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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.10.2017

Intelligent und spannend

Niemals
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Der Thriller „Niemals“ von Andreas Pflüger hebt sich stilistisch und auch inhaltlich von vielem ab, was an Thriller- und Kriminal-Literatur derzeit auf dem Buchmarkt ist. Das Buch ist ein hervorragend ...

Der Thriller „Niemals“ von Andreas Pflüger hebt sich stilistisch und auch inhaltlich von vielem ab, was an Thriller- und Kriminal-Literatur derzeit auf dem Buchmarkt ist. Das Buch ist ein hervorragend recherchierter Spannungsroman mit einer vielschichtigen und tiefgründigen Hauptfigur, die der Autor mit sehr viel Fingerspitzengefühl gestaltet hat.
Das Buch „Niemals“ ist Band zwei der Reihe um die blinde Ermittlerin Jenny Aaron.

Das Buch erzählt eine Adrenalin-lastige Geschichte der blinden Ermittlerin Jenny Aaron, die von ihrer Vergangenheit eingeholt wird und für ihre Rache bereit ist, vieles zu riskieren. Sie reist dafür nach Marrakesch, wo sie einem überaus gefährlichem Mann auf der Spur ist, dessen perfide Pläne sie durchkreuzen muss, nachdem sie erfuhr, was er ihr einst antat. Ihre herausragenden Fähigkeiten, ihre innige Freundschaft und Verbundenheit mit den Kollegen der Sondereinheit, das Vertrauen ihrer Vorgesetzen helfen ihr bei ihrem Vorhaben, aber auf der anderen Schale der Waage liegen unglaubliche Macht und menschenverachtendes Handeln, Korruption und Verrat in den eigenen Reihen und Jennys Zweifel, das Richtige zu tun.

Schon zu Beginn der Geschichte, bei einem meisterhaft geschriebenem Rückblick zu einem Einsatz in Rom, hat man als Leser kaum eine Chance, sich der Sogwirkung des Textes zu entziehen. Keine langsamen Orientierungsmöglichkeiten und Eckpunkte, sondern sofort mitten im Geschehen wird man als Leser durch eine seitenlange und hochspannende Action gejagt, die viele bekannte Thrillerautoren in die Tasche steckt. Glasklar wird der Blick auf das Geschehen gelenkt, und nach kurzer Zeit lässt man sich als Leser einfach widerspruchslos auf die Szenen ein.
Sätze, die wie Pistolenschüsse auf den Leser abgefeuert werden, und nur ganz wenige Nebensätze, unterstreichen die aufgebaute anfängliche Spannung zusätzlich, was für mich perfekt zur erzählten Rückblick-Geschichte passt und ein wirklich genialer Einstieg in das Buch ist.

Und Andreas Pflüger kann mehr. Mit unglaublichem Scharfblick und Einfühlungsvermögen baut er eine Historie um seine blinde Ermittlerin Jenny. Getrieben vom Ehrgeiz, selbstlos, grundehrlich folgt sie ihrem Weg, immer mit Blick auf die tief in ihr verwurzelten moralischen Ideale. Sie ist eine Kampfmaschine, eine lebende Waffe, die ihre Blindheit nach außen hin angenommen und durch schier unglaubliche Fähigkeiten kompensiert hat. Doch Jenny Aaron wird auch von ihren Gespenstern und Zweifeln verfolgt, und auch das treibt sie voran. Im Fazit wird aus ihr, und das rechne ich dem Autor hoch an, keine von Zweifeln zerfressene abgehalfterte Ermittlerin, die nur irgendwie funktioniert und die man in so vielen Thrillern und Krimis findet, sondern eine kraftvolle und im Leben stehende Figur, die Hoffnungen und Wünsche hat, an ihrem Leiden nicht zerbricht und in der Lage ist, weiter zu gehen trotz vieler Querelen.
Einen kleinen Kritikpunkt habe ich allerdings. Manche von Jennys Aktionen wirken auf mich überzogen á la „blinde Superwoman“ und ich habe zweifelnd den Kopf geschüttelt.
Allerdings habe ich keine Ahnung, was bei Blindheit tatsächlich möglich ist und was nicht, denn erst Andreas Pflüger hat mir diese Thematik in den beiden Büchern über Jenny Aaron nahe gebracht, indem er hochinteressante Details dazu sehr geschickt mit seiner Geschichte verknüpft, die für den aufmerksamen Leser des Anhanges der Wirklichkeit entsprechen. Vieles davon ist wirklich erstaunlich und mir widerstrebt es nach der Lektüre fast, von einer Seh-Behinderung zu sprechen.

„Niemals“ ist ein Buch, das ich Lesern intelligenter Thriller sehr gut empfehlen kann. Spannend, sprachlich brillant, eine ungewöhnliche und interessante Geschichte mit internationalen Verwicklungen, die absolut in die heutige Zeit passt, und wirklich gut gezeichnete Figuren machen den erstklassigen Thriller aus. Ich werde sehnsüchtig den dritten Band erwarten.

Veröffentlicht am 25.07.2017

Britisch, etwas schrullig und wortgewandt

Eine von uns
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Unterhaltsam, etwas schrullig und betulich, also „very British“ präsentiert sich der Roman „Eine von uns“ der britischen Autorin Harriet Cummings. Das Buch zeigt treff- und stilsicher die Zerbrechlichkeit ...


Unterhaltsam, etwas schrullig und betulich, also „very British“ präsentiert sich der Roman „Eine von uns“ der britischen Autorin Harriet Cummings. Das Buch zeigt treff- und stilsicher die Zerbrechlichkeit einer Gemeinschaft, und dies mit der Dynamik der Furcht und Unsicherheit vor Unbekanntem.
Die Geschichte nimmt Bezug auf reale Ereignisse im Sommer 1984, als in Dörfern in den Chiltern Hills (GB) ein Einbrecher namens Fox umging, der zwar nichts gestohlen, aber Unordnung in der Häusern verursacht hat.

Delores ist jung, hübscher als Madonna und auf der Suche nach harmloser Ablenkung von ihrer frustrierenden Ehe in einem kleinen englischen Dorf in den 1980er Jahren. Sie verliert ihre neue Freundin Anna, eine unscheinbare junge Frau, die einfach so verschwindet. Die Dorfbewohner vermuten, dass der geheimnisvolle Einbrecher Fox verantwortlich ist, der nichts stiehlt sondern die Ordnung in Häusern, insbesondere in den Schlafzimmern ihrer Bewohner, ein wenig durcheinander bringt. Die Angst greift um sich, Vermutungen zur Identität von Fox führen zu gegenseitigen Anschuldigungen und schließlich zur Bewaffnung…

Die Autorin Harriet Cummings zeichnet in ihrem Debütroman ein treffendes und abgründiges Bild einer englischen Dorfgemeinschaft abseits der Hauptstraße. Einiger der Bewohner führen über lange Zeit ein Schattendasein, man würde ihr Verschwinden wahrscheinlich nicht einmal bemerken. Neulinge und Zugezogene finden nur schwer oder gar nicht ihren Platz, es gibt keine Willkommenskultur, sie sind Fremde und werden so behandelt.
Als sich die Unsicherheit und Hysterie unter den Bewohnern breit macht, bröckelt auch der einstmals gute, auf genaueren Blick aber sehr fragile Zusammenhalt unter den Menschen haltlos. Die augenscheinliche Idylle fällt und raffiniert spielt die Autorin mit gegenseitigem Misstrauen und der zunehmenden Aggressivität.

Unterstützt wird die Spannung durch die gut angelegte Charaktere. Neben Deloris, die zunehmend frustriert erscheint, gibt es ihre neue Freundin Anna, die jahrelang ein Schattendasein in der Krankheit ihrer Mutter führte und auch nach deren Tod kaum wahrgenommen wird, Brian der Dorfpolizist ist offen und sympathisch dargestellt, er kümmert sich um seinen kranken Bruder, oder der neue Vikar Jim, der mit seiner dunklen Vergangenheit zu kämpfen hat und wie Delores ein Fremder und Neuling im Dorf ist.

Im Klappentext wird Hochspannug á la Hitchcock versprochen. Das sollte man von diesem Buch nicht erwarten. Wenn auch spannend erzählt dreht sich die Geschichte mehr um schrulliges und abgründiges Verhalten, um soziale Bindungen und um den Platz des Einzelnen in einer festgefahrenen Gemeinschaft. Es ist ein tiefgreifendes und für mich hochinteressantes Portrait einer abgeschotteten Dorfgemeinschaft in der Krise, das die Autorin zeichnet, sie hat den Finger auf der Wunde und betrachtet das Ganze dennoch mit angenehmen Witz, ohne dabei zynisch zu werden.

Veröffentlicht am 11.07.2017

Mystische Familiengeschichte

Die Hummerkönige
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Eine Familiengeschichte, die auf einer Insel an der Grenze zwischen USA und Kanada spielt, verbunden mit dem Mystizismus des Meeres und der Liebe zum Ozean - es hätte ein wirklich großartiges Buch sein ...

Eine Familiengeschichte, die auf einer Insel an der Grenze zwischen USA und Kanada spielt, verbunden mit dem Mystizismus des Meeres und der Liebe zum Ozean - es hätte ein wirklich großartiges Buch sein können. Doch die Lektüre macht es mir ein wenig schwer, mit der Geschichte wirklich warm zu werden. Ich will das Buch so gerne sehr lieben, weil es großartige und innige Passagen zur Verwurzelung der Familie Kings mit der Insel Loosewood Island und dem Ozean, mit der Tradition und Kunst des ersten der Kings, dem Hummerfischer und Maler Brumfitt, zum Segen und Fluch des Ozeans enthält, die mir wirklich nahe gehen und dicht und nachvollziehbar erzählt sind, und weil es eine aufregende Familiengeschichte erzählt.
Wären da nicht die hineingepflanzte zusätzliche Spannung zum Kampf um die Fanggebiete der Insel mit Fischern der Küstenstadt James Harbor und der Drogenhandel, die das Leben auf der Insel bedrohen und die auf mich oft wie ein Fremdkörper beim Lesen wirken, fast unpassend, insbesondere bezüglich der Hauptfigur Cordelia Kings.
Natürlich soll die Geschichte damit mehr Schwung und Spannung bekommen, allerdings ist es leider einfach zu viel gewollt und für mich unglaubwürdig. Die Schönheit und die Rauheit des Lebens auf dem Meer, die Ursprünglichkeit der Insel und die Verbundenheit zum Ozean, die man beim Lesen deutlich spüren kann, geht dadurch ein wenig verloren, zugunsten einer für mich wirklich fragwürdigen Krimihandlung.

Dennoch ist es ein Buch, das ich zum Lesen empfehlen möchte, auch wenn die Geschichte Störungen und Versatz aufweist. Es ist ein in vielen Passagen ruhiges und schönes Buch, das die Wurzeln der Familie Kings über 300 Jahre Familiengeschichte und den Hummerfang aufrollt. Der Hummerfang und die Insel, auf der die Kings nicht nur dem Namen nach die heimlichen Könige sind, bilden die Basis für das Leben der Familie. Beginnend mit Brumfitt Kings, der vor mehr als 300 Jahren auf die Insel kam und nach der Sage über das Meer laufen konnte, weil es hier so viele Hummer gab, fuhr immer ein Kings einer Generation auf den Ozean hinaus, war für das Meer geboren und mit der See verwoben.
Brumfitt Kings war auch ein Maler stimmungsvoller und mystischer Bilder vom Ozean und von der Insel, bekam seine Frau vom Ozean in Form eines Wandelwesens geschenkt und prägt mit seinen hinterlassenen Tagebüchern und mittlerweile berühmten Bildern die Gedankenwelt von Cordelia Kings, die sich auf der Insel als Hummerfischerin behaupten will.

Das Buch erzählt Cordelias Geschichte, die ihrer Schwestern und ihres Vaters Woodbury Kings, mit Rückblicken in ihre Kindheit und in die Vergangenheit der Familie Kings. Ihr Kampf, sich in der Männerwelt der Hummerfischer zu etablieren, das Ringen um die Liebe ihres Vaters, ihre Verbundenheit zu den Gemälden von Brumfitt und zu seinen Geschichten und ihre Interpretation der Gemälde bezüglich der Familiengeschichte machen das Buch zu etwas besonderem. Die Figur Cordelias und ihres Vaters wirkt in diesen Passagen lebensnah, echt, dreidimensional und trotz oder vielleicht gerade wegen der angedeuteten mystischen Verbindung zum Ozean auf mich sehr glaubwürdig und interessant. Die Charaktere stehen im Vordergrund, und Ereignisse, die die Familie prägen, werden dem Leser fast nebenbei hingeworfen, was mir sehr gut gefällt.
Im wirklich krassen Gegensatz dazu steht Cordelias Kampf mit den Fischern aus James Harbor. Minuziös und durch den thrillerhaften Fokus des Neugierigen werden blutige Details dargeboten, zwar spannend, aber in der Erzählweise und im Stil störend für den Rest der Geschichte.
Nicht nur dadurch, auch durch ihr Handeln in diesen Situationen selbst, das für mich aufgesetzt und unecht wirkt, verliert das Buch an Schönheit. Es wirkt auf mich fast so, als sollte die Spannung im Nachhinein durch ein paar Szenen aufgebessert werden, was ich wirklich sehr schade finde.

Veröffentlicht am 17.04.2017

Interessanter und wichtiger geschichtlicher Abriss

Das Scheitern Mitteleuropas 1918-1939
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Der österreichische Historiker und Sachbuchautor Walter Rauscher bietet mit dem Buch "Das Scheitern Mitteleuropas 1918 -1939" einer informativen und lehrreichen, sachlichen, sehr gut lesbaren Überblick ...

Der österreichische Historiker und Sachbuchautor Walter Rauscher bietet mit dem Buch "Das Scheitern Mitteleuropas 1918 -1939" einer informativen und lehrreichen, sachlichen, sehr gut lesbaren Überblick über die Geschehnisse zwischen den Weltkriegen.

Ich war vor der Lektüre der Meinung, mich geschichtlich recht gut auszukennen und politische Zusammenhänge erkennen zu können, und wurde vom Autor eines besseren belehrt. Das Buch versorgt mit Informationen, die mir bisher so nicht bekannt waren, betrachtet die Ereignisse aus einer überraschenden Perspektive und zeigt so Zusammenhänge auf, die für mich neu und hochinteressant sind. Als sehr gelungen betrachte ich dabei die in meinen Augen völlig neutrale Herangehensweise. Es ist spannend, auf diese Art Wissenszuwachs zu erhalten, eine Erweiterung des Blickwinkels angeboten zu bekommen und aktuelle Bezüge herstellen zu können.

Das Lesen wird angenehm und einfach gestaltet durch die chronologische Abfolge und durch die Einteilung des Buches in sieben Kapitel. Der Autor widmet sich in den einzelnen Kapiteln jeweils der Reihe nach verschiedenen europäischen Gebieten und Ländern. In durchgehend verständlichen Formulierungen erklärt Rauscher die Themenbereiche, Differenzen und Spannungen - die geografische Neuaufteilung, politische Entwicklungen und nationalen Bestrebungen von Sieger- und Verliererstaaten, die Darstellung von Entscheidungen und Fehlentscheidungen mit den bekannten verheerenden Folgen stehen im Vordergrund.
Man kann als Leser dem zunehmenden Nationalismus in vielen europäischen Ländern, den aus Gebietsansprüchen und national-egoistischer Kurzsichtigkeit entstandene Konflikte ursächlich nachspüren, die Dramatik in der wirtschaftlichen Entwicklung bedingt durch Zwänge und Eingrenzung sehr gut verfolgen und verstehen.

Erschreckend war für mich bei der Lektüre, dass sich Geschichte wiederholt, dass egoistischer Nationalismus nach wie vor auf der Tagesordnung steht und zunehmende Arbeitslosigkeit und Fremdenfeindlichkeit durchaus wieder zum Scheitern führen könnte.

Wenn auch viele Komponenten bekannt sind besticht Rauschers Buch durch Detailtreue und Präzision im Aufzeigen von Zusammenhängen. Dabei schafft es das Buch auf lobenswerte Art, nicht vom Wesentlichen abzuweichen und wirkt dadurch nie verzettelt oder gar langweilig. Das Buch hat mich beeindruckt und überzeugt, es ist wichtig und sehr lesenswert , und mir 5 Sterne wert.

Veröffentlicht am 17.04.2017

Biografischer Roman trifft Schmöker

Die letzte Prinzessin
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Das Buch "Die letzte Prinzessin" von Martin Prinz schildert das ereignisreiche Leben der letzten Habsburger Prinzessin Elisabeth vor dem Hintergrund der historischen Ereignisse des ausgehenden 19. und ...

Das Buch "Die letzte Prinzessin" von Martin Prinz schildert das ereignisreiche Leben der letzten Habsburger Prinzessin Elisabeth vor dem Hintergrund der historischen Ereignisse des ausgehenden 19. und des beginnenden 20. Jahrhunderts.
Es ist ein Roman, keine Biografie, und daher kein vollständiger Lebensbericht und auch nicht chronologisch aufgebaut. Elisabeth Petznek alias Prinzessin Elisabeth, alias die "rote Prinzessin" ist die Tochter von Kronprinz Rudolf, beeinflusst und erzogen von ihrem Großvater Kaiser Franz Joseph, wuchs in Glanz und Gloria der Donaumonarchie auf. Aus den kühlen familiären Verhältnissen ihrer Jugend, geprägt vom frühen und geheimnisvollen Tod ihres Vaters Kronprinz Rudolf, vom Großvater als mögliche Erbin herangezüchtet, heiratet sie gegen dessen Willen früh und unter ihrem Stand, verbunden mit dem Verzicht auf jegliche Ansprüche auf den Thron. Nach unglücklicher Ehe und den Schrecken des Ersten Weltkrieges, die sie zwar spürte, aber keinesfalls wie die übrige österreichische Bevölkerung hungernd durchleiden musste, wendet sie sich den Sozialdemokraten zu und heiratet 1948 Leopold Petzek, einen Sozialdemokraten, Lehrer und langjährigen Weggefährten.

Die Geschichte beginnt mit dem Tod der 80jährigen Elisabeth Petznek 1963 in Wien und ist über weite Passagen aus der Sichtweise ihres Portiers Paul Mesli erzählt. Parallel dazu erinnert man sich als Leser gemeinsam mit dem alten Portier an Elisabeths Jugend, so wie sie ihm davon erzählt hatte.
Für mich überraschend wurde den Tagen nach dem Tod der Prinzessin und dem Bericht des Portiers darüber viel Raum eingeräumt, auch am Ende des Romanes findet der Autor den Weg dorthin zurück.

Durch für meinen Geschmack zu viele Wiederholungen verlor sich die Geschichte hier zu sehr. Viele rückblickend betrachtete Ereignisse in Elisabeths Leben sind unter der Voraussetzung beschrieben, dass man einigermaßen sattelfest in der Habsburger Familiengeschichte ist - ich musste hier einiges nachschlagen bezüglich Verwandschaftsverhältnissen und historischen Ereignissen, an denen sich der Autor ohne näher darauf eingeht entlang hangelt.
Die ausführlicher beschriebenen Begebenheiten sind eher familiärer Natur, teilweise verflochten mit ziemlich banalen Gedanken. Das gibt dem Ganzen zwar einen recht persönlichen und familiären Touch, andererseits ist es mir unmöglich nachzuvollziehen, was Dichtung und was Wahrheit entspricht. Bei letzteren stört mich ehrlich gesagt auch die kindlich-naive Sprache, die so ganz verschieden von der recht sachlichen (und mir teilweise zu verschachtelten) Sprache ist, mit der Ereignisse und Hintergründe angetippt werden. Ich habe manchmal das Gefühl, zwei Bücher zu lesen. Ein stichpunktartiges Sachbuch und einen (für mich ehrlich gesagt recht banalen) Roman über einen alten Portier und eine Prinzessin.

Nach sehr gut geschriebenen Passagen in der zweiten Hälfte des Buches, wie zum Beispiel Hergang des Attentates auf den österreichischen Ministerpräsident Stürgkh und die Person des Friedrich Adler, der sich von der als opportunistisch dargestellten Sozialdemokratie abwendet, wird die Zeit zwischen den Weltkriegen leider gar nicht angesprochen, statt dessen findet der Autor wieder zu Portier Muesli und seinen Gedanken zurück.

Das Buch hat mich leider nicht wirklich abholen können. Es ist eine in meinen Augen nicht gut gelungene Mischung aus historisch belegter Biografie, den Erinnerungen eines Wegbegleiters und einem schwülstigen Schmöker, letzteres ist so gar nicht mein Metier, besonders wenn Inhalt und Sprache sehr seicht sind.