Profilbild von Hyperventilea

Hyperventilea

Lesejury Star
online

Hyperventilea ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Hyperventilea über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.03.2020

Ein etwas anderes Bilderbuch: spannend, phantasievoll, umfangreich, mit wunderschönen Schwarz-weiß-Illustrationen

Sammy - Die unglaublichen Abenteuer einer kleinen Maus
0

Eigentlich weiß Mäuserich Sammy gar nicht so genau, was ein Abenteuer eigentlich ist. Bisher hat er nämlich noch keines mitgemacht. Er lebt ganz gemütlich in einem Schuhkarton bei dem Jungen Hank. Doch ...

Eigentlich weiß Mäuserich Sammy gar nicht so genau, was ein Abenteuer eigentlich ist. Bisher hat er nämlich noch keines mitgemacht. Er lebt ganz gemütlich in einem Schuhkarton bei dem Jungen Hank. Doch Hanks Bruder Jimmy hat Großes mit Sammy vor. Er entwickelt ein Flugzeug mit Fernsteuerung und Sammy soll der erste Passagier sein. Beim Testflug versagt leider sofort die Technik, Sammy muss daraufhin alleine klarkommen und selbst das Steuer als Pilot übernehmen. Und das ist erst der Anfang seiner großen Reise....

Henry Cole hat einen gut verständlichen und lebendigen Sprachstil, er beschreibt stellenweise auch die Natur recht bildhaft und ausführlich. Die Geschichte ist zum Vorlesen für Kinder ab vier, fünf Jahren gut geeignet.

Besonders stechen die wunderschönen und detaillierten Bilder hervor. Meine Kinder waren begeistert, hätten sie sich aber farbig gewünscht. Ich finde die Gestaltung in schwarz-weiß aber absolut passend. Die Illustrationen erinnern an Graphitzeichnungen, bunt eingefärbt könnten sie eventuell etwas von ihrer Wirkung verlieren, befürchte ich.
An Coles Buch fällt auch das etwas kleinere, und für Bilderbücher ungewöhnliche DINA 5-Format auf. Dadurch ist es recht handlich, es in größerer Runde vorzulesen, gestaltet sich aber schwierig.

Sammy ist ein außergewöhnlicher Held. Klein, aber oho! Er begreift erst im Laufe der Geschichte, wozu er alles fähig ist und wie viel Spaß es macht, die gewohnten Pfade zu verlassen. Unterwegs lernt er ganz viele liebenswerte Charaktere, wie die Maus Fiona, ihren Großvater Desmond, die Krähe Blackie, Molch Grazia und zahlreiche weitere Tiere kennen. Die Figuren sind sehr vielfältig, es gefällt mir sehr, dass so viele unterschiedliche Tiere und Tierarten Auftritte in der Geschichte haben. Natürlich darf auch ein oberfieser Bösewicht nicht fehlen, der eine ganze Tierarmee hinter sich versammelt.

Sammys Flugreise ist der Beginn eines richtig großen, spannenden Abenteuers. Mit jeder Seite dieses ungewöhnlichen Buchs nimmt die abwechslungsreiche Handlung noch mehr Fahrt auf und die Freundschaft zwischen den Tieren wird immer tiefer.

Insgesamt waren wir von diesem phantasievollen und lebendigen Bilderbuch über ein großes Abenteuer und ganz besondere Tier- Freundschaften sehr angetan. Obwohl es einen beachtlichen Umfang hat, hat selbst meine vierjährige Tochter stets aufmerksam zugehört und immer wieder die faszinierenden, wunderschönen Bilder bestaunt. Wir können jedem nur empfehlen, die tapfere kleine Maus auf ihrem spannendem Abenteuer zu begleiten. Ein wunderbares Bilderbuch zum immer wieder Anschauen!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 25.03.2020

Bullerbü meets Möwenweg- wenn eine Hausgemeinschaft zur großen Familie wird

Familie Flickenteppich 2. Wir haben was zu feiern
0

Ganz schön viel los im Haus Nr. 11 der Familie Flickenteppich. Da wird gemeinsam das Treppenhaus geputzt, Oma Beckers Sittiche müssen eingefangen werden und Jojo feiert ihren 5. Geburtstag. Das größte ...

Ganz schön viel los im Haus Nr. 11 der Familie Flickenteppich. Da wird gemeinsam das Treppenhaus geputzt, Oma Beckers Sittiche müssen eingefangen werden und Jojo feiert ihren 5. Geburtstag. Das größte Ereignis ist aber definitiv Papas Teilnahme an einem Kochwettbewerb. Dummerweise droht der Wettbewerb nun aus verschiedenen Gründen ins Wasser zu fallen. Aber die Flickenteppichs halten zusammen und sorgen mehr als einmal dafür, dass Papa weiterhin mitmachen kann.....

Das Buch liest sich sehr flüssig, einfach und verständlich, aber an keiner Stelle monoton oder eintönig. Mir gefällt der lebendige abwechslungsreiche Sprachstil sehr gut. Im Buch finden sich viele schöne, fast poetische Sätze wie „Ich fühle dieses Jubeln in mir, das aus der Tiefe meines Bauchs sprudelt wie ein glitzernder Springbrunnen“. Ab acht Jahren können Kinder das Buch sicher schon selber lesen. Die Schrift ist etwas größer gedruckt als normal, so sind die kleinen Leser nicht überfordert von der doch recht umfangreichen Textmenge. Zum Vorlesen ist das Buch bereits für jüngere Leser geeignet, meine vierjährige Tochter hat der Geschichte auch schon gerne zugehört.

Besonders gut gefallen haben mir und meinen Kindern( 4,6 und 8 Jahren) die bunten lustigen und überaus treffenden Illustrationen von Anne-Kathrin Behl. Diese sind sehr aussagekräftig und sorgen für große Motivation beim Lesen und Vorlesen. Meine Kindern, vor allem meine kleinere Tochter, haben sie sich immer wieder gerne angeschaut.

Die Bewohner der Hausgemeinschaft mögen wir alle sehr, allen voran natürlich die Kinder Emma, Jojo, Ben, Aylin, Tarek und Freddy. Sie sind positive und begeisterungsfähige Figuren. Es macht einfach Spaß, ihre tollen Ideen und aufregenden Erlebnisse zu verfolgen. Aber auch die anderen Bewohner der Hausgemeinschaft hätte wohl jeder gern als Nachbarn. Im Haus halten alle zusammen und selbst die strenge, kritische Frau Neumann hat ihr Herz am rechten Fleck. Eine tolle Hausgemeinschaft diese Familie Flickenteppich. Auf diese Nachbarn kann man sich immer verlassen. Alle unterschiedlich, alle prima Vorbilder. Hier ist die Welt meistens noch schwer in Ordnung.

Die Geschichte um den Kochwettbewerb wird sehr spannend erzählt. Dadurch dass der Wettbewerb dreiteilig ist, wird die Spannung stetig aufrecht erhalten. Und drumherum gibt es jederzeit noch einiges zu organisieren...

Auch wenn Jojo sich zwischenzeitlich traurig und deprimiert fühlt, ist „Familie Flickenteppich- Wir haben was zu feiern“ ein wunderbar positives Buch voller Optimismus, das zeigt, dass Familien nicht unbedingt verwandt sein müssen, auch Nachbarn können dazu gehören. Familie ist ein Gefühl. Ein wenig erinnert die Reihe an ein modernes „Wir Kinder aus Bullerbü“ und an die Möwenweg-Bücher von Kirsten Boie. Idylle und Zusammenhalt kann es aber auch in der Stadt geben. Ein Buch wie warmer Käsekuchen. Spannend, lustig, toll zu lesen, für Mädchen und Jungen gleichermaßen geeignet.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 21.03.2020

Wunderbarer Familienroman über eine Großmutter und ihre Enkelin - bodenständig, authentisch und lebensklug

Mädelsabend
0

Ruth van Renning und ihre Enkelin Sara haben eine ganz besondere Beziehung zueinander. Sara arbeitet als Ärztin, hat einen kleinen Sohn und erhält die Möglichkeit, in England in ihrer beruflichen Karriere ...

Ruth van Renning und ihre Enkelin Sara haben eine ganz besondere Beziehung zueinander. Sara arbeitet als Ärztin, hat einen kleinen Sohn und erhält die Möglichkeit, in England in ihrer beruflichen Karriere einen großen Schritt nach vorn zu machen. Ihre Großmutter Ruth lebt mit dem sturen Großvater Walter in einer Wohnanlage für betreutes Wohnung auf Burg Winnenthal, wo sie sich sehr wohlfühlt und die vielen sozialen Kontakte zu ihren Mitbewohnern und das gemeinsame Singen genießt, während Walter sich nach dem eigenen Haus zurücksehnt. Bei ihren Besuchen auf der Burg tauschen sich Sara und Ruth regelmäßig aus, sprechen über die Gegenwart wie aktuelle Ereignisse auf der Burg, aber auch über Ruths Vergangenheit und ihre Ehe, in der es für Ruth alles andere als einfach war und ist. Auch Sara hat mit Problemen zu kämpfen und muss endlich eine Entscheidung treffen....

Anne Gesthuysen schreibt sehr angenehm: verständlich, klar und direkt. Der Roman liest sich unkompliziert und flüssig. Die Autorin erzählt aus unterschiedlichen Perspektiven, mal steht Saras aktuelle Situation im Fokus, dann werden Ereignisse aus Ruths Leben in Rückblenden geschildert. Vieles, was in der Vergangenheit der Familie passiert ist, erfährt der Leser auch über Gespräche der Figuren untereinander. Diese Erzählweise macht den Roman sehr lebendig und abwechslungsreich. Definitiv eine sehr interessante, nicht alltägliche Familiengeschichte.

Die Hauptfiguren Ruth und Sara werden ausführlich und sehr plausibel dargestellt. Beide befinden sich im Zwiespalt, Ruth führte eine unglückliche Ehe, musste aber stets Verantwortung für einen Sohn tragen. Sara möchte beruflich Karriere machen, aber gleichzeitig für ihren Sohn und Freund Lars da sein. Beide wissen nicht, wie sie sich verhalten sollen, sind auf der Suche nach ihrem richtigen Weg. Sie zweifeln und das macht sie nachvollziehbar und sympathisch. Je mehr man über die beiden Frauen erfährt, desto verständlicher wird ihr Verhalten, desto intensiver fühlt der Leser mit ihnen. Besonders sind auch die Bewohner der Burg Winnenthal, sie zählen keineswegs zum alten Eisen. Unter ihnen finden sich einige erfrischende „Originale“ mit ganz viel geballter Lebenserfahrung, allen voran die lebenslustige Ottilie Oymann. Weniger angenehm erscheinen dagegen die Männer in Ruths Familie, ihr inflexibler Ehemann, mit dem ich aber trotz allem auch irgendwie Mitleid hatte, und der tyrannische Schwiegervater Berthold.

Mädelsabend ist ein großartiger Roman über zwei Frauen aus unterschiedlichen Generationen, die fest in ihrer Familie verwurzelt sind, über eine Familie, in der vieles alles andere als optimal, aber auch manches gut läuft und darüber, dass es sich nicht lohnt zu hadern, sondern das Leben so zu nehmen, wie es ist und war und das Beste daraus zu machen.
Ein Buch wie ein anregendes Gespräch bei Kaffee und Kuchen mit einer netten, lebenserfahrenen Großmutter, die verstanden hat, worauf es im Leben wirklich ankommt. Klug, authentisch, absolut empfehlenswert.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 21.03.2020

Großartig

Die Tanzenden
0

Paris 1885: Krankenschwester Geneviève arbeitet in der Pariser Psychiatrie Salpêtrière, wo sie sich um die Patientinnen, Hysterikerinnen- Frauen mit Nervenleiden, kümmert. Der Leiter der Klinik Professor ...

Paris 1885: Krankenschwester Geneviève arbeitet in der Pariser Psychiatrie Salpêtrière, wo sie sich um die Patientinnen, Hysterikerinnen- Frauen mit Nervenleiden, kümmert. Der Leiter der Klinik Professor Charcot zählt als Koryphäe auf seinem Gebiet, der weltberühmt Wissenschaftler möchte durch seine Forschung die Medizin voranbringen. Seine Vorlesungen im Theater des Krankenhauses mit Hypnosedemonstrationen an echten Patientinnen gelten als Sensation. Dabei werden bei den Kranken vor Publikum echte Anfälle provoziert. Auch Geneviève, die immer noch unter dem Tod ihrer Schwester leidet, bewundert Charcot für seine Arbeit.
Als die junge Eugenie, die behauptet, mit Toten sprechen zu können, in die Nervenheilanstalt eingewiesen wird, ändert sich für Geneviève einiges. Auch der von vielen herbeigesehnte, jährliche öffentliche Ball, an dem die Insassinnen wie ganz normale Frauen tanzen und sich amüsieren dürfen und dabei von Zuschauern beobachtet und bestaunt werden können, soll diesmal eine ungeahnte Wendung nehmen......

Victoria Mas führt mit einer besonders klaren Sprache durch den Roman. Der Roman liest sich so leicht und flüssig, fast bescheiden, dass gar nicht auffällt, wie außergewöhnlich und tiefgründig Mas Debüt eigentlich ist. Die junge Autorin braucht keine komplizierten, künstlichen Stilmittel, um beachtet zu werden, sie schreibt einfach drauflos und das ziemlich beeindruckend.

Die Handlung um die bedauernswerten entmündigten Patientinnen, die auf dem Ball wie die Tiere im Zoo der Öffentlichkeit ausgesetzt werden, hat mich ziemlich mitgenommen. Noch bedrückender macht das Ganze, dass die Idee zum Roman auf einer wahren Geschichte basiert.
Ich habe aber trotz des deprimierenden Themas jede Seite genossen. Der Spannungsbogen wird bis zum großen Finale, dem öffentlichen Ball, den viele kaum erwarten können, aufrechterhalten.
Zu den Figuren Geneviève, Eugenie und Louise habe ich sofort Zugang gefunden, großes Mitleid für sie entwickelt und ihnen -den allesamt auf eine Art Gefangenen- nur das Beste gewünscht. Gleichzeitig war ich fasziniert, wie stark die Protagonistinnen doch sind, wie sie trotz ihrer schlimmen Situation nicht aufgeben und sich gegenseitig unterstützen.

Der von der Presse so hochgelobte Roman weckte bei mir große Erwartungen. Diese wurden von Victoria Mas überraschenderweise sogar noch übertroffen: Ein sehr bewegender, nachdenklich stimmender Roman, ein schlichtes kleines Schmuckstück „echter Literatur“. Nicht bemüht, sondern einfach gekonnt. Manchmal habe ich Sorge, ob nicht irgendwann einmal alle Geschichten erzählt sind, die Literatur an Bedeutung verliert und wir vergeblich auf neuen Stoff warten müssen. Solange es Autorinnen wie Victoria Mas gibt, ist meine Sorge aber wohl unbegründet. Ein großartiges Debüt!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 13.03.2020

Witzig und treffend - Hornby in Bestform

Keiner hat gesagt, dass du ausziehen sollst
0

In Janes und Toms Ehe läuft es nach Janes Affäre mit einem anderen Mann nicht mehr so richtig. Um ihre Probleme in den Griff zu bekommen, nehmen die beiden eine Eheberatung in Anspruch. Vor den Sitzungen ...

In Janes und Toms Ehe läuft es nach Janes Affäre mit einem anderen Mann nicht mehr so richtig. Um ihre Probleme in den Griff zu bekommen, nehmen die beiden eine Eheberatung in Anspruch. Vor den Sitzungen treffen sie sich noch kurz in einem Pub und sprechen über Gott und die Welt und natürlich ihre Beziehung.

Die Geschichte ist nahezu ausschließlich in direkter Rede verfasst. Es geht nur um die Gespräche - insgesamt sind es zehn-, die Jane und Tom jeweils im Pub führen, während sie darauf warten, dass ihre Sitzungen bei der Paartherapeutin beginnen. Der Roman liest sich unkompliziert und flüssig, Hornby schreibt wie gewohnt mit Witz, locker, klar, leicht verständlich und äußerst unterhaltsam.

Es passiert äußerlich sehr wenig. Hin und wieder bekommt der Leser durch Janes und Toms Kommentare mit, wie es anderen Paaren ergeht, die Jane und Tom beobachten. Aber das zentrale Thema sind natürlich die Dialoge des Paares. Und diese haben es in sich. Nick Hornby hat schon in seinen vorherigen Romanen bewiesen, dass er meisterhaft in der Lage ist, menschliche Kommunikation zu analysieren und realistisch, aber gleichzeitig voller Ironie, darzustellen. Egal, worüber die beiden Protagonisten sprechen, sei es über den Brexit, Lieblingsserien, Subtexte oder die Sitzung von letzter Woche, sie sprechen doch immer irgendwie über sich und ihre Beziehung. Beeindruckend, wie es Hornby gelingt, nur anhand von zehn Gesprächen, die Situation, die Ehe der beiden, perfekt und glasklar abzubilden. Zu lesen, wie Jane und Tom aufeinander oder nicht aufeinander eingehen, wie sie - stets schlagfertig- die Sätze des jeweils anderen auf manchmal recht absurde Art interpretieren, wie sehr sie - trotz aller Diskrepanzen- verbunden sind, ist faszinierend.
Dabei erfährt der Leser natürlich sehr viel über die zwei Figuren, die beide für mich nachvollziehbar, authentisch und trotz ihrer Fehler und Schwächen sympathisch sind.

Unglaublich amüsant und treffend: Prägnanter und witziger lässt sich das Bild einer Ehe wohl nicht zeichnen. Empfehlenswert für alle, die noch etwas über Kommunikation und Beziehungen lernen und dabei den Humor nicht verlieren möchten.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere