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Veröffentlicht am 30.09.2017

Düstere Vergangenheit

Nachts am Brenner
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Commissario Grauner und sein neapolitanischer Kollege Ispettore Saltapepe haben es mit einen mysteriösen Fall zu tun, in dem sie anfänglich keine Zusammenhänge finden können. Zwei alte Männer, Mitglieder ...

Commissario Grauner und sein neapolitanischer Kollege Ispettore Saltapepe haben es mit einen mysteriösen Fall zu tun, in dem sie anfänglich keine Zusammenhänge finden können. Zwei alte Männer, Mitglieder einer Kartenspielgruppe, die ihr Leben gelebt haben, werden auf brutale Weise nach einander ermordet. Sind die anderen beiden Mitglieder der Gruppe, die täglich zusammen sitzen, auch gefährdet? Ist etwas in der Vergangenheit dieser Männer passiert, das den Beiden jetzt zum Verhängnis wurde? Sind die veränderten Strukturen und Lebensbedingungen am Brenner die Ursache?
Grauner befürchtet aufgrund einer am Tatort gefundenen Visitenkarte, dass auch der nie geklärte Mord an seinen Eltern etwas mit diesen Verbrechen zu tun hat. Eine zermürbende und die Seele belastendende Ermittlungsarbeit beginnt.

Schon das Cover gibt einen Einblick in die Stimmung dieses Krimis. Ich habe selten einen Krimi mit so viel Lokalkolorit gelesen. Lenz Koppelstätter versteht es meisterlich die Seele und Gedankenwelt der Südtiroler insbesondere der Einheimischen vom Brenner aufzufächern. Die Sehnsüchte und Vorstellung des aus Neapel stammenden Kollegen Saltapepe zeigen deutlich den Unterschied zu den anderen Regionen Italiens.
Für mich als Niederrheinerin waren die Karten am Anfang und Ende des Buches besonders hilfreich und interessant. Die vielen Informationen über die ehemalige Grenzstation und die strukturellen Veränderungen nach dem Öffnen der Grenzen und den Autobahnbau waren für mich völlig neu und haben zum besseren Verständnis der heutigen Situation geführt.

Dieser Krimi aus Südtirol ist tiefgründig und vielschichtig. Die Spannung, die sich nach den beiden brutalen Morden aufbaut verliert nie an Intensität, weil nach jeder Sackgassenspur eine neue Spur, ein neuer Hinweis in Erscheinung tritt. Die Qualen, die Grauner während seiner privaten Ermittlungen erleiden muss, machen das Erspüren neuer Schlussfolgerungen immer dringlicher. Die Figur des etwas eigensinnigen Ermittlers Grauner ist ganz genau gezeichnet. Man hat das Gefühl die Person vor sich zu sehen und zu hören.

Es hat Spaß gemacht diesen Krimi zu lesen. Es war mein erster Krimi von Lenz Koppelstätter, aber bestimmt nicht mein letzter.

Veröffentlicht am 21.09.2017

Dunkel, Gefährlich, Erbarmungslos

SOG
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Der zweite Fall für Kommissar Huldar und Kinderpsychologin Freyja. Zunächst geht es um einen „Dummen-Jungen-Streich“. In einer Zeitkapsel wird ein Aufsatz mit Mordankündigungen gefunden. Steckt mehr dahinter? ...

Der zweite Fall für Kommissar Huldar und Kinderpsychologin Freyja. Zunächst geht es um einen „Dummen-Jungen-Streich“. In einer Zeitkapsel wird ein Aufsatz mit Mordankündigungen gefunden. Steckt mehr dahinter? Kommissar Huldar geht der Sache auf den Grund. In der Folge macht die Mordkommission grausame Funde. Abgetrennte Hände, eine Leiche mit kuriosem Auffindungsszenarium, abgetrennt Füße, niemand hat etwas gesehen und niemand sieht Zusammenhänge.
Wird Kommissar Huldar einen Weg durch dieses Chaos finden, nachdem er nach seinem letzten Fall degradiert wurde?

Dunkel, gefährlich, erbarmungslos, genauso kommt dieser Thriller daher.
Zunächst wird die Hintergrundgeschichte von Kommissar Hulda und Kinderpsychologin Freyja weiter beleuchtet, aber schon bald holt den verunsicherten Huldar das grausame Szenarium ein. In mühevoller Kleinarbeit kommt er Stück für Stück den Zusammenhängen auf die Spur. Neben den grausamen Verbrechen, die immer mehr zu Tage treten, wird viel von der erfolglosen und zermürbenden Ermittlungsarbeit sichtbar gemacht. Es zeigt sich schnell, dass Kommissar Huldar zwar nicht der geborene Chef in der Mordkommission ist, aber dass er flexibel in seinen Ermittlungen ist und dadurch Zusammenhänge erkennt, die andere nicht wahrhaben wollen. Während er akribisch jede Spur verfolgt, stolpert er tollpatschig durch seine Privatleben. Immer wieder wird im Kontrast zu den grausamen Verbrechen die emotionale Gedankenwelt von Huldar und Freyja eingeblendet. Wobei die Dramatik ihrer Beziehung unbedeutend anmutet in Hinblick auf die zu ermittelnden Grausamkeiten, aber sie lassen den Leser kurz durchatmen bei den zu lesenden Abscheulichkeiten.

Der Thriller ist spannend bis zur letzten Seite. Die Sprache ist einfach und gut zu lesen.
Die Lösung beziehungsweise Täterermittlung ist logisch und nachvollziehbar aufgebaut.
Manche Szenen waren zu hart und brutal für mich, aber das eigentlich brutale war nicht die Beschreibungen der Autorin, sondern das Kopfkino, was sie auslösten.

Yrsa Sigurdardóttir hat hier einen liebenswerten, aber auch stahlharten Ermittler geschaffen, der sicher noch viele Fälle mit der Kinderpsychologin lösen wird.

Veröffentlicht am 20.08.2017

Brutal und blutig, aber spannend

Die Fährte des Wolfes
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Ein neuer Ermittler ist geschaffen, Zack Herry, ein mutiger und ehrgeiziger Polizist, das jüngste Mitglied der Sondereinheit in Stockholm. Er ist ein Mann mit zwei Gesichtern. Einerseits ist er ein genialer ...

Ein neuer Ermittler ist geschaffen, Zack Herry, ein mutiger und ehrgeiziger Polizist, das jüngste Mitglied der Sondereinheit in Stockholm. Er ist ein Mann mit zwei Gesichtern. Einerseits ist er ein genialer Ermittler, der sich mit großem Einsatz und zielstrebig gegen Kriminelle einsetzt. Andererseits ist er zerrissen und unsicher. Er hat den gewaltsamen Tod seiner Mutter, die ebenfalls Polizistin war, nicht verarbeitet und hofft, nach nunmehr 20 Jahren das Verbrechen aufklären zu können. Seine Zerrissenheit und Unruhe treiben ihn nachts in die illegalen Clubs, wo er Kokain konsumiert und sich die Seele aus dem Leib tanzt. Als er am frühen Morgen an einen Tatort gerufen wird, hat er nach durchtanzter Nacht mit reichlichem Kokainkonsum keine Minute geschlafen. Es fällt ihm schwer sich auf die vier Leichen bestialisch ermordeter Thailänderinnen zu konzentrieren. Er ist müde, verunsichert und rechnet jeden Augenblick mit der Entlarvung seines Doppellebens.
Trotz intensiven Ermittlungen haben Zack und das Team der Sondereinheit Schwierigkeiten die wahre Identität der Frauen festzustellen. Auch ist lange Zeit nicht klar, ob es sich um einen Einzeltäter, einen Frauenhasser oder um einen Bandenkrieg in der Prostitutionsszene handelt. Die Zeit drängt.

Was für ein hammerharter Thriller! Manche Szenen waren einfach zu brutal für mich, dass ich doch immer weitergelesen habe, liegt an den flüssigen Schreibstil und die klare Sprache. Es wurde nicht unnötig brutal beschrieben, sondern eher nüchtern und sachlich.
Mit Zack wurde eine Hauptfigur geschaffen, die sicher keinen Vergleich mit Lisbeth Salander und Harry Hole scheuen braucht. Ein Vergleich, den schon Le Monde gesehen hat. Er ist so unberechenbar, dass man beim Lesen manchmal zweifelt ob er noch die richtige Richtung einschlagen kann. Er wird mehr und mehr zum Helden indem er sein Leben aufs Spiel setzt und sich kopfüber in Situationen stürzt, die er eigentlich nicht alleine bewältigen kann. Das Team ist nach bewährtem System aufgebaut. Vier Ermittler machen die „Fußarbeit“, suchen Verdächtige auf, führen Verhöre, schießen sich, wenn es sein muss, den Weg frei und werden von einer IT-Spezialistin geführt und mit Informationen gefüttert. Die Spannung wird bei jeder Sackgasse und neuen Spur immer hoch gehalten, ein Verdienst der Autoren. Das Buch entwickelt sich schnell zum Pageturner und man kann es kaum zur Seite legen. Aber auch wenn man das Buch zur Seite legt, lässt den Leser die Geschichte nicht los. Auch der Schluss des Buches ist nicht derart gestaltet, dass mich das Thema losließ. Das Buch lässt mich betroffen, nachdenklich und grübelnd zurück.
Zack und seine Partnerin im Team sind vielschichtig beschrieben worden mit diversen Rückblicken in ihre Vergangenheit sodass der Leser sie gut kennenlernt. Ich schließe daraus, dass es wohl eine Serie um Zack und dieses Team geben wird. Auf die Fortsetzung freue ich mich schon jetzt.

Veröffentlicht am 10.08.2017

Allmacht

Allmacht
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1959 kommen neun Studenten am Fuße des Cholat Sjachl zu Tode. Todesursache und Begleitumstände werden nie veröffentlicht.
Fast 60 Jahre später ermittelt Maxim Charkow mit seinem Team in der Mordsache Igor ...

1959 kommen neun Studenten am Fuße des Cholat Sjachl zu Tode. Todesursache und Begleitumstände werden nie veröffentlicht.
Fast 60 Jahre später ermittelt Maxim Charkow mit seinem Team in der Mordsache Igor Komarow, Millionär und offizieller Vertreter der russischen Gasgesellschaft in Zürich.
Alles deutet auf eine Beziehungstat unter Homosexuellen hin, aber Charkow interessiert sich für die Geschichte hinter dem allzu Offensichtlichen. Er stößt mit seinen Ermittlungen tief in ein russisches Intrigen-und Umsturzgeflecht und jagt jemanden, der glaubt die Allmacht zu besitzen.

Allmacht ist ein interessanter und äußerst spannender Kriminalroman. Das Thema ist ein kompliziertes Geflecht mit für mich fremdartigen Namen. Da musste ich einen Notizblock zur Hilfe nehmen um mit den vielen Namen nicht durcheinander zu kommen.
Das komplizierte Geflecht wurde nach und nach entwirrt und alles war logisch nachvollziehbar. Die Protagonisten sind von verschieden Seiten beleuchtet worden, so dass die wichtigen Charaktere wie Frank, Marija usw. gut zu erkennen waren. Auch von den Ermittlern Maxim Charkow, Priska Künzler und Cla Corai erfährt man einiges über ihr Privatleben. Sie kommen sympathisch und lebendig rüber. Das erhöht auch die Vorfreude auf den nächsten Fall von Maxim Charkow, den ich auch nicht verpassen möchte.
Die Brutalität, die Verantwortungslosigkeit, die Gier nach Macht und das Ganze ohne Mitgefühl sind vor diesem Buch sicher bekannt, aber sie werden hier beeindruckend dargestellt.

Veröffentlicht am 17.06.2017

Jeder hat seine eigene Wahrheit

Sieh nichts Böses (Ein Kommissar-Dühnfort-Krimi 8)
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Gerade aus den Flitterwochen angekommen wird Kommissar Tino Dühnfort direkt wieder in den grausamen Alltag seiner Arbeit gerufen. Während einer Spürhundeprüfung der Münchner Polizei wurde eine Frauenleiche ...

Gerade aus den Flitterwochen angekommen wird Kommissar Tino Dühnfort direkt wieder in den grausamen Alltag seiner Arbeit gerufen. Während einer Spürhundeprüfung der Münchner Polizei wurde eine Frauenleiche gefunden. Der Leiche, die sicher schon längere Zeit im Wurzelgeflecht eines alten Baums vergraben war, wurde eine kleine Skulptur beigelegt, die Dühnfort an die drei weisen Affen erinnert.
Jetzt ist Ermittlungsarbeit erforderlich und die Idylle der werdenden Kleinfamilie tritt in den Hintergrund. Es war nicht einfach die Identität der Toten festzustellen, da niemand sie als vermisst gemeldet hat. Ihr Umfeld vermutete, dass sie untergetaucht wäre. Als wieder eine Frau verschwindet, die eventuell auch untergetaucht sein könnte, wird die Mordkommission kurzerhand bei einem Vermisstenfall aktiv.

Endlich ist er da, der neue Krimi aus der Kommissar Dühnfort-Serie. Ich habe alle Bücher dieser Serie gelesen. Es war schon das eine oder andere etwas schwächere Buch darunter, aber dieses Achte ist sicherlich eines der Besten. Frau Löhnig gelingt es meisterlich die private Geschichte des Kommissars unaufgeregt neben den immer wieder interessanten und manchmal kuriosen Kriminalfällen zu erzählen. Tino Dühnfort ist kein gebrochener Mensch, der sich in Alkohol ertränkt oder ständig Sex mit Unbekannten haben muss. Er ist ein zurückhaltender, aber strebsamer Kommissar, der einige Erfolge und Tiefschläge erlebt hat, der seine langjährige Kollegin Gina geheiratet hat, die jetzt das erste Kind erwartet. Egal wie heftig ein Fall seiner Aufmerksamkeit bedarf, das Private läuft immer mit.

Hat man einige Bücher dieser Serie gelesen hat, ist es wie nach Hause kommen. Wenn man das neueste Buch in den Händen hält, legt man ist nicht mehr weg. Ich habe das Buch leider schon nach zwei Tagen ausgelesen. Ich hätte gerne länger gelesen.

Was mir als erstes bei diesem Buch auffiel war, dass die einzelnen Mitglieder der Mordkommission einschließlich der Pathologin mit vollem Namen vorgestellt wurden. Ich glaube, in der Ausführlichkeit wurde das noch in keinem Dühnfort-Buch gemacht.
Der Kriminalfall war sehr gut aufgebaut. Die Erzählweise, die beiden Erzählstränge mit zahlreichen Flashbacks hat mir gut gefallen. Die Beschreibung der aufwendigen Recherchen, die Sackgassen und Fehleinschätzungen zeigen ein Bild von solider Polizeiarbeit, wie wir sie uns nur wünschen können. Die Lösung war nachvollziehbar und sicher hat der eine oder andere Leser die Lösung schon früher erahnt. Der Fokus lag besonders auf den Folgen schlechter oder kranker Beziehung zwischen Eltern und Kind. Im Gegensatz dazu zeigt Tino auch im Umgang mit den privaten Krisen wie sensibel und tiefgreifend er alle Probleme angeht.

Als Fazit kann ich nur sagen: Mir hat das Buch sehr sehr gut gefallen. Frau Löhnig, bitte schenken sie uns noch viele solch guter Bücher.