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Veröffentlicht am 07.04.2022

Sehr berührende Story

Das Schneemädchen
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Wenn man Kinder hat, dann möchte man sie behüten und beschützen, denn ihnen soll kein Leid zugefügt werden. Wie schrecklich muss es für die Eltern sein, wenn ihre Kleinen plötzlich verschwinden oder gar ...

Wenn man Kinder hat, dann möchte man sie behüten und beschützen, denn ihnen soll kein Leid zugefügt werden. Wie schrecklich muss es für die Eltern sein, wenn ihre Kleinen plötzlich verschwinden oder gar entführt werden?

In diesem Buch geht es um zwei Personen. Eine davon ist die Privatermittlerin Naomi. Sie besitzt die Fähigkeit, Vermisste aufzuspüren. Und Naomi weiß, worauf es bei der Suche ankommt, denn sie wurde als Kind selbst entführt. Über ihre tragische Vergangenheit erfahren wir nach und nach etwas, was sie als Person greifbarer macht. Für mich ist Naomi eine starke und selbstbewusste Frau, obwohl sie ihr Trauma noch nicht verarbeiten konnte.

Die zweite Person ist unser „Schneemädchen“. Schneemädchen ist erst fünf Jahre alt, als sie entführt wird. Doch sie realisiert es nicht wirklich, sondern flüchtet sich in ihre Traumwelt und freundet sich sogar mit dem Entführer an. Wir werden als Leser mehr und mehr in ihre Welt reingezogen, die aus vielen Emotionen besteht und blankes Entsetzen hervorruft. Häufig wird man auf eine falsche Fährte gelockt und weiß irgendwann nicht mehr, an was man sich noch klammern soll. Es gab viele sogartige Spannungsmomente und ergreifende Szenen, aber auch ruhigere Kapitel. So blieb zwischendrin Zeit zum Luftholen, um das eben noch Gelesene zu verdauen. Die Autorin hat einen derart bildgewaltigen Schreibstil, dass ich den Schnee förmlich fühlen und riechen konnte - und dabei mag ich diesen nicht einmal.

Zum Ende hin zieht die Autorin noch einmal alle Register und rundet den großartig konstruierten Plot mit einem gelungenen Finale ab. Wow!

Fazit: Die Thematik wurde richtig gut umgesetzt, auch wenn sie ziemlich harter Tobak ist. In mir wurden die verschiedensten Emotionen hervorgerufen: Ich habe mitgebangt, mitgelitten und öfter einen dicken Kloß im Hals gehabt. Was für eine herzzerreißende, unglaublich berührende und düstere Geschichte! Lesen! Unbedingt!

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Veröffentlicht am 05.04.2022

Atmosphärisch mit Lokalkolorit

Tiefergrund
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„Tiefergrund“ ist der zweite Band der Krimiserie um Ermittlerin Bette Hansen aus Hamburg-Ochsenwerder. Schon „Hinterland“, der erste Teil der Reihe, hat mir außerordentlich gut gefallen. Damit war klar, ...

„Tiefergrund“ ist der zweite Band der Krimiserie um Ermittlerin Bette Hansen aus Hamburg-Ochsenwerder. Schon „Hinterland“, der erste Teil der Reihe, hat mir außerordentlich gut gefallen. Damit war klar, das auch dieses Buch bei mir einziehen muss.

Mit Bette Hansen hat die Autorin eine andere Art von Ermittlerin geschaffen, die mir sofort ans Herz gewachsen ist. Wie sie ihr Leben mit ihrer Krankheit meistert, ist einfach bemerkenswert. Vielleicht reagiere ich darauf besonders sensibel, weil ich weiß, wie es ist, aus gesundheitlichen Gründen „ausgemustert“ zu werden.

Bette hat einfach eine witzige, spritzige Art, die es mir sehr leicht gemacht hat, sie lieb zu gewinnen. Aber auch die anderen handelnden Figuren sind sehr glaubwürdig gezeichnet und haben mir mit all ihren Ecken und Kanten gut gefallen.

Die Handlung selbst startet im Jahr 1986 mit einer Entführung, die nur einer der Charaktere überleben wird. Was genau geschehen ist, wird an dieser Stelle noch nicht verraten, im Verlauf der Handlung aber immer wieder angerissen.

Mit dem Sprung ins Jahr 2019 wird die Story fortan chronologisch weitererzählt. Wieder verschwindet eine junge Frau. Immer mehr werden Verstrickungen mit der Vergangenheit deutlich. Nora Luttmer schafft es durchweg, die Spannung auf einem hohen Niveau zu halten, und verrät an keiner Stelle zu viel. Sie erzählt die Story völlig unvorhersehbar und überrascht mit einem wirklich gelungen Finale.

Nora Luttmer hat einen spannenden, erfrischenden Schreibstil, der mich einfach mitgerissen hat. Die Kapitel sind kurz, knapp und wechseln zwischen den einzelnen Protagonisten. Das bringt Schwung und Abwechslung in die Geschichte.

Fazit: „Tiefergrund“ muss man einfach lesen! Wer etwas andere Ermittler und hanseatische Krimis mag, ist hier genau richtig. Ich würde empfehlen, die Bücher in der Reihenfolge zu lesen. Zwar sind die Kriminalfälle an sich abgeschlossen, jedoch lässt sich die Entwicklung der Protagonisten so besser verfolgen.

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Veröffentlicht am 22.03.2022

Langweilige Stereotype, zäher Plot

Viral. Blutrausch
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Würdet ihr Blut trinken? Vielleicht aus Neugier, um zu wissen, wie es schmeckt. Oder weil ihr euch dem Realvampirismus verbunden fühlt. Möglicherweise versetzt es euch auch in einen rauschartigen Zustand, ...

Würdet ihr Blut trinken? Vielleicht aus Neugier, um zu wissen, wie es schmeckt. Oder weil ihr euch dem Realvampirismus verbunden fühlt. Möglicherweise versetzt es euch auch in einen rauschartigen Zustand, eine sogenannte Blutbar zu besuchen. Was es auch ist: Ihr solltet für das Blut nicht über Leichen gehen!

In Berlin sterben zwei junge Frauen einen grausamen und zugleich seltsamen Tod: Ihnen wird das ganze Blut entnommen, ohne verwertbare Spuren zu hinterlassen. Privatschnüffler Bastian Becker, ehemaliger Polizist, wird bei den Ermittlungen hinzugezogen, um den "Schneewittchen-Mörder" schnellstmöglich zu fassen. Und während ich das hier schreibe, denke ich wieder: Man, das hätte so 'ne geile Story werden können!

Becker ist der klassische, verkorkste Typ, der irre viel durchgemacht hat, seinen Platz in der Welt sucht und von Problemen nur so überhäuft wird. Sein Gejammere ging mir tierisch auf die Nerven. Weniger ist manchmal mehr. Auch wenn ich verstehen konnte, warum ihn sein alter Fall so belastet. Der hätte dann auch ruhig etwas näher beleutet werden und nicht nur nebenbei erwähnt werden können. So war das nichts Halbes und nichts Ganzes.
Übertrumpft werden konnte das Dilemma noch von einer anderen Figur: Alina Brinkmeier. Eine von Beckers Kolleginnen in diesem speziellen Fall. Ich habe selten so eine ätzende, von sich überzeugte, super-feministische Person erlebt wie diese Frau. Zwischendurch habe ich ins Buch gebissen, um ihr irgendwie weh zu tun.

Und wo wir gerade bei Figuren sind: Bereits auf Seite 27 hatte ich es mit acht (!) verschiedenen Menschen zu tun. Ich bin ja nun auch nicht mehr die Jüngste, hust, und musste mir permanent Notizen machen.

Wenn wenigstens der Fall spannend gewesen wäre, hätte man womöglich über einige Defizite hinwegsehen können, aber Pustekuchen! Mal abgesehen von den zahlreichen Wiederholungen, einigen Fehlern und dem zähenden Kaugummi-Stil wirkte der Plot insgesamt ziemlich öde. Man hätte u.a. viel mehr auf das Thema Vampirismus eingehen können, weil das Grundgerüst sich nun mal besonders dafür anbot. Insbesondere weil Benecke selbst in der einen oder anderen Szene unterwegs ist. Es mangelte dem Inhalt allerdings an Kreativität, Ideen und spannenden Wendungen. Dafür gab es ausgelutschte Stereotype und weiße/leere Flächen. Sehr enttäuschend. Hätte ich nicht an einer Leserunde teilgenommen, hätte ich das Lesen vermutlich unterbrochen bzw. aufgegeben.

Fazit: Das einzig Positive, was ich diesem Werk abgewinnen kann, ist das Cover. Das ist cool! Aber sonst kann ich das Buch nicht weiterempfehlen. Ob ich dem zweiten Teil eine Chance geben werde, weiß ich noch nicht. Neugierig bin ich schon, wie es mit Becker und Co. weitergeht und ob der Autor die Kritikpunkte, die vielerorts auftauchen, beherzigt.

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Veröffentlicht am 19.03.2022

Herrlich-schaurige Story

Sheridan Manor. Band 1
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Ich habe definitiv ein Faible für verlassene Anstalten, Hotels, Schlösser und Häuser. Deswegen wäre Sheridan Manor genau mein Ding. - Wenn es nicht gerade in einer Höllendimension stecken würde. Und dort ...

Ich habe definitiv ein Faible für verlassene Anstalten, Hotels, Schlösser und Häuser. Deswegen wäre Sheridan Manor genau mein Ding. - Wenn es nicht gerade in einer Höllendimension stecken würde. Und dort auch eigentlich gar nicht so "lost" ist, wenn ich an die furchterregenden Kreaturen denke, die das Anwesen auf der anderen Seite bewachen. Vermutlich ist dies also ein Ort, den man nicht freiwillig besuchen möchte. Pech für unseren Hauptprotagonisten Daniel, dass er unerwartet dort landet...

Wir schreiben das Jahr 1922. Es ist Winter in Quebec. Daniel Letendre brettert mit seiner Kutsche über einen zugefrorenen See, ängstlich, flüchtend, als das Eis plötzlich Risse bekommt und er einbricht. Nur knapp entkommt er dem Tode, denn er wird von einem Fremden in letzter Sekunde aus dem kalten Nass gezogen und in Sicherheit gebracht. Nach einigen Tagen der Bewusstlosigkeit kommt Daniel zu sich und lernt seinen Retter kennen: Mickhai, der Majordomus (Hausverwalter) von Sheridan Manor und somit Angestellter von Angus Mac Mahon.

Alle drei Figuren wurden derart authentisch dargestellt, dass ich direkt einen Bezug zu ihnen herstellen konnte. Dabei ist mir insbesondere Mickhai, der mich manchmal wegen seiner Statue und liebenswerten Art an Hagrid (Harry Potter) erinnert hat, sehr ans Herz gewachsen. Zunächst konnte ich ihn nicht so recht einordnen, aber dann entwickelte er sich für mich in eine überraschende Richtung.
Im weiteren Verlauf der Geschichte kommen noch ein paar Geschöpfe ins Spiel, die für herrlich-schaurige und teilweise melancholische Momente sorgen. Dabei spielt auch die junge Dame auf dem Cover eine tragende Rolle. Es hat mich richtig traurig gestimmt, zu erfahren, was mit ihr passiert ist.

Die Atmosphäre ist stets unheimlich und dadurch ziemlich sogartig. I luv it! Man fliegt förmlich durch die Seiten und muss sich regelrecht dazu zwingen, es nicht zu überstürzen, denn schließlich muss man solch eine Atmosphäre genießen. Sie fühlen.

Dazu trägt neben der Story auch das großartige Artwork bei. Was für coole Bilder! Man kann richtig in ihnen versinken, weil es da so viel zu gucken gibt und auf detailverliebte Feinheiten geachtet wurde. Zum Beispiel: ein verschwommener Blick, eine Hetzjagd über das Eis, Monster, die auf ihr Opfer zukrabbeln. Alles wurde großartig illustriert. Allein optisch macht diese Graphic Novel echt einiges her. Inhaltlich ist noch etwas Luft nach oben. Ich nehme an, dass in Teil 2 einige offene Punkte angegangen werden und freue mich schon jetzt darauf, Daniel weiter auf seinem abenteuerlichen Trip durch die Hölle zu begleiten.

Fazit: Die herrlich-schaurige Story und das detailverliebte Artwork machen diese Graphic Novel zu einer spannenden Grusellektüre für Gänsehaut-Abende.

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Veröffentlicht am 17.03.2022

Würdest du das Leben eines Anderen kaufen?

Das gekaufte Leben
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3,2,1… meins! Wer hat nicht schon mal auf diese Weise etwas ersteigert. Aber war auch ein neues Leben dabei? Clemens Freitag hat sich genau dafür entschieden. Mit dem Erbe seiner Eltern kauft er sich ein ...

3,2,1… meins! Wer hat nicht schon mal auf diese Weise etwas ersteigert. Aber war auch ein neues Leben dabei? Clemens Freitag hat sich genau dafür entschieden. Mit dem Erbe seiner Eltern kauft er sich ein neues Haus samt Einrichtung eines ihm Unbekannten. Haus, Freunde, Job – all die Besitztümer des Verkäufers gehören nun ihm. Doch schon nach kurzer Zeit findet Clemens Nachrichten vor und hat seltsame Begegnungen. War dieser Schritt vielleicht doch zu gewagt?

Als Clemens den Deal seines Lebens macht, ahnt er noch nicht, worauf er sich damit eingelassen hat. Es verschlägt ihn in das ostdeutsche Provinzdorf Zaun. Was er da entdeckt, wirkt zunächst wie ein Traum. Ein riesiges Haus, ein Luxusauto in der Garage, ein eigener See mit Bootsschuppen und sogar eine Ferienwohnung – für Clemens scheint es wie ein Sechser im Lotto. Auch den Job seines Vorgängers darf er übernehmen.

„Ich gratuliere Ihnen, Sie haben mein Leben erworben. Es war ein glückliches Leben, bis sich meine Frau von mir getrennt hat. Aber ich bin überzeugt, dass Sie alle Voraussetzungen haben, um hier ein glückliches Leben zu führen. Ich wünsche Ihnen das Beste. Im Briefkasten finden Sie die Schlüssel. Der Briefkastenschlüssel befindet sich in der Lampe neben der Haustür. Keine Angst, in unserem und nun in Ihrem Dorf kann man getrost die Haustür offen lassen, auch wenn einige Nachbarn das Gegenteil behaupten. Wenn Sie ankommen, werde ich bereits in einem anderen Land, vielleicht schon auf einem anderen Kontinent sein. Leben Sie wohl.“ (Zitat)

Die Handlung hat mich von Anfang an total neugierig gemacht und ich wollte unbedingt erfahren, wie es ist, sich ein komplett neues Leben zu erkaufen. Schon allein der Gedanke, alles hinter sich zu lassen und in einer fremden Stadt neu anzufangen bzw. ein bestehendes Leben fortzuführen, jagt mir Gänsehaut über den Körper. Würde ich persönlich alles hinter mir lassen wollen und in der Fremde völlig neu beginnen? Diese Frage habe ich mir mehr als einmal gestellt und ganz klar mit einem „NEIN“ beantwortet.

Clemens wurde als Protagonist sehr authentisch dargestellt. Durch die vielen Einblicke in seine Gefühlswelt fiel es mir leicht, eine Verbindung zu ihm aufzubauen. Ich war beeindruckt von diesem Mann, der einfach ins kalte Wasser springt und ein Leben übernimmt, von dem er keine Ahnung hat. Fasziniert habe ich Clemens bei seinem Umzug in ein neues Leben begleitet, mit ihm gefeiert und gelitten. Interessant fand ich hierbei, dass Clemens nicht eine Sekunde lang Reue empfunden hat, diesen Schritt gewagt zu haben.

Der Schreibstil war flüssig und bildhaft. Die Kapitel waren mir persönlich ein wenig zu lang, dafür sorgten aber ein paar kleine Spannungsmomente für die passende Atmosphäre und den zugehörigen Nervenkitzel.

Fazit: Ein Roman, der zum Nachdenken anregt. Wie zufrieden sind wir eigentlich mit unserem Leben? Was würden wir anders machen wollen? Oder sollten wir einfach unser Leben genießen, wie es ist, und dankbar sein?

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