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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.05.2019

Beklemmend, fesselnd, schockierend

Dry
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Neal Shusterman ist ja mittlerweile schon eine Größe im Jugendbuchbereich und wird viel gelobt. Ich persönlich habe ehrlich gesagt noch nichts von ihm gelesen (Scythe subbt noch), daher war ich sehr gespannt, ...

Neal Shusterman ist ja mittlerweile schon eine Größe im Jugendbuchbereich und wird viel gelobt. Ich persönlich habe ehrlich gesagt noch nichts von ihm gelesen (Scythe subbt noch), daher war ich sehr gespannt, ob der Autor mich mit Dry überzeugen kann.

Meine Meinung zum Buch:


Realistisches Szenario
California Drought. Das ist ein Begriff der in den USA in den letzten Jahren immer wieder in den Medien war. Gemeint ist damit die Dürreperiode in Kalifornien die von 2011 bis 2017 anhielt. Zeitweise hatten hunderte Haushalte kein fließendes Wasser, ganze Seen trockneten aus und es gab Verbote zum Wassersparen wie z.B. ein Rasensprengverbot, der Notstand wurde ausgerufen. 2017 dann endlich wieder Regen, die Dürre wurde offiziell für beendet erklärt, doch ist die Gefahr gebannt?

Wer sich diese Meldungen anschaut und dann einen Blick auf Dry wirft, dem wird schnell klar: Dieser Roman ist realistischer, als es uns lieb ist, realistischer, es sein sollte! Das Vater-Sohn Autoren Duo treibt die Auswirkungen der Dürre noch ein Stück weiter, doch nur ein kleines bisschen, denn vieles war in Kalifornien an manchen Orten schon erschreckende Realität. Das ist es, was diesen Roman so eindringlich und beklemmend macht.
Wenn ich einen Endzeitroman mit Zombies lese, ist das spannend, aber ich mache mir keine weiteren Gedanken darum, doch bei Dry ist das anders. Packend ist das Buch ebenso, doch zusätzlich, zumindest war es bei mir so, fängt man an, sich so seine Gedanken zu machen. Die Seiten fliegen dahin und mit jeder einzelnen, wird die eigene Kehle immer trockener und man ertappt sich dabei zu überlegen, nicht doch eine Kiste Wasser im Keller für Notfälle zu lagern.

Das alles macht den Roman unglaublich mitreißend und nachdenklich stimmend zugleich. Mark Twain soll angeblich mal gesagt haben: „In Kalifornien ist Whisky zum Trinken da. Und Wasser, um darum zu kämpfen!“ und auch heute sagen schon einige Klimaexperten, der dritte Weltkrieg widd um Wasser geführt werden. Ob das stimmt? Ich hoffe nicht, aber auf jeden Fall macht Dry einem das Problem bewusst und dafür kann man den Roman nur loben.

An manchen Stellen, dann doch nicht realistisch
Nach dem ganzen Lob der Thematik, kommen wir zurück zur Umsetzung, denn hier lief es leider nicht an allen Stellen rund. Dazu sei aber gesagt, es ist meckern auf hohem Niveau, immerhin habe ich ja auch nur ein Stern deswegen abgezogen. Paradoxerweise ist es der Mangel an Realismus an bestimmten stellen, der mich am meisten störte. Denn während das Szenario hyperrealistisch ist, ist es die Reaktion der Menschen an einigen Stellen nicht. So fand ich es doch schon seltsam, das bereits am Tag zwei alle dermaßen am ausrasten sind. Sicher, der Mensch überlebt nur 3 Tage ohne Wasser, an Tag zwei ohne was getrunken zu haben, hat man also schon extrem Durst, aber der Großteil der Bevölkerung muss doch noch was im Haus gehabt haben bez. eingekauft haben? Selbst mein Freund und ich, die wir zum größten Teil von Leitungswasser leben, haben min. 4 L an Getränken zu Hause und in den USA, wo man vielerorts Leitungswasser nicht trinken kann, haben die Leute normalerweise das dreifache zu Hause. Es erscheint mir daher etwas verfrüht, dass bereits am Tag zwei fast niemand mehr etwas zu trinken hat.
Auch das Ende fand ich nicht ganz so gut, mir fehlt da irgendwie die Moral von der Geschicht.

Fazit:


Beklemmend, fesselnd, schockierend, das ist Dry definitiv, denn es zeigt schonungslos eine Realität die absolut möglich ist und einen mit trockener Kehle zurücklässt. Lediglich der etwas verfrühte Start der Extremlage und das Ende bilden kleine Wermutstropfen

Veröffentlicht am 24.05.2019

Schlichtweg Genial

Lady Trents Memoiren 3
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„Schon wieder 5 Sterne für Lady Trent“, fragt ihr euch vielleicht. Tja, da könnt ihr mal sehen, wie mega, toll wunderbar ich diese Reihe finde. jeder Band konnte mich bisher überzeugen!

Meine Meinung ...

„Schon wieder 5 Sterne für Lady Trent“, fragt ihr euch vielleicht. Tja, da könnt ihr mal sehen, wie mega, toll wunderbar ich diese Reihe finde. jeder Band konnte mich bisher überzeugen!

Meine Meinung über das Buch:


Fernweh inklusive
Weitere sechs Jahre sind ins Land gegangen und unsere unerschütterliche Lady Trent macht sich auf, zur größten Expedition ihres bisherigen Lebens: Eine zweijährige Schiffsreise, um so viele verschiedene Drachen wie möglich zu erforschen. Dabei verschlägt es sie in eine Gegend, die an Südostasien und Ozeanien angelehnt ist (Bis auf ein Land, das wohl Mexiko entspricht) und wieder einmal gelingt es der Autorin die Region auf einnehmende und vielfältige Art und Weise zu beschreiben. Beim Lesen spüre ich die Gischt auf der Haut an Bord der Basilisk, staune über prächtige Ruinen inmitten des Dschungels und lerne Menschen fremder Kulturen kennen. Da die Welt, von den Drachen und geografischen Bezeichnungen mal abgesehen, der Unsrigen so ähnelt, löst dieses Buch heftiges Fernweh bei mir aus. Ich wünschte ich könnte auch wie Lady Trent sie Segel setzten und ins Abenteuer starten.

Marie Brennan überrascht mich immer wieder
Nun könnte man denken: „Also schon wieder eine Expedition, wird das immergleiche Muster denn nicht langweilig?“ Nö, wird es nicht. Denn auch wenn der große Rahmen durchaus ähnliche Muster aufweist, sobald Isabella auf ihrer Forschungsreise ist, kann gefühlt alles passieren. Zugegeben manche Aspekte wie Das kurzzeitige Zusammenleben bei einem fremden Volk oder das brechen eines kulturellen Tabus wiederholen sich ebenfalls, aber in der Art wie es geschieht, schildert Die Autorin es so individuell und spannend, dass man es gar nicht als Wiederholung selber Muster empfindet. Dazwischen kommen auch immer wieder Ereignisse, die man nicht vorhersehen kann, sodass auf der gesamten Reise das Gefühl vorherrscht: Alles ist möglich. Das wird besonders auf der Insel Keonga deutlich. Ich fand es wahnsinnig interessant (und amüsant) wie die Autorin weiterhin mit den Anstandsregeln aus Isabellas Heimat (was ja England im 19. Jh. entspricht) spielt und Isabella in Situationen wirft, die diese völlig aufbrechen. Was Jane Austen zwischen den Zeilen mit Spitzen kritisiert, wird von Marie Brennan völlig auseinander genommen. Großartig.

Der rote Faden wird immer deutlicher
Bisher behandelte ja jeder Band eine bestimmte Expedition (und das wird wohl auch auf die letzten Beiden zutreffen), dennoch gibt es seit dem Ende von Die Naturgeschichte der Drachen zwei Handlungsstränge, die übergreifend sind und beide treten in diesem dritten Band besonders stark zu Tage: Zum einem ist es der Konflikt um die konservierten Drachenknochen, quasi eine Parabel auf die Ressourcenausbeutung die mit der Industrialisierung einher ging und dem sinnlosen Ausrotten von Arten durch den Menschen. Dieser Konflikt findet nun einen erstmaligen Höhepunkt, der kriegerischen Auseinandersetzungen miteinschließt und den Leser in Atem hält.
Der andere Erzählstrang dreht sich um die geheimnisvollen Drakoneer. Diese untergegangene Kultur taucht immer wieder auf und ich persönlich platze beinahe vor Neugier, welche Geheimnisse Isabella der antiken Zivilisation noch abknöpfen kann.

Fazit:


Selten habe ich eine so gute Reihe gelesen. Kein Band schwächelt. Marie Brennen schafft es in einem einzigen Buch Themen wie Emanzipation, Ressourcenausbeutung und kulturelle Differenzen gekonnt anzusprechen und trotzdem wahnsinnig spannend und unterhaltsam zu bleiben. Ich liebe es.

Veröffentlicht am 24.05.2019

Ebenso gut, wie der Vorgänger

Lady Trents Memoiren 2
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Nachdem mich der erste Band von Lady Trent’s Memoiren so begeistert hat, musste sofort der zweite Band hinterher gelesen werden, denn wie heißt es so schön: nach der Expedition, ist vor der Expedition.

Meine ...

Nachdem mich der erste Band von Lady Trent’s Memoiren so begeistert hat, musste sofort der zweite Band hinterher gelesen werden, denn wie heißt es so schön: nach der Expedition, ist vor der Expedition.

Meine Meinung zum Buch:


Es wird tropisch
Drei Jahre sind vergangen, seit Lady Trent ihre erste Expedition unternahm, drei Jahre hat es gedauert, bis die neue Expedition geplant war. Statt nur in ein fernes Land zu reisen, geht es dieses mal gleich auf einen anderen Kontinent. Dieser ist klar an Afrika angelehnt, sowohl geografisch, mit Savannen und Regenwälder, als auch kulturell. Obwohl die Grundhandlung ähnlich abläuft, wie im ersten Band (die Forschergruppe rund um Isabella geht auf Expedition, erforscht Drachen und stößt selbstverständlich auf Probleme), ist es doch erstaunlich, wie der Wechsel der Umgebung dem Buch trotzdem ein ganz anderes Gefühl verleiht.
Isabella ist dieses Mal noch mehr Gefahren ausgesetzt und zwischen tropischen Seuchen, politischen Intrigen, aber auch ganz alltäglichen Problemen wie die Frage wie Frau auf Expedition mit ihren Tagen umgeht (An dieser Stelle sei gesagt, dass ich es klasse finde, dass sowas mal angesprochen wird. Sonst sind, Sachen wie Menstruation oder auch das tägliche Geschäft absolute Tabuthemen und das obwohl es völlig natürliche Vorgänge sind) sowie allen weiteren Gefahren des Dschungels, kommt die Spannung nicht zu kurz. Diejenigen, die etwa mehr Action brauchen um glücklich zu sein, werden sich mit diesem Band definitiv wohler fühlen, als mit dem Vorgänger.

Mehr, als nur Drachen
Ein Punkt, der mir schon beim Vorgänger gut gefallen hat, in diesem Buch aber noch viel deutlicher zutage tritt ist, dass es auf der Expedition zwar um Drachen geht, man aber ebenso viel über das Land und seine Leute erfährt. Ich fand es äußerst gelungen, wie die Autorin die Kulturunterschiede aufzeigt, dabei zwar immer wieder Witz und Humor einfließen lässt, die fremde Kultur aber trotzdem stets respektvoll darstellt. Denn zwar hat Isabella durchaus das ein, oder andere Vorurteil, ihr älteres Ich, lässt diese jedoch nicht kommentarlos stehen und neigt sehr stark zur Selbstreflexion. Auf diese Weise war es eine wahre Freude zusammen mit Lady Trent die Sitten und Bräuche der Menschen kennen zu lernen und gerade das naturverbundene Leben der Moulisch empfand ich als äußerst faszinierend. Am Ende des Buches hatte ich tatsächlich das Gefühl eine fremde Kulturgemeinschaft deutlich besser kennen gelernt zu haben.
Darüber hinaus spielt auch die Politik der Region dieses Mal eine größere Rolle. Klingt im ersten Moment langweilig, ist es aber überhaupt nicht. Denn die Situation hat deutliche Parallelen zur europäischen Kolonialpolitik des 19. Jahrhunderts, und die Kritik daran wird mehr als deutlich. Diesen Spiegel der Gesellschaft fand ich sehr interessant.

Fazit:


Der zweite Band von Lady Trent’s Memoiren braucht sich definitiv nicht hinter seinem Vorgänger zu verstecken. Spannung ist da, das Eintauchen in fremde Kulturen gelingt an Isabellas Seite mühelos und die Darstellungsweise ist innovativ und respektvoll.

Veröffentlicht am 17.05.2019

Einfach nur grandios!

Lady Trents Memoiren 1
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Für meine Verhältnisse, lag dieses Buch echt nicht lange auf dem SUB, wie auch, wenn mich das Cover sofort in den Bann zog und der Klapptext ebenfalls? Und bevor ich mit meiner Rezension starte, kann ich ...

Für meine Verhältnisse, lag dieses Buch echt nicht lange auf dem SUB, wie auch, wenn mich das Cover sofort in den Bann zog und der Klapptext ebenfalls? Und bevor ich mit meiner Rezension starte, kann ich euch schon eins verraten: Ich bin der Drachenforscherin völlig verfallen.

Meine Meinung:



Als hätte Jane Austen beschlossen über Drachen zu schreiben
Ich weiß, dieser Vergleich wurde von Rezensenten schon häufiger aufgeführt, aber ich kann ich einfach nur unterschreiben. Marie Brennan siedelt ihre Geschichte in einer Welt an, die in etwa der Unsrigen im 19. Jahrhundert entspricht. Das Heimatland von Lady Trent, ist dabei klar England mit allen Sitten und Normen der damaligen Zeit nachempfunden. Aber auch andere Kulturkreise finden sich wieder, so erscheint mir Bulskevo Russland, Thiessin Frankreich, Eiversheim Deutschland und Vystrana Polen oder Ukraine zu entsprechen.
England im 19. Jh. ist natürlich auch genau Austens Zeit und ich liebe den Schreibstil von Jane Austen und schon mit dem Vorwort von Eine Naturgeschichte der Drachen fühlte ich mich an diesen erinnert. Es ist selten, dass ich nur ein paar Zeilen lesen muss und sofort weiß: Dieses Buch wird großartig. Bei Lady Trent war das der Fall. Es war Liebe auf den ersten Blick.

Das Buch ist Teil der Memoiren der, mittlerweile betagten, Lady Trent, die in fünf Bänden aus ihrem Leben berichtet. Marie Brennan schafft es meisterlich das Buch so zu schreiben, dass man das Gefühl hat, dass es wirklich von Lady Trent und nicht einer modernen Autorin geschrieben wurde. Es ist der der pragmatische, manchmal zynische, aber ehrliche Schreibstil einer älteren Dame, mit diesen gewissen Spitzen, die man nur älteren Leuten durchgehen lässt. Dazu kommt aber eben auch der Stil des 19. Jh. Das mag nicht für jeden angenehm sein, aber ich fand es großartig, genial wundervoll.

Eine Drachenforscherin geht ihren Weg
Soviel als zum Stil, doch auch der Inhalt kann sich sehen lassen, allen voran die Protagonistin. Wie bereits erwähnt entspricht Lady Trents Heimatland dem viktorianischen England. Das heißt aber auch, dass von einer Dame erwartet wird, dass sie hübsch und gehorsam ist und gefälligst alles daran setzt eine gute Partie zu erwischen. Blöd nur, dass bereits die kleine Isabella lieber Tiere untersucht, als die feine Dame zu spielen. „Drachen erforschen gehört sich nicht für eine Dame.“, das ist es, was die Protagonistin sich ihr Leben lang anhören muss und dennoch hält es sie nicht davon ab, ihrer Leidenschaft nachzugehen. Entgegen allen Konventionen ihrer Zeit kämpft sie für das, was ihr wichtig ist. Das macht Lady Trent zu einer starken und emanzipierten Protagonistin.

Was mir auch gut gefallen hat ist, dass Isabella zwar emanzipiert und fortschrittlich ist, aber eben trotzdem ein Kind ihrer Zeit. Sie erkämpft sich ihre Rechte behutsam und auch nicht ohne Unterstützung anderer. Das ist wesentlich realistischer, als würde sie plötzlich alle Normen und Konventionen über Bord werfen. Denn auch wenn wir es uns noch so sehr wünschen: Veränderungen, gerade ein Umdenken der Gesellschaft, kommen nicht von heute auf morgen. Auch Isabella bekommt das immer wieder zu spüren, dennoch lässt sie sich nicht unterkriegen und das macht wahre Stärke aus.

Spannung muss nicht gleich Action sein
Ein viel kritisierter Punkt an diesem Buch ist, dass zu wenig Spannung da sei. Das finde ich persönlich überhaupt nicht. Richtig ist, dass das Tempo an vielen Stellen eher gemächlich ist, doch langweilig, war es für mich zu keinem einzigen Zeitpunkt. Spannung muss nicht immer aus Action heraus resultieren. Die Autorin nimmt sich viel Zeit, das Leben ihrer Protagonistin in all seinen Facetten zu schildern und zeichnet damit das faszinierend Portrait einer Frau, die versucht ihren Platz in der Welt zu finden.

Auch die Erforschung der Drachen fand ich sehr spannend. Man merkt deutlich, dass die Autorin Erfahrung in Feldforschung hat, an manchen Stellen fühlte ich mich angenehmen meine archäologischen Lehrgrabungen erinnert. Dies lässt das Buch noch ein Stückchen mehr realistisch wirken, als hätte man tatsächliche ein 150 Jahre alten Feldbericht in der Hand.
Zum Ende hin wird es dann aber doch dramatisch und es gab auch eine überraschende Wendung, mit der in zwar dank einiger Andeutungen schon gerechnet habe, die mich aber trotzdem sehr erschüttert hat.

Fazit:


Dieses Buch ist einfach grandios. Ich liebe es. Stil und Handlung lassen es trotz phantastischen Thema unheimlich realistisch wirken und Lady Trent ist eine wundervolle und starke Protagonistin, die entgegen den Konventionen hier Zeit für ihre Leidenschaft kämpft. Du stehst auf Drachen und Jane Austen? Dann les dieses Buch!

Veröffentlicht am 15.05.2019

Schaurig und faszinierend zugleich

Der Horror der frühen Medizin
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Ich bin eigentlich durch und durch Fantasyleserin. Dennoch schaue ich hin und wieder gerne über meinen Tellerrand hinaus, was sich auch häufig schon gelohnt hat, so auch in diesem Fall. Ich kann gar nicht ...

Ich bin eigentlich durch und durch Fantasyleserin. Dennoch schaue ich hin und wieder gerne über meinen Tellerrand hinaus, was sich auch häufig schon gelohnt hat, so auch in diesem Fall. Ich kann gar nicht genau sagen warum, aber sobald ich dieses Buch erblickte und den Inhaltstext las, wollte ich es lesen. Die positiven Meinungen, die sagten es lese sich mehr wie ein Roman, als wie eine Biografie, verstärken diesen Wunsch nur noch.

Meine Meinung:


Die Biografie, die sich nicht wie eine solche liest
Als Erstes kann ich den bereits erwähnten Stimmen nur zustimmen. Der Horror der frühen Medizin ist das ideale Buch für all diejenigen, die Biografien eigentlich nicht mögen, es aber trotzdem mal mit einer probieren möchten. Lindsey Fitzharris versteht es meisterlich Spannung und Gänsehaut selbst bei trockneren Themen zu erzeugen. Ihr Stil ist locker, leicht sarkastisch und an manchen Stellen fast schon reißerisch, aber nicht so weit, dass es zu inszeniert wirkt. Man merkt, sie will nicht nur informieren, sondern vor allem auch unterhalten und das gelingt ihr mit ihrem Stil ausgesprochen gut.

Wie ein Besuch im Horrorhaus
Für die erwähnte Gänsehaut, sorgt in erster Linie das Thema. Der Titel des Buches ist nicht verfehlt und die Autorin beschreibt alle Gräuel der frühen Medizin überaus detailliert. Wenn gärende offene Wunden, Operationen bei vollem Bewusstsein und sich ausbreitende Seuchen detailliert beschrieben werden, ist das nichts für schwache Nerven, übt für den Leser dennoch eine makabrere Faszination aus, der auch ich mich nicht entziehen konnte.
Wenn man dann noch liest wie die damaligen Ärzte es nicht für nötig hielten sich oder ihre Instrumente zu waschen und den Zusammenhang von schlechter Hygiene und Seuchen kaum begreifen konnten, schüttelt es sich einem nur noch. Dazu reagierten die damaligen Ärzte auf neue Ansätze, wie Drachen, denen man ihren Schatz wegnehmen will: starrköpfig und pampig nach dem Motto "Mimimi, ich habs aber immer schon so gemacht und ändere das jetzt nicht". Der Untertitel suggeriert, dass Lister sich mit Quacksalbern auseinandersetzten muss, aber eigentlich sollte der Titel lauten: Joseph Listers Kampf gegen starrköpfige, stolze, alte Männer. Alles in allem ist man bei der Lektüre des Buches heilfroh in der heutigen Zeit mit Antibiotika und Desinfektionsmittel zu leben.

Überhaupt entzaubert Fritzharris die romantisierte Darstellung des 19. Jahrhunderts gewaltig. Nichts mit dem idyllischen Landleben oder der aufregenden Stadt, wie man sie z.B. in Austens Romanen findet. Die Autorin sagt wie es ist: Dreckig, und zwar gewaltig. Dabei zeichnet sie fast schon nebenbei nicht nur das faszinierende Portrait eines Mannes, der sich diesem Bedingungen entgegenstellt, sondern gleich auch noch das einer Gesellschaft, die buchstäblich in ihrem eigenen Dreck versinkt.

Das einzige kleine Manko, dass ich habe ist, das die Autorin hin und wieder dazu tendiert abzuschweifen. In 99% der Fälle sind es interessante Ergänzungen, aber wenn dann Joseph Listers neue Möblierung genau unter die Lupe genommen wird, fragt man sich schon, ob das jetzt so wichtig ist.

Fazit:


Dieses Buch ist schaurig und faszinierend zugleich. Es gleicht einem Besuch im Horror Haus, bei dem man sogar noch Etwas lernt. Die Autorin versteht es Informationen interessant und spannend zu verpacken und sich eine Biografie, wie einen Roman anfühlen zu lassen.