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Veröffentlicht am 28.03.2021

"Freundschaft beweist sich nicht in den guten Tagen"

Der große Sommer
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Inhalt: Der 16-jährige Friedrich, genannt Frieder, schafft die Versetzung in die nächste Klasse nicht. Das bedeutet: Nachprüfungen in Mathe und Latein. Während seine Familie wie geplant in den Urlaub fährt, ...

Inhalt: Der 16-jährige Friedrich, genannt Frieder, schafft die Versetzung in die nächste Klasse nicht. Das bedeutet: Nachprüfungen in Mathe und Latein. Während seine Familie wie geplant in den Urlaub fährt, wird er bei den Großeltern einquartiert und muss lernen. Der strenge Großvater flößt ihm gehörigen Respekt ein. Zum Glück ist da noch sein Freund Johann und auch seine jüngere Schwester Alma fährt nicht mit in den Familienurlaub, sondern macht ein Praktikum im Altenheim. Und dann lernt Frieder noch Beate kennen…
Frieder erlebt einen unvergesslichen Sommer, der sein Leben prägen wird.

Meine Meinung: Ewald Arenz erzählt auf authentische, eindringliche und auch humorvolle Weise von Frieders Gefühlen und Erlebnissen während dieses besonderen Sommers. Frieder ist ein ganz normaler 16-jähriger Junge, das älteste Kind einer achtköpfigen, etwas chaotischen, aber sehr liebenswerten Familie und ich mochte ihn sofort. Zu seiner ein Jahr jüngeren Schwester Alma hat er ein besonders inniges Verhältnis. Auch Alma mochte ich wegen ihrer frechen und unerschrockenen Art sehr gerne. Alle Charaktere dieses Romans wirkten sehr authentisch auf mich und sind gut gewählt.
Frieder lernt Beate kennen und verliebt sich in sie. Die Gedanken, die er sich über sie macht und seine Versuche mit ihr Kontakt aufzunehmen, sind wirklich schön zu lesen. Eine Zeitlang ist dieser Sommer für Frieder und seine Freunde wunderbar leicht und unbeschwert. Allerdings gefällt es Frieder überhaupt nicht, dass er bei seinem strengen Großvater lernen soll. Der Großvater ist der zweite Mann seiner Großmutter und Professor für Bakteriologie. Ein ernster und wortkarger Mann, der seine Zuneigung nicht offen zeigen kann, aber er ist auch sehr gebildet, lebenserfahren und - wider Erwarten auch menschlich. Er bringt Frieder viel fürs Leben bei, ohne dabei belehrend zu sein. Eigentlich ein ganz toller Mensch! Seine liebevolle Großmutter Nana liebt Frieder dagegen sehr. Sie zeigt ihm ihre Liebe ganz deutlich und mit ihr kann er offen über alles reden.
Ich konnte mich gut in Frieder und vor allem in die Zeit Anfang der 80er Jahre, hineinversetzen. Frieder ist, ebenso wie der Autor, im Jahr 1965 geboren. Ich bin etwa genauso alt und fühlte mich beim Lesen oft in meine eigene Jugend zurückversetzt. Zurück in die Zeit, als es noch Telefonzellen, Schreibmaschinen und Kassettenrekorder gab und der Krieg bei der älteren Generation noch allgegenwärtig war. Nostalgie pur.
Was die vier Freunde in diesem Sommer unternehmen, geht von harmlosen lustigen Schülerstreichen bis zu schwerer, jedoch ungewollter, Sachbeschädigung. In diesen wenigen Wochen passiert so einiges und die Unbeschwertheit hat irgendwann ein Ende. Frieder muss lernen, auch mit den schwierigen Anforderungen des Lebens umzugehen.
Ich habe die Unbeschwertheit und den Humor der ersten Wochen geliebt, aber auch die ernsteren Abschnitte des Buches haben mir gut gefallen und mich sehr berührt. Auch das Ende der Geschichte fand ich zufriedenstellend, auch wenn ich gerne noch ewig weitergelesen hätte.

Fazit: Ein mitreißender und lebensnaher Roman über das Erwachsenwerden. Über die Liebe, das Leben und das Erkennen, was Freundschaft wirklich bedeutet.
„Der große Sommer“ ist für mich ein Herzensbuch und ich bin sicher, dass es zu meinen Jahreshighlights gehören wird.

Veröffentlicht am 24.03.2021

Mitreißende deutsch-deutsche Geschichte

Lebenssekunden
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Inhalt: Kassel 1956: Seit das Mädchenlyzeum mit dem Jungengymnasium zusammengelegt wurde, hat die 15-jährige Angelika Stein ernste Probleme in der Schule. Der neue Direktor hat nicht viel für die neuen ...


Inhalt: Kassel 1956: Seit das Mädchenlyzeum mit dem Jungengymnasium zusammengelegt wurde, hat die 15-jährige Angelika Stein ernste Probleme in der Schule. Der neue Direktor hat nicht viel für die neuen Schülerinnen übrig und findet schnell einen Grund Angelika, die die unbequeme Angewohnheit hat, Dinge zu hinterfragen, der Schule zu verweisen. Nun möchte Angelika ihren Traum, Fotografin zu werden, verwirklichen. Ihr Wunsch ist es, Bilder zu machen, die den Betrachter berühren, ohne Gefühle zu verletzen.
Zur gleichen Zeit in Ostberlin: Schon seit ihrem 12. Lebensjahr wird die talentierte 15-jährige Kunstturnerin Christine Magold darauf gedrillt, Höchstleistungen zu erbringen und für ihr Land Medaillen zu holen. Doch hält sie dem permanenten Druck stand?

Meine Meinung: „Lebenssekunden“ hat mich vom Anfang bis zum Ende begeistert!
Katharina Fuchs nimmt uns in wechselnden Kapiteln mit in den Alltag der beiden Mädchen. Angelika und Christine waren mir sofort sympathisch und sind mir im Lauf der Geschichte immer weiter ans Herz gewachsen.
Angelika kommt aus einer sechsköpfigen Künstlerfamilie und hat ihrem Vater schon oft beim Entwickeln seiner Fotos über die Schulter geschaut und geholfen. Nach ihrem Schulverweis möchte sie nun eine Ausbildung zur Fotografin beginnen, doch das ist im Jahr 1956 für ein Mädchen - noch dazu ohne Schulabschluss - nicht so einfach. Durch Beziehungen wird ihr schließlich doch noch die ersehnte Lehre ermöglicht.
Christine, deren leiblicher Vater in Westdeutschland lebt, ist eine begnadete Kunstturnerin und wird rücksichtslos und oft sogar brutal von ihrem Trainer zu Höchstleistungen angetrieben. Persönliche Bedürfnisse und Schmerzen zählen nicht, Hauptsache die Leistung wird gebracht oder sogar noch gesteigert. Eine unbeschwerte Jugend wird ihr verwehrt und das Turnen bestimmt ihr ganzes Leben.
Durch die wechselnden Perspektiven, mal Ost- und mal Westdeutschland, wird die unterschiedliche Lebensweise der Mädchen sehr deutlich und man erlebt mit ihnen ein Stück Zeitgeschichte. Beide Geschichten, die sich nur ganz allmählich miteinander verbinden, sind interessant und mitreißend. Beide Mädchen haben Schwierigkeiten zu überwinden, aber vor allem Christines Geschichte hat mich unglaublich berührt und auch entsetzt.
Das Ende fand ich unglaublich spannend!

Fazit: Eine absolut mitreißende deutsch-deutsche Geschichte. Fesselnd und eindringlich erzählt, gut aufgebaut und mit einem total spannenden Ende. Für mich ein Lesehighlight. Diese Geschichte werde ich nicht so schnell vergessen.

Veröffentlicht am 23.03.2021

Muss man denn immer fröhlich sein?

Lach mal, kleiner Schmollmops
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Heute soll ein Familienfoto für den Geburtstag von Opa Mops gemacht werden. Doch der kleine Schmollmops mag heute weder lachen noch lächeln.
Um dem kleinen Kerl doch noch ein Lächeln zu entlocken, helfen ...

Heute soll ein Familienfoto für den Geburtstag von Opa Mops gemacht werden. Doch der kleine Schmollmops mag heute weder lachen noch lächeln.
Um dem kleinen Kerl doch noch ein Lächeln zu entlocken, helfen viele Tiere mit. Das Eichhörnchen kitzelt ihn ordentlich durch, die Katze schneidet lustige Grimassen und der Igel gibt ihm piksige Küsse. Nur ganz kurz heben sich jedes Mal die Mundwinkel des kleinen Schmollmopses ein wenig, schon schmollt er weiter. Doch dann wird es auch schon Zeit für das Foto…

„Lach mal, kleiner Schmollmops“ ist ein niedliches und liebevoll gestaltetes Mitmach-Bilderbuch von Lucy Astner und Alexandra Helm für Kinder ab 3 Jahre. Durch die großformatigen Bilder, den wenigen Text und die einfach zu verstehende Geschichte, ist es aber durchaus auch schon für etwas jüngere Kinder geeignet.
Jedes Mal, wenn ein Tier versucht, den kleinen Schmollmops mit einer lustigen Idee zum Lachen zu bringen, werden die Kinder dazu aufgefordert, aktiv mitzumachen: zu kitzeln, Grimassen zu schneiden, usw..
An den Bildern sind mir auch die eigentlich unwichtigen Kleinigkeiten positiv aufgefallen, z.B. der Wurm, der dem Fisch die Zunge rausstreckt, oder die Maus mit der Sonnenbrille auf dem Badelaken.
Auch wenn der kleine Schmollmops nicht lachen will, so kommt Papa Mops glücklicherweise zu dem Schluss, dass man nicht immer gute Laune haben kann und Mama und Papa ihn trotzdem immer lieb haben! Sehr gut gefallen hat mir auch die freudige Reaktion des Opas auf das anscheinend „ missglückte“ Familienfoto. Das sind doch auch meistens die schönsten Fotos!
Für Kinder ist es natürlich besonders witzig, als klar wird, warum der kleine Schmollmops so ein Schmollgesicht macht und sich daraufhin die Gesichtsausdrücke der anderen Hund anzusehen.

Fazit: Ein niedliches Mitmach-Bilderbuch mit der wichtigen Botschaft, dass man von seinen Eltern auch geliebt wird, wenn man nicht immer alles perfekt macht.

Veröffentlicht am 22.03.2021

Atmosphärischer Nordsee-Krimi

Dunkler Grund
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Inhalt: Auf einer Segeljacht im Husumer Hafen wird die Leiche einer Frau gefunden. Die allseits beliebte Nantje führte zusammen mit ihrem Mann Sebastian ein gut besuchtes Fischrestaurant. Wer hätte einen ...

Inhalt: Auf einer Segeljacht im Husumer Hafen wird die Leiche einer Frau gefunden. Die allseits beliebte Nantje führte zusammen mit ihrem Mann Sebastian ein gut besuchtes Fischrestaurant. Wer hätte einen Grund sie zu töten? Kommissar Krumme hat sofort Nantjes arroganten Ehemann in Verdacht und lässt sich auch von seinen Kollegen nicht von seiner Meinung abbringen. Doch dann verschwindet Sebastian unter mysteriösen Umständen. Bei seinen Ermittlungen gerät Krumme schließlich selbst in Gefahr.

Meine Meinung: „Dunkler Grund“ ist bereits der 7. Fall für Kommissar Krumme. Ich lese die Nordsee-Krimis von Hendrik Berg wirklich sehr gerne. Der ältere Theo Krumme und seine junge Kollegin Pat sind sehr verschieden, doch inzwischen befreundet und ein tolles Team. Vor allem der etwas brummige und eigensinnige Theo Krumme, der vom hektischen Berlin-Neukölln ins idyllische Husum gezogen ist, ist mir sehr ans Herz gewachsen. Auch die meist humorvollen Passagen aus seinem Privatleben, z.B. mit seinem Hund Sonny, gefallen mir gut. Aber auch alle anderen Charaktere sind gut und glaubhaft beschrieben.
Der Schreibstil des Autors lässt sich so flüssig lesen, dass ich das Buch innerhalb von zwei Tagen durchgelesen hatte und die wunderschönen atmosphärischen Landschaftsbeschreibungen erzeugten in mir eine Sehnsucht nach Nordfriesland, der Nordseeküste und den - auf jeden Fall in diesem Buch - etwas schrägen Bewohnern. Ich glaube, in jedem Teil der Reihe spielt friesischer „Spökenkram“ eine kleine Rolle. In „Dunkler Grund" geht es um die Legende der versunkenen Siedlung Runghold.
Der Fall selber und die Ermittlungen sind zunächst nicht besonders spektakulär, doch gegen Ende steigt die Spannung dann doch ziemlich an.
Insgesamt hätte ich mir etwas mehr Polizeiarbeit gewünscht und die Auflösung kam dann auch ziemlich übereilt.
Der Fall ist in sich abgeschlossen und völlig problemlos ohne Vorwissen zu lesen. Ich persönlich bin auch erst beim vierten Fall eingestiegen und habe die Vorgängerbände erst später gelesen, aber wegen der Weiterentwicklung der Protagonisten ist es natürlich vorteilhaft beim ersten Buch „Deichmörder“ zu beginnen.

Fazit: Ein Nordsee-Krimi mit tollen Charakteren und einer ganz besonderen Atmosphäre. Ich warte jetzt schon wieder ungeduldig auf das nächste Buch von Hendrik Berg.

Veröffentlicht am 16.03.2021

Wie aus dem Leben gegriffen

Die Wunderfrauen
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Inhalt: Anfang der 1960er Jahre. Starnberg in Oberbayern.
Luise möchte ihren kleinen Laden der Zeit anpassen, denn nun heißt es überall: Selbstbedienung. Außerdem wird das Warenangebot immer größer. Für ...

Inhalt: Anfang der 1960er Jahre. Starnberg in Oberbayern.
Luise möchte ihren kleinen Laden der Zeit anpassen, denn nun heißt es überall: Selbstbedienung. Außerdem wird das Warenangebot immer größer. Für ihre Stammkunden ist die Umstellung zuerst sehr ungewohnt und unbequem, doch Luise hilft ihnen weiterhin gerne und teilt nach wie vor ihre Rezeptideen.
Die alleinerziehende Helga arbeitet inzwischen als Ärztin und berät und unterstützt Frauen bei der Geburtenkontrolle. Das Schicksal vieler Frauen berührt sie sehr und lässt sie viel riskieren.
Annabel bekommt ihr lang ersehntes zweites Kind, doch ihre kleine Tochter Marlene entfernt sie noch weiter von ihrem Mann Konstantin.
Luises Schwägerin Marie hat drei kleine Kinder und muss sich zusätzlich noch um den Hof, ihren geistig behinderten Schwager Manni und um eine Tante kümmern. Allmählich stößt sie an ihre Grenzen und braucht dringend eine Auszeit.

Meine Meinung: Leider habe ich den 1. Teil der Wunderfrauen-Trilogie nicht gelesen und der Prolog hat mich deshalb wegen der vielen mir unbekannten Charaktere auch ziemlich verwirrt. Doch nach und nach lernte ich die Frauen näher kennen und tauchte immer weiter in die Geschichte ein, die mich irgendwann richtig fesselte. Alle vier Frauen sind starke und sympathische Charaktere - ihre Männer dagegen wirken eher schwach und unsympathisch. Stefanie Schuster erzählt sehr lebhaft und glaubwürdig die Geschichten ihrer sehr unterschiedlichen Protagonistinnen. In wechselnden Kapiteln kommen Luise, Helga, Annabel und Marie, die jede ihre eigenen Sorgen und Nöte hat, zu Wort. Sie sind gut befreundet und helfen sich gegenseitig, so gut es geht. Die Autorin verknüpft geschichtlich historische Hintergründe und Ereignisse, technische und medizinische Errungenschaften, sowie den Zeitgeist der frühen 1960er Jahre in Deutschland geschickt mit dem Leben der Protagonistinnen. Es ist eine Zeit des Umbruchs und der Emanzipation.
Das Buch endet mit einem fiesen Cliffhanger, der ausgerechnet Marie betrifft. Oje…

Fazit: Eine Geschichte, wie aus dem Leben gegriffen, mit starken Protagonistinnen, die dem Leser schnell ans Herz wachsen. Ich empfehle aber auf jeden Fall zuerst Teil 1 „Die Wunderfauen - Alles was das Herz begehrt“ zu lesen, denn ich hatte den Eindruck, dass ich doch einiges aus dem Leben der Frauen und ihrer Beziehung untereinander verpasst habe. Das lasse ich allerdings nicht in meine Bewertung einfließe, deshalb trotzdem volle Punktzahl!