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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 31.07.2023

Anfang und Ende des Romans sind gelungen

Der Frühling ist in den Bäumen
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Auf den Roman „Der Frühling ist in den Bäumen“ habe ich mich sehr gefreut. Bereits die Leseprobe hatte mich überzeugt, vom Cover ganz zu schweigen. Ich hätte das Buch in der Buchhandlung ohne weiteres ...

Auf den Roman „Der Frühling ist in den Bäumen“ habe ich mich sehr gefreut. Bereits die Leseprobe hatte mich überzeugt, vom Cover ganz zu schweigen. Ich hätte das Buch in der Buchhandlung ohne weiteres gekauft.
Die Autorin Jana Revedin erzählt darin die Geschichte ihrer Mutter, vordergründig auf den 1. Mai 1953 konzentriert, mit immer wiederkehrenden Rückblicken. Es ist eine verstörende Geschichte, ein Einblick in die Hölle eines Ehelebens, aber auch gleichzeitig ein Aufruf, sich zu befreien und das eigene Leben in die Hand zu nehmen.
Auch ich gehöre zu den Lesern, die die Erzählung durchaus intensiv empfinden, doch fehlte mir für eine höhere Bewertung eine bessere Herausarbeitung einiger für mich relevanteren Themen wie z. B. die Gründung und der Werdegang der Frauenzeitschrift „Lady“. Sehr schade, denn Anfang und Ende des Romans waren durchaus sehr gelungen.

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Veröffentlicht am 19.07.2023

Ein Segeltörn mit Folgen

In blaukalter Tiefe
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5 Personen brechen zu einem Segeltörn auf. Caroline und ihr Mann Andreas, Tania und ihr Partner Daniel und der Skipper Eric. Es soll in die schwedischen Schären gehen auf 10 unvergessliche Sommertage. ...

5 Personen brechen zu einem Segeltörn auf. Caroline und ihr Mann Andreas, Tania und ihr Partner Daniel und der Skipper Eric. Es soll in die schwedischen Schären gehen auf 10 unvergessliche Sommertage. Doch von Anfang an braut sich etwas zusammen, zuerst nicht klar definierbar, bis die Katastrophe über alle Bordinsassen hereinbricht.

Meine persönlichen Leseeindrücke

Ich spüre sofort, dass die Autorin sich mit Segeln auskennt. Sie heißt micht mit den Seglern an Bord willkommen, erklärt wie es auf der eleganten "Querelle" räumlich aussieht und führt in die Arbeit des Segeln ein. Denn Segeln verlangt tatsächlich Mithilfe, also Ausspannen und Relaxen ist Fehlanzeige. Dazu stellt sie jeden Protagonisten vor, das bindet sie geschickt in die Segelaktivität ein und so ist die Geschichte eigentlich angenehm und leicht zu lesen. Sie fängt die angespannte Stimmung sehr gut ein, die von Anfang an auf dem Boot und zwischen den Protagonisten herrscht. Ich spüre tatsächlich die Anspannung und das Zusammenbrauen eines Sturmes, der bald auf alle hereinbrechen wird. Und dennoch, leider, konnte mich die Erzählung zu keiner Zeit so richtig packen - ich quäle mich stückweise durch die Seiten und der Segeltörn wird auch für mich ein Leseschrecken.

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Veröffentlicht am 14.07.2023

Ein toller neuer Fall für Commissario Grauner

In tiefen Seen
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Am Rande eines Waldes stehen Commissario Grauner und sein neapolitanischer Kollege Saltapepe vor der grausam zugerichteten Leiche eines Mannes. Im nahegelegenen Dorf hüllen sich die Bewohner in Schweigen. ...

Am Rande eines Waldes stehen Commissario Grauner und sein neapolitanischer Kollege Saltapepe vor der grausam zugerichteten Leiche eines Mannes. Im nahegelegenen Dorf hüllen sich die Bewohner in Schweigen. Niemand will den Toten, einen verarmten Maler, näher gekannt haben. Erst ein Kunstexperte liefert den entscheidenden Hinweis: Die Inszenierung der Leiche ist dem Gemälde Botticellis Venere nei boschi - Venus im Wald nachempfunden, das seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs als verschollen gilt. Während Saltapepe bis nach Florenz fährt, um mehr über die Geschichte des Gemäldes herauszufinden, ermittelt Grauner in den Tiefen eines Bergwerks. Als ein dunkles Grollen ertönt, ahnt er, dass er dieses Mal zu viel riskiert hat.

Meine persönlichen Leseeindrücke
Dieser Band fängt mit einem Paukenschlag an! Ein grausamer Mord, grotesk inszeniert wie ein Gemälde, und ein Tal, das schweigt, bringen Commissario Grauner durch seine Ermittlungen in Gefahr. Die Kunstszene, die in Südtirol eher ein Schattendasein fristet, rückt ins Rampenlicht und mit ihr Verbrechen längst vergangener Tage. Wer den Schneeberg kennt, der das hinterste Passeiertal mit dem Ridnauntal verbindet, und auch das ein oder andere Museum besucht oder eine Bergwerkbesichtigung erleben durfte, kann sich hier im 8. Südtiroler Kriminalfall örtlich sehr gut zurechtfinden. Lenz Koppelstätter ist mit der Verbindung von Kunst und Geologie ein durchaus cleverer Schachzug gelungen, der die Ermittlungen in zwei interessanten Fachgebiete führt. Da passen die kurzen Kapitel mit wechselnden Schauplätzen und Handlungssträngen und die zeitliche Einteilung. Das Tempo ist durchwegs hoch und das Buch liest sich ausgenommen gut und schnell.
Anders als in den vorherigen Büchern scheint Commissario Grauner in diesem Fall eine eher zurückhaltende Rolle einzunehmen. Grauners Assistenten Ispettore Saltapepe und Silvia Tappeiner sowie Staatsanwalt Belli treten hingegen eindeutig in den Vordergrund. Wenngleich die Krimis bis jetzt auf Grauners Charakter zugeschnitten waren, hat das Trio die __ toll übernommen und überzeugt. Wie es mit dem Commissario weitergeht und ob sich das flippige Bauernhofprojekt von Grauners Tochter bald umsetzen lässt bleibt momentan noch offen. Ich bin gespannt, wie es weitergeht: der 9. Fall erscheint im Januar 2024.

Fazit
Im bisher 8. Fall des Commissario Grauner und seinem Team geht es um Kunstschätze, die während des 2. Weltkrieges in den Südtiroler Bergen versteckt wurden. Nachdem Grauner mit seinen Ermittlungen in Gefahr gerät, übernehmen Ispettore Saltapepe mit seiner Kollegin Silvia Tappeiner und Staatsanwalt Belli die Aufklärung. Ein toller neuer Fall!

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Veröffentlicht am 11.07.2023

Gotthardtunnel - die Realisierung eines Jahrhundertprojektes

Bergleuchten
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„Bergleuchten" der Autorin Karin Seemayer erzählt von der 10 Jahre dauernden Realisierung des 17 km langen Gotthardtunnels, die 1872 unter der Leitung von Louis Favre in Angriff genommen wird. Das Vorhaben ...

„Bergleuchten" der Autorin Karin Seemayer erzählt von der 10 Jahre dauernden Realisierung des 17 km langen Gotthardtunnels, die 1872 unter der Leitung von Louis Favre in Angriff genommen wird. Das Vorhaben stößt nicht nur auf Zustimmung, sondern kritisch sehen die Fuhrunternehmen den Bau, die mit ihren Pferdekutschen für den Warenaustausch von Nord nach Süd über den Gotthardpass ein einträgliches Geschäft haben. Sie fürchten um ihre Existenz und proben den Widerstand. Doch kann der Fortschritt nicht aufgehalten werden und als erster entschließt sich der Fuhrunternehmer Franz Herger, für die Gotthardbahngesellschaft zu arbeiten.
Rund um das 10jährige Großereignis des Gotthardtunnelbaus erzählt Karin Seemayer eine ansprechende Geschichte, die sich an tatsächliche Ereignisse und Personen anlehnt. Symbolisch verbindet sie den Einschnitt in den Berg mit den Umbruch im Leben der eher verschlossenen Berglandschaft. Äußerst informativ und gut recherchiert ist die Schilderung der Planung und Realisierung des Jahrhundertwerkes und die Darstellung der schwierigen Lebensbedingungen der italienischen Arbeiter. Auch die gesellschaftlichen Veränderungen in dem 300 Seelendorf Göschenen, das innerhalb kürzester Zeit weit mehr als 1000 Einwohner zählen wird, ist authentisch getroffen. Der gute lineare Aufbau des Romans, die treffenden Landschafts- und Personenbeschreibungen, die Einblicke in das Leben in dem engen Tal mit seinen strengen Sitten und die Wandlung, die durch die Zuwanderung der Arbeiter einhergeht, machen die Geschichte attraktiv und spannend. Dass der Roman auch eine Liebesgeschichte mit genügend Dramatik bietet, ist für viele Leser sicher ein Schmankerl und rundet die Geschichte zudem emotiv ab.

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Veröffentlicht am 04.07.2023

Eine radikale Darstellung eines selbstzerstörerischen Psychogramms eines modernen Antihelden

Knut Hamsun: Hunger (Deutsche Ausgabe)
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Klappentext der Anaconda Ausgabe von 2023:
Es war in jener Zeit, als ich in Kristiania umherging und hungerte, in dieser seltsamen Stadt, die keiner verlässt, eher er von ihr gezeichnet worden ist ….
Mit ...

Klappentext der Anaconda Ausgabe von 2023:
Es war in jener Zeit, als ich in Kristiania umherging und hungerte, in dieser seltsamen Stadt, die keiner verlässt, eher er von ihr gezeichnet worden ist ….
Mit diesen Worten beginnt der große Roman des norwegischen Literaturnobelpreisträgers Knut Hamsun, mit dem ihm 1880 der Durchbruch gelang. Atemlos verfolgt der Leser, wie ein namenloser, erfolgloser Journalist und Schriftsteller durch Kristiania, das heutige Oslo, treibt und dabei mehr und mehr in Elend gerät. Obdachlos hungert, friert, fantasiert er durch die Straßen. Die Außenwelt, Scham und Stolz verstellen ihm den Weg in ein gesichertes Leben.
Hunger ist ein radikaler Roman und Meilenstein modernen Erzählens, der bis heute seine Leser zeichnet.

Meine persönlichen Leseeindrücke
Lieblingsbücher sind Bücher, die einen finden. Das sind nicht unbedingt die besten oder Lesehighlights, sondern jene, die für einen geschrieben sind. Ich habe nur wenige Lieblingsbücher: Radetzkymarsch – Deutschstunde – Leinsee und ab nun auch Hunger.
Hamsun, sagt Roger Willemsen, kann etwas, was nur große Schriftsteller zustande bringen: Er hat die große Fähigkeit die Geschichte zu erzählen, die er nicht erzählt. So ist es in „Hunger: Er schreibt über den namenlosen Protagonisten und seine Schwierigkeiten, mit seinem Können Geld zu verdienen und in diese Erzählung schleicht sich eine zweite ein, mit dem Hunger in der Hauptrolle. Wie Hamsun die Veränderung des Protagonisten schonungslos offenlegt, sein Innerstes entblößt und die Anstrengungen, die der Protagonist unternimmt, um den damaligen gesellschaftlichen Regeln zu genügen, ist erschütternd. Der Protagonist verfällt in den Wahnwitz des Hungers, wird leer und schmerzfrei. Sein Wahnsinn wird ein Delirium der Schwäche und der Erschöpfung und die Sorge wahnsinnig zu werden, verstört ihn zutiefst. Zu der geistigen Auswirkung kommt die körperliche hinzu, die ihn entstellt, sodass die Leute auf der Straße bei seinem Anblick erschrecken.
Der Protagonist ist sich seiner Situation durchaus bewusst. Diese Selbstreflexion der Demütigung und Entehrung, die der verarmte Journalist erfährt, wird von Hamsun nicht expressiv erzählt, sondern aus den Zwischenräumen herausgearbeitet. Das macht die Größe aus und das ist das Radikale an Hamsuns Erzählkunst, mit welcher er die Moderne einläutet.
Hamsun gilt in Norwegen noch heute als größter Erzähler. Im deutschen Sprachraum hingegen ist er vergessen worden. Es wäre schön, wenn ich mit diesem Beitrag den einen oder anderen Literaturliebhabenden hiermit wieder auf ihn aufmerksam machen könnte.

Fazit
In seinem großen Roman „Hunger“ beschreibt Hamsun was es bedeutet, nichts zum Essen zu haben und was dieser Zustand mit dem namenlosen Protagonisten macht. Das Buch ist eine radikale Darstellung eines selbstzerstörerischen Psychogramms dieses modernen Antihelden.

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