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Veröffentlicht am 01.05.2021

Vieles halb und nichts ganz

Mord auf Provenzalisch
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Das Autorenduo Serena Kent schafft mit „Mord auf provenzalisch“ die Fortsetzung zum ersten Band „Tod in Saint Merlot“.
Penny, die in die Provence ausgewandert ist, wird auf einer Vernissage Zeugin eines ...

Das Autorenduo Serena Kent schafft mit „Mord auf provenzalisch“ die Fortsetzung zum ersten Band „Tod in Saint Merlot“.
Penny, die in die Provence ausgewandert ist, wird auf einer Vernissage Zeugin eines Zusammenbruchs von einem der Künstler. Als Penny vom späteren Tod von diesem erfährt, stürzt sie sich in ihre privaten Ermittlungen und befragt die Dorfbewohner, um dem Täter auf die Schliche zu kommen. Dabei gibt es immer wieder Abstecher in die nähere Umgebung: Städte, Landschaften und Kulinarik spielen eine wichtige Rolle!

Die Ermittlungen spielten bei dem ganzen Drumherum leider eine eher untergeordnete Rolle und auch wenn ich einen Cosy Crime erwartet habe, ging es mir doch anfangs viel zu gemächlich zu. Das erste Drittel des Buches erschien mir wie eine Einleitung. Dann nahm die Geschichte ein bisschen Tempo auf und auf den letzten Seiten ging alles plötzlich so schnell, dass ich einige Stellen zweimal lesen musste. Trotzdem sind viele Fragen offen geblieben und auch die Logik der Handlung hat sich mir am Ende nicht erschlossen.
Einige Handlungsstränge waren meiner Meinung nach auch überflüssig. Sie halfen weder bei der Täterfindung noch brachten sie die sonstige Geschichte voran. Gewünscht hätte ich mir mehr Szenen oder Infos zu den Ermittlungen der örtlichen Polizei, sodass die beiden voneinander profitieren oder vielleicht ein Wettkampf um die Auflösung entsteht.
Die Charaktere wirkten auf mich eher flach. Viele Personen sind mir bis zum Ende hin ein Rätsel geblieben und ich konnte mit ihnen nicht so viel anfangen. Selbst mit Penny bin ich nicht wirklich warm geworden, obwohl sie mir von den Charakteren am Besten gefiel.
Das Buch ließ sich vom Schreibstil recht flüssig lesen und wer die Handlung nicht so sehr hinterfragt und sich mit schönen Städte-, Landschafts- und Essensbeschreibungen (teils auf französisch) in die Provence träumen möchte, liegt mit diesem Buch wahrscheinlich nicht so falsch.

Mich konnte das Buch leider nicht überzeugen. Die Charaktere sind mir am Ende genauso fremd wie am Anfang und das sehr unterschiedliche Erzähltempo trägt leider nicht zur Verständlichkeit der Handlung bei. Die Lücken in der Endauflösung sind für mich der größte Störfaktor und ließen mich unzufrieden zurück.

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  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Handlung
Veröffentlicht am 21.04.2021

Das Artensterben in drei Akten

Die Letzten ihrer Art
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„Die letzten ihrer Art“ ist der dritte Band des Klimaquartetts der norwegischen Autorin Maja Lunde. Nachdem sich die ersten beiden Bücher mit den Themen Bienen und Wasser befasst haben, geht es jetzt um ...

„Die letzten ihrer Art“ ist der dritte Band des Klimaquartetts der norwegischen Autorin Maja Lunde. Nachdem sich die ersten beiden Bücher mit den Themen Bienen und Wasser befasst haben, geht es jetzt um das Artensterben.
Die drei Handlungsstränge drehen sich immer um den Arterhalt des Przewalski-Pferdes, spielen aber zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten.

1881 erfährt Michail in St. Petersburg von der Entdeckung des Przewalski-Pferdes und möchte einige Exemplare bei einer Expedition in die Mongolei für den Tierpark fangen, in dem er arbeitet. Dabei begleitet ihn Wilhelm, der bereits einige Expeditionen erlebt hat. Für Michail ist das alles neu und er lernt während der Reise nicht nur viel über die Wildpferde, sondern auch über sich selbst.

1992 arbeitet Karin in der Mongolei daran die Wildpferde wieder in ihrem ursprünglichen Lebensraum anzusiedeln, aus dem sie zu der Zeit völlig verschwunden sind. Neben den ständigen Sorgen, ob die Pferde sich eingewöhnen werden, hat sie auch viel mit sich selbst, ihrem Sohn und der Vergangenheit zu kämpfen.

Zuletzt versucht Eva im Jahre 2064 in Norwegen trotz aller Schwierigkeiten und Knappheiten ihre beiden Wildpferde weiter zu versorgen und vor einer Artdurchmischung zu schützen. Sie lebt mit ihrer Tochter auf einem Hof auf dem sie sich selbst versorgen müssen, da die Versorgungen abgebrochen sind. Neben dem harten Leben gibt es also auch immer wieder Konflikte zwischen Eva, die auf dem Hof bleiben, und der pubertierenden Isa, die lieber gehen möchte.

Wie auch bei den ersten beiden Teilen gefällt mir, dass es unabhängige Handlungsstränge mit einem übergeordneten Thema gibt. Durch diesen Dreiklang kann man als Leser in die Vergangenheit, die Gegenwart (zumindest fast) und die Zukunft eintauchen und Schlüsse über die Entwicklung über einen langen Zeitraum ziehen. Dadurch wird man meiner Meinung nach auch immer angeregt zu hinterfragen und zwar sowohl das Geschehen im Buch als auch sein eigenes Handeln und die gegenwärtige Situation. Trotzdem ist das Buch nicht mahnend geschrieben, sodass der Lesespaß die ganze Zeit da ist. Das liegt sicherlich auch an dem angenehmen fließenden Schreibstil.
Das verbindende Element der Przewalski-Pferde wirkt nicht zu dominant, sondern ganz natürlich in die unterschiedlichen Lebenswelten integriert, die jeweils aber auch noch ganz andere Ebenen haben. Die drei Charaktere nehmen einen mit all ihren Angewohnheiten, Problemen und Gedanken total ein und wirken auf mich authentisch und sympathisch.
Am liebsten hätte ich Michail, Karin und Eva noch ein bisschen weiter durch ihr Leben begleitet, um noch die ein oder andere Antwort zu bekommen.
So hat mich das Buch auch nach dem Beenden einige Zeit weiter beschäftigt, was mir gut gefallen hat.

Alles in allem ist das Buch sehr zu empfehlen. Es regt zum Nachdenken an ohne den Zeigefinger zu erheben. Meiner Meinung nach wurde hier das ernste Thema des Artensterbens sehr gut in die drei vielfältigen Handlungsstränge integriert, sodass eine komplexe und dennoch sehr fließende Geschichte entsteht.

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  • Charaktere
Veröffentlicht am 03.04.2021

Das Ende der Ruhrpott-Saga

Eine Sehnsucht nach morgen
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„Eine Sehnsucht nach morgen“ ist der dritte Band der Ruhrpott-Saga der Autorin Eva Völler. Für den zweiten Teil der Saga „Ein Gefühl von Hoffnung“ gewann Eva Völler 2021 den DELIA-Literaturpreis und mit ...

„Eine Sehnsucht nach morgen“ ist der dritte Band der Ruhrpott-Saga der Autorin Eva Völler. Für den zweiten Teil der Saga „Ein Gefühl von Hoffnung“ gewann Eva Völler 2021 den DELIA-Literaturpreis und mit dem dritten Band findet die Reihe nun ein Ende.

1968 kehrt Bärbel Hamburg den Rücken zu und lässt eine gescheiterte Beziehung und einen guten Job als Ärztin hinter sich. Sie zieht zurück zu ihrer Familie nach Essen und wagt dort einen Neuanfang. Hierbei begegnet sie immer wieder ihrer Vergangenheit: ihre Jugendliebe Klaus wohnt direkt nebenan und auch wenn sie enttäuscht vom Ausgang ihrer damaligen Beziehung ist, kann sie sich nicht gegen die Anziehungskraft wehren, die zwischen den beiden noch immer zu spüren ist. Klaus ist jedoch mittlerweile verheiratet und hat eine kleine Tochter.
Es geht in dem Buch aber nicht nur um Bärbel und Klaus, sondern auch um die anderen Familienmitglieder der beiden Familien. Persönliche Rückschläge, neue Liebesbeziehungen, die Wünsche und Ziele der einzelnen Charaktere werden aus verschiedenen Perspektiven dargestellt. Es geht um die Arbeit unter Tage, politisches Engagement, schulische Probleme und zwischenmenschliche Beziehungen. Immer wieder fließen Themen wie die Rolle der Frau in der damaligen Gesellschaft oder der Contergan-Skandal in die Geschichte mit ein und geben dem Ganzen Tiefe.

Anhand des Klappentexts habe ich erwartet, dass die Geschichte hauptsächlich von Bärbel und ihrer Beziehung zu Klaus handelt. Mir hat dann umso mehr gefallen, dass das Buch aus verschiedenen Perspektiven geschildert wird und die Entwicklung zwischen den beiden nur ein Handlungsstrang von vielen war. Die Handlung ist vielschichtiger und facettenreicher als ich es anfangs erwartet habe.
Die Bezüge zu den damaligen Ereignissen bringen dem Leser das Zeitgefühl und die Beweggründe der Menschen im Ruhrpott näher. Auch wenn man selbst zu der Zeit nicht gelebt hat, kann man sich sehr gut in die einzelnen Charaktere hineinversetzen und bekommt einen Eindruck vom damaligen Lebensgefühl.
Bärbel, die die Rolle der Frau in den 60ern immer wieder hinterfragt, hat mir sehr gut gefallen, da dieses Thema noch immer aktuell und wichtig ist!
So spiegelt das Buch mit seinen zahlreichen Verweisen zum Zeitgeschehen der 60er-Jahre das Zeitgefühl der Menschen im Ruhrpott anhand der Familien Wagner und Rabe wider.
Die Handlung gewinnt zum Ende hin an Tempo und es wird alles recht schnell auf den letzten Seiten aufgelöst. Hier hätte meiner Meinung nach eine etwas ausführlichere Erläuterung gut getan, denn der Rest des Buches ist ebenso ausführlich.

Mit „Eine Sehnsucht nach morgen“ gibt Eva Völler dem Leser das Gefühl ein Teil der Familie Wagner und der 60er Jahre zu sein. Die Charaktere und deren Geschichten sind authentisch und liebevoll aufgebaut und man bekommt einen detailreichen Einblick in die damalige Zeit.
Lesenswert für jeden, der mehr über die 60er im Ruhrpott erfahren oder diese wieder aufleben lassen möchte!

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