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Veröffentlicht am 09.03.2025

No hard feelings - und davon eine ganze Menge!

No Hard Feelings
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Penny hat die Nase voll von ihrem Leben wie es ist!
Ihre Freundinnen kommen im Leben voran, während sie das Gefühl hat, in einem Job festzustecken, den sie hasst. Die Liebe meint es auch nicht gut mit ...

Penny hat die Nase voll von ihrem Leben wie es ist!
Ihre Freundinnen kommen im Leben voran, während sie das Gefühl hat, in einem Job festzustecken, den sie hasst. Die Liebe meint es auch nicht gut mit ihr, will ihr „Traummann“ doch eigentlich nur Spaß.
Doch Veränderungen sind nicht leicht…

Genau das dürfen wir als Leser:in mit Penny durchmachen.
Penny als Protagonist hadert nicht nur mit ihrem Leben, sondern vor allem mit sich selbst.
Selbsthass, Selbstzweifel, das Gefühl, kein Glück verdient zu haben. Und Aufgeben, nach all der Zeit die man investiert hat?! Das scheint für Penny erstmal keine Option zu sein.
Erst nach mehreren Rückschlägen und dem Mit, sich einer Therapeutin anzuvertrauen, ändert sich was für Penny.
Auch wenn es zuerst so scheint, als würde das alles nur noch schlimmer machen, dürfen wir Penny am Ende dabei begleiten, wie sie ihr Leben wieder selbst übernimmt.

All das verpackt Genevieve Novak in eine Sprache, die sich natürlich, leicht anfühlt und der Geschichte trotzdem die nötige Tiefe gibt.
Novak beschreibt realitätsnah eine Person mit Depressionen, Selbstzweifeln, Selbsthass und Hang zur Selbstmanipulation. Durch Penny zeigt sie uns, das solche Gedankengänge in mehr Köpfen stattfinden als nur in unserem eigenen und dass es keine Schande ist, sich Hilfe zu suchen.

Gespickt mit ein bisschen Liebe hat man mit „no hard feelings“ einen lebensnahen, tiefgehenden Roman, den ich jedem empfehlen würde. Vor allem, wenn jemand selbst gerade mit seinem Leben und sich selbst hadert.

1 ⭐️ Abzug gibt es, weil mir am Ende ein runder Abschluss, gerade was Pennys therapeutische Reise angeht, fehlt. Keine Frage, an sich ist das Ende ein gutes, aber es fehlt mir eine Art Resume an sich selbst. Ein Kapitel mit noch einer Sitzung bei Dr. Minnick vielleicht.

Doch ansonsten 4/5⭐️

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Veröffentlicht am 19.11.2024

Stark, polarisierend, aufklärend

Strong Female Character
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In strong female character erzählt Fern Brady über ihr Leben mit lange undiagnostiziertem Autismus. Ein Problem, dass die meisten Frauen mit dieser Erkrankung betrifft.
In Auszügen erzählt Brady aus unterschiedlichen ...

In strong female character erzählt Fern Brady über ihr Leben mit lange undiagnostiziertem Autismus. Ein Problem, dass die meisten Frauen mit dieser Erkrankung betrifft.
In Auszügen erzählt Brady aus unterschiedlichen Lebensabschnitten - von ihrer Kindheit, ihre Studienzeit, bis zur Zeit nach der Diagnose - in der Retrospektive, wodurch sie den Leser und sich selbst vor Augen führt, wie früh und deutlich sich ihr Autismus eigentlich schon gezeigt hat.

Brady’s Schreibstil mag eigenwillig erscheinen, doch im Hinblick auf ihren Autismus in Verbindung mit allem, was sie durchgemacht hat, spiegelt er Brady zu 100% wieder.
Unverblümt, offen, ehrlich, keine Tabus.
So wie Brady nunmal ist - was meiner Meinung nach im Laufe der Erzählung ganz gut heraus kommt.
Brady führt die Leser wirklich gut und informativ an das Thema Autismus heran, untermauert ihre Aussagen mit teils medizinischer Literatur und zusätzlichen Erklärungen als Fußnoten - für mich eine tolle Idee.

Ihre Darstellungen sind zum Teil sehr detailreich, was für den „allistischen“ Leser extrem erscheinen kann. Doch für Brady ist es ein Teil ihres Lebens und all das sollte kein Tabu sein. Außerdem sind die Details notwendig, um zu verstehen, wie es ihr, als Autistin, ergangen ist.

Brady macht im Laufe ihrer Erzählung immer wieder auch auf das Konstrukt der Gesellschaft im Bezug auf Frauen aber auch im Bezug auf psychisch Erkrankte aufmerksam. Zu oft habe ich mir beim Lesen gedacht „Ja, genau!“ Oder „leider auch heute noch so“.
Brady mochte die Leser auf eine Art Schubladendenken bzw. Vorurteile aufmerksam machen.
Allerdings ist sie in ihren Schilderungen selbst arg von Vorurteilen und Bewertungen anderer eingenommen. Männer werden von ihr kategorisiert und Frauen auf ihr Aussehen reduziert bzw. klassifiziert - obwohl Brady uns eigentlich sagen will, dass genau das das Problem an der Gesellschaft ist. Ob sie dies absichtlich tut oder so in ihren erlernten Ansichten gefangen ist, dass sie es nicht wahrnimmt, lässt sich anfordern Stelle nicht sagen.

Brady schildert ihre Reise durch das medizinische System, ihre Erfahrungen mit Ärzten, diversen Substanzen und ihren „Symptomen“ die sie gerade als Kind nicht verstehen und einordnen konnte. Die eigentliche Reise durch Diagnostik und Therapie ist aber sehr kurz gehalten und fühlt sich eher wie eine Nebensatz an, was ich extrem Schade finde, da genau das interessant gewesen wäre.

Neben dem Autismus und (eher klein geschriebenen) Sexsimus, zeigt Brady’s Erzählung auch, wie sehr Stand, Herkunft, Erziehung und Familie ein Leben beeinflussen. Denn nicht nur ihr Autismus lässt Brady im Leben stolpern sondern auch die von ihren Eltern vermittelten Werte, die Beziehung zu ihren Eltern und später die für mich bis dato unbekannten Vorurteile und Abneigungen gegenüber Schotten.

Strong female Character ist ein starkes Buch, das definitiv polarisiert.
Ich persönlich bin froh, Brady’s Geschichte gelesen zu haben und trotz meiner Kritikpunkte kann ich diese Buch wirklich empfehlen.
Es ist eine Autobiographie zu einem Thema, dass viel zu unbekannt und mit viel zu wenig Wissen gefüllt ist. Erzählungen wie diese können die Grundlage für mehr Verständnis und offenerem Umgang mit Autismus bei Frauen sein.

Definitiv lesenswert!

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