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Veröffentlicht am 13.07.2025

Tuga, eine Insel am anderen Ende der Welt 2

Entscheidungen auf Tuga
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Endlich ist er da, Band 2 über die Insel Tuga de Oro, deren Bewohner und der Haupt -protagonistin Charlotte Walker. Das farbintensiv und in geradliniger Form gestaltete Cover vermittelt ein Südseefeeling, ...

Endlich ist er da, Band 2 über die Insel Tuga de Oro, deren Bewohner und der Haupt -protagonistin Charlotte Walker. Das farbintensiv und in geradliniger Form gestaltete Cover vermittelt ein Südseefeeling, Sommer mit Kakadu und Strelitzien. Es passt hervorragend zu Band 1 „Willkommen auf Tuga“. Ich war schon sehr auf die Fortsetzung des Romans gespannt und wurde mit „Entscheidungen auf Tuga“ nicht enttäuscht.
Auch in diesem zweiten Buch erhält der Leser wieder faszinierende Einblicke in die Natur der tropischen Insel und lernt so manchen Bewohner und dessen Schicksal näher kennen. Am Status von Tuga hat sich nichts geändert, wenn auch unabhängig von Großbritannien, ist die Insel trotzdem auf Lieferungen von dort angewiesen, die auf Grund der territorialen Lage und der Abhängigkeit von Wetter und Meeresströmungen nur zweimal im Jahr per Schiff erreichbar ist. Emotional kommt auch die Geschichte nicht zu kurz. Als Leser fühlt man sich den Insulanern verbunden und würde gern helfen. Charlotte Walker, die ursprünglich zu Forschungszwecken für ein Jahr nach Tuga kam, ist mittlerweile eine angesehene Tierärztin und versucht somit den Bewohnern zu helfen. Im Band zwei erkennt man auch eine positive soziale Entwicklung von Charlotte, die zu Beginn ihrer Tätigkeit doch sehr zurückhaltend und eher schüchtern wirkte und eher Forschungsbesessen war.In der Krankenstation hat sie ein eigenes Behandlungszimmer erhalten, dass sie mit Hilfe von dem neuen Inselarzt Dan und einigen Helfern ausbaut. Ihr Forschungsjahr zu den Goldmünzschildkröten ging zu Ende und Charlotte verlängerte ihren Aufenthalt, weil sie zum einen ihren leiblichen Vater kennenlernte, den Bewohnern helfen wollte, sie nun endlich ihre Bestimmung gefunden hatte und sie ihre Liebe Levi gefunden hatte. Alles lief recht gut, als unerwartet und überraschend ihre Mutter aus London mit einer Segeljacht unter schwierigen Umständen und mit einem haltlosen Trick trotz der Anlandungsschwierigkeiten auf Tuga erscheint. Ihre Mutter, Lucinda Compton-Neville, eine sehr erfolgreiche Anwältin, wollte und konnte es nicht tolerieren, dass Charlotte auf der Insel bleiben wollte. Mit ihrem Erscheinen wollte sie ihre Tochter zur Rückkehr nach London bewegen. Aber damit beginnen Unannehmlichkeiten, Ausflüchte, schwierige Gespräche, eine emotionale Hin- und Hergerissenheit für Charlotte, sowie Uneinsichtigkeit, respektloses Verhalten, Rechthaberei und abfälliges Verhalten von Lucinda gegenüber ihrer Tochter Charlotte und den Bewohnern Tugas. Ein Mutter-Tochter-Verhältnis was nicht schwieriger sein könnte. Es geschehen aber noch reichlich Abenteuer mit Inselbewohnern, vor allem mit Anni Gos , die ihren gleichaltrigen Familienfreund Alex dos Santos sehr vermisst, und auch kein Verständnis dafür hat, dass er nach London auf ein Internat zum Lernen gegangen ist. Seine schwerkranke Mutter wurde auch zu einer Operation nach London gebracht und erholt sich nun dort für einen längeren Zeitraum. Katie, die Exverlobte vom Inselarzt Dan, die extra wegen ihm nach Tuga auswanderte, hat auch ihren Lebensmittelpunkt auf Tuga gefunden. Und so erfahren wir neben schwierigen Mutter-Tochter-Verhältnissen, auch schöne Begebenheiten der Inselbewohner. Sie nehmen uns mit in den schwierigen Alltag, zeigen aber auch, wie eng der Zusammenhalt und die Hilfe untereinander ist. Ich möchte nichts weiter von den Erlebnissen und den Bewohnern vorab verraten, ich finde der Leser sollte sich selbst ein Bild von der einzigartigen Natur, von den Menschen, ihren Berufen, ihrem Erfindergeist und dem harten Leben machen. Hilfreich ist es, den ersten Band zu lesen. Zu Beginn des ersten und auch bei diesem werden die handelnden Personen namentlich genannt und deren Status beschrieben. Bei den doch recht vielen Namen, wer wie zu wem gehört, ist es eine Hilfe, den Roman leichter lesen zu können.
Der Schreibstil ist etwas flüssiger als im ersten Roman. Einfach und verständlich.
Auch wenn Tuga eine fiktive Insel in der Südsee ist, lässt sich das Leben der Inselbewohner nachvollziehen. Die weiterführende Geschichte hat mir gut gefallen, es ist wieder eine Mischung aus Fernweh, aus den tagtäglichen Sorgen der Inselbewohner, aber auch der Fröhlichkeit und des Charmes dieser Menschen. Themen wie Nachhaltigkeit, Minimalismus, Erhaltung der Natur und die Aufgabe die Artenvielfalt zu erhalten und keine invasiven Tiere und Pflanzen auf der Insel zu beheimaten werden auch in der Geschichte angesprochen.
So wie der erste Roman bei mir viele Fragen offenließ, deren Antworten ich dann übrigens im zweiten Roman bekam, so endet auch dieser. Charlotte ist glücklich auf Tuga. Der Leser ist aber bereits über neue Tatsachen informiert, die mit Sicherheit dann im hoffentlich bald folgenden dritten Roman fortgeführt werden.

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Veröffentlicht am 02.07.2025

Sybille, Pflägerin mit Herz

Sie haben Ihr Toupet ins Glücksrad geschmissen
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Mit dem neuen Buch von Ramona Schuhkraft, Sie haben ihr Toupet ins Glücksrad geschmissen, kommt der Leser nun schon zum dritten Mal in den Genuss eines sehr unterhaltsamen Romans über das Seniorenheim ...

Mit dem neuen Buch von Ramona Schuhkraft, Sie haben ihr Toupet ins Glücksrad geschmissen, kommt der Leser nun schon zum dritten Mal in den Genuss eines sehr unterhaltsamen Romans über das Seniorenheim „Sonnenuntergang“ mit seinen uns nun schon bekannten Bewohnern und den Pflägekräften um Sybille Bullatschek. Als ich den Titel des neuen Buches gelesen habe, bekam ich gleich „Kopfkino“, denn im Hinterkopf lief der Film über das Seniorenheim ab und ich las die Seiten im Dialekt von unserer Pflägerin der Herzen Sybille. Daran erkennt man, welch bleibenden Eindruck das 2.Buch (Sie haben ihren Rollator beim Zumba vertauscht) , das ich mir anhörte, bei mir hinterlassen hatte. Das Cover fügt sich wieder perfekt in die Reihe um das Seniorenheim ein, herrlich bunt und natürlich mit Sybilles wilder Hochsteckfrisur. Ich war echt auf die Fortsetzung in Form einer neuen Geschichte mit altbekannten Bewohnern gespannt. Um dem Pflegeheim zu neuen finanziellen Mitteln zu verhelfen, meldete Sybille Bullatschek ihr Pflegeheim bei einer großen Quizshow an. Da sie selbst Fan von bekannten Quizshows ist und eigentlich auch darauf brannte, selbst einmal einen Auftritt im TV zu haben, meldete sie das Seniorenheim zu einem neuen TV-Format, einem Ü80 – Quiz an. 50.000 € zu gewinnen wäre doch ein Traum! Hinter dem Rücken vom Leiter des Seniorenheimes Herrn Otterle organisierte sie alles. Die Senioren überschlugen sich im Quizzen an den beliebten Nachmittagen, lernten und stritten schon vorab, wer denn das Heim vertreten sollte. Wer schon Sybille kennengelernt hat, weiß um ihre magische Anziehungskraft von kleinen bis größeren Katastrophen, Fettnäpfchen und ihren überaus herzlichen Humor und ihre Selbstironie, wie sie versucht jeden Schlamassel irgendwie zu retten. Damit im Roman keine Langeweile aufkommt, gibt es wieder parallel noch Geschichten um Sybilles Privatleben. Diesmal soll sie den Wellensittich Bulli ihrer Nachbarn Familie Kotterer während deren Urlaub betreuen. Dazu kommt noch ein attraktiver Franzose Jean-Luc, der vorübergehend wegen eines Arbeitsaufenthaltes in der Wohnung von Kotterers wohnt. Was Sybille, Bulli und Jean-Luc alles erleben, ist gelebter Wahnsinn.
Das Seniorenheim Sonnenuntergang wurde gemeinsam mit dem Konkurrenzheim Rosenhof und einem dritten Heim zur Sendung eingeladen. Alle Beteiligten Heime traten gegeneinander an. Die Fragen waren aus allen möglichen Themengebieten, Geschichte, Musik, Adel…Die Senioren Frau Bäuerle, Frau Spielmann und Herr Junghans brillierten mit ihren Antworten und auch Sybille, die als Joker fungierte. Was es nun mit Rolf, dem Toupet, und dem Glücksrad auf sich hatte, einem besonderen Mandelkuchen und Dulli, verrate ich nicht. Wer mal wieder richtig lachen möchte, vielleicht eine leichte Urlaubslektüre sucht, ist mit diesem Buch bestens beraten! Die Mischung aus Humor und Ernsthaftigkeit macht auch das dritte Buch zu einem echten Lesevergnügen. Man sollte die Geschichten nicht zu ernst nehmen, man sollte auch an den zum Teil bestimmt schwierigen Arbeitsalltag von Pflägekräften denken, denn auch davon gibt es einiges zu erfahren. Die Sprache ist einfach, ganz so wie Sybille der Schnabel gewachsen ist, direkt, witzig, chaotisch, lustig. Die Dialoge sind teils urkomisch, schlagfertig und nie langweilig. Ich kann auch dieses Buch jedem empfehlen, der auf der Suche nach einer erfrischenden Perspektive auf das Älterwerden ist. Ich habe zeitweise Tränen gelacht!

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Veröffentlicht am 14.06.2025

Unbedingt positiv denken

Morden in der Menopause mit dem richtigen Mindset
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Im Mittelpunkt des amüsanten Romans steht Liv. Die Endvierzigerin mit ausgeprägten Problemen während der Menopause ist den Lesern des ersten Buches bereits gut bekannt. Ich hatte auf eine schnelle Fortsetzung ...

Im Mittelpunkt des amüsanten Romans steht Liv. Die Endvierzigerin mit ausgeprägten Problemen während der Menopause ist den Lesern des ersten Buches bereits gut bekannt. Ich hatte auf eine schnelle Fortsetzung des ersten Buches gehofft und bin nicht enttäuscht worden. Auch wenn diesmal die Handlung etwas „ruhiger“ und Liv nicht ganz so hektisch von einer Katastrophe in die Nächste katapultiert wird, ist diese sehr amüsant und mit reichlich Witz versehen. Was erwartet denn nun eigentlich den Leser? Liv ist seit kurzem wieder voll berufstätig und geht als Küchenplanerin in ihrem Job voll auf. Ihr Ehemann Jörn hat leider seinen Job verloren und übernimmt seitdem die Aufgaben im Haushalt und Garten, kümmert sich um die drei pubertierenden Kinder und seine betagten Eltern. Allerdings hat Jörn andere Auffassungen von Haushaltsarbeit und in den Augen von Liv läuft das alles nicht nach ihren Vorstellungen. Da bleibt doch tatsächlich das Unkraut in den Rasensteinen der Einfahrt stehen, und wie räumt er den Geschirrspüler ein…Tatsachen, die wir Frauen doch alle kennen dürften und die hier aber mit ausgefeiltem Witz so ganz nebenbei erwähnt werden. Liv hatte sich vorgenommen ein positives Mindset an den Tag zu legen. Sich bei der Polizei zu stellen und die Morde, die ja alle ausversehen und unplanmäßig im Band eins passiert waren, war keine Option. Schließlich sollten ihre Kinder nicht traumatisiert werden und Jörn brauchte sie doch auch. Also wollte Liv das alte Leben hinter sich lassen, wenn da nicht wieder die nächsten Hindernisse in Form von neuen Herausforderungen im Weg stehen würden. Da holt Liv doch tatsächlich eine Begebenheit aus Band eins sie ein: der Chef des abgebrannten Shania ist doch nicht tot, sondern sitzt im Rollstuhl und erkennt seine „Angreiferin“ wieder: Liv. Und so beginnt sich bereits die erste Katastrophe anzubahnen, der weitere Folgen sollen. Da Liv aber nicht alleine handeln kann und dringend Hilfe braucht, nimmt sie ihre Schwiegermutter Marlies, die eigentlich für ihre giftpfeilartigen Sprüche bekannt ist, und Iza, eine ehemalige Prostituierte und mittlerweile Pflegekraft bei Livs Schwiegereltern, mit ins Chaosboot. Denn wie immer gibt es ein Problem, wohin nur mit der Leiche. Die Ereignisse überschlagen sich und führen schlussendlich zu Livs Einsicht, dass es nun dank ihrem neuen Mindset endlich vorbei ist mit den Morden, mit den schlaflosen Nächten und schlechtem Gewissen. Endlich hat sie ihre Lieben wieder um sich, Jörn, die Schwiegereltern, Iza und die pubertierenden Kinder. Ein Wintergrillen im November stand schon lange aus und scheinbar war nun alles im reinen, wenn „aber etwas in ihr sagte, dass es anders kommen wird“. Ich glaube, das war noch nicht alles von Liv, bleiben wir gespannt, ob und wie es weitergeht, ich jedenfalls würde mich auf einen Folgeroman freuen.
Auch dieses Mal ist das Cover recht einfach, aber mit Wiedererkennungspotential, gehalten, nach dem Lesen des Romans erkennt man den eigentlichen Sinn: Die Lotusblume steht hier in übertragenem Sinne für das positive Mindset, wenn da nicht noch dieser Blutfleck wäre…
Klare Leseempfehlung, allerdings sollte man den ersten Teil unbedingt vorher lesen.

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Veröffentlicht am 14.06.2025

Da tun sich Abgründe auf

Am Meer ist es schön
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Das Cover vermittelt den Eindruck, dass ein kleines Mädchen Urlaub an der Nordsee macht. Sie scheint glücklich zu sein und lacht in die Kamera. Aber was hat sie wirklich erlebt? Der Klappentext und die ...

Das Cover vermittelt den Eindruck, dass ein kleines Mädchen Urlaub an der Nordsee macht. Sie scheint glücklich zu sein und lacht in die Kamera. Aber was hat sie wirklich erlebt? Der Klappentext und die Leseprobe geben erste Einblicke in eine Zeit mit Missständen, seelischen und körperlichen Misshandlungen an Kindern, die sich nicht wehren konnten und die ja in Kureinrichtungen waren, um Krankheiten, Asthma oder Allergien auszuheilen. Ein schwieriges und sehr emotionales Thema, das von vielen lieber verschwiegen wurde. Nur gut, dass in so schwierigen Zeiten Freundschaften entstehen und über schlimme Zeiten helfen. Wie können Kinder mit derartigen Erlebnissen umgehen? Barbara Leciejewski widmet sich in ihrem aktuellen Roman diesem wichtigen Thema, das erst in den letzten Jahren Aufmerksamkeit bekommen hat, weil Betroffene ihre furchtbaren Erlebnisse öffentlich machen und endlich Aufarbeitung dieses dunklen Kapitels stattfindet. Ich wusste bis vor kurzem auch nichts von den Verschickungskindern, wenn ich nicht eine Reportage im Fernsehen gesehen hätte, die mich sehr betroffen gemacht hat. Mit dem Roman von Barbara Leciejewski wollte ich mehr über die Menschen erfahren, die erstens diese Gewalt an den ihnen anvertrauten Kindern ausübten und zweitens wie es den Kindern dabei erging.
Der Roman hat eine zeitliche Aufteilung, einmal das Jahr 1969, als die damals neunjährige Susi, die Hauptprotagonistin, in das Kurheim „Haus Morgentau“ verschickt wurde und das Jahr 2018, als Susi ihre 87-jährige demente Mutter Luise im Pflegeheim besucht. Zwischen diesen Jahren bewegen sich die Kapitel, einmal im Rückblick, einmal in der Gegenwart.
Der Roman beginnt mit der freudigen Nachricht der Eltern, dass der Kinderarzt für die schmächtige Susi einen Kurplatz hat. Alle freuen sich für Susi, die Eltern, die Oma und ihre beiden großen Geschwister Edith und Wolfgang. Der Abschied fällt schwer. Aber sechs Wochen sind doch nicht lang und wenn du zurückkommst, sehen wir uns alle die erste Mondladung, so der Vater. Die Zugfahrt wird von einer „Tante“ des Kurheimes begleitet. Der Zug ist voll von Verschickungskindern, die bei Ankunft an der Nordsee auf viele Kurheime verteilt werden. Susi hat Glück und sitzt gleich im richtigen Abteil, in dem sie erste Kontakte zu Moni und Rüdiger knüpft. Sie kümmern sich auch um einen ganz kleinen fünfjährigen völlig verstörten kleinen Jungen Holger, der seinen Eltern förmlich entrissen wird und nur weint. Im Kurheim angekommen, lernt sie Matti kennen, der bereits eine Kurverlängerung bekommen hat, nicht weil er so krank ist, sondern aus erzieherischen Maßnahmen heraus. Er hilft den Neuankömmlingen und gibt Hinweise auf das was sie erwartet: harte Bestrafung, Demütigung, Essenszwang, Toilettenverbot und Misshandlung. Das schmiedet die vier von Anbeginn zusammen und eine Freundschaft, die in dem Kurheim lebenswichtig wird, entsteht.
Susannes Mutter Luise liegt im Pflegeheim und ihr Zustand ist besorgniserregend schlecht, so dass die Heimleitung Susi Bescheid gibt. Gemeinsam mit ihrer Tochter Julia besucht sie die Mutter, die trotz ihrer Demenz Susi um Entschuldigung bittet. Warum eigentlich? Damit beginnt eine Art „Aufarbeitung“ der Geschehnisse von 1969 im Kurheim. Julia ist auch sehr daran interessiert, davon zu erfahren, denn sie weiß um die ungeklärten nächtlichen Albträume und Schreie ihrer Mutter. Susanne informiert ihre Geschwister Edith und Wolfgang über den Zustand der Mutter, so dass diese angereist kommen und nun ebenfalls Susis dramatischen, unfassbaren und zerstörenden Berichten ihres damaligen Kuraufenthalts zuhören. Wichtig ist für Susanne von ihrer Mutter zu hören: ich habe dir geglaubt. Fünfzig Jahre hat es gedauert, bis das unfassbare ausgesprochen wird, fünfzig Jahre lang hat Susanne versucht die Erinnerungen zu verdrängen, auch deshalb, weil ihr vor fünfzig Jahren NIEMAND geglaubt hat, was sie erleben musste. Durch den nahenden Tod ihrer Mutter Luise hat sich die Familie wiedergetroffen, die durch die Jahre entfremdeten Geschwister haben wieder zueinander gefunden, jeder hat von jedem aus deren Leben erfahren, was Jahrzehnte nicht möglich war. Die Gründe dafür erfährt der Leser, in dem auf jeden einzelnen etwas eingegangen wird. Auch wenn die eigentliche schwer zu ertragende Thematik des Romans den Hauptteil einnimmt, so wird dies durch die Zeitebenen, durch die Erzählungen Susannes an Luises Bett, dem unglaublich großen Verständnis und zurückhaltender Neugier von Tochter Julia, abwechslungsreich und informativ. Ein Höhepunkt ist auch die Unterhaltung zwischen Susanne und ihrer Tochter Julia, bei der Julia erfährt wer ihr Vater ist. Neben den schweren Entscheidungen und Erlebnissen, die dem Leser in diesem Roman vermittelt werden, gibt es auch diese kleinen fast romantisch anmutenden Augenblicke.
Ein Roman, der mich sehr bewegt hat. Die Antwort auf meine erste Frage zum Roman wurde leider nur etwas durch Rüdiger beantwortet, der auf einem Treffen der Verschickungskinder nach über fünf Jahrzehnten kleine Einblicke gab, was es für Hintergründe gab, dass die „Tanten, Ärzte und Heimpersonal“ derart unfassbar mit den ihnen anvertrauten Kindern umgegangen sind. Wahrscheinlich wurde den meisten Kindern wirklich nicht geglaubt, was sie zu Hause erzählten, denn auf den Ansichtskarten stand doch : „Am Meer ist es schön“.

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Veröffentlicht am 10.06.2025

Eine Lesereise der anderen Art,kein Reiseführer

Lesereise London
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Die Lesereise London von dem Journalisten Reinhard Keck bringt dem Leser London auf besondere und unterhaltsame Art näher. Aus dem Cover treffen traditionsreiches Gebäude auf Moderne (The Gherkin).
Es ...

Die Lesereise London von dem Journalisten Reinhard Keck bringt dem Leser London auf besondere und unterhaltsame Art näher. Aus dem Cover treffen traditionsreiches Gebäude auf Moderne (The Gherkin).
Es ist kein klassischer Sachbauch-Reiseführer, sondern hier reihen sich Erlebnisse und Geschichten, die Reinhard Keck selbst erlebt hat und die ihm und uns die Vielfalt dieser Millionenstadt vielleicht auf eben diese andere Art sympathisch macht. Hier kommt der Journalist auch zum Tragen, denn dank seinem Spürsinn schildert Keck dem Leser in zehn zum Teil tiefsinnigen Geschichten über ebenso verrückte wie leidenschaftliche Bewohner der europäischen Metropole seine Beobachtungen.
Der Schreibstil ist einfach, leicht verständlich und auch witzig. Wer jetzt einen Reiseführer erwartet hat, in dem er Insidertipps für Sehenswürdigkeiten, Ausflüge oder ausgefallene Restaurants serviert bekommt, ist vielleicht enttäuscht. Wer aber eine unterhaltsame Ergänzung zu einem Reiseführer sucht und so einige Informationen zum Leben in London erfährt, findet dieses Buch bestimmt anregend und wissenswert.

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