger geht es ums Geld, eine Pharmafirma und zwei tote Personen – Herr und Frau Berger – wobei Herr Berger zu einem Zeitpunkt starb, als Helene, Brigitte und Rolf Berger noch Kinder waren. Eine Nebenrolle spielt Brigittes Tochter Kerstin, wobei Brigitte Berger bisher in der Firma der Familie eine Hauptrolle spielte, aber seit ihrer Krebserkrankung ihre Tochter Kerstin die führende Rolle übernommen hat. Die Berger-Kinder unterstellen bis heute dem Vater sexuellen Missbrauch, wobei es an Beweisen fehlt. Diesen Anschuldigungen muss Tom Winter nachgehen, und lernt somit die Familie Berger genauer kennen. In der Geschichte wird eine weitere Figur als Nebendarsteller: Tijo, ein Flüchtling aus Afrika. Seine Fluchtgeschichte wird erzählt. Letztendlich fügen sie die Fäden der Handlungen und Figuren zusammen.
Peter Beck konstruierte eine andere Figur als andere Thriller-Autoren und –autorinnen. Hier ermittelt ein Sicherheitschef, der mir sehr sympathisch erscheint. Denn er bringt seine Erfahrungen von der Polizei mit, was man allerdings anhand der Ermittlungsprozesse erkennt. Die Geschichte an sich hat ein nachvollziehbares und schlüssiges Ende, was man beim Lesen der letzten Seiten gut erkennen kann. Die Spannung wird bis zum Schluss aufrechterhalten. Die Schweiz als Land kommt nicht zu kurz, denn die Winterlandschaft und manche bekannten Städte und Orte bekommen ihren Mittelpunkt in den bildhaften Landschaftsbeschreibungen.
Gerne würde ich weitere Fälle mit der Figur Tom Winter und seinem Team – vor allem mit Leonie – lesen wollen.