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Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein unterhaltsamer Ostfriesenkrimi mit spleenigen Charakteren und einer guten Portion tockenem Humor

Ostfriesenwut
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Der ehemalige Kripochef Ubbo Heide der nach einem Attentat an den Rollstuhl gefesselt ist überbrückt die Zeit seines Ruhestandes damit, über ungelöste Kriminalfälle zu schreiben. Dem ersten erfolgreichen ...

Der ehemalige Kripochef Ubbo Heide der nach einem Attentat an den Rollstuhl gefesselt ist überbrückt die Zeit seines Ruhestandes damit, über ungelöste Kriminalfälle zu schreiben. Dem ersten erfolgreichen Buch soll schon bald ein weiteres folgen, das wiederum über eine Reihe von nicht zu klärenden Verbrechen berichtet. Ein Umstand, den sich ein Unbekannter zunutze macht, indem er ganz besonderen Rachefeldzug plant. Und so erhält Ubbo Heide an einem stürmischen Morgen mit der Festlandspost ein Paket, in dem eine sehr makabre Überraschung liegt. Doch der abgetrennte Kopf eines freigesprochenen Verbrechers wird nicht das einzige Körperteil bleiben, das von nun an für Aufregung sorgt. Denn schon bald haben das Team um Ann Kathrin Klaasen und dem neuen Kripochef aus Bremerhaven alle Hände voll zu tun, um einen zu allem entschlossenen Verbrecher zu jagen.

„Ostfriesenwut“ ist der zehnte Fall, den die eigenbrötlerische und erfolgreiche Verhörspezialistin Ann Kathrin Klaasen im schönen Norden verfolgt. Umgeben von einem eher gemischten Team bleibt ihr dabei auch keine Unannehmlichkeit erspart. Schon allein, wenn ihr Kollege Ruppert in Höchstform aufläuft und Reporter oder Feriengäste aufs Übelste beschimpft, ist anschließender Ärger vorprogrammiert. Aber nicht nur die immer wieder auftauchenden witzigen oder auch skurrilen Szenen sorgen dafür, dass sich der Leser kurzweilig unterhält. Auch die zügig geführten Ermittlungen halten einige interessante Wendungen bereit. So wird das beschauliche Friesland wieder ordentlich aufgemischt, um davongekommene Verbrecher vor ihresgleichen zu schützen. Nur der Schreibstil des Autors ist nicht jedermanns Geschmack. Deshalb sollten Krimifans, die zu einem Buch von Klaus-Peter Wolf greifen, vorher eine Leseprobe ins Auge fassen.

Fazit:
Ein unterhaltsamer Ostfriesenkrimi mit einer ordentlichen Portion trockenem Humor, einem interessanten Fall, spleenigen Charakteren und viel Lokalkolorit.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Eine abwechslungsreiche und amüsante Detektivgeschichte

Gone Cat - Die stumme Zeugin
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Bruno Glew ist elf Jahre alt und als Sohn eines ehemaligen Detektivs mit den handwerklichen Tätigkeiten eines Ermittlers bestens vertraut. Deshalb wittert er schnell einen neuen Fall, als seine Katze Mildred ...

Bruno Glew ist elf Jahre alt und als Sohn eines ehemaligen Detektivs mit den handwerklichen Tätigkeiten eines Ermittlers bestens vertraut. Deshalb wittert er schnell einen neuen Fall, als seine Katze Mildred plötzlich dicker wird und sich nach ihren Streifzügen in der Nachbarschaft immer merkwürdiger benimmt. Um dem Tun seines Lieblings auf die Schliche zu kommen, bindet er ihr ein Kamerahalsband seines Vaters um und wartet von nun an gespannt darauf, was auf ihm zu sehen ist. Doch kaum ist Mildred in den Gärten der Nachbarn verschwunden, geschieht im Haus gegenüber ein Mord und blutige Pfotenabdrücke zeugen davon, dass eine Katze am Tatort war. Mildred hingegen taucht nach der verhängnisvollen Nacht nicht wieder auf und so haben Bruno und sein Vater in den nächsten Tagen alle Hände voll zu tun, um sie und das Halsband zu finden und gleichzeitig einen brutalen Verbrecher zu stellen.

„Gone Cat – Die stumme Zeugin“ ist ein kurzweilig zu lesender und mit einem Augenzwinkern geschriebener Kriminalroman, der sich gefühlsmäßig zwischen zwei sehr unterschiedlichen Altersklassen bewegt. Denn während der Leser zu Beginn der Lektüre noch meint, es hier mit einem Detektivroman für Jugendliche zu tun zu haben, stellt er im Verlaufe des Geschehens fest, dass einige brutale Szenen und grobe Dialoge dem ersten Eindruck entschieden entgegenstehen. Ein ungewöhnlicher Schreibstil, mit dem Sam Gasson die Geschichte eines wagemutigen und klugen Jungen erzählt, der sich in seinem Streben ein Detektiv zu sein, etwas zu oft in Gefahr begibt. Doch nicht nur er versucht, den Mord an der Nachbarsfrau Poppy Rutter aufzuklären. Auch sein Vater Jim und ein weiblicher Inspektor von der Brightoner Polizei bemühen sich, dem Täter das Handwerk zu legen. Schon allein deshalb sind regelmäßig Konfrontationen zwischen den drei völlig unterschiedlichen Ermittlern vorprogrammiert, die dem Handlungsverlauf trotz des handfesten Kriminalfalls einen oftmals amüsanten Anstrich geben, zumal die Nachbarschaft mit merkwürdigen Gestalten und undurchsichtigen Personen überladen ist. Ein abwechslungsreiches Lesevergnügen, das seine Spannung aus dem belustigenden Zusammenspiel seiner Figuren, aus jeder Menge skurriler Ereignissen und immer wieder neu auftauchenden Verdächtigen zieht, später aber auch noch überaus dramatisch wird.

Fazit:
Ein ungewöhnlicher Kriminalroman, der sich nur schwer einordnen lässt, dafür aber umso besser unterhält.


Veröffentlicht am 15.09.2016

"City on Fire" - ein gradioser Großstadtroman

City on Fire
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Die siebzehnjährige Punkerin Samantha Cicciaro wird in der Silvesternacht des Jahres 1976 von einem Unbekannten im New Yorker Central Park niedergeschossen. Ein afroamerikanischer Lehrer findet die Schwerverletzte ...

Die siebzehnjährige Punkerin Samantha Cicciaro wird in der Silvesternacht des Jahres 1976 von einem Unbekannten im New Yorker Central Park niedergeschossen. Ein afroamerikanischer Lehrer findet die Schwerverletzte und sorgt dafür, dass sie in ein Krankenhaus kommt. Doch nicht nur er ist in dieser ereignisreichen Nacht in der schneebedeckten Metropole unterwegs. Auch sein Freund William, dessen Schwester Regan und ihr Ex-Mann Keith begehen die Jahreswende im Herzen der Stadt. Und dann sind da noch Sams bester Freund Charlie, ihr Vater Carmin, der Deputy Inspector Larry Pulaski und eine Handvoll weiterer Personen, die mehr oder weniger mit dem Verbrechen an der minderjährigen Verfasserin eines Underground-Magazins in Verbindung stehen. Doch das Schicksal von Sam ist nur ein kleines Teil in einem enormen Gefüge. Denn jeder der Figuren in diesem Roman hat seine eigene Geschichte, die von den Auswirkungen eines zunehmenden moralischen Verfalls geprägt ist und die während des legendären Stromausfalls im Juli 1977 seinen Höhepunkt erreicht.

„City on Fire“ ist ein Roman, der sich trotz eines beachtlichen Umfangs vor allem durch seine Realitätsnähe und die in ihm verwendeten sehr plastischen Figuren wunderbar liest. Bildliche Beschreibungen, viel Atmosphäre und die spürbare Verdorbenheit einer vom Bankrott bedrohten Stadt nehmen den Leser gefangen und lassen ihn nicht mehr ruhen, bis er weiß, wie sich das Schicksal letztendlich entscheidet. Dieses allerdings hat es nicht gut mit der maroden Weltmetropole gemeint und sie im Sommer des Jahres 1977 mit einem verheerenden Stromausfall in ihren Grundfesten erschüttert. Eine Katastrophe, die, genau wie die sieben Monate davor, aus der Sicht verschiedener Figuren heraus geschildert wird, deren Wege sich irgendwann kreuzen. Dabei ist es egal, ob der schwule Lehrer auf das schwer verletzte Punkermädchen trifft oder mit Williams Vater das Oberhaupt einer schwerreichen Bankiersfamilie verhaftet wird. Es gibt nur eine Handlung, die sich wie ein roter Faden durch das Buch zieht, während verschieden Familiengeschichten einen guten Einblick in unvergleichbare Milieus gewähren. Ergänzt wird das mit viel Leben und geschichtlichen Details untersetzte Handlungsgeflecht durch einige Bilder, handgeschriebene Briefe, Teile eines Punkmagazins oder auch E-Mails, die das Gefühl dieser Zeit neu aufleben lassen.

Fazit:
„City on Fire“ ist ein fulminanter Roman, der einen fantastischen Blick in die Schattenseiten einer Weltmetropole wagt und in das Leben von Menschen, die hier zu Hause sind. Ein geschichtlicher Rückblick, der verbunden mit schicksalhaften Ereignissen hervorragend unterhält.


Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein verzwickter Roman über eine undurchschaubare Witwe

Die Witwe
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Aus einem Vorgarten im Londoner Westland wird die zweijährige Bella Elliott von einer unbekannten Person entführt, während ihre alleinerziehende Mutter nur einen Moment lang nicht aufgepasst hat. Die sofort ...

Aus einem Vorgarten im Londoner Westland wird die zweijährige Bella Elliott von einer unbekannten Person entführt, während ihre alleinerziehende Mutter nur einen Moment lang nicht aufgepasst hat. Die sofort eingeleiteten Ermittlungen des zuständigen Detective Inspectors Bob Sparkes ergeben, dass dieser kurze Moment doch etwas länger war und ein in der Gegend befindlicher Lieferkurier als mutmaßlicher Entführer infrage kommt. Doch Glen Taylor bestreitet etwas mit dem verschwundenen Mädchen zu tun zu haben und nicht nur er, auch seine Ehefrau Jean schweigt beharrlich. Nur der mit allen Wassern gewaschenen Journalistin Kate Waters gelingt es, zu Jane vorzudringen und ein Exklusivinterview zu ergattern. Aber wird es ihr gelingen, die Wahrheit über Glens frevlerische Tat herauszufinden oder ist doch alles ganz anders gewesen, als es ihnen erscheint?

„Die Witwe“ ist ein psychologisch ausgefeilter Roman, der die Geschichte eines Verbrechens erzählt ohne, dass dieses bis ins letzte Detail aufgeklärt werden kann. Dazu werden die Ereignisse durch verschiedene Figuren geschildert, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten zu Wort kommen. Angefangen von der Ehefrau des vermutlichen Täters, die durch einen Verkehrsunfall ihres Mannes inzwischen zur Witwe geworden ist, über die auf eine Sensationsstory hoffende Journalistin Kate, bis hin zu dem ermittelnden Polizisten wird jeder der Figuren abwechselnd ein Kapitel gewidmet, wobei die Witwe als Icherzähler eine ganz besondere Aufwertung erfährt. Eine bruchstückhafte Darstellung, die die Fantasie des Lesers anregt und ihn dazu bringt, seine Sympathie und Antipathie für die Figuren regelmäßig neu zu überdenken. Und wie in einem Puzzle werden die einzelnen Stücke allmählich zu einem Ganzen zusammengefügt, wobei unweigerlich abweichende Varianten entstehen, da persönliche Eindrücke und Empfindungen eine große Rolle spielen. Aber nicht nur die Art des Erzählens, auch die Entwicklung der Figuren ist interessant, da diese sich im Verlauf des Geschehens in ihrem Charakter wandeln. So erlebt der Leser eine Frau, die zunächst naiv und wankelmütig agiert, plötzlich aber mit Bedacht in Erscheinung tritt, während eine andere mit liebenswertem Charme die nette Freundin spielt, um sich plötzlich in eine berechnende Furie zu verwandelt. Nur die Spannung bleibt in diesem Wechselbad der Gefühle öfter auf der Strecke, was aber in Anbetracht der verworrenen Erzählweise kein Wunder ist.

Fazit:
Eine verzwickte Geschichte, die mit wechselnden Andeutungen und Vermutungen genährt, wunderbar zwielichtig unterhält.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Erst oberflächlich, dann wunderschön und mitreißend

Nur ein Tag
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Als wohlbehütete Tochter gut situierter Eltern ist Allysons Leben wohl durchdacht. Ein Medizinstudium wird es sein, das sie nach einem hervorragenden Highschoolabschluss und der darauf folgenden dreiwöchigen ...

Als wohlbehütete Tochter gut situierter Eltern ist Allysons Leben wohl durchdacht. Ein Medizinstudium wird es sein, das sie nach einem hervorragenden Highschoolabschluss und der darauf folgenden dreiwöchigen Tour quer durch Europa in Boston beginnt. Doch die von Sehenswürdigkeiten und kulturellen Veranstaltungen nur so strotzende Reise, die genauso geordnet, wie ihre Schulzeit verläuft, endet letztendlich in einer Katastrophe. Denn anstatt die letzten Tage mit ihrer Freundin Melanie in London zu verbringen, reist Allyson spontan mit einem Darsteller aus Shakespeares Tragödie „Was ihr wollt“ nach Paris, wo sie sich mit Haut und Haaren in den smarten Niederländer verliebt. Dieser allerdings ist nach einem erlebnisreichen Tag und einer romantischen Nacht plötzlich verschwunden und Allyson steht vor den Scherben ihres kurzen Glücks.

„Nur ein Tag“ ist der erste Teil eines Roman-Duos, das die Geschichte von Allyson und Willem erzählt, die sich nach einem eintätigen Aufenthalt in Paris aus den Augen verlieren. Eine Laune des Schicksals, die aus der Sicht beider Hauptpersonen heraus geschildert wird. Und so kommt in „Nur ein Tag“ Allyson zu Wort, während im zweiten Teil mit dem Titel „Und ein ganzes Jahr“ Willem von dem verhängnisvollen Geschehen in Paris und dem Jahr danach berichtet. Doch bevor der Leser in die Welt des charmanten und gut aussehenden Willems einsteigen kann, lernt er zunächst eine naive und zurückhaltende Allyson kennen, die entgegen ihres sonstigen Naturells plötzlich spontan und mit übersprudelnder Lebenslust reagiert. Eine Wandlung, die so schnell vonstattengeht, dass sie schon fast unglaubwürdig erscheint, im späteren Verlauf der Handlung aber ihre Erklärung findet. Und genau darin liegt das Manko dieses Romans. Er beginnt mit einer Hauptprotagonistin, die undurchsichtig und launenhaft reagiert, ohne dass der Leser überhaupt weiß, warum. Deshalb quält er sich durch die ersten Kapitel, bis die Geschichte allmählich an Fahrt gewinnt und aus der oberflächlichen Plänkelei ein wunderschöner und tiefer gehender Roman über die Selbstfindung eines jungen Mädchens wird.

Fazit:
Bei einem anderen Handlungsaufbau hätte der Roman bereits von Beginn an das werden können, was er am Ende ist. Die mitreißende Geschichte eines wohlbehüteten Teenagers, der erst über Umwege erkennt, was in ihm steckt und der zum ersten Mal mit einem ungewohnt heftigen Gefühlschaos klarkommen muss.