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Veröffentlicht am 21.08.2024

Frauen-Dystopie

Vox
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Wie sieht eine Gesellschaft aus, in der eine große Gruppe nichts mehr sagen darf? Wie fühlt ein Mensch sich, der seine Stimme nur für 100 Wörter am Tag klingen lassen darf?
Christina Dalcher gelingt es ...

Wie sieht eine Gesellschaft aus, in der eine große Gruppe nichts mehr sagen darf? Wie fühlt ein Mensch sich, der seine Stimme nur für 100 Wörter am Tag klingen lassen darf?
Christina Dalcher gelingt es in ihrem utopischen Roman ganz hervorragend, dieses erschreckende Szenario darzustellen. Ganz eindeutig ein dystopischer Roman, zumindest aus Frauensicht, denn um die Unterdrückung aller Frauen in Amerika geht es in diesem Buch, das allenfalls wenige Jahre in der Zukunft spielt, wenn überhaupt.

Die neue amerikanische Regierung beschließt, dass Frauen wieder die Rolle einzunehmen haben, die ihnen von Natur aus - und erst recht aus Sicht religiöser Fanatiker die in der Regierung vornehmlich vertreten sind - zusteht: Den Mann als Herrn betrachten und sich ausschließlich um Familie und Heim kümmern. Keine darf mehr berufstätig sein und sämtliche akademischen Titel werden ihnen aberkannt. Der grausamste Schritt ist jedoch die Limitierung ihrer Sprache, denn sie dürfen lediglich 100 Wörter am Tag sprechen. Um das zu kontrollieren trägt jedes weibliche Wesen einen Wortzähler am Handgelenk (nein... ich werde sie nicht Armband nennen), der ihnen notfalls schmerzhaft zu verstehen gibt, wenn sie über diese Erlaubnis hinaus gesprochen haben. Jean ist 4fache Mutter und war Wissenschaftlerin. Sie leidet stark unter dieser Entrechtung, zumal sie u. a. eine kleine Tochter hat.

Schnell entwickelt sich ein sehr bedrückendes Klima in dieser Geschichte. Es packt einen das Grauen und zugleich auch Unverständnis, dass der männliche Teil der Bevölkerung so still bleibt und dies alles geschehen lässt, bis es zu spät ist, einfach die Uhr zurück zu drehen. Schließlich ist ein großer Teil der Männer verheiratet, hat Töchter und jeder hat eine Mutter.
Alles erinnert mich unweigerlich an die Machtübernahme der Nazis in den 30er Jahren. Auch da begann alles langsam und allmählich und als das Feindbild erkannt und die Hemmungen erst einmal gefallen waren, empfand der größte Teil der Bevölkerung sämtliche rassistischen Übergriffe und Einschränkungen nahezu als normal oder sogar begründet.
Der Roman entwickelt sich immer mehr zu einem packenden Gesellschafts-Thriller, der langsam aber stetig Fahrt aufnimmt. Mich hat er von der ersten Seite an mitgenommen und mitgerissen. Der Schreibstil ist hervorragend zu lesen und ich hoffe, dass von dieser Autorin noch viele Romane erscheinen werden. Ich bin überhaupt keine SiFi-Leserin und erst recht keine von Dystopien - dieses Buch jedoch hat mich absolut überzeugt!

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Veröffentlicht am 21.08.2024

Zu viel gewollt

Fünf Tage in Paris
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Kurz zur Rahmenhandlung: Eine 4köpfige Familie trifft sich in Paris, um den 70. Geburtstag des Vaters und gleichzeitig den 40. Hochzeitstag der Eltern zu feiern. Die Tochter kommt aus London und der Sohn, ...

Kurz zur Rahmenhandlung: Eine 4köpfige Familie trifft sich in Paris, um den 70. Geburtstag des Vaters und gleichzeitig den 40. Hochzeitstag der Eltern zu feiern. Die Tochter kommt aus London und der Sohn, inzwischen ein bekannter Fotograf, aus Los Angeles angereist. Die Eltern selbst wohnen auf einem ländlichen Gut, das sie wiederum von den Eltern des Vaters erbten. Die Mutter stammt aus den USA.
Genau zum Zeitpunkt der geplanten Feierlichkeiten erlebt Paris eines der schlimmsten Regenereignisse seit Beginn des 20. Jhd. und versinkt immer mehr in den Fluten der unaufhörlich steigenden Seine. Dass Vater Paul während des Essens einen Schlaganfall erleidet und auch Mutter Lauren ganz plötzlich schwer erkrankt, macht die Situation nicht einfacher.

Das hätte echt was werden können, mit dieser Konstellation. Leider übertreibt die Autorin es m. E. mit den Schicksalsschlägen. Man kommt sich vor wie in einem der Katastrophenfilme der 80er, in denen möglichst viele Protagonisten möglichst viel mitmachen müssen. Statt sich auf eine Person zu konzentrieren verstrickt sich die Autorin in zahlreichen Wollknäueln und verpasst den richtigen Zeitpunkt, sich auf 2 oder 3 Farben zu beschränken. Hinzu kommen noch unverarbeitete Erlebnisse aus der Kindheit, sodass man irgendwann gar nicht mehr weiß, welchem Protagonisten es eigentlich am schlechtesten ging in seinem Leben.
Dazu gesellen sich mehr oder weniger interessante Ausführungen, wie diese oder jene Straße von Paris überflutet aussieht und wie schlimm das alles für die Bevölkerung ist. Stimmt ja auch, aber genau die Verzweiflung dieser Menschen wird außen vor gelassen und nur nebulös angedeutet. Sie wird gerne über Fotomotive vermittelt, die der berühmte Fotograf noch neben der Sorge um Vater und Mutter mitnimmt.
Vermutlich ist das Buch für Pariskenner wesentlich interessanter, ich hingegen konnte mit den meisten Namen und Schauplätzen nicht viel anfangen und mich langweilte es insgesamt, da es mir eher als Seitenfüller erschien. Der Schreibstil ist nicht schlecht, riss mich jedoch auch nicht vom Hocker.

Achtung Spoiler:
Für meinen Geschmack hat die Autorin einfach zu viel unterbringen wollen in ihrem Roman. Zwei lebensgefährlich Erkrankte reichen nicht - jemand muss noch das aktuelle Thema Homophobie bedienen und dann muss ein Beteiligter durch einen fürchterlichen Unfall behindert geblieben sein. Ach was sag ich... Fürchterlicher Unfall alleine reicht gar nicht - das kann man noch ganz, ganz grauslig ausschmücken, sodass auch eine Phobie zurück bleibt. Und stimmt... Ist noch gar keiner fremdgegangen und häusliche Gewalt nach Alkoholmissbrauch passt sicher auch noch mit rein. Dann müsste jetzt noch jemand Suizid begangen haben, der den Beteiligten ganz nah stand. So.... jetzt ist aber alles fein komplett. Obwohl... Zeuge eines Mordes - ja das rundet das Ganze noch fein ab.
Dazu noch die stattbekannten Allerweltsprobleme (als ob das noch zählen würde) wie Vater, der nicht mit Sohn spricht; Sohn, der sich unverstanden fühlt und aus der Familie flieht; Mutter, die sich ungeliebt von Vater fühlt; Tochter, die sich nicht traut sich von ihrem Mann zu trennen; Enkeltochter, die sich um ihre Mutter kümmern muss, weil die sich nicht gegen ihren Mann wehren kann; Vater der eigentlich mit überhaupt niemandem redet außer mit Bäumen etc., etc.

Insgesamt einfach viel zu viel in eine Familie und deren Geschichte gesteckt und viel zu viel gequirlt statt ruhig fließen zu lassen. Das kenne ich deutlich besser!

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Veröffentlicht am 21.08.2024

Zu viel Klischee

Blood Orange - Was sie nicht wissen
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Allison ist Anwältin, verheiratet und Mutter einer Tochter. Ihr Leben ist um Ihren Job zentriert Hier muss sie ihren ersten Mordfall vor Gericht vertreten. Mit einem ihrer Kollegen hat sie eine Affäre, ...

Allison ist Anwältin, verheiratet und Mutter einer Tochter. Ihr Leben ist um Ihren Job zentriert Hier muss sie ihren ersten Mordfall vor Gericht vertreten. Mit einem ihrer Kollegen hat sie eine Affäre, die nicht wirklich gut für sie ist, aber sie schafft es nicht sie zu beenden. Genauso wenig bekommt sie ihren Alkoholkonsum in den Griff und auch das Familienleben entgleitet ihr völlig. Ihr treusorgender Ehemann kümmert sich aufopferungsvoll um die Tochter und erträgt ihre Abstürze mit scheinbar unendlicher Geduld.
Das klingt alles sehr nach Klischee und scherenschnittartigen Charakteren ohne großen Tiefgang. So ist es leider auch. Meiner Meinung nach kommt Allison von Anfang zu extrem und vor allen Dingen sehr unglaubwürdig rüber. Im Laufe des Buches gelingt es ihr die Kurve zu kriegen mit viel „zufälliger“ Hilfe von außen und am Ende ist Friede, Freude, Eierkuchen. Die im Klappentext als überraschend angekündigte Wendung ist eher von daher überraschend, da sie ziemlich an den Haaren herbei gezogen ist.
Der glaubwürdige Teil des Buches wird hier eher von den Nebenfiguren erfüllt. In diesem Fall von der Frau, die ihren Mann erstochen haben soll. Er hat sie über Jahre hinweg misshandelt. Der Kollege mit dem sie eine Affäre hat ist als Mann, der zu wissen glaubt, was Frauen "wünschen" sehr gut vorstellbar.
Fazit:
Wirklich spannend ist es nicht, die Charaktere bleiben eher flach und der Plot inklusive der Wendungen überzeugt auch nicht wirklich.

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Veröffentlicht am 21.08.2024

Wirklich schlecht!

Die Nachbarin
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Im Buch „Die Nachbarin“ geht es um zwei Frauen, die in London nebeneinander wohnen ohne sich zu kennen. Die Wand, die die Wohnungen gemeinsam haben, ist recht dünn und so können jede Menge Geräusche und ...

Im Buch „Die Nachbarin“ geht es um zwei Frauen, die in London nebeneinander wohnen ohne sich zu kennen. Die Wand, die die Wohnungen gemeinsam haben, ist recht dünn und so können jede Menge Geräusche und Aktivitäten aus der Nebenwohnung wahrgenommen werden.
Harriet ist Single und leidet unter ihrer letzten Beziehung, die kurz vor der Hochzeit in die Brüche ging und feiert laute Partys und „ertränkt“ so einiges in Alkohol. Lexie lebt mit ihrem Freund Tom in der anderen Wohnung und macht Homeoffice um sich besser auf die erhoffte Schwangerschaft vorzubereiten.
Jede der beiden Frauen lebt in ihrer eigenen Blase und verliert im Laufe des Buches immer mehr den Kontakt zur Realität. Harriet, weil sie Tom für ihren demnächst neuen Freund hält und anfängt in zu stalken. Lexie, weil irgendwann nichts mehr existiert, außer der Tatsache, dass ihr Kinderwunsch nicht in Erfüllung geht, egal was sie und Tom versuchen. Harriet versucht einen Keil zwischen Lexie und Tom zu treiben. Viel mehr passiert in dem Buch leider nicht.

Die Charaktere lassen es sehr an Tiefe vermissen, sind sehr klischeehaft angelegt und auch übertrieben.Der Schreibstil ist auch nicht so wirklich überzeugend. Das Ganze gipfelt dann in einem winzigen “Showdown“, der mehr oder weniger schon fast 100 Seiten vorher zu erahnen ist.

Dieses Buch kann ich wirklich beim besten Willen nicht empfehlen.

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Veröffentlicht am 21.08.2024

Was für ein toller Roman!

Eine ganz dumme Idee
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...und was für verrückte Verwicklungen...

Der 30. Dezember - ein Bankräuber flüchtet nach missglücktem Banküberfall ausgerechnet in eine gegenüber liegende Wohnung, in der gerade eine Wohnungsbesichtigung ...

...und was für verrückte Verwicklungen...

Der 30. Dezember - ein Bankräuber flüchtet nach missglücktem Banküberfall ausgerechnet in eine gegenüber liegende Wohnung, in der gerade eine Wohnungsbesichtigung stattfindet. Es entsteht eine nahezu haarsträubende Geschichte um den wohl miesesten Bankräuber, aber auch die miesesten Geiseln aller Zeiten.
Wie soll man dieses Buch beschreiben, ohne zu viel vom Inhalt preiszugeben? Der Einstieg ist schon etwas verwirrend, Wie Backman selbst schreibt, geht es in diesem Roman hauptsächlich um Idioten - was ich nach der Lektüre nicht unbedingt unterschreiben möchte.
Definitiv geht es nicht um irgendeine Kriminalgeschichte - sie bildet lediglich eine Art Rahmen, in dem sich sämtliche Protagonisten bewegen. Und derer gibt es eine ganze Menge: 2 Paare, eine alleinstehende und eine ältere Dame, die sich neben der Maklerin an der Wohnungsbesichtigung beteiligen, 2 überforderte Polizisten, eine ebenfalls überforderte Psychologin sowie eben den miesen Bankräuber. Nicht zu vergessen: das Kaninchen...

Obwohl der Einstieg zunächst zusammenhanglos erscheint, fügt sich im Laufe der Story Eins zum Anderen und man ahnt immer wieder kurz, wie alles miteinander verwoben ist. Um durchaus später erneut überrascht zu werden, weil es dann doch nicht ganz so war, wie man 50 Seiten zuvor noch dachte. Teilweise klären Rückblicke die Sicht aufs Geschehen, wenngleich sie einen manchmal auch in die Irre führen (sollen).
Backmans Schreibstil sprüht vor Humor. Ich habe wirklich oft lachen müssen - vor allem manche Dialoge und die Verhöre sind einfach grandios und ich hoffe stark auf eine Verfilmung. Trotzdem schafft er wieder einmal den Spagat zwischen gehobener Albernheit und nötiger Ernsthaftigkeit. Und damit ist dieses Buch reich gesegnet! Nie mit erhobenem Zeigefinger, aber dennoch teilweise erschütternd. Schon bei Ove ist ihm dies trefflich gelungen und er bleibt sich diesbezüglich treu.
Außergewöhnlich finde ich bei Backmans Büchern, dass sie nie bei mir den Wunsch wecken, mich in irgendwelche Protagonisten einzufühlen. Und das ist auch besser so! Stattdessen erreichen sie stets, dass sich starkes Mitgefühl und Verständnis für auch noch so unsympathisch erscheinende Figuren in mir entwickeln. Und manchmal überrollt mich beides gnadenlos an den unvorhersehbarsten Stellen, sodass ich das ein oder andere Mal tatsächlich ein Tränchen verdrücken muss.
Fazit: Was soll ich sagen... Sich drauf einlassen und lesen!

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