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Veröffentlicht am 31.10.2018

Ein atmosphärischer Berlin-Krimi mit einem eigenbrötlerischen Kommissar und einem geschichtsträchtigen Fall

Der Eismann
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In einer Schrebergartenanlage in Berlin Lichtenberg wird ein Toter gefunden, der nackt an einen Stuhl gefesselt, erfroren ist. Ein merkwürdiger Fall, den Hauptkommissar Bruno Kahn vom LKA Berlin übernimmt ...

In einer Schrebergartenanlage in Berlin Lichtenberg wird ein Toter gefunden, der nackt an einen Stuhl gefesselt, erfroren ist. Ein merkwürdiger Fall, den Hauptkommissar Bruno Kahn vom LKA Berlin übernimmt und schon bald feststellen muss, dass seine Ermittlungen von wenig Erfolg gekrönt sind. Denn mehr als den Namen des Toten findet er nicht heraus und auch die Vergangenheit des Rentners scheint auf mysteriöse Weise ausgelöscht zu sein. Und erst als in dem gleichen Viertel eine bekannte Opernsängerin aus dem Fenster stürzt und ein erfolgreicher Bankmanager unter Qualen stirbt, kommt Bewegung in die Ermittlungen. Von nun an geht es zügig voran und Bruno Kahn und sein Team werden mit einer Vergangenheit konfrontiert, die genauso grausam, wie die gerade erst verübten Morde ist.

"Der Eismann" ist das Krimi-Debüt von Silja Ukena, das im Jahr 2005 angesiedelt ist und seine Figuren einen kalten Dezember durchleben lässt. Ein Umstand, der Bruno Kahn keineswegs stört. Deshalb ist der als mürrischer Einzelgänger bekannte Kommissar wie ein einsamer Wolf bei jedem Wetter in der Stadt unterwegs, wo er ganz in Ruhe seine Gedanken sortieren und Vermutungen anstellen kann. Aber auch die Meinungen seiner Kollegen nimmt er ernst, ganz im Gegensatz zu ihren Marotten, die einfach nur nervig für ihn sind. Wie die italienischen Flüche der jungen Laura Conti, die stets etwas vorlaut ist oder der kaum zu ertragene Drang seines Chefs, offene Fälle möglichst schnell abzuschließen.

Der Schreibstil von Silja Ukena ist angenehm ruhig und vermittelt einen guten Einblick in die Ermittlungsarbeit, die mit einer spürbaren Routine erfolgt. Dabei wechseln sich authentische Dialoge mit nachvollziehbaren Beschreibungen ab, während die Figuren selbst sehr lebendig gezeichnet sind. Mit ihnen führt die Autorin ihre Leser auch immer wieder durch Berlin und zeigt eine Stadt, die mehr als nur die passende Kulisse für eine grausame Verbrechensserie ist. Aber auch die Vergangenheit lässt sie nicht ruhen und deckt einen noch immer im Leben vieler Menschen fest verankerten Teil der deutschen Geschichte auf, der als Grundlage für die verübten Morde dient.

Fazit:
Ein spannender und wunderbar atmosphärischer Berlin-Krimi mit einem eigenbrötlerischen Kommissar und einem geschichtsträchtigen Fall. Eine gute Empfehlung für Krimileser, die unspektakuläre Ermittlungsarbeit und gut recherchierte Hintergründe lieben.

Veröffentlicht am 28.10.2018

Ein vielschichtiger dritter Fall für den Kunsthistoriker Richard Gruben

Kalter Sand
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Der Kunsthistoriker Richard Gruben wird von seinem ehemaligen Studienfreund Philipp Stöbsand zu einer Vernissage eingeladen, auf der er einem breiten Publikum seine Landschaftsfotografien nahebringen will. ...

Der Kunsthistoriker Richard Gruben wird von seinem ehemaligen Studienfreund Philipp Stöbsand zu einer Vernissage eingeladen, auf der er einem breiten Publikum seine Landschaftsfotografien nahebringen will. Gleich am nächsten Tag fährt Richard dorthin und wird neben eindrucksvollen Bildern von der Ostseeküste auch mit einem ungeklärten Verbrechen konfrontiert, in das Philipp verwickelt ist. Ein Mädchenmord, der sechs Jahre zuvor geschah. Aber noch immer ist der Täter nicht gefasst und einige Bewohner des kleinen Ostseeortes glauben fest daran, dass Philipp sie erdrosselt hat. Deshalb lässt es sich Richard nicht nehmen, den nicht enden wollenden Anschuldigungen nachzugehen. Vor allem, weil ihm sein Freund die damaligen Ereignisse verschwiegen hat, was überaus merkwürdig ist.

„Kalter Sand“ ist der dritte Fall für den Kunsthistoriker Richard Gruben, der keine Ambitionen hegt, als Hobbydetektiv tätig zu werden und trotzdem erneut in den Fokus eines Verbrechens gerät. Dabei hat der als freiberuflicher Gutachter und Experte für britische Kunst arbeitende Professor mit den ihm vorliegenden Aufträgen genug zu tun und sich auf ein entspanntes Treffen mit seinem langjährigen Freund gefreut. Das allerdings entwickelt sich anders, als gedacht. Anstatt handfeste Männergespräche zu führen, frönt Philipp dem Alkohol und schreckt auch nicht davor zurück, seinen Mitmenschen an den Kragen zu gehen. Ein pöbelhaftes Verhalten, das Richard so an ihm nicht kennt und das ihn über alle Maßen erschreckt.

Lebendige Charaktere, tolle Landschaftsbeschreibungen und ein sehr düsterer Fall prägen die Handlung des Küstenkrimis und sorgen dafür, dass er in einem Rutsch gelesen werden kann. Denn kaum ist der Leser in das Geflecht aus Lügen und Betrügereien eingetaucht, gibt es kein Entrinnen mehr. Stück für Stück wird ein Geheimnis nach dem nächsten aufgedeckt, und während ein Mörder in den kleinen Ort noch immer sein Unwesen treibt, treten längst in Vergessenheit geratene Verfehlungen ans Tageslicht. Und das in einer Dimension, deren Umfang lange Zeit im Dunkeln bleibt und die sogar den ermittelnden Kommissar Bert Mulsow schockt. Hinzu kommen überschaubare Kapitel, eine chronologische Erzählweise und greifbare Figuren, die das undurchsichtige Geschehen gut verfolgen lassen.

Fazit:
„Kalter Sand“ ist ein vielschichtiger Krimi, der wendungsreich in Erscheinung tritt und mit einem spannenden Verlauf punkten kann. Ein krimineller Lesegenuss, der bereits nach dem letzten Satz neugierig auf die nächste Ermittlung des sympathischen Kunsthistorikers Richard Gruben macht. Vor allem, weil der Leser nun wissen will, ob und wie es mit Jette und ihm weitergeht.

Veröffentlicht am 28.10.2018

Ein eindringlicher Grönlandthriller, der Missstände schonungslos an den Pranger stellt

Eisrot
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Der dänische Journalist Matthew Cave wird nach der Entdeckung eines mumifizierten Körpers zu den Eisfeldern Grönlands geschickt, um über den sensationellen Fund zu berichten. Doch schon am nächsten Tag ...

Der dänische Journalist Matthew Cave wird nach der Entdeckung eines mumifizierten Körpers zu den Eisfeldern Grönlands geschickt, um über den sensationellen Fund zu berichten. Doch schon am nächsten Tag sind seine Fotos gestohlen und auch die Mumie gibt es nicht mehr. Dafür wird auf dem Eis ein toter Polizist entdeckt, der brutal aufgeschlitzt und ausgeweidet worden ist. Matthew, der über diesen Vorfall Schweigen bewahren muss, erhält einen gut gemeinten Tipp, der auf eine Mordserie in den Siebziger Jahren verweist. Und kaum geht er diesem nach, stößt er auch schon auf eindeutige Parallelen zu dem aktuellen Fall und kommt nach einigen Nachforschungen einer Mordserie auf die Spur, die ungeheuerliche Ausmaße besitzt.

Mads Peder Nordbo ist ein dänischer Autor, der in der Hauptstadt von Grönland lebt und fasziniert von der arktischen Landschaft und ihrer Schönheit ist. Aber auch die dunklen Seiten des hoch im Norden liegenden Landstrichs sind ihm nicht fremd, von denen eine stets lauernde Gefahr ausgeht. So verarbeitet er eine Reihe an Verbrechen in diesem Buch, die es tagtäglich auch in der von Eis und Kälte heimgesuchten Insel gibt. Dabei nennt er schonungslos die grausamen Details und lässt seine Hauptfiguren ein wahres Martyrium durchleben, das sie dicht ihre Grenzen treibt. In zwei Zeitebenen und aus der Sicht zweier völlig unterschiedlicher Ermittler erzählt, ist der Leser zum einen während der Nachforschungen des Journalisten Matthew im Jahr 2014 hautnah dabei, während er zum anderen gleichzeitig mit ihm in einem Tagebuch aus dem Jahr 1973 liest, das von dem spurlos verschwundenen Polizisten Jakob Pederson stammt.

Der Schreibstil von Mads Peder Nordbo ist rasant und lässt den Leser nur so über die Seiten fliegen. Mit bildhaften Beschreibungen und auf das Wesentliche beschränkte Dialoge baut er eine Atmosphäre auf, die genau wie das Klima in Grönland faszinierend und eisig ist. Ein Gegensatz, der auch in der Auswahl der Figuren zum Tragen kommt. So arbeiten ein unbescholtener Journalist und eine verurteilte Mörderin zusammen, um einigen von einflussreichen Leuten vertuschten Morden auf den Grund zu kommen. Dadurch bleiben aber einige der eine Rolle spielenden Charaktere sehr blass, weil das Hauptaugenmerk der Handlung auf die zum Teil katastrophalen Zustände in der nach außen hin unbescholtenen und farbenfrohen Stadt gelenkt worden sind.

Fazit:
Ein eindringlicher Grönlandthriller, der Missstände schonungslos an den Pranger stellt und mit einem wendungsreichen Plot, einer fesselnden Atmosphäre und interessanten Figuren wunderbar spannend unterhält.

Veröffentlicht am 28.10.2018

Ein spannender Fall für die beiden Kultkommissare

Zorn - Lodernder Hass
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Hauptkommissar Claudius Zorn arbeitet nach einer schweren Verletzung im Innendienst und verbringt seine Tage damit, missmutig zu sein. Schließlich ist er nicht der Mensch, der sein Dasein am Schreibtisch ...

Hauptkommissar Claudius Zorn arbeitet nach einer schweren Verletzung im Innendienst und verbringt seine Tage damit, missmutig zu sein. Schließlich ist er nicht der Mensch, der sein Dasein am Schreibtisch fristen kann, da er den lästigen Papierkram über alle Maßen hasst. Aber auch Spaziergänge mag er nicht und trotzdem ist Claudius Zorn eines Abends in der Stadt unterwegs, wo er einen jugendlichen Brandstifter auf frischer Tat fassen kann. Dieser wird auch kurzerhand von der zuständigen Staatsanwältin Frieda Borck zu einem Psychologen geschickt, der ihn unter seine Fittiche nimmt. Als dann jedoch ein Mitglied seiner Therapiegruppe stirbt und weitere Teilnehmer Drohungen erhalten, schleust sich Schröder undercover bei ihnen ein gerät in ungeahnte Gefahr.

"Lodernder Hass" ist der siebente Fall für das ungleiche Ermittlerteam Schröder und Zorn, das sich trotz unüberbrückbar scheinender Gegensätze wunderbar ergänzt. Denn während Zorn über alles und jeden ausgiebig lamentiert, nimmt der dicke Schröder die Dinge lieber in die Hand und setzt seine beachtliche Intelligenz zur Klärung der kniffligen Fälle ein. So auch diesmal, indem er sich in eine Gruppe von psychisch kranken Menschen begibt und sich neben ernsthaften Ermittlungen auch seinen eigenen Dämonen stellt. Allerdings geht der ungewöhnliche Einsatz schief und plötzlich ist sein Kollege Claudius Zorn nicht mehr faul und distanziert, sondern mit vollem Einsatz bemüht, dem in der Klemme sitzenden Chef beizustehen.

Stephan Ludwig versteht es, in seiner Serie um den bärbeißigen Zorn und den menschlichen Schröder eine ordentliche Portion trockenen Humor mit spannender Unterhaltung zu verbinden. Dazu wird der Leser neben amüsanten Dialogen mit einer Mordermittlung konfrontiert, die es in sich hat und bis ganz zum Schluss offenlässt, wer hinter den perfiden Verbrechen steckt. Und obwohl der Plot stellenweise etwas konstruiert erscheint und die beiden Kommissare gnadenlos überzeichnet sind, macht es Spaß, ihnen bei der Arbeit über die Schulter zu schauen. Nicht zuletzt, weil Schröder Zorn trotz seiner schroffen Art verehrt, ihn aber gerne etwas zappeln lässt, während Zorn in Schröder einen Menschen sieht, den er akzeptieren kann und den er für die Kompensierung seiner Schwächen braucht.

Fazit:
Ein spannender Fall für die beiden Kultkommissare, der trotz einiger spaßiger Dialoge und merkwürdiger Verhaltenweisen angenehm tiefgründig ist und wunderbar unterhält.

Veröffentlicht am 28.10.2018

Ein etwas anderer Krimi

Totenstille im Watt
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Dr. Bernhardt Sommerfeld ist ein Mensch, der gerne über Leben und Tod entscheidet und regelmäßig die moralischen Grenzen übertritt. Doch anstatt gequält von seinem Gewissen zu sein, geht es ihm in seiner ...

Dr. Bernhardt Sommerfeld ist ein Mensch, der gerne über Leben und Tod entscheidet und regelmäßig die moralischen Grenzen übertritt. Doch anstatt gequält von seinem Gewissen zu sein, geht es ihm in seiner Rolle als Luzifer so richtig gut. Mit einem Patientenkreis, der ihm treu ergeben ist, einer Lebensgefährtin, die ihn über alles liebt und einer Identität, die neu erfunden worden ist, hilft er gepeinigten Seelen, wann immer er kann. Nur die Schwerenöter haben es in Norddeich jetzt richtig schwer. Gleichzeitig sorgt ein Toter nach dem anderen dafür, dass die Mordrate im Nordwesten Ostfrieslands ungewöhnlich rasant ansteigt, während Hauptkommissarin Ann-Kathrin Klaasen als Spezialistin für Serienkiller vor einem schier unlösbaren Rätsel steht.

„Totenstille im Watt“ ist der Auftakt einer neuen Krimi-Serie, in der ein sympathischer Arzt im Mittelpunkt der Handlung steht. Einer, dem jeder Patient vertraut und der neben herkömmlichen Mitteln auch ungewöhnliche Methoden zur Anwendung bringt. Wie bei einem Familienvater, der seine Frau und sein Kind regelmäßig schlägt oder einem rücksichtslosen Autofahrer, der ohne Skrupel zu hegen, andere Verkehrsteilnehmer von der Straße abdrängt. Sie alle machen Bekanntschaft mit den eigenwilligen Prinzipien des Dr. Sommerfeldt, der sich nicht scheut, ihre Taten zu richten. Und obwohl seine Handlungsweisen viel zu drastisch für die gepeinigten Seelen in Norddeich sind, scheint es dem mordlustigen Möchtegern-Mediziner nicht an den Kragen zu gehen.

Die Handlung des ungewöhnlichen Kriminalromans ist geradlinig aufgebaut und strotzt eher vor abstrusen Taten, als vor handfesten Überraschungen. Dadurch gewöhnt sich der Leser schnell daran, dass es den im Buch auftauchenden Tyrannen regelmäßig an den Kragen geht, wenn Dr. Sommerfelds sie in die Mangel nimmt. Und damit jeder Leser den netten Arzt mit seinen fragwürdigen Schwächen besser verstehen kann, lässt ihn Klaus-Peter Wolf aus seiner Sicht heraus erzählen, wie die Verbrechen vonstattengehen und was er als Täter dabei fühlt. Eine lange Zeit unterhaltsame und mit viel schwarzem Humor angereicherte Angelegenheit, die aber jeglicher Spannung entbehrt. Erst zum Schluss des Buches fiebert der Leser mit, ob der psychopathische Arzt gefasst werden kann.

Fazit:
Ein Krimi, der nur zum Teil einer ist, der aber seine Leser mit einer ungewöhnlichen Geschichte und einer Reihe von handfesten Morden gut unterhält.