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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.10.2023

Worte, die so viel mehr sagen

Vom Mond aus betrachtet, spielt das alles keine Rolle
1

Kurz vorweg: Ich habe dieses Buch wahnsinnig geliebt.

Ich habe lange auf dieses Buch hingefiebert und es dann voller Vorfreude begonnen, um dann erstmal ein wenig perplex eine Geschichte zu verfolgen, ...

Kurz vorweg: Ich habe dieses Buch wahnsinnig geliebt.

Ich habe lange auf dieses Buch hingefiebert und es dann voller Vorfreude begonnen, um dann erstmal ein wenig perplex eine Geschichte zu verfolgen, die während der Corona-Pandemie spielt. Das habe ich überhaupt nicht erwartet und finde, dass es eine Erwähnung auf dem Klappentext wert gewesen wäre. Dadurch habe ich tatsächlich ein wenig gebraucht, um in die Geschichte eintauchen zu können, was ich von der Autorin sonst gar nicht gewöhnt bin. Außerdem bin ich der Meinung, dass es sich von ihren anderen Büchern in gewisser Weise unterscheidet (weder positiv noch negativ), allerdings kann ich gar nicht genau sagen woran das liegt. Nachdem ich in die Geschichte reingefunden habe, bin ich ihr dann aber auch sofort verfallen.

Es geht um Sally, die während des zweiten großen Lockdowns mit ihrer Familie zusammenlebt. Es wird schnell deutlich, dass die Familie zwar durch Liebe zusammengehalten wird, unter der Oberfläche aber einige Problematiken und Schwierigkeiten brodeln. Als dann eine zusätzliche Person in das Haus zieht, welche ebenfalls einige Lasten mit sich bringt, verändert sich die Familiendynamik zusehends und auch in Sallys Innerstem beginnt eine Zeit der Veränderung.
Die Gedanken, die Anne Freytag hier zu Papier bringt, können wohl die allermeisten sehr gut nachvollziehen. Nicht nur was die Isolation und die veränderten familiären Bedingungen während der Pandemie angeht, sondern auch generelle Beziehungsmuster, Geschwister(hass)liebe, die Suche nach dem eigenen Selbst und das Für-Sich-Selbst-Einstehen hat die Autorin unglaublich präzise auf den Punkt gebracht. Die Charaktere sind nicht unbedingt alle Sympathieträger, aber sehr gut ausgearbeitet, wodurch sie echt und vielseitig wirken. Die ganze Geschichte habe ich als wahnsinnig authentisch und ehrlich wahrgenommen, auch wenn ich nicht jede der Situationen selbst kenne. Trotzdem konnte ich den Worten und Zeilen so viel entnehmen, was mir die Freude am Lesen nach einer längeren Flaute wieder nahegebracht hat.

Anne Freytag wählt Themen, die in gewisser Weise uns alle betreffen und findet dafür auch noch genau die richtigen Worte. Ich fand vor allem Sallys innere Konflikte so gut dargestellt, dass ich nicht anders konnte als mitzufiebern. Dabei muss allerdings erwähnt werden, dass das Buch wirklich nicht durch eine starke Handlung besticht. Viel mehr wird es von Emotionen, Gedanken und Charakterentwicklungen getragen, die ich einfach nur wahnsinnig gerne verfolgt habe.
Wer also damit klar kommt, dass wenig Handlung aber viel Tiefe zwischen den Zeilen steckt, ist hier auf jeden fall richtig.

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  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Gefühl
Veröffentlicht am 29.08.2023

Für mich hat die Geschichte leider nicht ganz funktioniert

Cleopatra und Frankenstein
2

Bei Cleopatra und Frankenstein handelt es sich um ein Buch, das bereits einen großen Hype erfahren hat und nun endlich auf deutsch übersetzt wurde. Ich habe mich sehr auf die Geschichte gefreut, die Leseprobe ...

Bei Cleopatra und Frankenstein handelt es sich um ein Buch, das bereits einen großen Hype erfahren hat und nun endlich auf deutsch übersetzt wurde. Ich habe mich sehr auf die Geschichte gefreut, die Leseprobe hat mich überzeugt und letztendlich stand einer wunderbaren Unterhaltungslektüre nichts mehr im Wege. Das dachte ich zumindest.
Es war letztendlich einfach nicht so ganz mein Buch. Cleo und Frank lernen sich auf eine sehr angenehme und humorvolle Weise kennen, ihre Liebe entfacht wahnsinnig schnell und genauso schnell wird die Kluft zwischen den beiden Charakteren immer größer. Im Endeffekt würde ich nicht sagen, dass es sich bei dem Buch um eine Liebesgeschichte handelt, aber das ist ja auch gar nicht schlimm, auch wenn ich was anderes erwartet habe. Ich fand außerdem, dass sich der eigentliche Fokus irgendwie relativ schnell verschoben hat

Die Geschichte wird eher von den Nebencharakteren getragen, die oft ganze Sequenzen für sich beanspruchen und das Leben von Cleo und Frank so aus ganz unterschiedlichen Perspektiven zusammentragen. Diesen Aspekt fand ich sehr gut umgesetzt und vor allem besonders. Die Kapitel des Charakters Eleanor sind durch den offensichtlichen Perspektivwechsel am meisten aufgefallen und haben mich auch vom Schreibstil her am meisten überzeugen können.
Ich fand schade, dass das Buch teilweise als humorvoll vermarktet wurde, wenn dies meiner Meinung nach maximal im ersten Kapitel wirklich zu finden war. Danach hat definitiv die düstere Stimmung überwogen und ich habe eigentlich nichts mehr zu Lachen gehabt.
In dem Buch finden sehr sehr viele Themen einen Platz, was ich einerseits mag, andererseits aber wirklich ein bisschen erschlagend wirkte. Vor allem das toxische Verhältnis fast aller Charaktere untereinander und dieser ganz auffällig sorglose Umgang mit Drogen jeglicher Art, fand ich super abschreckend. Ich verstehe aber, dass man genau das an dem Buch bewundert. Ich weiß, dass es sich dabei um die Lebensrealität einiger Menschen handelt und dass es deshalb wichtig und richtig ist, sowas zu thematisieren. Ich konnte damit aber in diesem Buch einfach nicht warm werden. Mir hat die Verbindung zu den Charakteren gefehlt, ich fand leider niemanden interessant genug, um wirklich mitzufiebern. Ich freue mich für alle, denen es diesbezüglich anders ging. Für mich hat diese Geschichte aber leider nicht so gut funktioniert.

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  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 17.08.2023

komplexes Beziehungsgefüge und ganz viel Schmerz

Liebewesen
1

In "Liebewesen" geht es um Lio, die in ihrer Gegenwart nach wie vor einige Päckchen aus der Vergangenheit zu tragen hat. Lio lernt Max kennen und zum ersten Mal geht sie eine tiefere Verbindung zu jemandem ...

In "Liebewesen" geht es um Lio, die in ihrer Gegenwart nach wie vor einige Päckchen aus der Vergangenheit zu tragen hat. Lio lernt Max kennen und zum ersten Mal geht sie eine tiefere Verbindung zu jemandem ein (abgesehen von ihrer besten Freundin und Mitbewohnerin). Die Geschichte von Lio und Max entwickelt sich schnell, an einigen Stellen sogar sehr schnell, was eigentlich nicht zu Lies Charakter passt. Widersprüchliches Verhalten kommt in diesem Buch noch häufiger vor, was einfach die Komplexität von Charakteren und menschlichen Beziehungen deutlich macht. Das fand ich sehr authentisch und mir hat gefallen, dass ich als Leserin eigentlich nie so richtig wusste, in welche Richtung die Geschichte verlaufen wird. Während der Anfang der Liebe der beiden recht reibungslos ablief, kamen mit der Zeit immer neue Persönlichkeitsmerkmale ans Licht, die sich schwer miteinander vereinbaren ließen. Vor allem Max macht den Eindruck, kaum etwas für die Beziehung zu tun und sich immer weiter von der eigentlichen Verbundenheit der beiden zu entfernen. Als Leser*in begleitet man also die Gefühle von Lio in dem Prozess einer Liebesbeziehung, die sich erst entwickelt und dann immer schwieriger wird. Die Schwangerschaft, die im Klappentext erwähnt wird, nimmt im Buch erst recht spät Raum ein, aber das fand ich eigentlich ganz gut, weil die Geschichte so an keiner Stelle überladen war. Der Schreibstil der Autorin ist an manchen Stellen sehr einfach, an anderen allerdings verschachtelt oder sogar neutral und wissenschaftlich. Dieser Wechsel hat beim Lesen Spaß gemacht, auch wenn ich nicht immer leicht folgen konnte.

Insgesamt hat das Buch ein wirklich komplexes Beziehungsgefüge auf eine sehr authentische Art und Weise dargestellt. Es wurde nichts beschönigt, es wurden harte Themen angesprochen und eine Beziehung gezeigt, die nicht gerade gesund, dafür aber realitätsnah abläuft. Vielleicht können sich viele in Lio wiederfinden und Mut aus ihrer Geschichte schöpfen. Ich habe das Buch sehr gerne gelesen, auch wenn es letztendlich kein Highlight werden konnte.

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