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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 20.09.2017

Wie ein Mosaik im Schneegestöber

Flugschnee
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Simon ist verschwunden und seine Schwester Lucy taucht in ihre Gedankenwelt ein, erinnert sich an den Winter im Schnee bei den Großeltern. Der Winter in der Kindheit, von dem Simon ihr erzählen wollte, ...

Simon ist verschwunden und seine Schwester Lucy taucht in ihre Gedankenwelt ein, erinnert sich an den Winter im Schnee bei den Großeltern. Der Winter in der Kindheit, von dem Simon ihr erzählen wollte, der wohl der Auslöser für sein Verschwinden bedeutet.
Nicht nur Lucy erzählt diese Geschichte, auch ihre Großeltern und Eltern kommen zu Wort und gewähren Einblick in ihre Gedanken und Erinnerungen. Stück für Stück ergänzt sich das Mosaikbild ihrer Familiengeschichte, das bis zuletzt wie durch Schneegestöber betrachtet, verbleibt - ganz klar wird das Bild auch am Schluss nicht, aber man kann doch einiges erkennen.
Die Erzählweise ist ungewöhnlich. Bei vielen Büchern weiß man als Leser mehr als die Protagonisten. Hier tappt man wie Lucy im Dunkeln und so wie sie ihre Erinnerung an damals bruchstückweise wiederfindet, entdeckt man als Leser die Geschichte ihrer Familie. Dadurch, dass man lange nicht erkennen kann, worauf die Geschichte hinläuft, war mein Einstieg etwas holprig. Später hat es mich dann aber doch gepackt und ich konnte das Buch nicht mehr weglegen, weil ich unbedingt wissen wollte, was sich hinter allem verbirgt. Vom Ende war ich etwas enttäuscht, ich hätte mir da ein klareres Bild gewünscht, es passt allerdings zum Rest der Geschichte und der Erzählweise.

Veröffentlicht am 04.09.2017

Gelungener Reihenauftakt mit interessanter Hauptfigur

Spectrum
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Nachdem ich die Shepherd-Reihe von Ethan Cross bereits verschlungen habe, war ich sehr neugierig auf dieses Buch. Auch wenn es nicht so spannend ist wie die Bücher um Francis Ackermann jr., hat es mir ...

Nachdem ich die Shepherd-Reihe von Ethan Cross bereits verschlungen habe, war ich sehr neugierig auf dieses Buch. Auch wenn es nicht so spannend ist wie die Bücher um Francis Ackermann jr., hat es mir dennoch gut gefallen. Man merkt deutlich, dass es sich um einen Reihenauftakt handelt.

Das Buch ist in drei Teile unterteilt. Im ersten Teil wird man mit sehr vielen Figuren überhäuft. Hier werden fast alle relevanten Personen vorgestellt, was natürlich zu Lasten der Spannung geht. Im zweiten Teil nimmt die Geschichte an Fahrt auf, aber als Leser weiß man noch nicht, was denn eigentlich hinter allem steckt. Erst der dritte Teil hat die von Ethan Cross gewohnte Spannung und es gibt einen rasanten und hoch explosiven Showdown. Außerdem wird hier der Grundstein für die Folgebände gelegt.

Von den Personen möchte ich diese drei hier hervorheben:
¤ Dr. August Burke, der schon sehr jung seinen Doktor der Kriminalpsychologie erlangt hat, Asperger, dadurch sehr direkt, herausragend im logischen Denken, oftmals durch soziale Interaktion stark überfordert, sehr sympathische Hauptfigur und gerade seine Schwächen fand ich authentisch und einfühlsam erzählt.
¤ Dominic Juliano, genannt "Nic", Police Officer, in dessen Familie es einiges an krimineller Energie gibt. Er ist jemand, der sehr instinktiv und nach Bauchgefühl handelt und damit ist er eine ausgezeichnete Ergänzung zu Dr. Burke.
¤ Samuel Carter, Special Agent FBI. Er ist der Erfahrene in der Runde, der sich zum väterlichen Freund entwickelt. Er sieht sowohl bei Dr. Burke als auch bei Nic das Potential und setzt sich für beide ein, dies zu fördern.
Insgesamt ist das Team, das hier bei "Spectrum" entstanden ist, sehr viel sympathischer und auch charakterlich breiter gefächert als die Figuren aus der "Shepherd"-Reihe. Von daher sehe ich hier gute Möglichkeiten für die Folgebände und bin gespannt auf den nächsten Band, in dem nun ziemlich viel Zunder stecken dürfte.

Veröffentlicht am 01.09.2017

Es begab sich ein Abenteuer im Jahre 1636...

Orioni
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...und es beginnt damit, dass Heinrich Orioni auf seiner winterlichen Flucht in einem französischen Wirtshaus einkehrt. Seine edle Kleidung lässt auf eine ganz andere Herkunft als die der einfachen Wirtsleute ...

...und es beginnt damit, dass Heinrich Orioni auf seiner winterlichen Flucht in einem französischen Wirtshaus einkehrt. Seine edle Kleidung lässt auf eine ganz andere Herkunft als die der einfachen Wirtsleute schließen. Doch als er vor Hauptmann Wenterodt und seinen Leuten weiter flüchten muss, hinterlässt er der Wirtstochter Pascale die Nachricht "Folge mir!", was sie mit einer unglaublichen Sturheit und viel (Wage)mut auch macht. Sie hat dabei sehr viel Glück und trifft immer wieder auf Menschen, die ihr auf diesem Weg helfen.
Warum ist Orioni auf der Flucht? Wie könnte ihm ausgerechnet eine 14jährige Wirtstochter helfen?
Eine spannende Verfolgungsjagd quer durch Frankreich bis nach Deutschland führt schließlich zu den Antworten auf diese Fragen.
Die Geschichte wird zum größten Teil aus Pascales Sicht erzählt, aber später gibt es auch einige Kapitel aus Wenterodts Blickwinkel, was eine sehr interessante Ergänzung ist.
Obwohl das Buch ein historisches Setting hat, kommt die Geschichte ohne historische Persönlichkeiten aus. Dies habe ich an keiner Stelle vermisst.

Erwähnen möchte ich noch das wunderschöne Buchcover und die tollen Illustrationen - alle von der Autorin Anne Bernhardi selbst gestaltet.

Orioni mit dem Jahr 1636 liegt inmitten einer anderen Geschichte aus der selben "Welt" (Liontu), die 1634 beginnt und bis ca. 1641 geht. Hierbei sind beide Bücher absolut eigenständig lesbar. Schön war es, bereits aus Liontu bekannte Nebenfiguren, hier besser kennenzulernen. Nun bin ich sehr gespannt und neugierig, wie diese beiden Erzählstränge in einem nächsten Buch miteinander verwoben werden.

Klare Leseempfehlung für diese historische Abenteuergeschichte.

Veröffentlicht am 24.08.2017

Musik macht stark - Frauen sind es

Der Frauenchor von Chilbury
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1940 im englischen Dorf Chilbury: Die Männer sind im Krieg und der Vikar löst den Kirchenchor auf. Hiermit sind die Frauen nicht einverstanden, aber es braucht eine Weile, bis sie ihre eigene Stimme finden ...

1940 im englischen Dorf Chilbury: Die Männer sind im Krieg und der Vikar löst den Kirchenchor auf. Hiermit sind die Frauen nicht einverstanden, aber es braucht eine Weile, bis sie ihre eigene Stimme finden und mit Unterstützung der neuen Musiklehrerin einen Frauenchor gründen. Neben dem Frauenchor ist die Familie Winthrop von Chilbury Manor ein weiterer Dreh- und Angelpunkt der Erzählung. Mit der Trauerfeier für deren Stammhalter und dem Problem, dass nun ein neuer Erbe her muss, fängt alles an.



Erzählt wird die Geschichte in Tagebuch- und Briefform. Es kommen mehrere Personen zu Wort. Hauptsächlich sind dies:

Die Witwe Mrs. Tillings, die durch den Krieg als Krankenschwester arbeitet und deren 18jähriger Sohn nun in den Krieg zieht. Sie hat durch einen Aufruf im Radio angefangen, ein Tagebuch zu schreiben, um mit diesen schwierigen Zeiten besser umgehen zu können. Vom Schreibstil her könnten ihre Tagebucheinträge auch Briefe sein.

Die Hebamme Edwina Paltry, die Briefe an ihre Schwester schreibt. Ihre Verwicklung in das Projekt „neuer Erbe für die Familie Winthrop“ ist äußerst kurios.

Auch die 13jährige Kitty Winthrop hat durch den Aufruf im Radio ein Tagebuch begonnen. Sie schreibt sehr strukturiert und nach Themen sortiert, dabei aber sehr lebendig. Sie gibt einen guten Einblick in das Familien- und Dorfleben. Der von ihr geschriebene Teil hat mir von allen am besten gefallen.

Kittys 18jährige Schwester Venetia Winthrop schreibt Briefe an ihre Freundin. Zu Beginn erscheint sie als die typische verwöhnte und verzogene Tochter aus reichem Hause, aber auch in ihr steckt mehr.



Verbunden werden die Frauen durch den neuen Frauenchor. So verschieden sie auch alle sind, hier kommen sie zusammen, geben einander Halt und Unterstützung in diesen schweren Zeiten. Es war sehr schön, diese Frauen auf ihrem Weg ein Stück zu begleiten und mitzuerleben wie sie durch die äußeren Umstände über sich hinauswachsen. Vor allem Mrs. Tillings hat sich von einer verschüchterten Witwe zu einer richtig starken und mutigen Persönlichkeit entwickelt. Das Buch war viel zu schnell zu Ende. Ich hätte gerne gewusst, wie es im Leben der Schreiberinnen weitergeht, was auch das Einzige ist, das ich in diesem Buch vermisse.

Veröffentlicht am 24.08.2017

Düster und spannend

Palast der Finsternis
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Was für eine Geschichte! In zwei Erzählsträngen geht es um einen unterirdischen Palast. Der eine spielt im Jahr 1789 als eine französische Adelsfamilie versucht, vor dem Mob dorthin zu flüchten. Der andere ...

Was für eine Geschichte! In zwei Erzählsträngen geht es um einen unterirdischen Palast. Der eine spielt im Jahr 1789 als eine französische Adelsfamilie versucht, vor dem Mob dorthin zu flüchten. Der andere spielt heute, als dieser Palast wieder entdeckt wurde. Eine Gruppe von fünf Jugendlichen wird auf ihre Aufgabe vorbereitet und dann zu diesem Palast gebracht. Sie sollen an den archäologischen Untersuchungen teilhaben.
Der heutige Teil wird aus Sicht von Anouk erzählt, eine sozial nicht kompatible 17jährige Antiheldin. Sie bemerkt schon ziemlich bald, dass an der ganzen Situation etwas nicht stimmt und fängt an, Fragen zu stellen. Allerdings ist es da schon zu spät und ein rasantes Katz- und Maus-Spiel beginnt. Haben sie eine Chance zu entkommen?
Der Strang in der Vergangenheit wird aus Sicht der ältesten Tochter Aurélie berichtet. Mit ihrer Angst und Beklommenheit konnte ich gut mitfühlen und auch hier war die Frage, ob sie und ihre Schwestern der Situation entrinnen können, sehr fesselnd.

Beide Teile der Geschichte sind düster, beängstigend und spannend. Circa im letzten Drittel des Buches musste ich sogar entgegen meiner Lesegewohnheiten einen Blick auf die letzte Seite werfen.

Die Auflösung, wie die beiden Erzählstränge zusammenhängen, war gut gemacht und so gruselig wie der ganze Palast.

Einzige Kritik am Buch: da irgendwie alle ständig auf der Flucht sind, bleibt wenig Raum, die einzelnen Charaktere weiter auszuarbeiten. Der Autor hat zwar dafür vereinzelte Passagen eingebaut, aber das war mir für meinen Geschmack noch zu wenig. Trotzdem ein tolles, spannendes Buch, das ich ruckzuck verschlungen habe.