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Veröffentlicht am 26.01.2018

Nichts für schwache Nerven

Wolfswut
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Als Lotte Soltau den Nachlass ihres verstorbenen Vaters Alex, Inhaber der Soltau Hoch- und Rückbau GmbH, ordnet, stößt sie auf eine Lagerhalle in Berlin-Spandau, Industriehof Zeppelinpark, Halle 14. Hier ...

Als Lotte Soltau den Nachlass ihres verstorbenen Vaters Alex, Inhaber der Soltau Hoch- und Rückbau GmbH, ordnet, stößt sie auf eine Lagerhalle in Berlin-Spandau, Industriehof Zeppelinpark, Halle 14. Hier erwarten sie 5 alte blaue Ölfässer, deren Inhalt sie erschaudern lässt. Teilstücke von 5 verstümmelte, zerstückelten jungen Frauen wurden hier in Formalin eingelegt und aufbewahrt. Lotte Soltau ist von der Unschuld ihres Vaters lange Zeit fest überzeugt.
KHK Kira Hallstein vom LKA Dezernat 11, Tötungsdelikte und erpresserischer Menschenraub, und ihr Kollege KOK Max Lohmeyer sind nach kurzen Recherchen überzeugt, dass Alex Soltau, der von den Menschen in seinem Umfeld als ein geselliger, liebenswerter und loyaler Mensch beschrieben wird, ein grausames Doppelleben geführt hat. Da nach Soltaus Tod eine weitere Leiche nach dem gleichen Muster auftaucht, muss es einen zweiten Täter geben. Um es nicht zu weiteren Opfern kommen zu lassen, beginnt für die beiden Ermittler und ihr Team ein Wettlauf gegen die Zeit und den Tod.

Von Montag, den 21.09. bis Freitag, den 02.10 bin ich zusammen mit den Kommissaren auf der Suche nach einem bzw. zwei Tätern, deren Taten mein Kopfkino nicht immer verarbeiten wollte. Andreas Gößling beschreibt sehr detailliert und schonungslos einzelne Tathergänge und lässt mich in die Seele der Täter blicken. Er nimmt mich mit auf die dunklen Seiten Berlins, die Straßenstriche von Frauen, die tiefer nicht fallen können. Hier sucht sich ein Mann, der sich aus einem Trauma nicht befreien kann, seine Opfer.
Er schafft es, den Spannungsbogen langsam aufzubauen und extrem hoch zu halten, obwohl sich bei den Ermittlungen manchmal nichts oder sehr wenig tut. Auf den Schreibtischen im Kommissariat finden sich eine Menge Puzzlesteine. Doch irgndwie wollen sie alle nicht zusammen passen. Keine der bisher bei Serienmördern aufgestellte These greift hier.
Welche Rolle spielt die Zahl 14, die hier immer wieder auftaucht?

Kira Hallstein und vor allem Max Lohmeyer sind mir sehr sympathisch. Sie, auch unkonventionellen und nicht immer legalen Ermittlungen nicht abgeneigt, immer auf dem Sprung und weiterhin auf der Suche ihren Dämonen zu entkommen. Max, der sehr gut mit Menschen umgehen und sich in sie hinein fühlen kann und der sich ein kleines bisschen in seine Chefin verliebt hat. Beide finde ich sehr gut dargestellt. Aber auch die anderen Protagonisten, Typen wie Fritz Tuchalsky "Fritz the rat", der in einem Sado-Maso-Studio arbeitet; Dr. Jonas Moosberg, der sich selbst als "der Schöpfer" sieht; die Rockabilly-Boys Ron und Pit Stockmann – alle werden so detailliert, farbig und menschlich beschrieben, dass sie sich vor meinen Augen festsetzen.
Durch Überschriften vor den kommenden Kapiteln weiß ich genau, wo sich die Kommissare bzw. ich gerade aufhalten bzw. ermitteln.

Ein True-Crime-Thriller, der mich durch seine schonungslose Offenheit und die Erkenntnis, dass es ja "true" ist, was hier beschrieben wird, stark mitgenommen hat. Der mich zum Nachdenken angeregt hat. Aber hauptsächlich hatte ich spannende Lesestunden, die ich mir von Andreas Gößling gerne bald wieder wünsche. Ein absoluter Pageturner!

Veröffentlicht am 25.01.2018

Hollywood-Skandal

Der Mann, der nicht mitspielt
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Mich hat die Leseprobe zu diesem Buch und die Aufmachung fasziniert. Schwarzes Cover mit Lichtstrahlen über der aufstrebenden Filmmetropole Hollywood. Goldene und helle Schrift auf dem Cover und goldfarbener ...

Mich hat die Leseprobe zu diesem Buch und die Aufmachung fasziniert. Schwarzes Cover mit Lichtstrahlen über der aufstrebenden Filmmetropole Hollywood. Goldene und helle Schrift auf dem Cover und goldfarbener Bucheinband mit goldfarbenem Lesebändchen. Da werde ich schon durch die Aufmachung in die goldenen 20ger Jahre hinein gezogen.

Richard „Hardy“ Engel, Expolizist aus Deutschland, sucht in Hollywood sein Glück als Schauspieler und da ihm das kein Geld einbringt besorgt er sich eine Lizenz als Privatdetektiv. Seine erste Kundin ist Pepper Murphy, eine rothaarige Schönheit, die ihre Freundin Virginia Rappe vermisst. Die aufstrebende Filmmetropole Hollywood mit ihren Drogen-, Sex- und Alkoholparties hat das bekannte Starlett verschluckt. Doch Hardy hat Glück, findet Virginia – doch dann stirbt sie nach einer Party plötzlich im Krankenhaus von San Francisco. Ein Skandal, der sich durch allen Ecken Hollywoods zieht und bei dem Viele, wie es scheint, etwas verbergen wollen oder zu verschleiern wollen. Doch Hardy gibt nicht auf und geht bis an seine Grenzen – und fast sein Leben.

Was mich als erstes fasziniert hat ist die Sprache, mit der mich der Autor in die 20ger Jahre hinein zieht. Es ist zwar sein Debütroman, aber ich merke, dass Christof Weigold Ahnung vom Schreiben hat und dies hier voll einbringt. Für mich war das Lesen ein Genuss.

Außerdem treffe ich beim Lesen viele damalige Leinwandstars, die ich auch direkt vor Augen habe (Charly Chaplin, Buster Keton) und Protagonisten, die sehr vielschichtig und farbig beschrieben werden. Vor allem Hardy Engel, der so gar nicht ins schillernde Hollywood zu passen scheint, ist mir von Beginn an sehr sympathisch. Und mein Lieblingstier, der Löwe, spielt hier auch eine Rolle, wenn auch keine rühmliche. Mein Kopfkino hatte allerhand zu tun.

Je weiter Hardy in den Studios in Hollywood herum stochert, desto mehr wächst die Spannung, die sich auch hält, obwohl einige Passagen für mich etwas langatmig waren. Von mir nicht erwartetet Wendungen geben der Geschichte immer wieder Fahrt.

Ein spannender Fall in einer mir bisher völlig fremden Umgebung, die aber so gut dargestellt wurde, dass ich mich fast wie im Urlaub gefühlt habe. Ein Krimi mit einer stetig ansteigenden Spannung, der auch für Kinoliebhaber einiges zu bieten hat.

Ich freue mich schon auf den nächsten Fall bei dem ich mit Hardy Engel auf Verbrecherjagd gehen dar.

Veröffentlicht am 23.01.2018

Wir sollten nicht vergessen

Die Vergessenen
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Kathrin Mändler ist gerade 17 Jahre alt, hat ihre Ausbildung abgeschlossen und bekommt 1944 eine Stelle als Krankenschwester in der Heil- und Pflegeanstalt Winkelberg. Hier trifft sie auf den charismatischen ...

Kathrin Mändler ist gerade 17 Jahre alt, hat ihre Ausbildung abgeschlossen und bekommt 1944 eine Stelle als Krankenschwester in der Heil- und Pflegeanstalt Winkelberg. Hier trifft sie auf den charismatischen Anstaltsleiter Dr. Karl Landmann. Sie, die sich selbst als graues Mauerblümchen fühlt, nimmt seine Avancen schnell an. Bis sie erkennt, was sich hinter den Mauern der Anstalt abspielt.
Ihre Nichte Vera Mändler beginnt sich 2013 für ein Dossier zu interessieren, das ihrem Cousin Christian wahrscheinlich das Leben gekostet hat. Diese brisanten Unterlagen soll ihre Tante haben.

Aber auch Manolis Lefteris, der sehr sympathische Inhaber eines Münchner Autohauses und Auftragnehmer für besondere Fälle, interessiert sich für seinen Auftraggeber für diese Unterlagen und untersucht alles, um sie in seinen Besitz zu bekommen.


Unter dem Pseudonym Ellen Sandberg schreibt eine meiner deutschen Lieblingsautorinnen Inge Löhnig einen spannenden, interessanten, mich faszinierenden und berührenden Roman über die Geschehnisse in einem kleinen Dorf in Griechenland 1944 und in einer Heil- und Pflegeanstalt aus den letzten Kriegsjahren. Es ist eine Geschichte, die die beiden Handlungsstränge aus der Vergangenheit mit dem Heute verbindet. Eine Geschichte mit einer ganz andere Form der Spannung: aufgeladen, unvorstellbar und erschreckend.
Es geht um Recht, Gerechtigkeit und unsere Justiz, die immer wieder die Augen zugedrückt hat; um Schuld, Schweigen und Sühne; um sexuelle Hörigkeit, Verdrängen und Macht; um Seilschaften, die bis in unsere heutige Zeit reichen. Nach einigen Stellen musste ich mich erst mal wieder fassen um weiterlesen zu können, so sehr hat mich die Erzählung seelisch mitgenommen. Vor allem, weil ich mir immer wieder sagen musste, dass dieser Roman sich an historische Fakten hält. Das war für mich hier und da nur schwer auszuhalten.

Es geht hier zum großen Teil um eine Heil- und Pflegeanstalt in denen Kinder und Erwachsene mit Behinderungen während der Kriegswirren gut aufgehoben sein sollten. Aber leider ging es damals in diesen Häusern wohl zum Teil ganz anders zu. Diese Menschen wurden als lebensunwürdig, als Idioten bezeichnet, sie „nahmen unseren treuen Soldaten das Essen weg“. Solche Aussagen machen mich traurig, wütend und fassungslos. Ganz langsam wurden diese Menschen zu Tode gepflegt.

Es ist mir trotz einiger Stellen, wo ich doch eine Pause brauchte um das Gelesene zu verarbeiten, sehr schwer gefallen, dieses Buch doch immer mal wieder aus der Hand zu legen. So eine spannende, fesselnde und berührende Geschichte habe ich schon lange nicht mehr gelesen. Und sie wird noch lange in mir nachwirken. Vor allem, wenn ich bedenke, wir lange die Geschehnisse von damals ihre Arme zu den heute lebenden Familienangehörigen noch ausstrecken.

Aber auch etwas anderes hat mich stark beschäftigt: Manolis Lefteris – der Mann, der für seinen Auftraggeber (fast) alles tut. Ich habe mich immer wieder gefragt, wie es sein kann, dass ich diesen Mörder sympathisch finde. Ich denke, es ist der Mensch, der mir einfach gefällt, der sich für Unrecht einsetzt und der für seine Familie alles tun würde.

Ellen Sandberg hat einen Roman geschrieben, den ich spannender und fesselnder finde, als manchen Krimi. Keine leichte Kost, aber absolut lesens- und empfehlenswert!

Veröffentlicht am 20.01.2018

Eine Frau sucht ihren Weg

Der andere Sohn
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Dottie, die letzte und beste Freundin von Alice hat ihren Mann verlassen und ist in ihrer selbst gewählten Einsamkeit sehr glücklich. Auf der Fahrt zur Beerdigung eines alten Freundes und Arbeitskollegen ...

Dottie, die letzte und beste Freundin von Alice hat ihren Mann verlassen und ist in ihrer selbst gewählten Einsamkeit sehr glücklich. Auf der Fahrt zur Beerdigung eines alten Freundes und Arbeitskollegen von Ken macht sich Alice Gedanken über 50 Jahren Gleichgültigkeit, unsinnige Wutausbrüche, Schlägen und geistige Einsamkeit in ihrer Ehe. Was zu Beginn ihrer Bekanntschaft früher funkelnd und verlockend aussah, wirkt heute kalt, verstaubt und abgenutzt. Mutosigkeit tropft aus jeder Zeile. Alice ist erschöpft, ausgelaugt und zutiefst deprimiert. Bis sie beschließt, ihren Sohn Matt in Südfrankreich zu besuchen.

Durch die Erzählung der Geschichte in der Gegenwart bin ich noch näher an Alices Seite und noch tiefer im Geschehen drin. Alice ist eine Frau, deren Verhalten für mich nur schwer nachvollziehbar ist. Seit Jahren von ihrem Mann gedemütigt und geschlagen, verteidigt sie ihn immer wieder, sieht die Schuld meist bei sich selbst. Findet aber endlich den Mut Ken, erstmal für eine kurze Zeit, zu verlassen und ihren Sohn Matt, den sie sehr selten sieht, in Aix-en-Provence zu besuchen. Mir hat hier besonders die feinfühlige Art sehr gut gefallen, mit der Nick Alexander bzw. der Übersetzer Alex Wolf Alice in ihrem Kummer und ihrer Negativität beschreibt. Sehr schön finde ich die Entwicklung, die sie hier mitmacht.

Ich lerne Alice´ ganze Familie kennen. Aber besonders Natalja, die russische Frau von Tim kommt anfangs mit ihren Gefühlen und unergründlichen Launen, meistens schlechten, in einem sehr negativen Bild daher. Sie hat es in meinen Augen geschafft, dass die Söhne Alex und Boris genau so unzufrieden sind wie sie. Grund dafür sehe ich, und wenn Nat darüber nachdenkt selbst auch so gar keinen. Das Handwerk der Manipulation beherrscht sie hervorragend. Ich mochte sie nicht. Bis Alice auf der Flucht vor ihrem Mann bei ihrem Sohn bzw. ihrer Schwiegertochter Schutz sucht. Da kommt aufeinmal eine ganz andere Nat zum Vorschein. Lebendige, echte und vielschichtige Protagonisten bringen in die oft düstere Geschichte richtig Farbe.
Überhaupt leben die Personen mit denen ich es in England zutun habe irgendwie zwei Leben, haben sich eine Fassade aufgebaut. Ganz anders die Menschen in Südfrankreich. Sie sind offen und herzlich und bemüht, dass Alice endlich positive Seiten an ihrem Leben entdeckt.

Kein einfacher Familienroman, eher die Bewältigung von Lebensfragen. Ich habe meine Zeit gebraucht um mich auf das Buch, auf Fragen, die auch ich mir gestellt habe, und seine Menschen einlassen zu können. Aber ich habe es nicht bereut dran geblieben zu sein. Ein Roman, der die Hoffnung vermittelt, dass es nie zu spät ist, etwas an seinem Leben zu ändern.

Veröffentlicht am 12.01.2018

Erinnerungen kommen ungefragt

Töchter wie wir
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Monique "Mona" Baumann wird 40. Zeit für einen Rückblick bzw. Ausblick auf die Zukunft. Sie ist unzufrieden in ihrem Job, kündigt ohne zu überlegen. Sie hat seit ihrer Scheidung vor 8 Jahren keine feste ...

Monique "Mona" Baumann wird 40. Zeit für einen Rückblick bzw. Ausblick auf die Zukunft. Sie ist unzufrieden in ihrem Job, kündigt ohne zu überlegen. Sie hat seit ihrer Scheidung vor 8 Jahren keine feste Beziehung mehr gehabt, fühlt sich einsam. Das Verhältnis zu ihrer Mutter, einer alkohlkranken, immer noch sehr schönen Frau, die mit sich selbst die meisten Probleme hat, ist sehr angespannt. Nur ihr Bruder Daniel und ihre beste Freundin Judith geben ihr Halt. Bis sie plötzlich durch ihren Exmann Patrick kennenlernt, der sehr zielstrebig auf Mona zu geht und sich nicht so leicht abweisen lässt. Die kleine Shirin, ein Pferdenarr wie sie selbst, stiehlt sich auch noch in ihr Leben. Und Mona merkt, dass sie eigentlich gar nicht so allein ist, wie sie immer denkt.

Die Lebensgeschichten von Mona und ihrer Mutter Hella werden abwechselnd aus allen möglichen Perspektiven beleuchtet. Beide versuchen auf unterschiedliche Weise ihre Vergangenheit endlich aufzuarbeiten. Dabei kommen immer wieder Sachen ans Licht, die mich Mona und ihre Handlungsweise besser verstehen lassen.

Barbara Kunrath versteht es sehr gut, mich mit der Familiengeschichte Monas zu fesseln. Sie lässt mich nicht nur bei den Gesprächen dabei sein, sondern beschreibt auch sehr anschaulich die Gedanken, die traurigen oder fröhlichen Augenblicke und Ängste von Mutter und Tochter sehr anschaulich und nachvollziehbar.

Da ich in der Nähe von Limburg aufgewachsen bin, kommen immer wieder Szenen zur Sprache, in denen auf das Stadtbild eingegangen wird. Ich hatte das Gefühl, z.B. das kleine Haus, in dem Mona und Judith ihr Frauencafe eröffnen, zu kennen.

Dies ist kein Wohlfühlroman, sondern eher einer, über den man nachdenkt und vielleicht auch mal sein eigenes Leben reflektieren kann. Ich finde ihn absolut lesens- und empfehlenswert.