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Maimouna19

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.12.2025

Spannend, aber kein Thriller

Belladonnas
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Die Zwillingsschwestern Julie und Chloe werden durch den tragischen Unfalltod ihrer Eltern als Kinder getrennt. Chloe scheint das große Los gezogen zu haben, wächst bei reichen Adoptiveltern in New York ...

Die Zwillingsschwestern Julie und Chloe werden durch den tragischen Unfalltod ihrer Eltern als Kinder getrennt. Chloe scheint das große Los gezogen zu haben, wächst bei reichen Adoptiveltern in New York auf und wird eine erfolgreiche Influencerin während Julie bei ihrer knausrigen Tante nebst fiesem Cousin in bescheidenen Verhältnissen lebt und sich mit einem miesen Kassiererinnenjob durchs Leben schlägt.
Die erste Begegnung der beiden nach 17 Jahren Trennung verläuft nicht gut, Julie wird von ihrer Schwester nur benutzt, um die eigenen Klickzahlen in den sozialen Medien in die Höhe zu treiben.
Doch eines Tage steht Julie vor der Leiche ihrer Schwester, nutzt die Gunst der Stunde und schlüpft in deren Identität. Recht schnell wird sie auch Mitglied der „Belladonnas“, einer eingeschworenen Gruppe von erfolgreichen Influencerinnen, zu denen auch Chloe gehörte.
Die Geschichte wird aus Julies Sicht erzählt, so dass die Leserschaft hautnah Julies Schuldgefühle und die ständige Angst, aufzufliegen und enttarnt zu werden, sehr gut nachvollziehen kann.
Gut gefallen hat mir auch Liann Zhangs Erzählstil: modern, direkt, packend, flüssig lesbar. Die Beschreibung der Influencer-Welt ist vielleicht etwas überzogen, aber so stelle ich es mir auch vor: oberflächlich, viel Schein, kaum Sein, Selbstvermarktung, alles was zählt sind Followerzahlen, Geld und Konsum – die virtuelle Welt der Social Media hat mit dem realen Leben nicht viel zu tun.
Die erste Hälfte des Buches fand ich noch recht spannend, doch in der zweiten Hälfte hat mich die Autorin total verloren. Spätestens als der Twist in Richtung abgefahrene Sekte und seltsame Rituale ging, war ich raus. Die Handlung wurde dann so abgedreht und wirr, dass es für mich nicht mehr nachvollziehbar war. Und auch das Ende fand ich höchst unglaubwürdig bzw. unrealistisch.
Insgesamt ist „Belladonnas“ für mich kein packender Thriller, sondern eher ein spannender, gut zu lesender Roman. Für ein Debüt nicht schlecht, aber doch mit Luft nach oben. Mit Sicherheit ist aber von Liann Zhang mehr zu erwarten. Bin durchaus gespannt auf weitere Bücher dieser Autorin, die hoffentlich folgen.

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Veröffentlicht am 20.11.2025

Politikerinnen hatten (und haben) es nicht leicht

Die Frau der Stunde
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Im Bonn der späten 1970er Jahre wird Catharina Busch, zu der Zeit eine der wenigen Frauen in der männerdominierten Politikerwelt, überraschend zur Außenministerin und Vizekanzlerin ernannt.
Der amtierende ...

Im Bonn der späten 1970er Jahre wird Catharina Busch, zu der Zeit eine der wenigen Frauen in der männerdominierten Politikerwelt, überraschend zur Außenministerin und Vizekanzlerin ernannt.
Der amtierende liberale Außenminister Helmut Busch, Catharinas Parteifreund, ist über eine Affäre gestolpert und nicht mehr im Amt zu halten. Um die Regierungskoalition nicht zu gefährden, erhält Catharina als „Lückenfüller“ seinen Posten. Der Plan der Herren in der Koalition ist allerdings, dass Busch das Amt wieder übernimmt, sobald genügend Gras über die Sache gewachsen ist. Doch nicht mit Catharina. Sie fühlt sich der Aufgabe durchaus gewachsen und ist sich sicher, dass sie sich gegen die politische Männerriege ihrer eigenen Partei, der Koalition und auch der Opposition behaupten kann. Catharina kennt sich aus im politischen Haifischbecken Bonns der 1970er Jahre, weiß um die Männer-Seilschaften und die Intrigenspiele. Mit Hilfe ihres Netzwerkes kompetenter Frauen (Freundinnen und Politikerinnen) gelingt es ihr, die eine oder andere Klippe zu umschiffen. In Catharinas Amtszeit fällt auch der Sturz des Schahs im Iran. Das gibt der Geschichte einen interessanten Kontrast – einerseits der Chauvinismus der bräsigen Herren in Bonn, auf der anderen Seite werden die Rechte der Frauen im Iran dank der Mullahs schwer eingeschränkt.
Heike Specht liefert einen sehr authentischen Einblick in die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse im Bonn der 1970er Jahre, als die Männer in verqualmten Sitzungszimmern die Politik bestimmten und Frauen kein Sachverstand zugetraut wurde. Kompetente Frauen werden als „unsympathisch“ eingestuft, Souveränität wird als „Kälte“ ausgelegt. Als selbstbewusste, intelligente Frau, die in einer offenen Beziehung, ohne Ehemann und Kind lebt, hat Catherina es nicht leicht. Und leider ist es auch 50 Jahre später immer noch so, dass Frauen und somit auch Politikerinnen sich weitaus mehr anstrengen müssen, um sich zu behaupten, ihr Lebensstil und ihre Art, sich zu kleiden, in der Öffentlichkeit mehr Interesse erregen als ihre politischen Positionen.
Insgesamt ist „Die Frau der Stunde“ ein atmosphärisch dichter Blick in die späten 1970er Jahre, nicht nur die Geschichte einer starken Frau, sondern ein Buch auch über Macht, politische Strukturen und Geschlechterrollen.
„Die Frau der Stunde“ hat mich von der ersten Seite an gepackt, ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen – klare Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 05.11.2025

Harte Realität

bruder, wenn wir nicht family sind, wer dann
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„bruder, wenn wir nicht family sind, wer dann“ schildert den Alltag von vier Osloer Jungs mit Migrationshintergrund. Ivor, der Ich-Erzähler, Marco, Arjan und Jonas, sind die Protagonisten, die in den Außenbezirken ...

„bruder, wenn wir nicht family sind, wer dann“ schildert den Alltag von vier Osloer Jungs mit Migrationshintergrund. Ivor, der Ich-Erzähler, Marco, Arjan und Jonas, sind die Protagonisten, die in den Außenbezirken Oslos, sozialen Brennpunkten, aufwachsen. Sie haben unterschiedliche Wurzeln, aber die gleichen Probleme. Zerrüttete Familien, die keinen Rückhalt bieten, fehlendes Geld, ständige Ablehnung – der Weg vom Schulschwänzer zum gewaltbereiten Drogendealer ist nahezu unausweichlich; Zukunftsträume werden wohl Träume bleiben.
Der Autor, Oliver Lovrenski, geboren 2003, wuchs in Oslo als Sohn kroatisch-norwegischer Eltern auf. "bruder, wenn wir nicht family sind, wer dann", ist sein autobiographischer Debütroman, den er teilweise auf dem Handy schrieb.
Der Text besteht aus kurzen, fast fragmentartigen Kleinstgeschichten, verzichtet auf Groß- und Kleinschreibung und korrekte Grammatik, die Zeichensetzung ist kreativ, so dass der Leser das Gefühl hat, die Handynotizen eines Jugendlichen zu lesen. Auch die Sprache ist eine echte Herausforderung, es ist der „Sound der Straße“, rau und ungeschliffen, ein Slang gespickt mit arabischen, kroatischen und somalischen Begriffen.
Sprache und Stil lassen die Geschichte krass authentisch erscheinen und haben mich so in den Bann gezogen, das ich das Buch kaum aus der Hand legen konnte.
Der Roman schildert brutal ehrlich die unschöne, harte Realität und die Perspektiv- und Hoffnungslosigkeit dieser Jugendlichen am Rande der Gesellschaft. Da fragt man sich schon, ob in unserer Gesellschaft nicht irgendetwas so richtig schief läuft!

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Veröffentlicht am 30.10.2025

Der Kampf um Freiheit und Selbstbestimmung

Im Herzen der Katze
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Jina, die Ich-Erzählerin von „Im Herzen der Katze“ ist die 1985 in Deutschland geborene Tochter iranischer Eltern. Sie sitzt in Frankreich vor ihrem Laptop, als sie durch die sozialen Medien vom Tod ihrer ...

Jina, die Ich-Erzählerin von „Im Herzen der Katze“ ist die 1985 in Deutschland geborene Tochter iranischer Eltern. Sie sitzt in Frankreich vor ihrem Laptop, als sie durch die sozialen Medien vom Tod ihrer 23jährigen Namensvetterin Jina Mahsa Amini erfährt. Die junge Frau wurde am 16. September 2022 von der iranischen Sittenpolizei in Teheran wegen eines angeblichen Verstoßes gegen die strengen Kleidervorschriften verhaftet. Schlägen und Misshandlungen ausgesetzt, fiel sie in ein Koma und verstarb wenige Tage später.
Der Tod Aminis löst Proteste und Kundgebungen für Freiheit und Selbstbestimmung im Iran aus. Jina, die Ich-Erzählerin verfolgt die Ereignisse über Instagram, besorgt um ihre Schwester Roya und deren Tochter Nika, die im Iran leben und sich den Protesten angeschlossen haben.
In Rückblenden erfahren die Lesenden/Hörenden von Jinas Reisen in den Iran. 2010 ist sie erstmalig in das Heimatland ihrer Eltern gereist, hat dort ihre Verwandten kennengelernt und eine Reise durch das Land unternommen. Sie erzählt von ihren gebildeten Tanten, die ein modernes, selbstbestimmtes Leben führten, bis das Mullah-Regime die Rechte von Frauen immer mehr einschränkte. Bei ihrer Rundreise durch das Land erfährt sie großzügige Gastfreundschaft und lernt die reiche Kultur des Iran kennen, wird aber auch Zeugin von Repression, Bespitzelungen und Bevormundung.
Jina Khayyer hat es mit ihrem Debütroman verdientermaßen auf die Longlist des Buchpreises 2025 geschafft. „Im Herzen der Katze“ ist nicht nur ein länderübergreifender Familienroman, der das Leben von 3 Generationen iranischer Frauen schildert, der Liebe zu ihrer Heimat, der Zerrissenheit und Entwurzelung der im Ausland Lebenden, der Unterdrückung der im Iran Lebenden und ihren – nicht ungefährlichen – Wegen, sich einen letzten Rest von Freiheit zu bewahren. Das Buch ist gleichzeitig eine Schilderung von Land und Leuten, von beeindruckenden Landschaften und jahrtausendealter Kultur. Neben diesen Eindrücken der Ich-Erzählerin erhalten die Lesenden/Hörenden auch einen Einblick in die politischen und historischen Ereignisse des Iran, über das Schah-Regime, die grüne Revolution bis hin zum menschenverachtenden Mullah-Regime der Gegenwart.
Auch wenn der Erzählstil von Khayyer neutral ist, ist man den Frauen sehr nahe, fühlt und leidet mit, bewundert sie für ihren Mut und ihre Stärke, ihren Kampf für Freiheit und Selbstbestimmung auch unter Lebensgefahr.
Sehr gut gefallen hat mir, dass hin und wieder persische Wendungen (inkl. Übersetzung ins Deutsche) benutzt wurden. Sie machen die Geschichte sehr authentisch und zeigen, was für eine melodiöse, bildreiche und poetische Sprache das Farsi ist. Noch deutlicher wird das in der Hörbuchversion, wunderbar vorgelesen von Pegah Ferydoni.
Insgesamt ist „Im Herzen der Katze“ ein großartiger Roman über Zugehörigkeit, Stärke, Sehnsucht und Freiheit, gleichzeitig poetisch und erschütternd aktuell. Klare Lese-/Hörempfehlung.

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Veröffentlicht am 27.10.2025

Überraschend unoriginell und langweilig

HEN NA IE - Das seltsame Haus
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In Uketsus „Das seltsame Haus“ wird der auf Okkultismus spezialisierte, freiberufliche Autor (und Ich-Erzähler der Geschichte) von einem Bekannten gebeten, sich den Grundriss eines Hauses anzusehen, das ...

In Uketsus „Das seltsame Haus“ wird der auf Okkultismus spezialisierte, freiberufliche Autor (und Ich-Erzähler der Geschichte) von einem Bekannten gebeten, sich den Grundriss eines Hauses anzusehen, das dieser zu kaufen beabsichtigt, dessen Grundriss aber einige Merkwürdigkeiten aufweist. Mit Hilfe eines befreundeten Architekten nimmt er sich dieser Aufgabe an.
Allein durch die Betrachtung der seltsamen Pläne dieses Hauses (später kommen weitere Häuser mit ähnlichen Merkmalen dazu) zieht der Architekt dann derart abstruse Schlussfolgerungen, dass sich einem die Haare sträuben.
Im weiteren Verlauf der Geschichte kommen noch Familiengeheimnisse, Folklore und rituelle Morde dazu, sehr verwirrend und ebenso wenig plausibel wie die Theorien zu den Grundrissen der Häuser.
Die Geschichte wird in Dialogform erzählt, angereichert durch (zu) viele Skizzen. Es bleibt kaum Raum zum Miträtseln oder Spekulieren, Erklärungen werden direkt mitgeliefert und die Dialoge beschreiben oft, was man ohnehin aus den Skizzen ersehen kann. Die Sprache ist insgesamt sehr schlicht, auch die Charaktere bleiben recht farblos. Das Buch hat mich an keiner Stelle gepackt oder gefesselt, von Spannung oder Tiefgang keine Spur.
„Das seltsame Haus“ ist der Debütroman von Uketsu, dem geheimnisvollen japanischen (Internet) Autor und maskentragendem YouTuber. In Deutschland kennt man ihn vor allem durch seinen zweiten Roman „Seltsame Bilder“, mit dem er die „Sketch Mystery“ hier bekannt gemacht hat.
Meine Erwartungen an „Das seltsame Haus“ waren recht hoch, da ich „Seltsame Bilder“ gelesen hatte und begeistert war von diesem erfrischend neuen und unkonventionellen Genre des „Sketch Mystery“. „Das seltsame Haus“ blieb leider weit hinter meinen Erwartungen zurück, war überraschend unoriginell und langweilig. Für mich war es eines der schlechtesten Bücher, das ich seit langem gelesen habe, eine unausgegorene, hanebüchene Geschichte, True Crime-, Horror- und Mystery-Elemente wild zusammengewürfelt. Uketsu-Fans werden es mögen, für mich war es nichts.
Wer sich mit dem Genre „Mystery Crime“ beschäftigen möchte und das Buch noch nicht kennt, dem empfehle ich „Seltsame Bilder“.

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