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Veröffentlicht am 22.04.2023

Gut, aber nicht Diana Wynne Jones bestes Werk

Die verborgene Geschichte des Tom Lynn
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Auf dieses Buch habe ich mich schon seit der Ankündigung gefreut, ich kann einfach nicht genug von Diana Wynne Jones bekommen und freue mich tierisch über jede Neuauflage ihrer Bücher, die ich im Knaur ...

Auf dieses Buch habe ich mich schon seit der Ankündigung gefreut, ich kann einfach nicht genug von Diana Wynne Jones bekommen und freue mich tierisch über jede Neuauflage ihrer Bücher, die ich im Knaur Programm entdecken kann. Daher wanderte das Buch direkt nach Erhalt auf meine Leseliste.

Zwei Träumende, die sich finden
Schon der Beginn der Geschichte hielt ein paar Überraschungen für mich bereit: Zum einen war ich überrascht, dass das Buch in der gegenart (naja, zumindest die Gegenwart der 80er, als es erschien) und unsere Welt spielt. Irgendwie hatte ich angenommen, es würde wie die Howl Saga in einer fiktiven Welt spielen. Die zweite Überraschung war, dass die Polly der Gegenwart zwar 19 ist, sie ihre Geschichte aber 9 Jahre früher beginnt zu erzählen. Wir begleiten also zunächst die zehnjährige Polly und sehen damit die Welt durch die Augen eines Kindes. Daran musste ich mich zunächst gewöhnen, doch schnell zeigt sich, dass diese Perspektive gerade erwachsenen LeserInnen viel bietet, denn die zehnjährige Polly nimmt die Welt auf eine Art und Weise war, wie es viele Erwachsene vergessen haben, nämlich mit Lebensfreude und einer sprudelnden Fantasie. In Tom Lynn findet Polly dann durch Zufall einen Seelenverwandten, der ihre Freude an Geschichten und dem Träumen teilt. Und der ihr ein Freund und eine Stütze ist, wo es ihr Vater, der jede Verantwortung scheut und ihre Mutter, die nur das eigene Glück sucht, nicht sind.
In manchen Rezensionen habe ich gelesen, dass manche die Beziehung, der beiden seltsam bis unangemessen fanden, kann das aber nicht wirklich nachvollziehen. Klar, der Altersunterschied ist groß, aber die Beziehung zwischen Tom Lynn und der jungen Polly bleibt zu aller Zeit platonisch freundlich. Es sind zwei Menschen, die eine Leidenschaft zur Fantasie, Literatur und dem Träumen teilen und einander halt geben, da es ihr jeweiliges Umfeld es nicht tut.

Vom Älterwerden und der Macht der Fantasie
Doch auch wenn Tom Lynn und Pollys Verbindung zu ihm eine zentrale Rolle in diesem Roman spielen, ist dieses Buch doch eigentlich entgegen dem Titel nicht Tom Lynns Geschichte, sondern Pollys. Sie schildert und ihre Erinnerungen von dem Tag an, an dem sie als zehnjähriges Mädchen Tom das erste Mal traf, bis hin zu ihrem gegenwärtigen neunzehnjährigen Selbst, das auf dem Rückweg nach Oxford ist. Der Roman umfasst also eine Zeitspanne von fast zehn Jahren, in der wir Pollys Leben mitverfolgen. Wir erleben als LeserIn, wie sie von einem Kind, zum Teenager, zur jungen Frau aufwächst. In vielerlei Hinsicht ist das Buch daher eine klassische Coming-of-Age Geschichte, die vor allem deswegen überzeugt, weil Jones es meisterlich versteht, das Älterwerden und die damit einhergehende Entwicklung, die Polly durchlebt, spürbar und doch subtil zu schildern. Manche typische Dinge, die mit dem Älterwerden einhergehen, wie sich ändernde Interessen oder Freundschaften, sie sich auseinanderleben sind offensichtlich, andere Entwicklungen Pollys sind subtiler, wie zum Beispiel die Art, wie sie ihre Umwelt wahrnimmt, wie sie Menschen begegnet oder auch wie sie sich selbst reflektiert.

Vor diesem Hintergrund rücken tatsächlich die fantastischen Elemente des Romans in den Hintergrund, was ich ein bisschen schade fand, da Jones in Das wandelnde Schloss bereits gezeigt hat, dass sie eine großartige Coming-of-Age Geschichte auch mit allerhand Magie schreiben kann. Auch muss ich zugeben, dass ich zwar objektiv betrachtet diese Coming-of-Age Geschichte literarisch gut gemacht finde, der Funke bei mir aber trotzdem nicht ganz übersprang. Ein paar Passagen aus Pollys Alltag hätte man meiner Meinung nach kürzen können und an der ein oder anderen Stelle hätte ich mir einfach etwas mehr gewünscht. “Was mehr?”, fragt ihr euch jetzt vielleicht, aber eine genaue Antwort kann ich darauf gar nicht geben, da ich es schwerlich in Worte fassen kann. Etwas mehr Pepp, etwas mehr wow, ein Funken, der die Geschichte mit noch mehr Leben füllt. Ich weiß, das ist alles ziemlich schwammig, aber besser kann ich mein Gefühl, nach der Lektüre nicht ausdrücken.

Fazit:


In Die verborgene Geschichte des Tom Lynn zeigt Autorin Diana Wynne Jones wieder, was für ein Quell der fantastischen Ideen sie ist und was für ein Händchen sie für Coming-of-Age Geschichten hat. Trotzdem ist das Buch im direkten Vergleich mit z. B. der Howl Saga etwas schwächer, denn es hat kleine Längen und es fehlt ihm der letzte Pepp, damit der Funke wirklich überspringt. Nichtsdestotrotz kann ich schon jetzt das hoffentlich nächste kommende Buch von ihr im Knaur Programm kaum abwarten.

Hinweis: In meinem eigenen Bewertungsystem auf meinem Blog hat das Buch 4/6 bekommen.

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Veröffentlicht am 22.04.2023

Zerschnippelte Antigone

Die Unheimlichen: Antigone
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Im Januar 2022 las ich ja die Antigone Adaption aus der Mythen der Antike Reihe und war schwer begeistert. Daher war ich sehr neugierig, als ich diese weitere Comicadaption der Tragödie entdeckte und war ...

Im Januar 2022 las ich ja die Antigone Adaption aus der Mythen der Antike Reihe und war schwer begeistert. Daher war ich sehr neugierig, als ich diese weitere Comicadaption der Tragödie entdeckte und war gespannt, wie jemand anderes den Stoff adaptiert.

Die Märtyrerin und der Tyrann
Antigone gegen Kreon. Die heldenhafte und edle Märtyrerin gegen den bösen bösen Mann, äh, Tyrann, äh ach egal, wird hier sowieso beides gleichgestellt. Das ist im Grunde die gesamte Zusammenfassung dieser Adaption. Auf den gerade mal 64 kleinformatigen Seiten ist jedoch nicht viel Platz, um dieser Tragödie den nötigen Raum zu bieten, daher wird gnadenlos gekürzt. Das Erste, was dem Rotstift zum Opfer fällt, ist das Ende, pff wer braucht das auch schon. Lieber einfach genau da aufhören, wo man den größten (Blut)Schocker schildern kann, das muss reichen. So, wo können wir noch kürzen? Ah ja, die Einsicht Kreon, dass er falsch lag. Männer Tyrannen sind pööse, die sehen gar nichts ein, also weg damit.

Und so geht es immer weiter. Sophokles Werk wird gestaucht, zusammen geschnippelt, gekürt und vor allem vereinfacht. Was im Original ein Konflikt auf mehrere Ebenen ist, nämlich göttliches Recht gegen weltliches Recht, Verpflichtung gegenüber dem Blut gegen Verpflichtung gegenüber dem Staat/der Gemeinschaft, Rebellion gegen Gesetz, weiblicher Widerstand gegen männliche Herrschaftsansprüche, wird in dieser Comicadaption lediglich auf letzteres reduziert. Kreon wird zum absoluten Feindbild erklärt, Antigone hingegen verklärt. Das vereinfach das Ganze meine Meinung nach viel zu sehr und raubt dem Stück auch den Charakter einer Tragödie.

Versteht mich nicht falsch, ich finde es durchaus ok, klassische Stücke zu modernisieren und den Fokus auf die weibliche Perspektive zu legen finde ich sogar richtig klasse, trotzdem muss man sich meiner Meinung nach mit dem Original beschäftigen und diese Auseinandersetzung hat in meinen Augen hier nicht stattgefunden. Als Beispiel, was ich genau meine, könnte man kurz Madeline Miller betrachten. Sie stellt auch weibliche Figuren der Mythologie in ein neues Licht und hinterfragt patriarchale Strukturen, aber nicht, indem sie einfach die Hälfte des Stücks/des Mythos ignoriert, sondern indem sie Vorhandenes weiterdenkt und vertieft. Sie erweitert die Handlung, statt sie herunterzubrechen, wie es bei dieser Adaption geschehen ist.

Was mir gut gefallen hat, um diese Rezension auch mit was Positivem zu beenden, war die grafische Ausarbeitung des Comics. Besonders der gezielte Einsatz von rot in dem ansonsten schwarzweiß gehaltenen Comic war sehr stimmig und auch die Figuren mochte ich, da sie trotz des recht einfachen Stils überraschend ausdrucksstark wirkten.

Fazit:


Die Adaption von Sophokles Antigone konnte mich leider überhaupt nicht überzeugen. Die Tragödie wird drastisch gekürzt, die verschiedenen Ebenen des Konflikts auf eine plumpe Art runtergebrochen und auf “Männer sind böse Tyrannen” reduziert. Einen Punkt gibt es noch, weil prinzipiell die feministische Interpretation des Mythos eine völlig legitime und gerechtfertigte Betrachtung ist, wenngleich sie hier mangelhaft ausgeführt wurde und den anderen gibt es für die die doch stimmige visuelle Darstellung.

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Veröffentlicht am 22.04.2023

Avatar ohne Plan

Avatar – Der Herr der Elemente: Der Schatten von Kyoshi
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Mit Die Schatten von Kyoshi wird die Geschichte von avatar Kyoshi nun weitererzählt und ich war mehr als gespannt, wie es mit Kyoshi weitergeht.

Die Feuernation vor Sozin
Als Avatar hat man alle Hände ...

Mit Die Schatten von Kyoshi wird die Geschichte von avatar Kyoshi nun weitererzählt und ich war mehr als gespannt, wie es mit Kyoshi weitergeht.

Die Feuernation vor Sozin
Als Avatar hat man alle Hände voll damit zu tun den Frieden der Nationen zu wahren, das muss auch Kyoshi, frisch anerkannter Avatar, schnell feststellen. Kaum weiß die Welt, dass sie und nicht Yun der Avatar ist, da erreicht auch schon ein Hilferuf des Feuerlords Kyoshi. Dessen Autorität wird nämlich infrage gestellt und es droht ein Bürgerkrieg. Kyoshi reist daher unverzüglich in die Feuernation und ein Ränkespiel rund um den Thron des Feuerlords beginnt.
Da die Romane rund 300 Jahren vor den Ereignissen der Serie spielen, bekommen wir als Leser/in einen Einblick davon, wie die Feuernation war, bevor Feuerlord Sozin den 100-jährigen Krieg begann, das fand ich unglaublich faszinierend. Zu diesem Zeitpunkt hat die Feuernation noch viel Ähnlichkeit mit dem japan der Shogunzeit, sprich es gibt einen Shogun aka Feuerlord, aber auch noch viele Clans, die alle Ehrgeiz auf den Thron haben. Die Feuernation ist also noch deutlich feudaler geprägt, als es später unter Sozin und seien Nachfolger sein wird, aber auch wenn wir hier ein anderes Zeitalter der Feuernation betrachten, fallen trotzdem einige Dinge auf, die zum bereits bekannten Kanon der Serie passen: So zum Beispiel der strenge Fokus auf Ehre und die Bedeutung des Haarknotens in diesem Zusammenhang. Solche Details verknüpfen wieder gekonnt die Romane, mit dem Serienuniversum und lassen die Bücher als natürliche Erweiterung des Kanons erscheinen. Dafür gibt es wieder ein großes Lob.

Avatar ohne Plan
Weniger überzeugt hat mich die eigentliche Handlung. Denn ehrlich gesagt passiert überhaupt nicht viel. Kyoshi kommt in der Feuernation an und versucht die gegen den Feuerlord gerichtete Verschwörung aufzuhalten, und einen Bürgerkrieg zu verhindern. Gleichzeitig taucht auch Yun wieder auf und beginnt einen Rachefeldzug. Klingt beides eigentlich nach jeder Menge Potenzial für Spannung und Aktion, doch statt spannende Kämpfe und teuflische Intrigen, bekommen wir hauptsächlich Kyoshi, die von A nach b reist, weil man es ihr sagt und mit Leuten redet, weil man ihr das sagt. Überhaupt zeigt Kyoshi wenig Eigeninitiative. Sie ist zwar ständig unzufrieden mit der Situation, eine Idee wie sie das ändern könnte hat sie aber nicht, und so besteht ein Großteil des Buches daraus, wie Kyoshi planlos durch die Feuernation zieht.
Die ganze Zeit habe ich darauf gewartet, dass sich bei ihr etwas entwickelt, dass irgendwann ein Aha-Moment kommt oder es sonst irgendwie klick macht und sie vom sturen Teenager zu dem Avatar werden lässt, an die sich die Nachwelt noch Jahrhunderte später voller Respekt erinnern. Doch nach Beenden des Buches hatte ich das Gefühl, dass Kyoshi noch immer genau da ist, wo sie am Ende von Band eins stand und meilenweit davon entfernt, die selbstbewusste, starke und mit sich im Reinen seiende Frau zu sein, die wir in der Serie kennenlernten. Da nach derzeitigem Stand die Reihe abgeschlossen ist und keine weiteren Bücher zu Kyoshi erscheinen, ist das ziemlich enttäuschend.

Fazit:


Band zwei der Geschichte rund um Avatar Kyoshi konnte mich leider nicht so überzeugen, wie sein Vorgänger. Zwar haben mir der Einblick in die Feuernation vor Sosin und die Hintergründe zu Avatar Kuruk sehr gut gefallen, aber sonst bietet das Buch einfach zu wenig. Zu wenig Handlung, zu wenig Entwicklung bei den Charakteren.

Hinweis: im Bewertungssystem auf meinem Blog gab es 4/6 Punkte

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Veröffentlicht am 19.03.2023

Tolle Ideen, aber auch vielverschenktes Potenzial

Wilder Girls
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Wilder Girls katapultierte sich schon ganz weit nach oben auf meine Wuli als ich es zum ersten Mal in der englischen Ausgabe gesehen hatte, daher freute ich mich sehr auf die deutsche Übersetzung und hatte ...

Wilder Girls katapultierte sich schon ganz weit nach oben auf meine Wuli als ich es zum ersten Mal in der englischen Ausgabe gesehen hatte, daher freute ich mich sehr auf die deutsche Übersetzung und hatte auch recht hohe Erwartungen an das Buch, vielleicht zu hoch?

Der Feind lauert überall
In Wilder Girls befinden wir uns in einem Mädcheninternat, das sich isoliert auf einer kleinen Insel im Meer befindet. Auf einmal bricht dort eine schreckliche Seuche aus, die die Lehrerinnen schnell tötet und bei den Schülerinnen grausame Mutationen hervorruft, ebenso bei Tieren, sodass selbst einst friedliche Tiere, wie Rehe zur tödlichen Gefahr werden. In dieser Hölle auf Erden versuchen die Schülerinnen so gut es geht zu überleben, dabei müssen sie jedoch nicht nur gegen die Seuche und die mutierte Natur, sondern auch gegen den Hunger kämpfen, denn aus irgendeinem Grund schickt die Armee, die das Internat, versorgen soll bis ein Heilmittel gefunden ist, immer viel zu wenig Rationen. Damit wird jeder einzelne Tag für die Mädchen zum Überlebenskampf.

So viel dazu, wie das Buch startet. Interessant fand ich den Zeitpunkt, den die Autorin für den Beginn ihrer Geschichte gewählt hat. Während sich ähnliche Romane häufig zunächst mit dem Ausbruch der Seuche beschäftigen und diesen intensiv schildern, lässt Rory Power ihre Geschichte beginnen, da hat die Tox genannte Seuche das Internat schon über einem Jahr fest im Griff. Die Hoffnung auf zügige Hilfe und dass das Militär schnell ein Heilmittel findet ist längst verflogen, der Kontakt mit der Außenwelt schon lange abgebrochen und die Mädchen haben bereits mehrere Schübe der Tox hinter sich, die ihren Körpern alles abverlangen. Dementsprechend ist die Stimmung im Internat, die die Atmosphäre des ganzen Buches bestimmt: Die Mädchen sind nicht gebrochen, aber sehr pragmatisch und desillusioniert geworden. Ihnen ist mittlerweile klar geworden, dass sie allein für ihr Überleben verantwortlich sind und dass ein Wunder kaum zu erwarten ist.
Diese Gemütszustände zwischen Überlebenswille und Resignation, zwischen Hoffnung und abgebrühten Realismus finden sich besonders bei den drei Protagonistinnen. Sie sind alle drei Charaktere, denen durch die Ereignisse in vielerlei Hinsicht Stacheln gewachsen sind. Das macht sie nicht unbedingt sympathisch, aber interessant. Es sind Charaktere mit Ecken und Kanten, die auch untereinander, obwohl sie Freundinnen sind, häufig aneinander anecken. Sie sorgen zusammen mit dem Erzählstil der Autorin und der Atmosphäre des Buches dafür, dass Wilder Girls keine dieser Survival Story ist, in der ein/e Held/in aller Widrigkeiten zum Trotz über sich hinauswächst und Scharen von Monster/Zombies/Aliens etc. niedermetzelt, nein Wilder Girls fühlt sich anders an. Rauer, roher, ja tatsächlich wilder.

So viel ungenutztes Potenzial
Mit all dies hätte Wilder Girls das Potenzial gehabt, etwas richtig Großartiges zu werden. Eine Geschichte, die dir gleichzeitig das Herz erwärmt und ins Gesicht spukt, die man danach aber nicht mehr so schnell vergisst. Die Ansätze dafür sind definitiv da. Die Autorin zeigt gerade zu Beginn, dass sie tolle Ideen hat, sowohl die Tox, als auch die bereits erwähnten eigenwilligen Charaktere und die raue Atmosphäre faszinieren. Die Weichen sind gestellt für ein tolles Buch und die ersten zwei Drittel lesen sich flott weg. Doch dann beginnen immer mehr eigentlich tolle Ansätze, auf deren Fortführung man gehofft hat, sich im Sand zu verlaufen. Das geschieht sowohl auf der Handlungsebene, als auch bei der Weiterentwicklungen der Figuren und ihre Beziehungen untereinander. Was in der ersten Hälfte des Buches als Handlungsstränge toll in Spiel gebracht wurde, wird einfach nicht konsequent durchgezogen. Stattdessen werden sie entweder ganz fallen gelassen, oder, wie zum Beispiel im Falle der Hintergründe zur Tox, man wird als Leser/in mit einer völlig banalen, unausgegorenen Lösung abgespeist. Gerade zum Ende hin, wirkt das Buch leider so, als hätte die Autorin einfach keine Lust mehr gehabt, das Ding zu Ende zu schreiben, oder als hätten es ursprünglich zwei Bände werden sollen, aus denen plötzlich doch nur einer geworden ist: das Ende und die Auflösungen hinter den Geheimnissen wirken lieblos und einfallslos, das hat mich echt geärgert, gerade weil Rory Power ja zuvor gezeigt hat, dass sie kreative Ideen hat, warum zum Teufel hat sie die nicht zu Ende geführt?

Fazit:


Der Titel des Buches passt hervorragend, denn Wilder Girls ist eine Survival Story mit einer eigentümlichen, rohen Atmosphäre, die einen in den Bann schlägt. Leider wird das große Potenzial des Buches nicht bis zum Ende fortgeführt und viele eigentlich tolle Ideen verlaufen im Sande, bis sie in einem völlig uninspirierten Ende münden. Das Buch ist immer noch lesenswert, hätte aber eben so viel besser sein können, wenn mehr Konsequenz da gewesen wäre.

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Veröffentlicht am 11.03.2023

Mit dem Degen zurück ins Leben

En Garde!
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Diesen Comic habe ich zuerst anderen BlogerInnen entdeckt. Und da mich, auch wenn es auf meinem Blog wohl fast so scheint, nicht nur Mythologie Comic Adaptionen interessieren, haen mich die Rezension neugierig ...

Diesen Comic habe ich zuerst anderen BlogerInnen entdeckt. Und da mich, auch wenn es auf meinem Blog wohl fast so scheint, nicht nur Mythologie Comic Adaptionen interessieren, haen mich die Rezension neugierig auf den Comic gemacht.

Mit dem Degen zurück ins Leben
In dem Comic begleiten wir drei Frauen Lucie, Tamara und Nicole, die Opfer sexueller Gewalt wurden und nun an einem therapeutischen Fechtkurs teilnehmen. Die drei Frauen haben ganz unterschiedliche Persönlichkeiten und gehen auch völlig unterschiedlich mit dem, was ihnen angetan wurde, um. Während Lucie von ihrer Angst beherrscht wird, verschanzt sich Tamara hinter einem Panzer aus Dornen und scheinbarem Selbstbewusstsein, wohingegen Nicole sämtliches Selbstwertgefühl verloren hat.
Der Comic nimmt sich Zeit, die Frauen vorzustellen und geht auf berührende Art intensiv auf deren Emotionen ein. Er zeigt eindringlich, welche Trauma sexuelle Gewalt erzeugen und wie unterschiedlich die Bewältigungsstrategien der Frauen sind. Er zeigt auch, dass es nicht nur die eine Art von Trauma gibt und dass auch bei ein und dieselbe Person es zu unterschiedlichen Auswirkungen kommen. Wir Menschen bestehen nun mal nicht nur aus einem Gefühl, sondern sind jeden Tag ein ganzer Haufen von Emotionen und auch wenn Lucie, Tamara und Nicole bestimmte Muster in ihrem Verhalten haben, wird in dem Comic immer wieder deutlich, dass sie jede für sich die unterschiedlichsten Emotionen durchwandern, gute, aber auch schlechte Tage haben, Fortschritte machen und Rückschläge durchmachen müssen. Der Comic schildert all dies auf sehr sensible und eindringliche Art, auch weil Quentin Zuttion oft anstatt auf Text auf die reine Wirkung seiner Bilder setzt.
Besonders schön fand ich es, dass man als LeserIn zwar etwas über die einzelnen Verbrechen erfährt, diese aber nie in den Vordergrund rücken oder zu explizit werden. Es geht voll und ganz um die drei Frauen und ihre Emotionen.

Ein weiterer Punkt, der mir gut gefallen hat, ist, wie der Fechtkurs sich auf die Frauen auswirkt und wie das in dem Comic geschildert wird. Der Kurs hilft den drei Frauen, keine Frage, aber er vollbringt auch keine Wunder, was den ganzen Comic sehr authentisch macht, denn etwas so ins Leben schneidendes wie sexuelle Gewalt therapiert man selten innerhalb eines Jahres spurlos weg. Trotzdem lässt sich im Verlauf der Handlung bei allen drei Protagonistinnen eine Veränderung spüren und auch wenn am Ende nicht alles gut ist, vermittelt der Comic Hoffnung. Nicht die Illusion, dass der Scherz und die Angst irgendwann weg ist, sondern die Hoffnung, dass Lucie, Tamara und Nicole in Zukunft sich TROTZ diesen nicht davon beherrschen lassen und wieder das Gefühl finden ihr Leben selbst bestimmend leben zu können. Nicht geheilt, sondern mit Narben, aber wieder sie selbst.

Warum es trotz all dieser positiven Kritik ein Punkt Abzug gab ist, dass trotz all der Schilderungen von Emotionen die Protagonistinnen für mich trotzdem etwas unnahbar blieben. Das mag eventuell auch daran liegen, dass der Zeichenstil zwar künstlerisch sehr schön anzuschauen war, gerade in den dynamischen Fechtszenen, mit seiner skizzenhaftigkeit für mich aber nicht alle Gefühle, die sich aus dem Kontext der Szene ergaben, komplett transportieren konnte

Fazit:


Ein berührender und eindringlicher Comic über die Folgen von sexuelle Gewalt und den Kampf zurück ins Leben. Einfühlsam und authentisch wird die Entwicklung der drei Frauen geschildert und mit schemenhaften Aquarellzeichnungen untermalt, die besonders in den Fechtszenen gut zur Geltung kommen, die Figuren aber manchmal etwas distanziert erscheinen lassen.

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