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Veröffentlicht am 13.11.2021

Erschreckend realitätsnaher Politthriller vom Meister des Erzählens

Never - Die letzte Entscheidung
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Erst im letzten Jahr ist mit »KINGSBRIDGE. DER MORGEN EINER NEUEN ZEIT« ein neuer historischer Schmöker von Ken Follett erschienen. Dass in diesem Jahr eine weitere Neuerscheinung angekündigt wurde, hat ...

Erst im letzten Jahr ist mit »KINGSBRIDGE. DER MORGEN EINER NEUEN ZEIT« ein neuer historischer Schmöker von Ken Follett erschienen. Dass in diesem Jahr eine weitere Neuerscheinung angekündigt wurde, hat mich freudig überrascht. Doch dieses Mal entführt der Brite seine Leser:innen nicht in die Vergangenheit, sondern bleibt in der Gegenwart und erzählt eine fiktive Geschichte, mit einem erschreckend realistischen Szenario.

Die Grundidee zu »NEVER« keimte vor einigen Jahren, während der Recherche zu »STURZ DER TITANEN«, in Folletts Gedanken auf. Er erkannte, dass niemand den Ersten Weltkrieg wirklich gewollt hat und dieser das Ergebnis von moderaten Entscheidungen war, die zu einem furchtbaren Konflikt geführt haben. Er fragte sich, ob das noch einmal passieren könnte, mit einem Dritten Weltkrieg als Ergebnis.

Für seine globale Handlung wählt Follett drei Schauplätze aus, an denen die folgenschweren Entscheidungen getroffen werden - USA, Nordafrika und China. Die Geschichte wird aus den Perspektiven der unterschiedlich gesinnten Charaktere erzählt, was das Denken in alle Richtungen ermöglicht. Das Szenario, das er dabei entwirft, ist von der ersten Seite an einnehmend. Die Spannungskurve schnellt schon nach wenigen Kapiteln in die Höhe, da die wendungsreichen Szenen wie Bilder vor dem inneren Auge ablaufen.

Dabei zusehen zu müssen, wie sich ein vermeintlich unbedeutender Schritt dermaßen in die Höhe steigert und den Zustand eines Atomkrieges erreicht, stimmt nachdenklich. Man kommt am Ende zu der Erkenntnis, dass ein Dritter Weltkrieg durchaus möglich und leider sehr wahrscheinlich ist ...

Im Vordergrund der Handlung steht eindeutig die Politik, was Leser:innen nicht abschrecken sollte, die wenig Hintergrundwissen besitzen. Durch die einnehmende Erzählweise und gut gezeichneten Charakteren, deren Denkweisen man zu jeder Zeit gut nachvollziehen kann, wird die komplexe Geschichte leicht verständlich übermittelt. Nach dem Lesen hat man durchaus das Gefühl, viel dazugelernt zu haben.

Fazit

»NEVER« ist ein diplomatischer und komplexer Politthriller, der von der ersten bis zur letzten Seite meisterhaft erzählt wird. Dank des cineastischen Schreibstils, einer wendungsreichen Handlung und der erschreckenden Nähe zur Realität fühlen sich die 800 Seiten überraschend kurzweilig an.

Fans von »JACK RYAN«, »HOMELAND« oder »HOUSE OF CARDS« und natürlich den Fans von Ken Follett kann ich dieses Buch nur ans Herz legen.

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Veröffentlicht am 25.10.2021

Spannender Politikunterricht auf Augenhöhe

How to Politik
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Mit ihrem Debütroman »HOW TO POLITIK« klärt die Politik-Bloggerin Livia Josephine Kerp ihre jugendlichen Leser:innen über Politik auf.

Dieses Buch ist eine große Empfehlung für alle interessierten Jugendlichen, ...

Mit ihrem Debütroman »HOW TO POLITIK« klärt die Politik-Bloggerin Livia Josephine Kerp ihre jugendlichen Leser:innen über Politik auf.

Dieses Buch ist eine große Empfehlung für alle interessierten Jugendlichen, die mehr über Politik erfahren und endlich ein Buch lesen möchten, das die trockene Thematik einnehmend und ansprechend darstellt.

Mit einer beeindruckenden Leichtigkeit, Ruhe und dem richtigen Ton begegnet Livia Josephine Kerp den Leser:innen auf Augenhöhe und erklärt komplizierte Umstände mithilfe von ansprechenden Grafiken und den richtigen Worten. Mit persönlichen Geschichten, nachvollziehbaren Vergleichen, interessantem Insider-Wissen und Fun-Facts führt sie ihren Leser:innen vor Augen, wie politisch unser gesamter Alltag ist und dass das Thema jeden etwas angeht.

Ja, Demokratie und Politik sind anstrengend und machen Arbeit. Dieses Buch nicht. Es führt vor Augen, wie wichtig Demokratie für unsere Freiheit ist. Frei wählen zu dürfen ist ein Privileg, von dem jeder Gebrauch machen soll. Dank Livia Josephine Kerps Engagement, ihrer ansteckenden Faszination und erfrischenden Art aufzuklären, wird die öde geglaubte Politik endlich interessant. Sie trifft bei den Leser*innen genau den richtigen Nerv. Mit dem neue gewonnenen Wissen stärkt sie, macht Mut und regt zum Umdenken an.

Beim Erzählen schafft sie es, ihre Meinung zu nennen und gleichzeitig einen neutralen Standpunkt einzunehmen. Sie wird niemals belehrend, im Gegenteil. Sie nimmt die Leser:innen an die Hand, klärt auf und erzählt, wie es um die aktuellen Themen Bildungspolitik, Klimawandel, Landtagswahlen und Problematik wie Cyber-Mobbing etc. steht.

Meine Tochter (16) und mich konnte die junge Autorin auf ganzer Linie überzeugen. Politik braucht genau solche engagierten Menschen, die die Zukunft unseres Landes aktiv gestalten möchten.

Auch wenn man Politik voll öde findet und man am liebsten nichts damit zu tun haben möchte, sollte man unbedingt dieses Buch lesen. Meiner Meinung nach sollte es eine Pflichtlektüre im Schulunterricht werden. Besser kann man junge Menschen nicht erreichen, aufklären und überzeugen.

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Veröffentlicht am 12.04.2021

Interessante Lektüre mit Längen und leider schwierigen Charakteren

Die Verlorenen
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»DIE VERLORENEN« von Stacey Halls ist ein historischer Roman, der im 18. Jahrhundert spielt und von dem Schicksal der meist ledigen Mütter erzählt, die nicht für den Lebensunterhalt ihrer Kinder sorgen ...

»DIE VERLORENEN« von Stacey Halls ist ein historischer Roman, der im 18. Jahrhundert spielt und von dem Schicksal der meist ledigen Mütter erzählt, die nicht für den Lebensunterhalt ihrer Kinder sorgen können und sie in die Obhut des Londoner Foundling Hospital geben müssen. Die verzweifelten Mütter müssen dafür an eine Art Lotterie teilnehmen und medizinische Tests bestehen, damit ihre Kinder in einer gesicherten Umgebung aufwachsen können. Falls eine Mutter jemals in der Lage sein soll, ihr Kind zu einem späteren Zeitpunkt zurückzuholen, kann sie es gegen eine Gebühr auslösen.

So versucht auch die Protagonistin Bess Bright ihre Tochter aus der Findlingsanstalt zurückzuholen, die sie vor sechs Jahren als Neugeborene dort abgeben musste. Als sie erfährt, dass sich ihre Tochter Clara gar nicht in der Anstalt befindet und bereits vor sechs Jahren von einer Frau abgeholt wurde, die sich als Bess ausgegeben hat, ist sie unfassbar verzweifelt, traurig und verwirrt.

Ungefähr an diesem Punkt beginnt die Geschichte, die aus zwei Perspektiven heraus erzählt wird. Im Verlauf verflechten sich beide Handlungsstränge miteinander. So durchlebt man die verzweifelte Lage von Bess und lernt auf der anderen Seite die wohlhabende und gefühlskalten Witwe Alexandra kennen, die sich um ihre sechsjährige Tochter Charlotte kümmert, ohne ihr gegenüber Liebe zu zeigen. Beide Frauen verbindet ein gemeinsames Schicksal, das sie schon bald einholen wird.

Schnell wird klar, dass Alexandra an einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet, die sie in ihrem Alltag und den Gefühlen ihrer Tochter gegenüber stark einschränkt. Anfangs wirkt sie stumpfsinnig und ihre Selbstisolation ist beklemmend, doch je mehr man über ihre Vergangenheit erfährt, umso besser kann man ihr Verhalten nachempfinden. Dennoch ziehen sich Alexandras Passagen streckenweise unangenehm in die Länge.

Deutlich besser kann man sich in die verzweifelte Lage der verwaisten Mutter Bess einfühlen, die sich seit Jahren nach ihrer leiblichen Tochter sehnt. Hautnah muss man miterleben, wie sie unter dem ungerechten System der Zweiklassengesellschaft leidet. Gemeinsam mit ihr hofft man auf eine Zusammenführung von Mutter und Tochter.

»DIE VERLORENEN« ist ein gut recherchierter Roman, der die verzweifelte Liebe einer verwaisten Mutter in den Mittelpunkt stellt. Durch den einnehmenden und leichtgängigen Schreibstil werden die verzweifelten Situationen der unterschiedlichen Protagonistinnen deutlich und das georgianische London als Kulisse lebendig. Trotz meiner widersprüchlichen Sympathien den Charakteren gegenüber, habe ich die Geschichte gerne verfolgt und trotz seiner Längen hat mich dieser Roman kurzweilig gut unterhalten.

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Veröffentlicht am 25.03.2021

Eine Talfahrt der Gefühle! Erschütternd und emotional kräftezerrend

Die Schweigende
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In »DIE SCHWEIGENDE« erzählt die Bestsellerautorin Ellen Sandberg die aufwühlende Geschichte einer Frau, die als Kind der 50er-Jahre in einem Erziehungsheim aufwachsen musste.

Beginnend in der Gegenwart ...

In »DIE SCHWEIGENDE« erzählt die Bestsellerautorin Ellen Sandberg die aufwühlende Geschichte einer Frau, die als Kind der 50er-Jahre in einem Erziehungsheim aufwachsen musste.

Beginnend in der Gegenwart durchlebt Karin eine schwere Zeit. Ihr geliebter Mann verstirbt plötzlich im Alter von 79 Jahren, und er hat ihrer Tochter Imke auf dem Sterbebett einen Schwur abgenommen. Imke soll nach Karins Bruder Peter suchen, den sie vor über 60 Jahren zum letzten Mal gesehen hat. Karin wehrt sich vehement dagegen, die verdrängte Vergangenheit wieder in ihr Leben zu lassen. Zur gleichen Zeit treibt die jüngste Tochter Anne quer und fordert von ihrer Mutter ihren Erbanteil ein.

Die Dynamik zwischen Karin und ihren unterschiedlichen Töchtern kann man nur als kompliziert und schwierig beschreiben. Da Karin in der gegenwärtigen Situation stur, kaltherzig und eigensinnig agiert, steckt man sie schnell in die Klischeeschublade. Wie auch ihre Töchter findet man als Leserin nur schwer einen Zugang zu ihr und es dauert eine ganze Weile, bis man in die Geschichte einfindet.

Das, was dann im Verlauf der Handlung passiert, ist schwer zu beschreiben und liegt mir immer noch schwer im Magen. Deswegen muss ich an dieser Stelle auch eine Triggerwarnung aussprechen, da es im Roman viele körperliche und seelische Gewaltszenen gibt. Der Titel »DIE SCHWEIGENDE« macht schnell Sinn und es ist nicht leicht, Szenen zu durchleben, in denen zarte Kinderseelen gebrochen werden.

Auf zwei Zeitebenen erzählt Ellen Sandberg Karins Geschichte, die stellvertretend für die unzähligen Schicksale der Heimkinder steht, die unter der grausamen Art der »Pädagogik« und der gnadenlosen Heimerziehung nach dem Zweiten Weltkrieg schwer gelitten haben. Karins Beispiel zeigt, wie sich die traumatischen Erlebnisse eines Menschen auf die nächste und übernächste Generation auswirken.

»DIE SCHWEIGENDE« von Ellen Sandberg erzählt die Geschichte einer Frau, die als Jugendliche seelische und körperliche Qualen durchleben musste. Die eingangs gestellte Frage, wo ihr verschollener Bruder Peter ist, zieht sich wie ein roter Faden durch die Handlung. Auf der Suche nach ihm kommen die verdrängten Erinnerungen aus Karins Vergangenheit erneut ans Tageslicht, und die Hilflosigkeit, die man als Leser
in die gesamte Lesezeit über spürt, ist erdrückend und schmerzhaft. Die realen und schonungslosen Schilderungen sind nur schwer zu ertragen. Dennoch kann ich diesen erschütternden Roman nur loben. Ellen Sandbergt ist es gelungen, den hilflosen und vergessenen Heimkindern der Nachkriegszeit eine Stimme zu geben.

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Veröffentlicht am 14.02.2021

Spannende Unterhaltung

Grenzfall - Der Tod in ihren Augen
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«GRENZFALL. DER TOD IN IHREN AUGEN» ist der Auftaktband einer neuen Krimireihe, die in Oberbayern spielt und die junge Oberkommissarin Alexa Jahn ins Bergparadies Lenggries verschlägt. Doch nicht nur der ...

«GRENZFALL. DER TOD IN IHREN AUGEN» ist der Auftaktband einer neuen Krimireihe, die in Oberbayern spielt und die junge Oberkommissarin Alexa Jahn ins Bergparadies Lenggries verschlägt. Doch nicht nur der Fund einer grauenvoll zugerichteten Frauenleiche stellt sie vor einer großen Herausforderung, sie muss sich gleichzeitig gegenüber ihren neuen Kollegen behaupten, die sie im Team nicht tolerieren können, und auch noch irgendwie mit dem kauzigen Kollegen aus Österreich klarkommen …

Von der ersten Seite an habe ich die Protagonistin Alexa Jahn gerne begleitet. Ich konnte mich sehr gut mit ihrem authentischen Charakter identifizieren und fand es wahnsinnig interessant, sie dabei zu beobachten, wie sie ihre höhergestellte Position gegenüber den männlichen Kollegen behauptet.

Der atmosphärische und bildhafte Schreibstil von Anna Schneider in Kombination mit der nahbaren Protagonistin ließen die Handlung bildlich vor meinem inneren Auge ablaufen. Für mich fühlte es sich nach dem Lesen fast so an, als hätte ich einen wirklich guten ZDF-Krimi am Samstagabend geschaut.

Ein klein wenig erinnert mich der Kriminalfall an die skandinavische Erfolgsserie «DIE BRÜCKE», in der eine Leiche auf einer Ländergrenze gefunden wird und die Ermittlungsteams zweier Länder vereint, was schnell für Komplikationen sorgt. Unweigerlich führt solch ein Umstand auch in diesem Krimi zu neuen Konflikten, da Teile der in Lenggries gefundenen Frauenleiche im benachbarten Österreich auftauchen. Erschwerend kommt hinzu, dass die Beweislage überschaubar ist. Scheinbar wahllos werden neue Geheimnisse aufgedeckt, die sich schwer miteinander verbinden lassen und immer mehr Fragezeichen aufwerfen.

Bis zum Ende hin baut sich eine angenehme Spannung auf, die sich nachvollziehbar aufklärt. Und genau an dem Punkt, an dem ich dachte, alles wäre geklärt, ereignet sich in Alexas Privatleben eine überraschende Wendung, die mich unfassbar neugierig auf die Fortsetzung macht, die Anfang 2022 erscheinen wird. Ich freue mich jetzt schon drauf!

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