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Veröffentlicht am 16.04.2021

Der Kaffeegarten - Salz im Wind

Der Kaffeegarten. Salz im Wind
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Handlung
Sylt 1914
Elin und Matei sind Waisen, aber trotzdem voller Liebe und Aufmerksamkeit aufgewachsen. Sie haben ein neues Zuhause beim Kapitäns-Ehepaar Hansen in Keitum gefunden, wo sie zu jungen ...

Handlung
Sylt 1914
Elin und Matei sind Waisen, aber trotzdem voller Liebe und Aufmerksamkeit aufgewachsen. Sie haben ein neues Zuhause beim Kapitäns-Ehepaar Hansen in Keitum gefunden, wo sie zu jungen Damen herangewachsen sind. Diese Idylle ändert sich schnell, als Paul Hansen überraschend stirbt und sich herausstellt, dass sein Vermögen arg zusammengeschrumpft ist.
Um ein Auskommen zu finden entscheiden die Schwestern zusammen mit ihrer Ziehmutter Anna, dass sie Zimmer an Künstler vermieten wollen. Und schließlich kommt noch eine Idee auf, von der schnell alle begeistert sind: Ein Kaffeegarten soll eröffnet werden. Schon nach kurzer Zeit können sich die Damen über zahlreiche Gäste freuen und auch das Haus wirkt durch die Gäste wieder belebter, fröhlicher. Doch gerade, als alles rund läuft und es für die Hansens immer mehr Lichtblicke gibt, beginnt sich der Erste Weltkrieg anzukündigen...

Meinung
Ich mag das Cover unglaublich gern. Es ist absolut stimmig und passend, eine wunderschöne Szenerie wurde dargestellt und anhand der gemütlichen Farben wirkt das Bild sehr einladend und idyllisch.
Es wird eine Szene gezeigt, die wahrscheinlich auf Sylt verortet wird. Man sieht sowohl das Meer, als auch einen Strandabschnitt, sowie einen niedlichen Weg, der sich über die Dünen zieht und an dem viele leicht rosa angehauchte Pflanzen wachsen. Die Mitte des Bildes nehmen zwei Damen ein, wahrscheinlich handelt es sich bei ihnen um Matei und Elin. Sie sieht man lediglich von hinten, aber sie gliedern sich gut in das Bild ein.
Der Titel, sowie der Untertitel wurde in Farben gehalten, die bereits im Cover vorkommen, nämlich bei den Röcken der beiden Damen. Auf diese Weise passen die ganzen Details, aber auch die Farben perfekt zusammen und ich empfinde das Gesamtbild einfach traumhaft und wunderschön!

Von Anke Petersen kenne ich bereits ihre Hotel Inselblick-Reihe, aber auch andere Werke unter anderen Pseudonymen habe ich von ihr bereits gelesen. Und bisher konnte sie mich mit jedem Buch überzeugen und ich hatte durchweg schöne und interessante Stunden mit der Lektüre. Als ich nun in der Verlagsvorschau die Ankündigung für ihr neues Werk erblickt habe, war ich sehr gespannt darauf und auch die Inhaltsangabe konnte mich direkt überzeugen. Daher wanderte der Titel schnurstracks auf meine Wunschliste und ich bin sehr glücklich gewesen, den Roman vom Droemer Knaur Verlag als Rezensionsexemplar erhalten zu haben. Dafür auch an dieser Stelle nochmals mein herzliches Dankeschön!

Noch bevor ich mit dem Lesen begonnen habe, ist mir direkt ein sehr schönes und hilfreiches Detail ins Auge gesprungen. Vor dem Beginn von neuen Kapiteln wurde stets der Handlungsort (allesamt Orte auf Sylt), sowie das Datum der folgenden Seiten genannt. Auf diese Weise kann man genaustens verfolgen, wo die Geschichte gerade spielt und welche Entfernungen teils zurückgelegt werden. Außerdem besitzt man immer einen zeitlichen Überblick, kann genaustens schauen, wie viel Zeit seit dem Beginn des Buches vergangen ist und wie sich die Charaktere über die Jahre entwickeln. Zudem kann man darüber nachdenken, was für geschichtliche Ereignisse im Folgenden auf die Insel und ihre Bewohner zukommen könnten.
Kurz gefasst ist die Zeitangabe, aber auch die Nennung des Handlungsortes ein sehr hilfreiches Detail, gerade zeitlich hätte ich wahrscheinlich schnell den Überblick verloren. Immerhin erstreckt sich die gesamte Geschichte auf rund fünf Jahre, in denen nicht nur in der Welt, sondern auch im Privatleben der Figuren einiges passiert und man verschiedenste Dinge mit ihnen zusammen durchlebt.

Ich hatte einen wirklich sehr angenehmen und leichten Start in die Geschichte. Auf wenigen Seiten direkt am Anfang wird die gesamte Ausgangssituation dargelegt und man erhält einen ersten Blick auf Matei und Elin. Von den beiden Damen, die man durch die Geschichte begleitet, kann man sich einen ersten Eindruck machen und sie schon mal grob einschätzen, bevor man noch tiefere Einblicke in ihre Charaktere erhält. Und ebenfalls auf den ersten Seiten bekommt man als Leser bereits ganz wunderbare und zum Träumen einladende Bilder des Settings übermittelt, welches ich sehr sehr gern mochte.
Diesen flüssigen und durchweg gelungenen Start in den Roman verdanke ich zu weiten Teilen auch der Schreibweise. Diese war äußerst angenehm, sie gibt gute und lebhafte Umschreibungen der Situationen, der Figuren und des Settings. Man kann Stimmungen, sowie Gedankengänge der Protagonisten gut nachvollziehen und erhält dadurch eine nette Nähe zu ihnen. Teilweise, besonders bei den Szenen im Herrenhaus, sowie in dem angrenzenden Garten, hatte ich lebendige Bilder vor Augen. Ich konnte mir diese Momente besonders gut und farbenreich vorstellen, sie hatten eine ganz besonders ansprechende und ruhige Aura, die äußerst angenehm und stimmig war.

Ich finde, dass die Spannung meist nur sehr unterschwellig zu spüren ist. Ja, sie ist vorhanden, aber meistens wird die Geschichte ziemlich ruhig und beschaulich beschrieben. Man hechtet nicht von einer aufregenden Szene zur nächsten, oft werden normale Tage mit ganz normalen Tätigkeiten, aber auch Sorgen, Freuden und Gedanken beschrieben. Dieser bodenständige Unterton hat mir gut gefallen, man kann sich beim Lesen gut fallenlassen und ich hatte absolut keine Probleme der Handlung zu folgen. Es wird eine übersichtliche Menge an Drama eingebunden, welches aber irgendwie natürlich und nicht zu üppig daherkommt. Im Gegenteil: gerade dadurch werden die Schicksale lebendig und sie erscheinen realitätsnah. Und daher kam bei mir auch an keiner Stelle Langeweile auf, es waren keine Längen vorhanden und ich habe das Buch sehr gern in die Hand genommen habe, um noch tiefer in die Geschichte einzutauchen.
Tatsächlich habe ich mir während des Lesens absolut keine Gedanken gemacht, wie der Fortgang der Handlung aussehen könnte. Ich habe mich einfach treiben lassen, war gespannt darauf, was noch alles geschehen wird, habe es allerdings komplett unterlassen, eigene Vermutungen anzustellen.

Ebenfalls sehr angenehm empfand ich das Auftauchen von Stimmungen und Emotionen. Die Figuren durchlaufen in dieser Hinsicht einiges und erleben sowohl Momente reinen Glücks, als auch welcher großer Traurigkeit. Alles kam sehr natürlich und echt daher, die Protagonisten haben glaubhaft ihre Gefühle gezeigt. Und oft ist es ihnen auch gelungen, dass man als Leser mit ihnen mitfühlt, weshalb teilweise eine zarte Bindung zu den Personen entsteht.

Vor allem im Hinblick auf den Ersten Weltkrieg und seinen Verlauf werden historische Details eingebunden. Diese betreffen häufig Sylt, hier wird deutlich gezeigt, mit welchen Problemen und Ängsten die Bevölkerung zu kämpfen hatte. Sei es der Mangel an einigen Nahrungsmitteln, die Angst vor Angriffen oder das plötzliche Ausbleiben von Feriengästen, was für viele Bewohner die Überlebensgrundlage gebildet hat. Allerhand Themen werden angeschnitten und anschaulich dargelegt, sodass man sich einen Eindruck verschaffen kann, wie die Insulaner den Krieg erlebt haben.
Aber auch über manche Fortschritt im Kriegsgeschehen, Siege und Niederlagen werden wenige Details eingebunden, sodass man über den Kriegsverlauf immer gut informiert ist. Zudem ist es anhand der Zeitangabe vor neuen Kapiteln immer möglich, selbst darüber nachzudenken, inwieweit der Krieg mittlerweile fortgeschritten ist oder wie lange er noch dauern wird.

Als absolut traumhaft, wundervoll beschrieben und meist sehr einladend hat sich das Setting gestaltet. Es gibt detailreiche und farbenfrohe Beschreibungen der Landschaft, aber auch der Gebäude. Ich habe es sehr genossen, mir jeden einzelnen Handlungsort vorzustellen und mit den Figuren über die Insel zu stromern.
Außerdem finde ich es erwähnenswert, dass manche Orte stark im Zusammenhang mit bestimmten Stimmungen stehen. Diese bleiben teils durchweg gleich, teils verändern sie sich im Verlauf des Romans allerdings auch und damit erhalten manche Gebäude plötzlich eine ganz neue Aura, die sowohl negativer, als auch positiver Natur sein kann.

Auch bei den Protagonisten habe ich nichts zu meckern. Sie treten in einer recht überschaubaren Anzahl auf, haben Eigenheiten und herausragende Merkmale erhalten und sind in keiner Weise stereotyp. Egal ob ihm Spitznamen, ein wenig Dialekt oder hervorstechende Charakterzüge verliehen wurden: Ein jeder schafft es, sich aus der Masse hervorzuheben und mit seinen Taten, oft auch mit seinen Aussagen zu glänzen. Es entstehen richtige Typen, die die Handlung an den richtigen Stellen aufzulockern wissen, ihr aber auch den passenden Ernst verleihen.

Fazit
Ich hatte mit dem Buch sehr entspannte, unterhaltsame und schöne Stunden und mir ist es sehr leicht gefallen, mich auf die Geschichte einzulassen. Mir fällt absolut kein Punkt ein, der mir beim Lesen missfallen ist oder den ich als nicht rund und stimmig empfand. Es liegt eine schlüssige und solide Geschichte vor, die vor allem durch ihre stimmungsvolle Schreibweise und das unglaubliche Setting überzeugen kann. Als I-Tüpfelchen gibt es noch einige historische Details, sowie einen angenehm ruhigen Ton, der mit gezielten aufregenderen Szenen zu überzeugen weiß. Das alles lässt eine wunderbare und feine Geschichte entstehen, die mir sehr gut gefallen hat und auf deren Fortsetzung ich mich riesig freue!

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Veröffentlicht am 06.04.2021

Das Grand Hotel - Die mit dem Feuer spielen

Das Grand Hotel - Die mit dem Feuer spielen
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Handlung
Hinter der Familie von Plesow liegen harte Zeiten. Zwar konnte Bernadette ihr Hotel auf Rügen schützen, der Betrieb geht munter weiter und die Gäste verleben schöne Tage im Grand. Allerdings war ...

Handlung
Hinter der Familie von Plesow liegen harte Zeiten. Zwar konnte Bernadette ihr Hotel auf Rügen schützen, der Betrieb geht munter weiter und die Gäste verleben schöne Tage im Grand. Allerdings war ihr das Glück im privaten Bereich nicht hold. Ihr Sohn Alexander ist tödlich verunglückt und nur schwer kann Bernadette wieder nach vorn schauen. Dafür sitzt die Trauer um ihr Kind zu tief. Ein kleiner Lichtblick ist die Rückkehr ihrer Tochter Josephine, die ihre Mutter im Hotelbetrieb künftig tatkräftig unterstützen, ihr aber auch wieder ein Lächeln aufs Gesicht zaubern möchte.
In Berlin hadert auch Constantin stark mit dem Tod seines Bruders. Er weiß, dass er die Schuld an dessen Tod trägt. Und das lastet ihm auf der Seele. Constantin will sich rächen, sein Plan steht und er ist bereit, sich auf ein gefährliches Spiel einzulassen...

Meinung
Ich muss ehrlich zugeben, dass ich das Cover anfangs etwas kritisch betrachtet habe. Mir war das Rot des Himmels etwas zu viel und zu intensiv, ich konnte mich damit nicht so recht anfreunden. Doch als ich das Buch dann erstmals in der Hand gehalten habe, musste ich meine Meinung direkt revidieren. Es ist ein sehr stimmungsvolles und stimmiges Gesamtbild, ich mag die gewählten Farben mittlerweile unglaublich gern. Einfach alles passt perfekt zusammen, was das Cover letztendlich auch so auffällig und besonders macht.

Letztes Jahr hatte ich im Rahmen einer Leserunde bei Lovelybooks die Möglichkeit, den ersten Band zu lesen, der mir wirklich sehr gut gefallen hat. Und da noch unglaublich viele Fragen offen waren und ich mich sehr auf ein Wiedersehen mit den Protagonisten gefreut habe, musste die Fortsetzung unbedingt auf meine Wunschliste. Ich habe die Augen danach offen gehalten und als ich den Titel dann endlich in der Verlagsvorschau erblickt habe, war ich sehr gespannt auf die weiteren Ereignisse. Daher möchte ich mich ganz herzlich beim Bloggerportal für das Rezensionsexemplar bedanken.

Und obwohl ich mich wirklich arg auf das Lesen gefreut habe, zögerte ich ein wenig, ehe ich das Buch begonnen habe. Mir ist zuvor nämlich bewusst geworden, wie viel Zeit seit dem ersten Band gegangen ist und ich habe mal überlegt, was mir noch im Gedächtnis geblieben ist. Und dabei sind mir kaum Informationen eingefallen, was mich selbst enttäuscht hat und weshalb ich mich ein wenig geziert habe, endlich mit dem Lesen zu beginnen.
Daher musste ich auf den ersten paar Seiten schon sehr genau und mit höchster Aufmerksamkeit lesen, um mich wieder an ein wenig mehr zu erinnern und um zu den Protagonisten wieder eine Bindung aufzubauen. Und dies geschah glücklicherweise sehr schnell, mir sind bereits nach wenigen Seiten mehr Informationen und Geschehnisse aus dem ersten Band wieder eingefallen. Das hat sich übrigens über die gesamten 512 Seiten gezogen. Immer wieder werden ganz geschickt kleine Details aus dem ersten Band genannt, sodass ich am Ende nicht verstehen kann, weshalb ich gezögert habe, um mit dem Lesen zu beginnen. Zumal die Handlung mit dem Prolog wieder sehr spannend beginnt und man dadurch eines der großen Geheimnisse direkt auf dem Silbertablett serviert bekommt...

Unter anderem hat die Sprache viel dazu beigetragen, dass ich so flüssig und relativ leicht in die Geschichte in die Geschichte starten konnte. Sie war von der ersten Seite an sehr angenehm und flüssig lesbar und gibt allerhand lebendige und bildhafte Eindrücke von den Personen und den Handlungsorten. Ich habe es sehr gemocht, zusammen mit den Personen über die Insel zu streifen, die Beschreibungen des Settings waren allgemein einfach traumhaft. Sie haben nicht nur dafür gesorgt, dass ich mir die Gebäude und auch die Landschaft ganz hervorragend vorstellen konnte, sondern ich hatte oft auch das Gefühl, den Duft des Meeres, sowie das Meerrauschen oder das Kreischen von Möwen zu hören.
Gleichzeitig hat die Sprache einen großen Anteil daran, dass die Handlung durchweg spannend und abwechslungsreich bleibt. Ich hatte stets offene Fragen, die noch mehr dazu motivieren, weiterlesen zu wollen und zu erfahren, was es damit auf sich hat. Oft kann man sich hier auch seine eigenen Gedanken darüber machen, wie man sich einen möglichen Fortgang der Geschichte vorstellt. Allerdings gingen meine Vermutungen meist ins Leere, immer wieder treten Ereignisse ein, die nicht vorhersehbar waren und dem Buch eine neue Wendung geben.

Mir ist aufgefallen, dass es häufig ganz viele stimmungsvolle Situationen gibt, in denen man stark die Gefühle und auch Gedanken der Protagonisten nachvollziehen kann. Diese tauchen in jedem Erzählstrang auf tragen viel dazu bei, dass ich mich den Figuren so vertraut gefühlt habe und zu ihnen eine Bindung aufbauen konnte. Es tauchen allerhand Emotionen auf, die alle nachvollziehbar und in der jeweiligen Situation gut nachvollziehbar sind. Sie nehmen einen angenehm großen Teil der Geschichte ein und verleihen dem Roman viel Charme!
Besonders habe ich die Stimmung auch im Zusammenhang mit manchen Gebäuden wahrgenommen. Diese strahlten ganz eigene Atmosphäre aus und hoben sich dadurch stark hervor. Vor allem im Zusammenhang mit dem Grand Hotel, aber auch dem privaten Familienhaus der Familie von Plesow habe ich diese Aura wahrgenommen und vielleicht konnte ich mir die zwei Orte auch deswegen so gut und farbenfroh vorstellen.

Die Handlung gestaltet sich als unglaublich abwechslungsreich, spannend und interessant. In den genannten Punkten ist der Roman wirklich stark aufgestellt und kann bestechen, er zeichnet sich dadurch aus und ich finde, dass sich das Buch deswegen auch aus der Masse heraushebt. Immer wieder werden Geheimnisse angedeutet oder aufgedeckt, Intrigen werden gesponnen und Wortgefechte ausgetragen. An keiner Stelle war die Handlung vorhersehbar oder zu langatmig, sie hatte immer genügend Pfiff und dadurch hat das Buch eine große Anziehungskraft und es lädt sehr dazu ein, wieder in die Welt der von Plesows einzutauchen und mehr über sie, ihre Hotels, aber auch über jegliche Hintergründe zu erfahren und weiterzuverfolgen, was für Intrigen oder Geheimnisse noch gesponnen oder aufgedeckt werden.

Die Geschichte zeichnet sich durch mehrere Handlungsstränge aus, die den Leser an verschiedene Orte führen und Einblicke in unterschiedliche Personen mit verschiedenen Ambitionen, aber auch Lebensstilen geben. Man lernt die Figuren aus diversen Perspektiven kennen, kann sich über die behandelten Themen und Sachverhalte ein weites und detailliertes Bild machen.
Der Großteil der Perspektiven schildert die Sichtweise von Mitgliedern der Familie von Plesow. Sowohl die Mutter, das Oberhaupt der Familie, als auch ihre Kinder oder die Schwiegertochter kommen zu Wort und haben ausreichend Platz, um sich dem Leser zu präsentieren, seine Sympathie zu gewinnen oder um seine Meinung zu unterschiedlichen Themen kundzugeben.
Dazu kommen noch wenige Personen zu Wort, die einen starken Bezug zu der Familie haben. Anhand ihrer Schilderungen ist es möglich, die Ereignisse, aber auch die Figuren nochmals aus einem anderen Blickwinkel zu erleben. Zudem war es interessant zu erfahren, was manche Charaktere aus sich gemacht haben, welchen Weg sie gegangen sind und welche Erfahrungen sie sammeln konnten. Trotzdem haben mir die Kapitel aus der Sicht der von Plesow einen Hauch besser gefallen, ich empfand die Personen als interessanter und abwechslungsreicher, sie sind einfach richtige Typen, die man nicht so schnell vergisst.
Ich mochte es sehr, wie viele verschiedene Charaktere man näher betrachten kann. Sowohl die Mitglieder der Familie von Plesow, als auch die restlichen Figuren zeichnen sich durch ganz eigene und abwechslungsreiche Wesen aus, die nicht nur sehr interessant sind, sondern auf ihre Weise reizend. Oft finde ich ihre durchdachten Aussagen und ihre gesamte Haltung sehr bewundernswert und ich habe es geliebt, wie stimmig und passend ihr ganzes Auftreten durchweg erscheint. Die Personen haben wirklich sehr viel Stil und Klasse, was sie einzigartig macht.

Die Handlung teilt sich hauptsächlich auf zwei Orte auf. Einmal gibt es zahlreiche Kapitel, die auf Rügen spielen, wobei hier der Haupthandlungsort das bereits im Titel auftauchende Grand Hotel ist. Man lernt das Hotel mit seinen öffentlichen Räumen wie den Speisesaal oder das Foyer, aber auch die privaten Räumlichkeiten der Familie gut kennen und kann sich ein Bild von den Vorgängen machen, die es benötigt, um den Gästen einen tadellosen Aufenthalt zu bieten. Als zweiten Handlungsort, der eine größere Rolle einnimmt, gibt es noch Berlin zu nennen. Man erhält ebenfalls Einblicke in das Hotelwesen, aber auch in den Betrieb eines Varietés. Vor allem konnte mich an dem Berliner Setting die Stimmung und Dynamik überzeugen. Diese war einzigartig und hat die Stimmung der Stadt sehr gut eingefangen, was mich ebenso überzeugen konnte wie die eher ruhige Aura auf Rügen.
Beide Orte haben also ihre Reize, weiterhin gibt es auch ein interessantes Zusammenspiel zwischen ihnen. Es werden zwei komplett unterschiedliche Welten mit Vor- aber auch Nachteilen beschrieben, sie stehen in einem spannenden Gegensatz zueinander und laden dazu ein, die beiden Orte mit eigenen Augen sehen zu wollen.

Ich empfand die Anzahl der Protagonisten als sehr angenehm und übersichtlich. Ein jeder wurde mit so einem einzigartigen und eigens auf ihn zugeschnittenen Charakter und Auftreten ausgestattet, dass es kein Problem darstellt, eine Figur wiederzuerkennen und ihnen bestimmte Merkmale, aber auch Positionen direkt wieder zuzuordnen. Dabei mag ich es sehr, dass viele nicht mit der Masse gehen, sondern sich ein eigenes Bild von verschiedenen Themen machen und die Personen gerade deshalb so stark und aufrichtig auftreten.
Im Grunde ist es dem Leser selbst überlassen, welchen Protagonisten er seine Sympathien zuordnet. Lediglich eine Person stellt schon ein wenig einen Antagonisten dar, anhand ihrer Aussagen und Handlungen tut sie sich keinen Gefallen. Die Figur ist nicht sehr reflektiert, agiert zu unüberlegt und sieht lediglich ihren eigenen Vorteil. Ich fand, dass sie nicht nur interessant daherkam, sondern mir hat es auch gefallen, dass eine Person auftaucht, die sich aus der Gruppe von Charakteren heraushebt.
Ansonsten empfand ich viele Protagonisten als sehr angenehm und auch sympathisch. Ich hatte mir gerade eben auch noch mal meine Meinung zum ersten Band durchgelesen und da fand ich die Darstellung einiger Personen nicht ganz so rund und stimmig. Diesmal habe ich in dieser Hinsicht absolut nichts zu meckern. Ich bin sehr zufrieden mit den Figuren, was vielleicht auch daran liegt, dass immer wieder Entwicklungen zu sehen sind. Nicht nur in diesem Buch, sondern auch im Vergleich zum ersten Band. Es ist sichtbar, dass sich die Protagonisten stetig weiterentwickeln, sie reifer werden und auch ihr eigenes Tun öfters hinterfragen.

Mir ist während des Lesens lediglich ein kleiner Punkt aufgefallen, der mir gefehlt hat. Und das sind Zeitangaben, die leider nur sehr sehr selten vorkommen. Oft konnte ich nicht genau benennen, wie viel Zeit seit dem Anfang der Geschichte vergangen ist. Es kann nicht viel gewesen sein, doch irgendwie ist es mir auch nicht möglich, dies näher einzuschätzen. Hier bin ich ein wenig planlos und daher hätte es mir gefallen, wenn vielleicht vor dem Start neuer Kapitel ein ungefähres Datum, wenigstens der Monat abgedruckt worden wäre. Allerdings werde ich dies in meiner Bewertung nicht negativ einbeziehen, der Roman konnte mich ansonsten komplett überzeugen und ich hatte viele schöne und interessante Stunden mit der Lektüre!

Fazit
Im Nachhinein ärgere ich mich wirklich sehr, dass ich damit gezögert habe, das Buch in die Hand zu nehmen. Es gab absolut keinen Grund dafür, der Einstieg in den Roman wird dem Leser leicht gemacht, schnell sind mir allerhand Details wieder eingefallen und manches findet auch im Text eine kleine Erwähnung. Das sorgt dafür, dass ich schnell von der Geschichte gefangen genommen wurde und ich viel Freude beim Lesen hatte. Für mich gestaltete sich die Handlung häufig als überraschend, sie war spannend und sehr mitreißend. Letztendlich wurde ich komplett überzeugt, ich bin glücklich damit, wie sich die Geschichte entwickelt hat, welche Wendungen es gab und wie sich die Personen gemausert haben. Absolute Empfehlung und ich freue mich bereits jetzt auf den dritten Band der Reihe!

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Veröffentlicht am 22.03.2021

Ein neuer Anfang

Ein neuer Anfang
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Handlung
Berlin 1957
Nicht nur im privaten, sondern auch im beruflichen Leben der drei Hebammen Edith, Luise und Margot geschieht allerhand. Schließlich bildet die Frauenklinik in Neukölln erstmals seit ...

Handlung
Berlin 1957
Nicht nur im privaten, sondern auch im beruflichen Leben der drei Hebammen Edith, Luise und Margot geschieht allerhand. Schließlich bildet die Frauenklinik in Neukölln erstmals seit vielen Jahren wieder selbst Hebammen aus, u.a. befindet sich darunter Jule, die Tochter von Edith. Eine neue Generation an engagierten, freundlichen und verständnisvollen Hebammen wird ausgebildet, die es sich als Ziel machen, den Gebärenden stets zur Seite zu stehen und ihre Kinder gesund und munter auf die Welt zu holen.
Allerdings werden in der Klinik auch immer mehr Frauen eingeliefert, die illegal abgetrieben haben. Diese Fälle häufen sich langsam und meist kann den Frauen nicht mehr geholfen werden. Die Hebammen wollen dies nicht länger einfach nur hinnehmen, sondern wollen herausfinden, wer die Abtreibungen vornimmt und demjenigen das Handwerk legen.

Meinung
Das Cover von diesem vierten Band orientiert sich stark an denen der vorherigen Teile. Im oberen Abschnitt werden wieder viele zarte Farben verwendet, die leicht und locker wirken. Dazu gibt es auch wieder die drei Damen am oberen rechten Rand, die schon bei den anderen Teilen aufgetaucht sind und die ich mit der Hebammen-Saga in Verbindung bringe.
Lediglich die Schriftfarbe, sowie die Szene am unteren Bildrand sind neu und beides wurde sehr passend aufeinander abgestimmt. Es wird die Terrasse eines Restaurants gezeigt, welches gut besucht ist und vielleicht für aufstrebendere und fröhlichere Zeiten stehen könnte. Zudem denke ich, dass hiermit auf das Wirtschaftswunder der 1950er Jahre hingedeutet wird, was natürlich sehr gut zur Handlungszeit des Buches passt.
Insgesamt mag ich das Cover wirklich gern, es ist ansprechend und die Farben wurden sehr gut aufeinander abgestimmt. Ein wirklich schönes Bild!

Bisher hat mir die Hebammen-Saga immer richtig gut gefallen, die Bücher waren konstant gut und haben mir viele schöne, abwechslungsreiche und spannende Lesestunden beschert. Daher musste ich diesen vierten und finalen Band einfach lesen, ich hatte mich sehr darauf gefreut, war aber auch gleichzeitig ein wenig traurig, dass eine schöne Reihe ihr Ende findet und ich mich danach nicht noch auf einen weiteren Teil freuen kann. Ein herzliches Dankeschön möchte ich an den Aufbau Verlag aussprechen, dass ich mich über ein Rezensionsexemplar des Romans freuen konnte!

Vor dem Start neuer Kapitel gibt es immer die Information, in welchem Monat und Jahr, aber auch in welcher Stadt die folgende Handlung stattfindet. Das ist ein wirklich sehr schönes und passendes Detail, so besitzt man immer einen guten Überblick über die Zeit, kann schauen, was im Folgenden politisch geschehen könnte und welche Auswirkungen dies möglicherweise auf die drei Hebammen hat. Man kann zudem genau bestimmen, wie viel Zeit am Ende auf den 400 Seiten vergeht, was ich ansonsten doch etwas schwierig empfunden habe. Man erhält zwar manchmal die Information, wie viel Zeit die Hebammen-Schülerinnen noch haben, bis ihre Ausbildung beendet ist, allerdings kann man so genauer schauen, welcher Monat gerade ist und wie viel Zeit seit dem Beginn der Geschichte vergangen ist.
Vom ersten bis zum letzten Kapitel vergehen am Ende knapp zwei Jahre, in denen allerhand passiert und bei denen man genau die Entwicklungen der Figuren miterleben kann. Dabei werden immer mal wieder ein paar Wochen oder Monate übersprungen, weshalb sich die Handlung am Ende als bündig und rund darstellt, es tauchen keine Längen auf und nie hatte ich das Gefühl, etwas zu verpassen oder nicht mitzubekommen.

Mir fiel der Start in die Geschichte wirklich leicht. Ich hatte zwar nicht mehr jedes Detail aus den vorherigen Bänden im Gedächtnis, allerdings sind mir allerhand Informationen während des Lesens wieder eingefallen und manche Ereignisse der anderen Teile finden im Buch kurz eine Erwähnung, sodass ich mich nach wenigen Seiten komplett auf die Handlung einlassen konnte und ich viel Freude am Wiedersehen mit den drei altbekannten und sympathischen Hebammen hatte.
Und auch die Sprache hat wieder viel Anlass dazu gegeben, dass ich so problemlos in den Roman gestartet bin. Sie war wieder herrlich zu lesen, hat die Situationen lebhaft und farbenfroh geschildert, gibt gut Einblicke auf die Personen und ihren Entwicklungen und lässt die Setting lebendig werden. All das hat mich sehr dazu verführt, das Buch nicht aus der Hand legen zu wollen, weshalb ich am Ende drei Tage für die 400 Seiten gebraucht habe. Dann war es schon ausgelesen, ich war einerseits mit dem Ende zufrieden, gleichzeitig aber auch traurig, dass es nun endgültig vorbei ist und ich mich nicht auf noch einen weiteren Band freuen kann...
Mir hat es gut gefallen, dass die Sprache recht einfach und locker war, die Figuren haben sich ihren Frust von der Seele geredet und waren sich nicht zu fein, Gefühle und Emotionen zu zeigen. Das hat stark zu der Stimmung beigetragen und es hat auch dazu geführt, dass ich die Geschichte so wunderbar bodenständig und natürlich empfand. Es gibt nicht zu viel Drama, die verschiedenen Situationen wirken authentisch und es hat einfach nur Spaß gemacht, in das Berlin der 1950er Jahre einzutauchen!
In die Geschichte eingebunden wurden immer wieder ein paar kleine historische Anmerkungen, zudem kann man sich von dem Lebensgefühl und speziell dem Leben einer Hebamme ein sehr gutes Bild machen. Diese Punkte wurden immer mal wieder angeschnitten und geben gute Überblicke über das Leben in den 1950er Jahren und machen die Geschichte rund und stimmig.

Auch diesmal gibt es wieder eine Einheit des Setting, jede einzelne Szene findet in einem der vielen Stadtteile von Berlin statt. Dabei lernt man sowohl die Frauenklinik in Neukölln, als auch verschiedene Privatwohnungen von schwangeren Damen, als auch von den Hebammen kennen und kann sich diesmal auch wieder von den Zimmern, die die Auszubildenden bewohnen, ein Bild machen. Das ergibt eine bunte und stimmige Vielfalt, die mir gefallen hat, zumal jeder Handlungsort mit lebendigen und farbenfrohen Worten, aber nicht zu ausschmückend und ausführlich beschrieben wurde. Man bekommt einen Eindruck davon, was die Autorin vor Augen hatte, trotzdem ist Platz vorhanden, um der eigenen Fantasie Raum zu lassen. Das ergibt eine feine Mischung und hat dazu beigetragen, dass ich wirklich jeden Ort irgendwie mochte und mir gut vorstellen konnte.

Die einzelnen Kapitel werden wieder aus verschiedenen Perspektiven beschrieben. Nicht nur die drei Hebammen Margot, Edith und Luise kommen zu Wort und teilen dem Leser ihre Erlebnisse, Gedanken und Gefühle mit, sondern es kommen auch noch neue Personen ins Spiel, die man auf diese Weise näher kennenlernen kann. Dabei handelt es sich um drei Hebammen-Schülerinnen, die Platz eingeräumt bekommen und sich dem Leser vorstellen können, aber auch ein Blick auf die jüngere Gesellschaft, deren Ziele und Lebensweisen wird gegeben.
Auf diese Weise gestaltet sich die Handlung als abwechslungsreich und spannend, die Kapitel hatten eine angenehme Länge und man erlebt die Personen aus verschiedenen Perspektiven. Für mich wurde die Geschichte dadurch lebhafter und authentischer, zudem war es schön zu sehen, wie langsam Nachfolger für die drei bereits bekannten Hebammen in Spiel kommen.

Ich empfinde es als sehr gelungen, wie sich aufregendere Szenen mit ruhigen Beschreibungen des normalen Arbeitsalltags abwechseln. Letztgenanntere überwiegen meist und daher besitzt die Geschichte einen ruhigen Unterton, der mir gut gefallen hat. Man kann genaustens sehen, was der Beruf einer Hebamme für die Damen bedeutet, welchen Tagesablauf sie besitzen und wie wenig Platz manchmal für ein Privatleben bleibt. Dies, aber auch die Einblicke in die Ausbildung geben realistische und bodenständige Einblicke in das Leben der angehenden und erfahrenen Hebammen.
Und dazu gibt es immer wieder Kapitel, die ein wenig aufregender sind, wo mehr passiert und die neuen Schwung in die Geschichte bringen. Sie tauchen glücklicherweise nicht zu häufig, sondern in einem angenehmen Maß auf und geben der Handlung teils eine etwas andere Wendung. Daher kann man manchmal, aber nicht immer vorausahnen, was im Folgenden geschehen könnte.

Ich finde, dass im Vergleich zum Vorgängerband eine deutliche Entwicklung der drei Hebammen Margot, Edith und Luise zu sehen ist. Sie haben sich nicht nur über diese Jahre weiterentwickelt, sondern auch im Roman ist über die knapp zwei Jahre eine Reifung zu sehen. Sie betrachten die Welt immer wieder mit neuen Augen, hinterfragen vieles kritisch und bleiben sich stets treu. Man spürt ihnen die Begeisterung für ihren Beruf, aber auch die Zuneigung füreinander sehr an, was sie als herzliche und liebenswerte Charaktere dastehen lässt.
Auch die drei Auszubildenden Damen werden fein skizziert, sodass sie lebendig und freundlich auftreten. Ich mag den frischen Wind, den sie hereinbringen, sie geben andere Perspektiven und Einblicke in ihre unterschiedlichen Herkünfte und Ziele. Dadurch wird ein kleines Abbild der Gesellschaft gezeigt und es ist mir leicht gefallen, die drei Mädchen zu mögen.
Und auch die restlichen Personen, die auftreten, haben gute Charakterdarstellungen bekommen. Ihnen wurden ebenfalls Merkmale verliehen, die sie besonders und einzigartig machen, ihr Auftreten besitzt einen hohen Wiedererkennungswert und sie treten den Hauptfiguren ebenbürtig auf. Man lernt verschiedene Charaktere kennen, die alle eigene Ziele verfolgen und die keineswegs stereotyp oder langweilig erscheinen. Zwar stehen sie nicht so stark im Fokus, aber trotzdem war es schön, so viele verschiedene Typen kennenzulernen.

Fazit
Wie sehr habe ich mich auf den vierten Band und ein letztes Wiedersehen mit den Hebammen gefreut. Und dann war die Geschichte so fix ausgelesen... Ich blicke gern auf die vier Bände zurück. Es liegt eine richtige Wohlfühlreihe vor, die durch ihre Figuren, die wunderbare Schreibweise, die lebendigen Schilderungen und die zahlreichen Informationen über den Alltag von Hebammen, aber auch der Einbindung von historischen Details bestechen kann.
Ich finde sogar, dass dieser vierte Band das Highlight der ganzen Reihe darstellt. Die anderen Teile waren ebenfalls sehr gut und haben mich überzeugt, aber dieser befindet sich nochmals auf einer anderen Stufe und ich kann dem Buch frohen Herzens eine Fünf-Sterne-Bewertung geben. Große Empfehlung meinerseits!

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Veröffentlicht am 15.03.2021

Die Insel der Wünsche - Stürme des Lebens

Die Insel der Wünsche - Stürme des Lebens
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Handlung
Hamburg 1887
Tine Tiedkens lebt mit ihrer Familie im Gängeviertel. Um zum täglichen Einkommen etwas beizutragen, verdient sich Tine als Blumenmädchen etwas hinzu. Dabei begegnet sie Menschen aus ...

Handlung
Hamburg 1887
Tine Tiedkens lebt mit ihrer Familie im Gängeviertel. Um zum täglichen Einkommen etwas beizutragen, verdient sich Tine als Blumenmädchen etwas hinzu. Dabei begegnet sie Menschen aus verschiedenen Ländern, beobachtet feine Herrschaften und träumt selbst von einem anderen Leben. Und als sie einen jungen Hotelier aus Helgoland trifft, der ihr ein Auskommen in seinem Hotel zusichert, steht für Tine fest, dass sie auf der Insel nach ihrem Glück suchen möchte.
Doch schon kurz nach ihrer Ankunft stellt die junge Frau fest, dass nicht alles so rund läuft, wie sie es sich gedacht hat. Scheinbar alles hat sich gegen sie verschworen. Allerdings gibt Tine nicht so leicht auf, sie will mit ihrem freundlichen Wesen, vor allem aber mit ihrem Fleiß und Ehrgeiz überzeugen...

Meinung
Mir gefällt das Cover richtig gut. Es ist farbenfroh und stimmungsvoll, was ich als sehr ansprechend empfinde. Im Hintergrund sieht man einige Einblicke in die Landschaft des Handlungsortes Helgoland, sowohl das Meer, als auch der charakteristische rote Felsen wurden abgebildet und auch die Natur wurde unter anderem mit viel Dünengras und Sand ausgestattet.
Dazu ist noch eine Dame zu sehen, sie ist der Mode der Zeit um 1890 entsprechend gekleidet und gibt in diese Thematik einen Einblick. Im Hintergrund ist noch ein Ausschnitt eines Hauses, wahrscheinlich eines Hotels zu sehen. Auch mit diesem Gebäude wird ein Teil der Handlung aufgegriffen, so ähnlich habe ich mir das Hotel Heesters auf Helgoland vorgestellt.
Außerdem gibt es noch den Himmel, der in verschiedenen Nuancen erstrahlt, dieser ist wunderbar abwechslungsreich und gibt dem Cover noch den letzten Schliff. Ein sehr schönes, stimmiges und ansprechendes Gesamtbild!

Als Zusatzmaterial wurde vor dem Start der Geschichte eine Karte abgedruckt, auf der ein Teil von Helgoland zu sehen ist. Anhand dieser kann man sich einen Eindruck von der Insel verschaffen, kann schauen, wo sich einige Gebäude befinden und teilweise auch Wege nachverfolgen. Zwar wurde nicht jeder Handlungsort eingetragen, trotzdem fand ich es sehr hilfreich, dass die Karten abgedruckt wurden. Ich hatte vorher nicht wirklich ein Bild der Insel vor Augen und musste so nicht erst im Internet schauen, wie der Aufbau von Helgoland ist. Ein sehr passendes und gutes Detail!

Die 544 Seiten des Romans wurden in sechs Teile gegliedert, welche dann jeweils noch in Kapitel eingeteilt wurden. Die neuen Teile haben kleine Überschriften, die stets einen Bezug zur Handlung haben und in wenigen Worten wiedergeben, unter welchem Motto die folgenden Seiten stehen. Zudem wurde hier auch immer der Handlungsort, sowie eine Jahreszahl abgedruckt, weshalb man stets einen guten zeitlichen Überblick hat und genau benennen kann, wie viel Zeit letztendlich verstreicht.
Ich muss ehrlich sagen, dass es mich am Ende etwas überrascht, dass lediglich zwei Jahre innerhalb der Geschichte vergehen. Mir war zwar klar, dass sich die Handlung nicht sehr stark ausstreckt, aber so ein geringer Zeitraum war irgendwie doch überraschend. Es geschieht so viel, zudem werden viele Situationen und Tage ziemlich genau beschrieben, sodass ich einen anderen Eindruck hatte. Allerdings finde ich es am Ende gut, dass nicht zu viele Jahre in dem Roman beschrieben werden, sondern man die Protagonisten über einen nicht zu langen Zeitraum verfolgt und beobachtet, so sind die Entwicklungen deutlich stärker zu sehen. So war es mir auch möglich, eine bessere Bindung zu den Personen aufzubauen und es gab viele Einblicke in die Lebensweisen von ihnen.

Ich mochte es, dass der Roman ziemlich ruhig und beobachtend beginnt. Man hat genügend Zeit, um sich von Tine, ihrer Familie und ihrer Lebenssituation in Hamburg ein Bild zu machen. Man kann genau verfolgen, wie ihre Gedanken und Gefühle sind und welche Wünsche sie für die Zukunft besitzt.
Es dauert überraschend lange, bis Tine endlich ihren Entschluss fasst und wirklich nach Helgoland zieht, um dort einen Job anzunehmen. Und genau das mochte ich. Es gibt ein beobachtendes Erzählen, man kann sich von den einzelnen Szenen ein starkes Bild zusammensetzen und die Entwicklungen genaustens beobachten. Das hat für mich den Charme des Buches ausgemacht, wie genau man manche Tage im Leben der Personen miterlebt und wie genau jede einzelne Szene beschrieben wurde. Deshalb konnte ich mich stark von der Geschichte einlullen lassen und bin auch so begeistert von dem Auftakt der Reihe!
Die Sprache hat natürlich auch dazu beigetragen, dass ich so viel Freude beim Lesen hatte. Sie ist unglaublich detailliert und bildhaft, lässt zu, dass man sich genaue Bilder von den jeweiligen Kapiteln, Personen und Orten machen kann und hat bei mir bewirkt, dass ich mich wie ein heimlicher Beobachter der Szenen gefühlt habe. So, als würde ich in einer Ecke des Raums oder der Landschaft stehen und genau betrachten, wie sich die Figuren bewegen und welche Mimik und Gestik sie nutzen. Das hat auch dazu geführt, dass ich mich so gern mit dem Buch beschäftigt und die Geschichte mit viel Interesse gelesen haben.
Ich finde, dass die Sprache auf einem angenehmen und recht leichten Niveau gehalten wurde. Das ermöglicht nicht nur ein flüssiges und problemloses Lesen, sondern auch ein leichtes Einlassen auf die Ereignisse. Man kann sich genaue Bilder von jeglichen Szenen, Figuren und Orten machen, zudem ist die Erzählung sehr lebendig und realitätsnah. Bei vielen Momenten konnte ich mir gut vorstellen, dass sie genau so hätten passiert sein können.
Anspruch erhält die Schreibweise anhand von historischen Details und Fakten, die wohldosiert und in einem angenehmen Umfang in die Geschichte eingebunden wurden. Diese geben ein solides Bild der Handlungszeit und zeigen auf, mit welchen Problemen und Sorgen, Hoffnungen und Ängsten sich die Bevölkerung herumgeschlagen hat. Zudem lernt man auch einiges über die Geschichte der Insel Helgoland, unter anderem wird behandelt, unter welcher Herrschaft sie über die Jahre war. Anhand von Diskussionen, die die Figuren darüber halten, kann man verfolgen, wie sie über die Politik denken und man erhält allerhand Informationen über Entwicklungen. Das hat letztendlich ein rundes Bild davon ergeben, was die Bewohner, aber auch Besucher der Insel Helgoland denken und wie sie die politischen Entwicklungen betrachten.

Es gibt zwei Handlungsorte, rund die ersten hundert Seiten, sowie wenige Seiten mitten in der Geschichte spielen in Hamburg. Hier lernt man vor allem den Hafen, aber auch das Gängeviertel kennen, an diesen zwei Orten spielt der Hauptteil in der Hansestadt. Am Hafen der Stadt Hamburg lernt man nicht nur einen Teil der Arbeiten kennen, die u.a. für ein reibungsloses Be- und Entladen der Schiffe nötig sind, sondern hier treffen auch ein Stück weit zwei Welten aufeinander. Einmal kann man hier gut die Arbeiter beobachten, die für einen geringen Lohn stark schuften müssen und sich teilweise jeden Tag eine andere Arbeit suchen. Zugleich treffen hier auch Gäste aus verschiedenen Ländern ein, die eindeutig der besseren Gesellschaft angehören und zum Urlaub oder für Geschäfte in der Stadt sind. Daher empfand ich den Hafen als interessanten Ort, hier treffen Menschen aus unterschiedlichen Schichten aufeinander und es ergibt sich ein Abbild der Gesellschaft.
Bei der Darstellung von Helgoland haben mir vor allem die traumhaften Beschreibungen der Insel gefallen. Diese konnte ich mir sehr lebhaft vorstellen und habe es geliebt, mit den Personen durch die Gegend zu streifen. Sowohl von den Gebäuden, Hotels und Privathäusern, als auch von der Natur hatte ich viele Bilder vor Augen und konnte mir auf Anhieb vorstellen, was gerade beschrieben wurde.
Ich empfand den Vergleich zwischen dem lauten, aufregenden und freizügigen Hamburg und dem beschaulichen und eher ruhigen Helgoland sehr interessant. Es treffen zwei komplett unterschiedliche und spannende Welten aufeinander, die beide auf ihre Art überzeugen können und für ein abwechslungsreiches Setting sorgen. Beide Handlungsorte haben viel Charme, wurden stimmungsvoll beschrieben und haben mir gut gefallen!

Für mich war die Handlung nur sehr selten vorhersehbar. Grob hatte ich eine Vorstellung davon, wie die weitere Geschichte aussehen könnte, jedoch wurde ich oft davon überrascht, wie die Entwicklung dessen tatsächlich aussieht. Häufig gibt es Wendungen und Ereignisse, die der Handlung eine vollkommen neue Richtung gegeben haben und die ich nicht so erwartet hatte. Entweder hatten meine Vermutungen eine vollkommen andere Tendenz oder ich war tatsächlich ratlos und konnte nicht genau sagen, wie ich mir die weitere Geschichte vorstellen würde. Daher blieb die Spannung auf einem sehr guten Niveau, ich wurde immer wieder überrascht und bin sehr zufrieden mit der Entwicklung der Handlung.

Ich finde, dass die Stimmung vor allem im Zusammenhang mit dem Setting, selten auch mit den Protagonisten auftaucht. Je nachdem, ob ich einen Handlungsort, aber auch eine Figur sympathisch oder unsympathisch empfand, hatte dies große Auswirkungen auf die Stimmung. Diese erstreckt sich am über verschiedene Emotionen und zeigt nicht nur das Setting in mal mehr, mal weniger strahlenden Farben, sondern ist auch wichtig, dass die Personen so lebendig und realistisch auftreten. Außerdem mag ich es sehr, wie viele Facetten die Figuren von sich selbst zeigen und sich nicht scheuen, ihre Emotionen offen heraus- und den Leser daran teilhaben zu lassen.

Es gibt eine umfassende Auswahl an verschiedenen Personen, die mit besonderen Merkmalen und ihrem eingängigen Charakter sofort im Gedächtnis bleiben. Direkt vom ersten Auftritt an hatte ich keine Probleme, die Figuren im Folgenden wiederzuerkennen und ihnen bestimmte Merkmale zuzuordnen. Sie zeigten verschiedene Facetten ihrer Person, sichtbare Entwicklungen und blieben stets sich und ihren Wünschen treu. Es gibt gute Entwicklungen, die sowohl in eine positive, als auch in eine negative Richtung ausfallen. Dabei ist es oft interessant, die Gedankengänge der Personen, allen voran natürlich von Tine zu verfolgen, dadurch hatte ich das Gefühl, gerade ihrem Charakter näher als den anderen zu sein.
Zudem mochte ich die Vielfalt der Protagonisten. Es treten Menschen aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Klassen auf, man kann sich so einen Eindruck der Gesellschaft verschaffen. Man trifft viele Menschen mit verschiedenen Berufen, die mal mehr, mal weniger angesehen in der Bevölkerung sind und kann so schauen, wie auf diese Personen reagiert wird. Dies ergibt am Ende ein großes Gesellschaftsbild, welches abwechslungsreich und realistisch ist und einen Blick auf die Bevölkerung bietet.

Fazit
Normalerweise beginne ich Romane mit einer gewissen Erwartungshaltung, bei diesem Buch hatte ich allerdings keine Erwartungen. Keine Ahnung, wieso das so war, allerdings ist dies vielleicht auch der Grund, weshalb ich am Ende so begeistert von dem Buch bin. Selbst wenn ich ausführlich darüber nachdenke fällt mir kein Aspekt ein, der mir nicht gefallen hat und den ich kritisch betrachte. Es liegt eine durch und durch runde und stimmige, unterhaltsame, mitreißende und spannende Lektüre vor, die mir viele schöne Lesestunden beschert hat und die ich mit gutem Gewissen weiterempfehlen kann. Ich bin sehr positiv überrascht von dem Buch und freue mich arg auf die Fortsetzungen!

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Veröffentlicht am 24.02.2021

Die Wunderfrauen - Von allem nur das Beste

Die Wunderfrauen
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Handlung
Die 1960er Jahre beginnen spannend und mit vielen neuen Möglichkeiten. Dies spüren auch Luisa, Helga, Marie und Annabel, sie freuen sich auf aufregende Jahre und verfolgen voller Interesse die ...

Handlung
Die 1960er Jahre beginnen spannend und mit vielen neuen Möglichkeiten. Dies spüren auch Luisa, Helga, Marie und Annabel, sie freuen sich auf aufregende Jahre und verfolgen voller Interesse die Errungenschaften der Frauenbewegung, als auch medizinische Neuheiten wie die Pulle. Und Luise plant voller Tatendrang die Umgestaltung ihres kleinen Ladens, sie möchte nicht nur erweitern, sondern den Kunden auch die Möglichkeit bieten, sich selbst zu bedienen, was neuerdings in Supermärkten üblich ist. Helga währenddessen versucht, den Job, als auch das Dasein als alleinerziehende Mutter zu stemmen, Marie kämpft um die Familie, aber auch um ihre Kräfte, die tagtäglich stark beansprucht werden und Annabel steht kurz vor der Geburt des zweiten Kindes. Doch nicht alles klappt und läuft so, wie es sich die vier Damen erhofft haben. Und wiederholt merken sie, dass das Schicksal sie nicht nur immer wieder zusammenführt, sondern sie eine engere Bindung zueinander haben als gedacht...
Meinung
Schon als ich das Buch erstmals gesehen habe, mochte ich das Cover richtig gern. Es strahlt den Charakter der Handlungszeit aus, ist stimmungsvoll und durchdacht, auffallend und geschmackvoll gestaltet. Am unteren Bildrand sind vier Damen abgebildet, von denen man lediglich von Zweien das Gesicht sieht, die anderen beiden sind dem Betrachter abgewandt. Sie tragen die Mode der 1960er Jahre, auch ihre Frisuren und die Schminke wurden daran orientiert und somit vermitteln sie ein lebendiges und authentisches Bild der Handlungszeit.
Die Schrift, aber auch die Schriftart sind sehr lebendig gehalten und dienten für mich als Blickfang, als ich das Buch erstmals in der Hand gehalten hatte, ist mir diese sofort ins Auge gesprungen. Ich mag die Tiefe, die sie bietet und finde, dass sie das gesamte Bild perfekt verbindet. Insgesamt ergibt sich ein ansprechendes und gelungenes Cover, welches ich nicht nur gern mag, sondern auch als einzigartig und besonders empfinde.

Im Juli letzten Jahres hatte ich den ersten Band der Reihe gelesen und sehr geliebt. Ich war davon komplett begeistert, habe die Geschichte einfach nur als perfekt empfunden und letztendlich gehört der Roman auch zu meinen Highlight des Jahres 2020. Dementsprechend groß war meine Vorfreude auf den zweiten Teil, als ich ihn in der Verlagsvorschau entdeckt habe, war ich direkt von dem Cover, aber auch der Inhaltsangabe begeistert. Das Buch dann endlich in den Händen zu halten und wieder in die Welt der vier Wunderfrauen eintauchen zu können, war einfach nur grandios, daher möchte ich mich ganz herzlich beim Fischer Verlag für das Rezensionsexemplar bedanken!

Obwohl es für mich schon ein ganzes bisschen her ist, seitdem ich den ersten Band gelesen habe, hatte ich absolut keine Startschwierigkeiten. Innerhalb kurzer Zeit waren mir die Protagonisten, als auch das Setting wieder vertraut und schnell sind mir Details aus dem ersten Band wieder eingefallen und ich konnte der Geschichte ohne Probleme folgen.
Vielleicht lag das auch an dem sehr aufregenden Start, der die Spannung direkt nach oben treibt und anhand dessen bei mir das Bedürfnis sehr hoch war, dass ich unbedingt wissen wollte, was es mit dieser Situation auf sich hat, wie es dazu kam und wie sie sich auflösen wird. Der Prolog setzt wenige Jahre nach dem eigentlichen Start der Handlung ein und gibt ein Ereignis preis, welches im Laufe der Story geschehen wird. Hier kann man bereits erste Vermutungen anstellen und sich überlegen, wie es zu der Ausgangssituation kommen kann. Es gibt also einen vielversprechenden Start, der mir sehr gut gefallen hat und der einen interessanten und reizvollen Beginn bietet.

Von der ersten bis zur letzten Seite war die Schreibweise einfach traumhaft und wunderbar lesbar. Sie trägt den Leser sehr angenehm durch die Geschichte und lässt sich leicht und locker lesen. Ich bin sehr flüssig vorangekommen, wenn ich das Buch einmal zur Hand hatte, wollte ich mit dem Lesen gar nicht mehr aufhören. Stets hatte ich über einen möglichen Fortgang der Handlung nachgedacht und mir überlegt, wie sich manche Ereignisse auflösen und was noch geschehen könnte. Unter anderem deshalb habe ich mich sehr intensiv mit dem Buch befasst und fühlte mich den Personen, allen voran den vier Damen so vertraut und nahe.
Für meinen Geschmack gestaltete sich die Sprache als recht einfach und daher gut lesbar. Anhand der Spannung, aber auch des Bayerischen Dialekts bekommt die Sprache einen besonderen Charme und wird einzigartig. Beides taucht in einem angenehmen Maß auf und trägt viel dazu bei, dass die Personen, aber auch Handlungen sehr realistisch und glaubwürdig erscheinen.

Ich muss ehrlich zugeben, dass ich meist die Zeit nach den 1950er Jahren nicht so spannend finde, obwohl da ja auch allerhand Spannendes und Bedeutendes in der Welt geschehen ist. Und daher meide ich oft Romane, die nach dem Zweiten Weltkrieg spielen meist. Und dann kamen die Wunderfrauen in mein Leben und ich muss meine Meinung ändern. Stephanie Schuster schafft es, mir diese Zeit schmackhaft zu machen und mich dafür zu begeistern, mir den Zeitgeist zu vermitteln und mich auch ein wenig wünschen zu lassen, einige Tage in diesen Jahren, hier speziell in den 1960ern verleben zu lassen.
Insgesamt gelingt es der Autorin richtig gut, die erzählte Zeit für den Leser lebendig werden zu lassen und ihm verschiedene Lebensweisen zu zeigen. Man bekommt ein unglaubliches Gespür, wie die Stimmung in den Handlungsjahren war, wie sich das familiäre Leben gestaltete und welche Mode gerade begehrt war, aber auch, wie die Wohnungen und Gebäude ausgestattet waren. All dies konnte ich mir problemlos und sehr bildreich vorstellen, wodurch die Einblicke in die Handlungszeit sehr spannend und informativ, aber auch lebendig waren!
Sehr wohldosiert werden auch einige, wenige historische Fakten in den Roman eingebunden. Diese beschäftigen sich mit ausgewählten Themen und sind nie zu üppig, sie wurden sehr gut in die Geschichte verarbeitet und geben noch ein paar Einblicke, was die Welt zu der Handlungszeit beschäftigt hat. Das empfand ich als sehr angenehm und es zeigte sich an zahlreichen Stellen, was für eine tiefe und genaue Recherchearbeit hinter dem Buch steckt!

Auch diesmal stehen wieder die vier Damen im Mittelpunkt und aus ihren Sichtweisen werden die Kapitel erzählt. Dabei kommt jede ausreichend Platz, um ihre Pläne und Ziele, aber auch ihre Lebenssituation vorzustellen und man hat ausreichend Raum, um sich mit ihnen vertraut zu machen.
Es entstehen also vier Erzählperspektiven, die sich immer mal wieder Überschneiden und anhand derer man äußerst lebendige Einblicke in die Handlungszeit, aber auch das alltägliche Leben von realistischen Personen bekommt. Man kann genaustens schauen, welche Probleme die Figuren plagen, wie sie sich entfalten und was es für gesellschaftliche Normen gibt, kann verfolgen, wie sich die Gesellschaft entwickelt und wie auch die Damen nach und nach mehr Rechte zugestanden bekommen.
Zudem ist es aufgrund der vielfältigen Erzählweise möglich, die vier Damen aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten und sich ein umfassendes Bild ihrer Personen zu machen. Sie werden dabei genaustens beschrieben, man kann Entwicklungen sehen und die Situationen besser einschätzen. Auf diese Weise entsteht eine abwechslungsreiche Handlung, Längen können erst gar nicht entstehen und mir war es möglich, eine noch bessere Bindung zu den Protagonisten aufzubauen.

Ich finde, dass zahlreiche Stimmungen im Buch vorzufinden sind, die sich auch teils auf den Leser übertragen. Nicht nur Emotional ist bei den vier Damen allerhand los und an vielen Stellen habe ich gemerkt, wie ich stark mit den Personen mitleide und mitfiebere, weshalb eine besondere und sehr angenehme Bindung zu ihnen entstanden ist.
Aber auch die allgemeine Stimmung der Zeit, mit den positiven, aber auch negativen Ereignissen war authentisch dargestellt und man merkt immer noch eine Aufbruchsstimmung. An vielen Textstellen wird deutlich, dass sich die Welt, allen voran wird im Buch natürlich Deutschland behandelt, in ständiger Bewegung befindet und immer wieder neue Gesetze kommen, die Gesellschaft ändert sich und die Menschen durchleben verschiedene Phasen. All das macht den unverwechselbaren Charakter des Buches aus und trägt dazu bei, dass man sich in der Geschichte einfach wohlfühlen muss. Man hat allerhand davon erfahren, was die Figuren beschäftigt und das trägt viel zum stimmungsvollen Erzählen bei.

Es wurde ein Hauptsetting gewählt, der Starnberger See und sein Umland und dort spielen alle Szenen. Und allein die Beschreibungen der Landschaft sind unglaublich traumhaft und laden zum Träumen ein. Ich konnte mir diese richtig gut vorstellen und hatte unglaublich lebendige Bilder vor Augen, vor allem, wenn sich die Personen im Freien aufhalten. Dann war auch die Stimmung so fein, ich hatte das Gefühl, mit durch die Gegend zu laufen und die Sonne zu spüren. Traumhaft!
Aber auch die einzelnen Gebäude, allen voran Luises Gemischtwarenladen, aber auch die Seeklinik oder der Bauernhof von Marie hatte eine tolle und umfangreiche Zeichnung erhalten, sodass diese Orte ebenfalls sehr einladend und ausgewählt erscheinen.
Lediglich Helgas Wohnung empfand ich etwas kalt und schwach. Hier hatte ich ein paar Probleme, mir diese vorzustellen, allerdings spielen dort nur wenige Szenen, meist von geringerer Bedeutung, weshalb ich mich daran nicht gestört habe.

Man konnte auch diesmal wieder deutlich merken, dass die vier Damen Annabel, Helga, Luise und Marie im Vordergrund stehen. Sie haben die aussagekräftigsten Charakterdarstellungen erhalten und aus ihrer Sicht erleben wir als Leser die Geschichte mit. Ich mochte es sehr, wie stark man von ihren Erlebnissen, Gefühlen und Gedanken erfährt, eine jede hat ihre kleinen Probleme, Ziele, aber auch Wünsche, die im Buch genannt werden und anhand derer ich mich mit den Damen sehr verbunden gefühlt habe. Eine jede hat einen perfekt auf sie zugeschnittenen Charakter erhalten, der individuell und sehr authentisch daherkommt. Ihre Gedanken sind gut nachvollziehbar, sie haben tiefgründige und komplexe Wesen erhalten und waren einfach besonders, in vielen Momenten hatte ich großen Respekt vor ihnen!
Im Vergleich zum ersten Band der Reihe war für mich deutlich eine Entwicklung der Personen zu sehen. Sie sind nicht nur älter geworden, sondern haben eine tolle Wandlung hingelegt und sind nachdenklicher, aber auch stärker und selbstbewusster geworden. Deshalb hatte ich diesmal auch keine Schwierigkeiten mit den Frauen, sie waren mir noch zu vertraut aus dem ersten Band und nach wenigen Seiten zeigte sich bereits wieder, weshalb ich sie so gerne mag!
Die anderen Protagonisten spielen eine etwas untergeordnetere Rolle, sie agieren nicht so stark im Vordergrund und von ihnen erhält man keine Einblicke in die Gedanken- und Gefühlswelten. Trotzdem haben auch sie Eigenheiten und besondere Charakterzüge erhalten, die sie einzigartig machen und auch bei ihnen war eine Entwicklung sichtbar. Sie nehmen den vier Wunderfrauen nicht den Fokus, treten aber auch stark und ansprechend auf, auch wenn ich nicht jede Person sympathisch empfand, waren sie doch angenehm und interessant.

Fazit
Ich habe, auch wenn ich das Buch nicht in der Hand gehalten habe, viel über die Geschichte nachgedacht und mich mehrere Stunden mit den behandelten Themen beschäftigt. Am Ende war ich so in der ganzen Materie drin, dass ich sogar von Luise Dahlmann und ihrem kleinen Laden geträumt habe, was sehr besonders war und mich den Ereignissen, aber auch den Personen noch näher gebracht hat. Das, aber auch die sehr stimmige und mitreißende Handlung, sowie die unglaublich gut Darstellung der vier Damen und die bildhafte und gut umschreibende Sprache hat dazu geführt, dass ich absolut begeistert von dem zweiten Band bin und ich die Reihe wirklich jedem ans Herz legen möchte. Dicke Empfehlung meinerseits!

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