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Nilchen

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 25.06.2023

Die Vögel zwitschern auf Trinidad

Als wir Vögel waren
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Schon mal einen Roman gelesen der in Trinidad spielt? Ich bis zu diesem Buch auch nicht und das macht es dann so spannend, wenn ein Ort literarisch Raum findet, der bisher eher weniger zu finden war. Das ...

Schon mal einen Roman gelesen der in Trinidad spielt? Ich bis zu diesem Buch auch nicht und das macht es dann so spannend, wenn ein Ort literarisch Raum findet, der bisher eher weniger zu finden war. Das lockt mich immer schon sehr und bei `Als wir Vögel waren` belohnt durch die 1980 in Trinidad geborene Ayanna Lloyd Banwo.
Dieser Roman hat zwei Protagonisten. Zum einen ist da die weibliche Hauptperson Yejide, sie kommt aus den Bergen und bekommt durch ihre Ahnen eine Magie vererbt, die ihr Beziehungen zu anderen schwer macht. Denn nachdem ihre Mutter starb, ist sie nun an der Reihe und ist mit den Toten auf eine spirituelle Weise verbunden und „sieht“ die Toten bei den Lebende.
Sie trifft erst im Traum und dann im echten Leben auf Emmanuel, er versucht einen Job in Port Angeles zu ergattern, denn seine alleinerziehende Mutter hat nicht genügend um alle satt zu bekommen. Er findet einen Job als Totengräber, aber das birgt großes Konfliktpotenzial in sich, denn in seinem Glauben darf er sich den Toten nicht näher. Der Rastafarian macht es trotzdem und spürt, dass auf diesem Friedhof eine magische Aura herrscht.
Das Buch hat einen intensiven Klang, ist magisch poetisch geschrieben und lässt einen regelrecht spüren wie Trinidad sein könnte. Die Beschreibungen nehmen einen vollends mit und ich konnte mich gut im Text verlieren. Ein wirklich atmosphärischer Text, der neben Magie und Liebe auch viele intensive Themen bearbeitet wie Tod und somit auch Verlust und Schmerz. Gehaltvoll.
Und ich hab gestaunt wie viel doch in diesen knapp 350 Seiten steckt! Dicht gepackt ist die Prosa und doch vermisst man keine Silbe. Eine Wohltat.
Fazit: Wirklich gelungen dieser karibische Debütroman. Ich hätte gerne mehr davon!

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Veröffentlicht am 25.06.2023

Was ein fabelhaftes Figurenkabinett!

Schönwald
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Philipp Oemke hat einen Roman in die Welt gesetzt der sich sehen lassen kann. Eine Innenansicht einer Familie nach amerikanischem Vorbild. Um es vorweg zu nehmen: Mir hat es äußerst gut gefallen.
Er seziert ...

Philipp Oemke hat einen Roman in die Welt gesetzt der sich sehen lassen kann. Eine Innenansicht einer Familie nach amerikanischem Vorbild. Um es vorweg zu nehmen: Mir hat es äußerst gut gefallen.
Er seziert eine Familie, die sich selbst als eine normale Familie bezeichnen würde, aber hochgradig dysfunktional ist, anders kann man es nicht bezeichnen. Und schon hier liegt eines der Themen, denn wann ist eine Familie „normal“, was macht ein Familienleben aus, das erstrebenswert ist?
Mir ging es bei vielen Themen, die sehr philosophisch sind, in diesem Roman so. Es wird ein Konstrukt, eine Auseinandersetzung beschrieben, wir erleben etwas mit und ich zumindest, habe weiter auf den Themen gedacht. Es geht um Dinge wie das Streben nach Glück oder Geld, wie moralisch das Verhalten sein sollte, wie Menschen zur Selbstverblendung neigen und vieles vieles mehr.
Der Roman hat immerhin 550 Seiten und das ist eines der Gründe warum es Abzug in der B-Note gibt. Denn man hätte den Roman etwas knackiger gestalten können ohne dem Inhalt zu schaden. Hintenraus wird es dann aus meiner Sicht wirklich etwas mühselig. Da hätte man ein anderes früheres Ende finden können.
Aber wem begegnen wir überhaupt? Natürlich der Familie Schönwald, das sind die Eltern Ruth und Harry und deren drei Kinder, alle leben in Deutschland und wir kommen hinzu als der Buchladen der queeren Tochter eröffnet wird. Es liegt der Vorwurf im Raum, dass die Familie Geld aus Nazi-Tagen noch ihr eigenen nennt und so das eigene Glück vorantreibt und die Vergangenheit ignoriert. Schon mal eine explosive Mischung mit der hier Diskussionen in den Raum gestellt werden.
Was der Roman auch wunderbar kann, ist den Bogen über die Generationen zu schlagen mit all seinen Konflikten und anderen Ansichten.
Fazit: Lesen, lesen, lesen – eine deutsche Familie und wir voyeuristisch dabei. Ein Leseereignis in diesem Sommer.

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Veröffentlicht am 19.06.2023

Majestätische Berge mit rauen Verhältnissen

So weit der Fluss uns trägt
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Was eine sympathische Autorin! Die Amerikanerin Shelley Read hat eine tolle Geschichte geschrieben, die in ihrer Heimat den Rocky Mountains in Colorado spielt nahe des Gunnison Rivers! Man liest ihre Liebe ...

Was eine sympathische Autorin! Die Amerikanerin Shelley Read hat eine tolle Geschichte geschrieben, die in ihrer Heimat den Rocky Mountains in Colorado spielt nahe des Gunnison Rivers! Man liest ihre Liebe zu dieser Natur und vor allem den unverrückbaren und beständigen Bergen schier heraus.
Die Protagonistin des Romans ist Victoria, die in einem kleinen Ort am Gunnison Rover lebt und wir lernen sie im Jahr 1948 kennen. Wo das Leben noch einfach und rau in der Gegend ist. Auch die Rollenverständnisse und die Traditionen sind noch nicht so modern wie es in einer Stadt wie New York City zu diesem Zeitpunkt schon war. Victoria trifft auf einen Mann, der nicht aus dem Ort stammt und ist sofort Feuer und Flamme. Leider endet die Geschichte mit einer ungewollten Schwangerschaft, was in dieser Gegend zu dieser Zeit unmöglich war.
Das Buch ist geprägt vom eisernen Überlebenswillen der Protagonistin, der naturnahen Lebensweise und dem Umgang miteinander, der rau und unerbittlich ist.
Besonders überrascht hat mich an dem Roman, dass es in der Tat Pfirsiche aus diesem Tal gibt und diese nur ein kleines Reifefenster haben und dann aber wahrlich fantastisch schmecken müssen.
Shelley Read hat einen netten Debütroman geschrieben, den alle Fans von naturnahen Erzählungen und Bergen sind.

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Veröffentlicht am 05.05.2023

Junge Erwachsene und ihre Eltern

Älternzeit
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Ach ja, wenn man sonst nicht zu lachen hat, dann wenigstens über das was (die meisten) von uns verbindet, das Älter werden und die Sicht unserer Kinder auf uns.
Jan Weiler begann vor einigen Jahren erfolgreich ...

Ach ja, wenn man sonst nicht zu lachen hat, dann wenigstens über das was (die meisten) von uns verbindet, das Älter werden und die Sicht unserer Kinder auf uns.
Jan Weiler begann vor einigen Jahren erfolgreich eine zweite Karriere als Autor nachdem er schon als Journalist tätig war und in der Pupertier-Reihe erkennt man diese Symbiose sehr gut. Nun also bereits Nr. 5 mit dem Titel Älternzeit. Ich habe alle anderen vier auch gelesen und geschätzt.
In Älternzeit sind es 29 kurze pointierte Geschichten zum Lachen auf kleinen 161 Seiten. Ein Snack in Buchformat, dass einen zum Schmunzel und Lachen bringen kann. Außerdem hilft es ungemein zu verstehen, dass man mit diesen Themen nicht alleine ist!
Hier sind nun die Eltern wieder auf sich gestellt, dürfen sich aber fortlaufend anhören, dass man nicht mehr ganz auf der Höhe der Zeit ist mit seiner Einstellung, mit dem Verhalten, na ja, alles eigentlich. Aber als cash cow wird man dann doch gerne noch mal genutzt.
Herrlich, immer mit einem Zwinkern, den wir modernen Eltern sind NATÜRLICH sehr reflektiert und können das alles beurteilen. ;0)

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Veröffentlicht am 30.04.2023

Zurück in die Vergangenheit

Keine gute Geschichte
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Deutschland eine klassenlose Gesellschaft zu nennen, ist und bleibt eine fette Lüge. Auch wenn es so mache Idealisten anders sehen wollen oder gerne hätten. Die Autorin Lisa Roy nimmt uns in ihrem Debüt ...

Deutschland eine klassenlose Gesellschaft zu nennen, ist und bleibt eine fette Lüge. Auch wenn es so mache Idealisten anders sehen wollen oder gerne hätten. Die Autorin Lisa Roy nimmt uns in ihrem Debüt mit an den Ort ihrer eigenen Kindheit mit und verarbeitet es fiktional: Essen Katernberg. Ein Brennpunktmilleu, kein Sehnsuchtspflaster. Trist, chancenlos, bitter.
Die Protagonistin Arielle in `Keine gute Geschichte` ist eine Frau Anfang 30, die sich hochgearbeitet hat und erfolgreich in einer Werbeagentur in Düsseldorf arbeitet. Schlagfertig, tough, ein Vorbild. Bis sie wie ein Kartenhaus zusammenklappt und an den Ort ihrer Kindheit zurückkehrt um endlich mit der Aufarbeitung ihrer Lebensgeschichte beginnt. Vater unbekannt, Mutter verschwand als sie 6 Jahre alt war.
Eine zweite Ebene kommt hinzu als zwei Mädchen in Katernberg verschwinden und Arielle darüber sinniert.
Ich kenne weder Essen noch dieses Viertel, aber Katernberg ist plastisch portraitiert. Auch sprachlich durch die Vulgarität werden die harten Lebensumstände allgegenwärtiger Gewaltgebärden deutlich. Die Autorin Lisa Roy schreibt eindrücklich und deutlich und lässt keine Fragen offen.
Gut zu lesen, augenöffnend und die persönliche Ansprache an die Mutter als stilistisches Mittel ist gut gewählt.
Fazit: Auch wenn Armut, Missbrauch und Gewalt nicht gerade eine Wohlfühl-Atmosphäre verbreitet, ist es ein starker Roman, der uns alle ein Stück weiter bringt. Kompromisslos gut.

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