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Veröffentlicht am 07.09.2020

Leider ganz anders als erwartet

Die Nachbarin
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Puh, was war das denn?! Ich glaube, so kann ich "Die Nachbarin" von Caroline Corcoran zusammenfassen. 😅

Ich versuche meine Meinung für euch zu sortieren und erzähle ich in der Zeit einfach mal, was in ...

Puh, was war das denn?! Ich glaube, so kann ich "Die Nachbarin" von Caroline Corcoran zusammenfassen. 😅

Ich versuche meine Meinung für euch zu sortieren und erzähle ich in der Zeit einfach mal, was in dem Buch passiert:
Harriet und Lexie leben in einem noblen Londoner Hochhaus Tür an Tür. Die beiden Frauen kennen sich jedoch nicht und bekommen nur mit, was Nachbarn eben mitbekommen: Geräusche aus der Wohnung nebenan. In Harriets Wohnung gibt es öfter legendäre Parties mit viel Alkohol und ausgelassener Stimmung. 🥂 In der Wohnung von Lexie und ihrem Lebenspartner Tom hört Harriet, wenn die beiden lachen, streiten und Sex haben. Beide Nachbarinnen denken voneinander sie wären glücklich und beide liegen falsch! Harriet ist einsam und sehnt sich nach einem Partner. Lexie leidet nach einer Fehlgeburt an ihrem unerfüllten Kinderwunsch. Und nun will Harriet auch noch etwas, das Lexie gehört. Nämlich Tom! 💔

"Die Nachbarin" ist aus meiner Sicht auf keinen Fall ein Thriller. Es ist viel mehr ein Drama, ein Spannungsroman oder eine Psycho-Studie. Auf jeden Fall habe ich den Thrill komplett vermisst. Die Geschichte hat nämlich fast keine Handlung. (Klingt komisch, ist aber so!) Die Story spielt sich zu 90 Prozent in den Köpfen der beiden - verzeiht mir den Ausdruck - wahnsinnigen Weiber ab.🙊🥴

Die Kapitel wechseln zwischen Harriet und Lexie. Beide schildern ihre Gedanken, ihr Leben, ihre Vergangenheit in der Ich-Perspektive. Und das nicht zu knapp! Ständig wiederholen sich die Themen. Kapitelweise wechselte ich beim Lesen zwischen "Ich bin so einsam hier. Ich bin so einsam da. Lexie hat es viel besser als ich. Sie hat es nicht verdient." und "Ich will unbedingt ein Baby, komme was wolle. Alle sind schwanger außer ich. Keiner hat es mehr verdient als ich.". Auf Dauer war das echt ermüdend. 🥱 Hätten mir nicht zwei meiner Lieblingsbloggerinnen empfohlen das Buch zu Ende zu lesen, ich hätte es vermutlich nach 120 Seiten abgebrochen. Ich habe also auf die beiden gehört und weitergelesen und was soll ich sagen? Ja, ich war schon irgendwie neugierig, wie es mit den beiden irren Ladies weitergeht, aber verpasst hätte ich wohl nichts, wenn ich abgebrochen hätte. 🤷‍♀️

Aber zurück zum Buch: Lexie und Harriet fantasieren sich also schön zusammen, wie toll es die Andere hat, während fast immer das Gegenteil der Fall ist. Das Thema regt natürlich zum Nachdenken an. Wie viel wissen wir von unseren Mitmenschen, Freunden, Nachbarn? Es ist unheimlich wie sich doch hinter einer scheinbar perfekten Fassade so ein Psycho-Wrack tummeln kann. Das ist eigentlich auch das Beste am Buch: Die beiden Hauptfiguren werden großartig dargestellt und charakterlich tief gezeichnet. Trotzdem (oder gerade deswegen) mochte ich aber keine von beiden. Ich hasste aber auch keinen von beiden. Und das machte es etwas schwer mitzufiebern. Das einzige, was ich unbedingt herausfinden wollte, war die Vergangenheit von Harriet. Mehrfach im Buch erwähnt sie, was sie Schlimmes getan hat und dass man sich vor ihr fürchten sollte. Also ich fand die Offenbarung nicht spektakulär, auch wenn ich natürlich kein Verbrechen bagatellisieren möchte, aber entscheidet selbst. 🤷‍♀️🙄

Alles in allem findet ihr hier ein Buch mit sehr verschiedenen Protagonistinnen, die doch Gemeinsamkeiten aufweisen: Eifersucht, Neid, Missgunst, psychische Probleme und Selbstmitleid. Und das wiederholt sich die gesamte Zeit bis zum lang ersehnten "Showdown", wenn die beiden sich endlich persönlich begegnen. Aber auch dieses Aufeinandertreffen war weder besonders spannend, spektakulär noch überraschend. 😅

Ich mag Bücher einfach nicht, deren Handlung ich in wenigen Sätzen zusammengefasst habe. Ich hätte mehr Tempo, mehr Handlung, mehr Überraschung benötigt, um an diesem Spannungsroman Gefallen zu finden. So war ich über weite Strecke von den beiden Frauen nur genervt. Die angeschnittenen Themen in dem Buch sind zwar vielfältig und regen zum Nachdenken an, die Story wird mir aber nicht lang im Gedächtnis bleiben. Von mir gibt es keine Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 07.09.2020

Emotional ind fesselnd

Weil niemand sie sah
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Ellie ist 15 Jahre alt, eine sehr gute Schülerin, frisch verliebt, Sonnenschein der Familie Mack und verschwindet eines Tages auf dem Weg zur Bibliothek spurlos. Da keine Hinweise auf ein Gewaltverbrechen ...

Ellie ist 15 Jahre alt, eine sehr gute Schülerin, frisch verliebt, Sonnenschein der Familie Mack und verschwindet eines Tages auf dem Weg zur Bibliothek spurlos. Da keine Hinweise auf ein Gewaltverbrechen vorliegen, vermutet die Polizei, dass Ellie von zu Hause ausgerissen ist. Ihre Familie, besonders ihre Mutter Laurel, kann das jedoch nicht glauben. Die Eheleute Mack zerbrechen daran. Die Familie entfremdet sich. Zehn Jahre später werden Kleidungsstücke gefunden, die Ellie zuzuordnen sind. Kurz danach die traurige Gewissheit: Es wurden auch ihre menschlichen Überreste entdeckt. So traurig es auch ist, Laurel kann nun endlich abschließen. Sie lernt einen neuen Mann kennen. Alles scheint sich zum Guten zu wenden, bis sie seine Tochter kennenlernt. Poppy ist Ellie wie aus dem Gesicht geschnitten. Wie kann das sein?

Der Inhalt von "Weil niemand sie sah" hat mich anfangs gar nicht sooo angesprochen. Es gibt einfach viele Geschichten, die sich um verschwundene Kinder drehen und da ich selbst noch nicht Mutter geworden bin, reißen mich diese Geschichte selten total mit. Hier war ich jedoch neugierig, da die Autorin Lisa Jewell sonst eher für Liebesromane bekannt ist und ich es immer spannend finde, wenn das "heimatliche" Genre verlassen wird. Und was soll ich sagen? Es hat sich wahrlich gelohnt. „Weil niemand sie sah“ hat mich richtig überrascht. 🤩

Als Roman deklariert, ein untypisches, fast unauffälliges Cover… wer würde da erwarten, dass es sich um ein emotionales, spannendes Buch mit einem wirklich perfiden und grausamen Verbrechen handelt? In meinen Augen hat die Autorin hier einen Roman abgeliefert, der wirklich viel zu bieten hat und sich irgendwo zwischen Familiendrama und Thriller bewegt. 👨‍👩‍👧‍👧☠

Das Buch wird aus verschiedenen Perspektiven und verschiedenen Zeitebenen erzählt. Ich mag diese Abwechslung sehr und fand es auch hier ein fantastisches Stilmittel, um die Gefühle und Gedanken aller Figuren zu verstehen. Obwohl mir niemand, außer Ellie, wirklich sympathisch war, habe ich jede Perspektive als spannend empfunden. Die kurzen Kapitel luden förmlich zum Weiterlesen ein und so habe ich fast immer mehr gelesen als ich wollte.
Relativ schnell wusste man über Ellies Schicksal Bescheid und trotzdem riss die Spannung bei mir nicht ab. Selbst, wenn ich das Buch zur Seite gepackt habe, hat mich diese Geschichte weiterbeschäftigt. Ich wollte jede Einzelheit wissen, jedes Puzzleteil zusammensetzen, während die Autorin nach und nach Informationen preisgegeben hat. Ich habe unfassbar mit den Figuren gefiebert und mit ihnen gelitten. Lisa Jewell hat die Emotionen und den Schmerz der Figuren beim Schreiben so authentisch geschildert, dass sie sich beim Lesen direkt auf mich übertragen haben. 💗😪

Im letzten Teil des Buchs nimmt die Handlung richtig Tempo auf und lieferte ein Ende, was ich zum Teil zwar vermutet hatte, aber in der Detailtiefe nicht vorausgesehen hätte. Außerdem wurde auch das Ende so mitreißend erzählt, dass ich gar keine komplette Wendung mehr gebraucht habe, um das Buch toll zu finden. Es war einfach rund! 😍

Von mir gibt es eine Leseempfehlung für alle, die eine emotionale Erzählweise und Spannung schätzen. Ihr solltet euch aber nicht daran stören, dass ihr sehr früh erfahren werdet, wer der Täter ist.
Ich zähle das Buch zu meinen Jahreshighlights 2020! 🤩

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Veröffentlicht am 26.08.2020

Gedanklich immer noch bei Mr. Harrigan, Chuck und der Ratte

Blutige Nachrichten
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Hauen wir es direkt raus: Stephen Kings neuestes Werk „Blutige Nachrichten“ hat mich vollends begeistert!

Leider habe ich in der Vergangenheit Probleme gehabt „einen King“ zu lesen. Sein ausufernder, ...

Hauen wir es direkt raus: Stephen Kings neuestes Werk „Blutige Nachrichten“ hat mich vollends begeistert!

Leider habe ich in der Vergangenheit Probleme gehabt „einen King“ zu lesen. Sein ausufernder, beschreibender Erzählstil führte dazu, dass ich immer wieder mit meinen Gedanken abdriftete – selbst, wenn ich die Geschichte WIRKLICH spannend fand. Vor circa einem Jahr habe ich erneut einen Versuch gewagt. Diesmal habe ich es mit dem Hörbuch von „Shining“ probiert und dabei herausgefunden, dass ich Kings Werke in der Hörbuch-Version absolut genial finde. Bei „Blutige Nachrichten“ bin ich mir aber sogar sicher, dass ich es auch selbst gelesen wirklich gemocht hätte.

Der Roman umfasst vier Kurzgeschichten, die alle auf ihre Art sehr unterschiedlich sind und doch ein gemeinsames zentrales Element haben. Das Thema Tod, Vergänglichkeit und worauf es im Leben wirklich ankommt, hat King in allen vier Kurzgeschichten aufgegriffen. Es handelt sich jedoch nicht um Horror, wie ich es aufgrund des Titels ursprünglich erwartet hatte. Es sind vielmehr sehr, sehr tiefgreifende, emotionale, nachdenklich stimmende Mystery-Novellen, die alle eine moralische Botschaft vermitteln. In meinen Augen kann nur King so etwas so genial schreiben!

Ich möchte alle Geschichten nur kurz inhaltlich anreißen, da ich niemandem die Spannung vorweg nehmen möchte. Ich persönlich empfand die Frage, worauf Stephen King hinaus möchte, beim Hören der Geschichten nämlich als eines der reizvollsten und spannendsten Elemente dieser Sammlung.

Mit der Geschichte „Mr. Harrigans Telefon“ sorgte King nicht nur einmal dafür, dass ich schmunzeln musste. Hier ist die Zeit beschrieben, in der das erste IPhone den Markt und die Welt erobert hat. Der Rückblick ist durchaus gelungen und die Vermutungen des alten Mr. Harrigan, dass diese kleinen Dinger die Welt verändern werden, erfüllen sich natürlich, wie wir jetzt wissen. Die Story und auch die Botschaft, die King hier vermittelt, hat mir sehr gefallen: Ständige Erreichbarkeit kann mehr Fluch als Segen sein.

In der zweiten Geschichte „Chucks Leben“ beschreibt King, wie es kaum ein Zweiter kann, ein Weltuntergangsszenario. Das Besondere hieran ist, dass Chucks Leben rückwärts in drei Akten erzählt wird. Die zentrale Frage dieser Geschichte lautete für mich: Wer ist eigentlich Chuck und wieso ist er so wichtig? Hier bin ich mir ehrlich gesagt auch nicht ganz sicher, was King dem Leser mitteilen wollte. Ich denke, es ist ein „Genieß dein Leben, du weißt nicht, wie lang du hast.“ Die Geschichte ist auf jeden Fall rätselhaft und sehr atmosphärisch und düster erzählt.

In der dritten Geschichte „Blutige Nachrichten“ kommt es zum Widersehen mit Holly Gibney, die viele King-Fans aus der „Outsider“ kennen. Dies ist die längste der drei Geschichten und sie enthält die meiste Spannung. Ich kannte den „Outsider“ noch nicht (Asche auf mein Haupt! Ich hole es gerade nach.) und kam aber trotzdem sehr gut zurecht. Der Inhalt dieser Geschichte ist im Klappentext beschrieben.

Die letzte Geschichte „Ratte“ handelt von einem Schriftsteller, der endlich seinen ersten Roman vollenden möchte, weil er zuvor immer scheiterte. Dazu schottet er sich von seiner Familie ab und fährt in eine abgelegene Waldhütte. Plötzlich bekommt er jedoch eine schlimme Erkältung und ein Wintersturm macht es unmöglich die Hütte zu verlassen. Was es mit der Ratte auf sich hat, müsst ihr selbst herausfinden. Diese Geschichte mochte ich am liebsten. Die Story erinnerte ein wenig an „Shining“. Der durchgeknallte Autor, der seinen Roman nie fertigstellt. Das kennen wir ja. „Ratte“ ist für mich am tiefgreifendsten gewesen. Man weiß bis zum Schluss nicht, was Einbildung oder Zufall war.

Wie ihr also seht, ist „Blutige Nachrichten“ vollgepackt mit einer unheimlich einnehmenden Atmosphäre. Sogar mein Freund (der nie etwas liest außer Sportzeitschriften) fand das Hörbuch toll. (Er musste notgedrungen öfter mithören, wenn ich in der Küche das Abendessen zubereitet habe und dabei der Stimme von David Nathan lauschte.) Ich muss vermutlich kaum erwähnen, dass es sich bei David Nathan um einen unheimlich begnadeten Sprecher handelt. Ich würde dem Mann sogar zuhören, wenn er Einkaufszettel vorlesen würde! Auch hier hat er wieder ganze Arbeit geleistet.

Für alle King-Fans ein absolutes Muss und für alle, die denken King schreibt viel zu gruselig, brutal und blutig: Nein, das tut er nicht (immer). Dieses Buch hier ist unbedingt auch für alle geeignet, die sich sonst nicht an King herantrauen. Oder auch für Leser/innen wie mich, die denken, King schreibt zu ausufernd. Diese Novellensammlung beweist, dass er es auch wesentlich kürzer und dafür genauso brillant kann! Die vier Geschichten des Buchs begleiten mich tatsächlich auch noch immer gedanklich. Von mir gibt’s volle Punktzahl für diese packende Kurzgeschichten-Sammlung und eine Vorbeugung vorm schriftstellerischen Talent des Großmeisters!

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Veröffentlicht am 24.08.2020

Für echte True Crime- oder Ketchum-Fans

Übler Abschaum
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„Übler Abschaum“ von Jack Ketchum ist in der Reihe „Festa Special“ erschienen und ist optisch in meinen Augen ein echter Hingucker!

Kommen wir jedoch direkt zum „Aber“. Das Buch (wenn man es so nennen ...

„Übler Abschaum“ von Jack Ketchum ist in der Reihe „Festa Special“ erschienen und ist optisch in meinen Augen ein echter Hingucker!

Kommen wir jedoch direkt zum „Aber“. Das Buch (wenn man es so nennen mag) ist sehr überschaubar. Es umfasst lediglich 96 Seiten inklusive der Illustrationen. Das wusste ich natürlich bevor ich es gekauft habe. Ich möchte jedoch trotzdem anmerken, dass die „Special-Reihe“ somit sehr teuer und vermutlich nur etwas für echte Liebhaber und Sammler ist.

„Übler Abschaum“ erzählt die Geschichte der Ken-und Barbie-Killer Paul Bernardo und Karla Homolka. Wer sich schon einmal mit diesem True Crime-Fall befasst hat, weiß um die Abscheulichkeiten, die die beiden getan haben. Ketchum gibt diese auf den ca. ersten 40 Seiten des Buchs ungeschönt, komprimiert und ohne fast ohne jegliche Fiktion wieder. Obwohl ich mit den Fakten vertraut war, musste ich über die Dialoge und Details doch schlucken und konnte nicht begreifen, wie man zu solchen Monstern werden kann. Viele Dialoge wurden übrigens direkt aus den Polizeiunterlagen übernommen. Das zu wissen, macht es noch widerlicher! Im zweiten Teil der Story hat Ketchum dann die Geschichte von Karla weitergesponnen und teils auch damals kursierende Gerüchte in seine Novelle eingebaut. Ab diesem Zeitpunkt fehlte mir jedoch leider die Geradlinigkeit, die der Autor normalerweise an den Tag legt. Die Geschichte driftete auseinander und offenbarte neue Erzählstränge, die aber kaum Verbindungen zur restlichen Handlung aufwiesen. Auch das Ende wirkte auf mich nicht. Ich hatte somit das Gefühl „Übler Abschaum“ war unfertig und an vielen Stellen wurde Potential verschenkt.

Zusammenfassend kann ich das Buch für echte True Crime-Junkies trotzdem empfehlen. Wenn euch jedoch nur der Fall interessiert, genügt der Wikipedia-Eintrag. Ketchum-Fans könnten eventuell enttäuscht sein, da „Übler Abschaum“ unfertig wirkt. Richtigen Hardcore-Fans ist das vielleicht aber auch egal. Also entscheidet selbst, ob das Buch etwas für euch ist!

Ich persönlich habe den Kauf trotz der angesprochenen Punkte nicht bereut.

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Veröffentlicht am 24.08.2020

Auf der Suche nach den Wurzeln...

Die Schatten, die wir verbergen
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Es war für mich keine Frage, ob ich dieses Buch lesen muss. Nur das "Wann?" hat sich dann etwas verzögert. Der Titel ist schon letztes Jahr in der Festa-Reihe "Must Read" erschienen und der zweite Teil ...

Es war für mich keine Frage, ob ich dieses Buch lesen muss. Nur das "Wann?" hat sich dann etwas verzögert. Der Titel ist schon letztes Jahr in der Festa-Reihe "Must Read" erschienen und der zweite Teil um die Hauptfigur Joe Talbert. Der erste Band "Das Leben, das wir begraben" war eines meiner absoluten Highlights in meinem Leseratten-Dasein.

"Ich würde gern sagen, dass der Tiefpunkt meines Tages darin bestand, grün und blau geschlagen zu werden, aber das wäre gelogen. Die Prügel, die mir dieser Gangster verabreicht hat, sind nichts gegen den Schmerz, den ich mir selbst zugefügt habe." Seite 9

Wie ihr seht, meint es Allen Eskens nicht gut mit seiner Hauptfigur. Joe Talbert hat sich schon zu Beginn des Buchs mächtig in die Sch... geritten. 🙈 Er ist Journalist und wird vermutlich wegen Rufmord verklagt, da er seine Quelle unter keinen Umständen preisgeben möchte. Dann entdeckt seine Chefin eine Nachrichtenmeldung, in der davon die Rede ist, dass ein gewisser Joe Talbert in Buckley Opfer eines Mordes wurde. Da ihm eh die Beurlaubung droht, macht sich Joe Junior also auf den Weg nach Buckley, um herauszufinden, ob das Opfer sein leiblicher Vater sein könnte. Recht schnell wird Joe Teil der Ermittlungen und damit nimmt das Unheil seinen Lauf.

"Es gab sicher eine ganze Menge Joe Talberts auf diesem Planeten, aber dieser hier war in Minnesota gestorben und vermutlich nicht eines natürlichen Todes; diese beide Faktoren erhöhen wohl die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um meinen Vater handeln könnte." S. 28

Das Buch ist sehr ruhig, ohne hohes Tempo geschrieben und besticht am allermeisten durch die Figurenzeichnung. Es sind die lieb gewonnenen Charaktere aus dem ersten Band, die mich direkt abgeholt haben, als wäre keine Zeit zwischen dem Lesen der beiden Teile vergangen. Aber auch die neuen Figuren haben durchaus ihren Reiz. Da ist zum Beispiel Vicky, die Barkeeperin der einzigen Kneipe in Buckley, die ich genau wie Joe auf Anhieb mochte. Dann wäre da auch noch der dubiose Charlie, der Joes Onkel sein könnte, und mir direkt unsympathisch war, bevor er etwas sagen konnte.

Der Schreibstil von Eskens war (wie im ersten Band) wunderbar flüssig, bildlich und ergreifend. Sämtliche Handlungen, Gefühle und Orte waren so gut beschrieben, dass ich ein Bild von Buckley hatte, als wäre ich dort aufgewachsen; dass ich die Figuren vor mir sah, als würde ich sie schon ewig kennen. Auch die Dialoge waren sehr authentisch geschrieben und machten das komplette Buch sehr lebendig.

Der Mord an Joe Talbert ist zwar der Aufhänger der Geschichte, aber eigentlich geht es in diesem Buch um so viel mehr. Es geht um Vergebung, Verantwortung, um Zerrissenheit, um Angst und Verzweiflung, um Moral und Gerechtigkeit. Und trotz all dieser schwierigen, bedrückenden Themen kam auch die Spannung nicht zu kurz. Natürlich war es trotzdem kein actiongeladener Thriller. "Die Schatten, die wir verbergen" ist viel mehr ein Spannungsroman, der durch seine Figuren und das Verweben von Handlungssträngen besticht. (Wieso wird heute alles Thriller genannt?!)

Natürlich gibt es auch Kleinigkeiten, die man eventuell kritisieren könnte. Zum Beispiel ist Joe ein viel besserer Ermittler als die Polizisten in Buckley. Aber hey, hier geht's ja nicht um eine Doku, sondern um Spannungsliteratur. Also lassen wir die Kirche einfach mal im Dorf.

Sooo, da ich nicht mehr schreiben kann ohne mich zu wiederholen oder zu spoilern, bleibt nur zu sagen, dass ich "Die Schatten, die wir verbergen" sehr, sehr gern gelesen habe. Ich wurde bestens unterhalten und vor allem auf emotionaler Ebene vollkommen abgeholt. Ich war schon etwas traurig, mich von den Figuren zu trennen, aber mit dem Ende, wie Allen Eskens es geschrieben hat, war ich mehr als einverstanden.

"Heimat muss nicht immer ein Ort sein. Manchmal ist es ein anderer Mensch." Seite 459

Und manchmal ist es einfach ein tolles Buch (aus dem Festa Verlag).

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