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Veröffentlicht am 16.09.2024

Verbindet einen spannenden Ermittlungsfall im viktorianischen London mit einer Liebesgeschichte

Agency for Scandal
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Die Handlung des Romans „Agency for Scandal“ von Laura Wood ist im viktorianischen England angesiedelt, in einer Zeit, zu der arrangierte Ehen keine Seltenheit sind und Angehörige des Adels darauf bedacht, ...

Die Handlung des Romans „Agency for Scandal“ von Laura Wood ist im viktorianischen England angesiedelt, in einer Zeit, zu der arrangierte Ehen keine Seltenheit sind und Angehörige des Adels darauf bedacht, nicht unter Stand zu heiraten. Einerseits sichern sie dadurch ihren Lebensstandard, andererseits bewahren sie dabei ihr Ansehen in der High Society.

Die 18-jährige Izzy Stanhope ist die Tochter eines niederen Barons, der vor zwei Jahren verstorben ist. Sein Tod hat ihr offenbart, dass die Familie verarmt ist, aber Izzy versucht, diese Tatsache vor ihrer kranken Mutter und ihrem jüngeren Bruder zu verbergen. Es ist nicht leicht für sie, jeden Monat die von ihrer Familie benötigten finanziellen Mittel zu besorgen. Einen geliebten und betuchten Mann zu heiraten, hält sie fast für unmöglich, weil sie weiß, dass sie keine „gute Partie“ ist.

Das Hobby von Izzys Vater war es, Schlösser zu knacken. Er hat ihr viele Tricks gezeigt. Ihr Können führt dazu, dass sie von der „Agency for Scandal“ angeworben wird. Die Detektei beschäftigt ausschließlich Frauen, die sich für benachteiligte Personen ihres Geschlechts der höheren Gesellschaftsschicht einsetzt und Diebstahl, Untreue, aber auch Mordfälle aufzuklären. Izzy gehört zu einem Team. Sie weiß sich geschätzt und fühlt sich wohl dabei, für Gutes einzutreten, wobei sie moralischen Überlegungen zur Seite schiebt. Als sie jedoch dabei helfen soll, das Geheimnis einer Brosche aufzuklären, sieht sie ausgerechnet den seit langem von ihr geschätzten und heimlich bewunderten Duke in die Ereignisse verwickelt.

Laura Wood findet einen Weg Romantik und Spannung auf perfekte Weise zu kombinieren. Die Geschichte wird von Izzy in der Ich-Form erzählt. Am Beginn schildert sie ihre missliche Lage und gewann meine Sympathie. Sie ist selbstbewusst und äußerst clever dabei, ihre zahlreichen Geheimnisse vor anderen zu verbergen. Aber sie hat auch oft genug Angst davor, bis hin zur Panik, dass ihr Schreckliches widerfährt, was die unterschwellige Spannung im Buch steigerte. Interessant fand ich es, dass die Autorin die Mitarbeiterinnen der Agentur mit Ecken und Kanten schildert und die Figuren nicht immer nur in Harmonie zusammenarbeiten.

Neben den Ermittlungen bindet die Autorin eine verträumte und verspielte Liebe der Protagonistin ein. Das Geplänkel von Izzy und dem von ihr Angeschmachteten bringt manche amüsante Situation. Anders als bei der im Buch erwähnten Schriftstellerin Emily Bronte wählt Laura Wood eine moderne Sprache mit der sie die Atmosphäre der damaligen Zeit realistisch wiedergibt. Die Beschreibungen von Mode, Ausstattung der Räumlichkeiten sowie kulturelle und politische Gegebenheiten lassen beim Lesen einen passenden Rahmen für die Handlung im Kopf entstehen.

Mit ihrem Genremix „Agency for Scandal“ verbindet Laura Wood spannende Ereignisse in einem vielschichtigen Ermittlungsfall mit einer Liebesgeschichte zum Dahinschmelzen. Sie hat beste Unterhaltung mit humorvollen Szenen für alle ab 13 Jahren geschrieben, die es lieben, in die vergangene Zeit der 1890er Jahre einzutauchen, Mit Izzy Stanhope agiert eine auf ihre Unabhängigkeit bedachte Frau in der damals ungewöhnlichen Welt einer weiblichen Agentur, die Skandale der höheren Gesellschaftsschicht aufklärt und dabei manchmal auch förmlich über Leichen geht. Sehr gerne vergebe ich eine Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 06.09.2024

Einfühlsam geschriebene Geschichte über eine Gemeinschaft von Rätselmachern

Das größte Rätsel aller Zeiten
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Vor der Villa, in der einige Rätselmacher*innen in Bedfordshire leben, findet eine von ihnen an einem Tag im Jahr 1991 auf den Eingangsstufen eine Hutschachtel, in der ein Baby abgelegt ist. So beginnt ...

Vor der Villa, in der einige Rätselmacher*innen in Bedfordshire leben, findet eine von ihnen an einem Tag im Jahr 1991 auf den Eingangsstufen eine Hutschachtel, in der ein Baby abgelegt ist. So beginnt der Roman „Das größte Rätsel aller Zeiten“ von Samuel Burr. Die Finderin Pippa Allsbrooks ist zu diesem Zeitpunkt 64 Jahre alt. Für sie erfüllt sich mit dem Fund ein Herzenswunsch. Den Jungen nennt sie Clayton mit Vornamen und er erhält den Nachnamen Stumper, weil es eine knifflige Frage ist, wer ihn vor der Haustür abgelegt hat.

Clayton ist 25 Jahre alt, als seine Ziehmutter stirbt. Er ist im behüteten Umfeld der etwa acht Rätselmacher aufgewachsen, die inzwischen alle im betagten Alter sind. Pippa hat ihm nie verraten, wer seine Eltern sind, für ihn ist das, entsprechend dem Buchtitel, das größte Rätsel aller Zeiten. Pippa vermacht ihm ein von ihr über Monate hinweg geplantes, mehrstufiges Rätsel. Um die Lösungen zu finden, von denen er hofft, dass sie ihm letztlich seine Herkunft offenbaren, muss er sich zum ersten Mal im Leben allein auf den Weg begeben. Die Rätselmacher waren beim Aufwachsen von Clayton immer an seiner Seite und daher erzählt der Autor in einem zweiten Handlungsstrang davon, wie es dazu kam, dass Pippa die Gemeinschaft gegründet hat und alle zusammen in einem Haus leben.

Neben Pippa und Clayton als Hauptfiguren, hat Samuel Burr eine Reihe weiterer liebenswerter Rätselmacher geschaffen, die alle Ecken und Kanten besitzen. Sie sind bei der von ihnen gewählten oder entwickelten Form von Rätseln wahre Meister. Beispiele unterschiedlicher Art zu Knobeleien gibt es im gesamten Roman, sei es ein Kreuzworträtsel, ein Labyrinth, aber auch ein Gitterrätsel. Wer möchte, kann miträtseln, wer sich lieber dem Sog der Geschichte hingibt, kann sich über kurz oder lang die Lösungen erlesen.

In der Vergangenheit hatten die Hausbewohner mit unterschiedlichen Sorgen zu kämpfen, vor allem fehlten finanzielle Mittel für Reparaturen. Im Laufe der Zeit entwickelte sich über einen respektvollen Umgang miteinander ein freundschaftliches Gemeinschaftsgefühl. Das Stillschweigen über bestimmte Angelegenheiten bereitet in dieser Zeit ein großes Problem. Offene Gespräche bewähren sich als friedensstiftend und lösungsgebend.

Pippa ist intelligent und beharrlich. Sie weiß genau, an welchen lebenswichtigen Fertigkeiten es Clayton mangelt. Durch ihre Rätsel führt sie ihn genau an solche Orte, an denen er fehlende Kompetenzen. Clayton lernt auf diese Weise ständig neue Seiten an sich kennen und entdeckt bisher ungeübte Gefühle. Beide Figuren wurden mir sympathisch.

Der Roman „Das größte Rätsel aller Zeiten“ von Samuel Burr ist eine einfühlsam geschriebene Geschichte über eine Gemeinschaft von Rätselmachern und dem verständnisvollen Umgang miteinander, über Freundschaft und Selbstfindung. Ungewöhnlich sind die Rätsel zum Mitdenken, die der Protagonist zu lösen hat, um seine Herkunft zu klären und die von Beginn an für eine anhaltend hintergründige Spannung sorgen. Gerne empfehle ich das Buch weiter.

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Veröffentlicht am 02.09.2024

Anhaltend spannender Thriller mit unerwartetem Twist am Ende

Stalker – Er will dein Leben.
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In seinem Psychothriller „Stalker“ spielt Arno Strobel erneut mit den Nerven seiner Leserschaft. Spannungsaufbauend erweitert er den Titel des Buchs mit „Er will dein Leben“, was heißt, dass ein anderer ...

In seinem Psychothriller „Stalker“ spielt Arno Strobel erneut mit den Nerven seiner Leserschaft. Spannungsaufbauend erweitert er den Titel des Buchs mit „Er will dein Leben“, was heißt, dass ein anderer danach trachtet, die Identität des Protagonisten zu übernehmen. Die Geschichte beginnt eher ruhig und scheint aus dem alltäglichen Leben gegriffen. Doch sie enthält mehr Potential, als ein Blick durch die Jalousien eines Fensters ermöglichen würde, wie es versinnbildlichend auf dem Cover dargestellt ist.

Eric Sanders ist 44 Jahre alt, verheiratet und hat einen elfjährigen Sohn. Er ist am Münchner Residenztheater als Schauspieler angestellt. Mit einer Hauptrolle im Tatort erhofft er sich den großen Durchbruch in seinem Beruf, an den seine Frau allerdings nicht recht glauben will.

Nachdem die Sendung ausgestrahlt wurde, steigen die Followerzahlen auf seinen Social Media Kanälen in die erhofften Höhen. Doch bereits Stunden später versteht Eric die Welt nicht mehr, denn jemand beantwortet von einem Fakeprofil mit seinem Namen aus die zahlreichen Kommentare unter seinen Posts und tritt dabei angeberisch auf. Noch mehr verwirrt ist Eric, als der Kommentierende ihm eine Mail schickt und behauptet, genauso wenig der echte Eric Sander zu sein, wie er.

Zeitgleich zu diesem Geschehen befindet Eric sich in therapeutischer Behandlung, denn immer wieder träumt er nachts von dem großen Feuer in seiner Kindheit, bei dem seine Eltern ums Leben kamen. Anschließend wuchs er bei seinen Großeltern auf. Wie gewohnt, zieht der Autor langsam das Tempo der Spannung an, bis derjenige, der sich für Eric ausgibt, sich weiter erfolgreich in dessen Leben drängt. Auf einmal stehen sämtliche Erinnerungen von Eric an seine Kindheit auf dem Prüfstand.

Eric war mir am Anfang sympathisch. Ich habe ihm seinen Erfolg als Schauspieler gegönnt. Er hatte mein Mitgefühl in Bezug auf den Verlust seiner Eltern. Ich empfand es als beängstigend, wie einfach es ist, mittels eines gefakten Profils sich als ein anderer auszugeben und damit erheblichen Schaden an dessen Image ausrichten zu können. Eric erhält von Bekannten einige Vorschläge gegen die Internethetze vorzugehen. Auch die Polizei schaltet er ein. Doch der Unbekannte lässt nicht locker; die subtilen Drohungen nehmen zu und veranlassen Eric zu handeln. Es gelingt leicht, sich in die Situation hineinzudenken und die Handlungen und Gefühle des Protagonisten nachzuvollziehen.

Die Geschichte kam an einen Punkt, bei dem ich glaubte, die Lösung fassen zu können, aber das wäre bei einem Thriller von Arno Strobel zu einfach. Erneut gibt es unerwartete Wendungen und ein Ende, dass ich mir so zu keinem Zeitpunkt denken konnte. Warum ich Eric schließlich nicht mehr mochte, werden alle nachvollziehen können, wenn sie das Buch selber lesen.

Der Psychothriller „Stalker“ von Arno Strobel baut von Beginn an Spannung auf, die anhält und zum Ende hin nochmal steigt. Erneut bietet der Autor mit dem extremen Belästigen und Beschuldigen anderer in den Sozialen Medien ein aktuelles, ansprechendes Thema als Hintergrund, das viele Lesende gut nachempfinden können. Gerne vergebe ich dafür eine unbedingte Leseempfehlung an alle Thriller-Fans.

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Veröffentlicht am 01.09.2024

Wenn man sich seinen Lebenstraum erfüllen will, ist das Alter dabei egal

Pi mal Daumen
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Für den Protagonisten Oscar des Romans „Pi mal Daumen“ von Alina Bronsky ist Mathematik keine Angelegenheit, bei der sich entsprechend der Redewendung des Buchtitels Ergebnisse nur ungefähr berechnen lassen. ...

Für den Protagonisten Oscar des Romans „Pi mal Daumen“ von Alina Bronsky ist Mathematik keine Angelegenheit, bei der sich entsprechend der Redewendung des Buchtitels Ergebnisse nur ungefähr berechnen lassen. Das Zeichen für Pi, dass in der Mathematik für das Verhältnis vom Kreisumfang zu seinem Durchmesser steht, ähnelt dem von Doppelkirschen, weswegen auf dem Cover eine Frau für ebensolchen Kirschen als Ohrringe illustriert ist und einen Kirschkern ausspuckt. Diese Frau erinnerte mich beim Lesen an Moni Kosinsky, die im Roman ebenfalls eine tragende Rolle spielt. Der Zusammenhang zwischen dem Pi-Symbol und den Kirschen wird auch im Spruch „Come to the Math Side we have π“ deutlich, wobei das Zeichen wörtlich genommen und dem beliebtem Cherrypie (amerikanischer Kirschkuchen) gleichgesetzt wird.

Oscar Maria Wilhelm Graf von Ebersdorff ist ein Nerd der Mathematik und eher als nicht neurotypisch anzusehen. Er stammt aus einer betuchten Familie und ist bei Studienbeginn gerade mal sechszehn Jahre alt. Er ernährt sich vegan und liebt Anime, die der Grund dafür sind, dass er seine Haare blau färbt. Einen extremen Gegensatz zu ihm ist Moni, denn sie ist ein Familienmensch und hat ein großes Herz für alle, die ihre Hilfe benötigen. Moni ist 53 Jahre alt, trägt auffälligen Lippenstift und Leopardenmuster. Niemand aus der Familie darf von ihrem Studium wissen. Oscar und Moni lernen sich am ersten Tag des Semesters kennen und bilden fortan eine Zweckgemeinschaft. Obwohl sie sich zu Beginn einander anders eingeschätzt haben, wissen sie ihre Eigenarten bald gegenseitig zu schätzen.

Der Roman wird aus der Sicht von Oscar erzählt. Durch sein zunehmendes Interesse am familiären Hintergrund von Moni konnte auch ich als Leserin mehr über die manchmal chaotischen Zustände im Umfeld der Protagonistin erfahren. Oscar zeichnet sich zur besseren Übersicht einen Stammbaum, der auf den Vorsatzseiten des Buchs abgebildet ist. Während Oscar einiges an Organisationsgeschick aufweist, punktet Moni mit ihrer Lebenserfahrung. Irritierend fand ich die Einstellung von Monis Vater über die Intelligenz seiner Kinder, die ich der damaligen Zeit geschuldet zuschreibe.

Die Autorin bedient einige gängige Klischees und stellt manche Situation überspitzt dar. Aus meiner eigenen Schul- und Studienlaufbahn konnte ich in ihren Figuren, seien es Studierende, Lehrende oder Familienmitglieder Ähnlichkeiten zu mir bekannten Personen feststellen. Feine Ironie zieht sich durch den ganzen Roman und bildet zu den Sorgen und Ängste der Hauptfiguren ein Gegengewicht. Über allem steht die Botschaft, dass es nie zu spät ist, sich Herzenswünsche zu erfüllen. Außerdem verdeutlicht die Erzählung, dass man andere nicht unterschätzen und ihnen Talent absprechen sollte. Das Ende fand ich zum eigenen Weiterdenken anregend.

Gewohnt leichtfüßig schreibt Alina Bronsky in ihrem Roman „Pi mal Daumen“ über einen ungewöhnlichen Studenten des Erstsemesters Mathematik, der zu Studienbeginn ein weibliches Pendant findet. Humorvoll und teils übersteigert schildert sie, wie die beiden sich anfreunden, auch weil sie sich mit ihren jeweiligen Eigenschaften ergänzen. Die Geschichte untermalt das Statement sich zu trauen, große Träume zu haben und sie sich zu erfüllen, egal in welchem Alter. Wenngleich in der Geschichte immer wieder mathematische Themen angesprochen werden, ist deren Verständnis für die Botschaft der Erzählung nicht notwendig. Daher empfehle ich den Roman uneingeschränkt weiter.

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Veröffentlicht am 26.08.2024

Tiefgründig und feinsinnig beschriebene Gefühlswelt der Protagonistin

Genau so, wie es immer war
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In ihrem Roman „Genau so, wie es immer war“ beschreibt Claire Lombardo nach ihrem Debüt „Der größte Spaß, den wir je hatten“ erneut ein familiäres Drama rund um ihre Protagonistin Julia Grace Ames, geborene ...

In ihrem Roman „Genau so, wie es immer war“ beschreibt Claire Lombardo nach ihrem Debüt „Der größte Spaß, den wir je hatten“ erneut ein familiäres Drama rund um ihre Protagonistin Julia Grace Ames, geborene Marini. Julia möchte am 60. Geburtstag ihres Ehemanns Mark eine Party veranstalten, wozu sie eine spezielle Zutat zum Dinner benötigt. Es hat für sie weitreichende Folgen, dass sie zu einem anderen Supermarkt fährt als dem üblichen, denn dort begegnet sie Helen, einer früheren Freundin. Das unerwartete Treffen löst bei Julia Erinnerungen aus an Ereignisse, die zwanzig Jahre und länger zurück in ihrer Vergangenheit liegen.

Die Geschichte spielt auf mehreren Zeitebenen und ist in einer personalen Erzählperspektive geschrieben. In der Gegenwart steht Julias 17-jährige Tochter Alma kurz vor ihrem Highschool Abschluss, als ihr älterer Bruder Ben die Familie mit einer erfreulichen Nachricht überrascht. Julia lebt einen geregelten Alltag, aber die Begegnung mit Helen, die Teenagersorgen der Tochter und die Veränderung in Bens Leben bringen ihre Routinen aus dem Gleichgewicht, genau so, wie es vor langer Zeit schon einmal geschehen ist. Die Kapitel des Romans springen zwischen den Handlungsebenen.

Die Stärke der Geschichte basiert darin, dass die Autorin ihre Figuren sehr gut ausformuliert, die Interesse beim Lesenden wecken. In den Rückblenden erfuhr ich, warum Julias Kontakt zu Helen abgebrochen ist. Aber erst als ich zunehmend mehr Einzelheiten aus der Kindheit der Protagonistin erfuhr, konnte ich die Beweggründe zu den Handlungen der Protagonistin vor zwanzig Jahren besser verstehen.

Bevor Julia Mark durch Zufall kennenlernte hatte sie mehrere Jahre für sich allein gelebt. Sie war es gewohnt, Entscheidungen selbst zu treffen, was auch ein Ergebnis ihrer Erziehung ist. Julia wurde durch eine angespannte Beziehung zu ihrer Mutter geprägt, aus der sie mitgenommen hat, dass sie gelegentlich nicht deren Wertansprüchen entsprach. Es war nicht einfach für sie, sich am Beginn ihrer Ehe mit ihrem Mann über bestimmte Angelegenheiten abzusprechen. Sie neigt dazu, sich vergleichsweise lange Gedanken zu Sorgen zu machen, die nicht die ihren sind. Indem sie Kontakte meidet, verhindert sie, sich mit Problemen anderer zu beschäftigen. Von Beginn an schaut sie argwöhnisch auf die besten Freunde von Mark, dadurch bleibt immer ein Stück Misstrauen in ihrem Verhältnis. Nach der Geburt ihres Sohns fällt ihr der Umgang mit anderen Müttern nicht einfach. In Helen findet sie zu dieser Zeit eine mütterliche Ratgeberin, deren Selbstbewusstsein sie bewundert. Ihre neue, einige Jahre ältere Freundin weckt in ihr Gefühle, in denen sie nicht geübt ist.

Claire Lombardo schreibt abwechslungsreich, denn im Leben ihrer Protagonistin geschehen immer wieder unerwartete Begebenheiten. Julia als Kind, Teenager, Ehefrau und Mutter erlebt Situationen, die vermutlich viele Lesende wiedererkennen, was sie mir nahbar machte. In Diskursen erlebt man, dass es oft unterschiedliche Meinungen über ein Thema gibt ohne eine beste Lösung.

Der Roman „Genau so, wie es immer war“ von Claire Lombardo konnte mich im gleichen Maß begeistern wie ihr Debüt. Tiefgründig und feinsinnig beschreibt die Autorin die Gefühlswelt ihrer Protagonistin Julia, die es gelernt hat, sich nach einer schwierigen Kindheit einen Weg im Leben zu suchen und an den Anforderungen des Lebens gereift ist. Einige Twists und wohlgehütete Geheimnisse sorgen für eine hintergründige Spannung. Sehr gerne vergebe ich eine Leseempfehlung.

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