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Veröffentlicht am 04.10.2017

Ein rundes Ganzes. Spannend, tolle Charaktere und nicht zu simpel

Seelenkinder
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Eine grausame Grundsituation. Zwei Kinderleichen, die über Jahre in einem dunklem Bunker unter der Erde gelegen haben. Im Thriller „Seelenkinder“ von Sarah Hilary ermitteln tolle Charaktere in einem komplexen, ...

Eine grausame Grundsituation. Zwei Kinderleichen, die über Jahre in einem dunklem Bunker unter der Erde gelegen haben. Im Thriller „Seelenkinder“ von Sarah Hilary ermitteln tolle Charaktere in einem komplexen, aber sehr gelungenem und spannendem Plot.

Zum Inhalt:
London. Bei der Gartenarbeit findet Terry Doyle einen alten vergessenen Bunker. Er ist nicht leer. Im Bunker werden zwei tote Jungen entdeckt, die offensichtlich schon mehrere Jahre dort lagen. Auch den Polizisten Marnie und Nash macht das grausame Bild schwer zu schaffen. Sie müssen versuchen, die Hintergründe der beiden toten Jungen aufzuklären.
Als dann dann plötzlich weitere Kinder verschwinden wissen sie, dass jede Sekunde zählt. Für Marnie ist dieser Fall besonders schwer, denn er konfrontiert sie mit den eigenen dunklen Schatten ihrer Vergangenheit.

Mein Eindruck:
Die Entdeckung der beiden stark verwesten Kinderleichen ist ein grausiges Bild - auch für den Leser. Der Drang die Hintergründe zu erfahren, ist allmächtig. Die Ermittler, allen voran Marnie und Nash versuchen jede noch so kleine Spur zu verfolgen und kommen nur langsam voran. Sie decken immer wieder neue kleine Puzzleteile auf, so dass die Geschichte von vorne bis hinten spannend bleibt. Vor allem das Finale und die vollkommene Aufklärung, lassen den Leser ganz sicher nicht locker.

Auch die eingestreuten Wechsel der Perspektiven und einige Rückblenden, bleiben für den Leser zunächst rätselhaft und steigern die Spannung. Es kristallisiert sich jedoch schnell heraus, in welche Richtung die Geschichte sich entwickeln wird. Und trotzdem wartet dieser Thriller immer wieder mit Unvorhergesehenem und Überraschungen auf. Es wird zu keinem Zeitpunkt langweilig. Insgesamt handelt es sich um eine relativ komplexe Geschichte, der man dennoch sehr gut folgen kann.

Die Charaktere, allen voran auch die Ermittlerin Marnie, ist hervorragend gezeichnet. Sie muss neben dem Fall auch Teile ihrer eigenen Vergangenheit verarbeiten. So ergeben sich einige Verbindungen zum Tod der beiden Kinder, die ihr zu schaffen machen. Auch die weiteren Charaktere, die besondere Rollen spielen, sind sehr intensiv beschrieben. Als Leser lernt man sie alle sehr genau - auch in die emotionalen Tiefen - kennen, was diesen Thriller ebenfalls auszeichnet.

Sarah Hilary schreibt sehr spannend, leicht verständlich und mit einigen Bildern, die man auch mal zweimal lesen kann. Ihr gelingt es dabei, die psychologischen und emotionalen Effekte der Charaktere besonders stark herauszuarbeiten.

Fazit:
Eine durchaus komplexe Geschichte, deren Spannung, Plot und Charaktere ein rundum stimmiges Ganzes ergeben. Seelenkinder lohnt sich auf jeden Fall zu lesen.

Veröffentlicht am 28.09.2017

Neue Leseerfahrung durch die außergewöhnliche Fiona

Fiona
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Fiona Griffiths ist die Heldin des Kriminalromans „Fiona - Als ich tot war“ von Harry Bingham. Sie ist als verdeckte Ermittlerin inmitten der organisierten Kriminalität unterwegs. Dabei kann man sie nicht ...

Fiona Griffiths ist die Heldin des Kriminalromans „Fiona - Als ich tot war“ von Harry Bingham. Sie ist als verdeckte Ermittlerin inmitten der organisierten Kriminalität unterwegs. Dabei kann man sie nicht gerade als psychisch stabil bezeichnen. Doch genau diese Fiona ist es, die aus diesem Krimi ein ganz besonderes Leseerlebnis macht.

Zum Inhalt:
Fiona Griffiths ist die Neue bei der Polizei in Südwales und wird für die langweiligen Fälle eingesetzt. So auch bei einem Abrechnungsbetrug in einem Möbelhaus. Doch schon kurze Zeit später findet sie eine Leiche und es deuten sich erste Zusammenhänge an.
Bereits länger geplant war eine Ausbildung als verdeckte Ermittlerin, an der Fiona teilnimmt. Als eine der Wenigen besteht sie die Herausforderungen dieses Lehrganges und findet sich bereits kurze Zeit später in einer zweiten Identität wieder. Als Putzfrau wird sie Teil eines großen und verbrecherischen Plans. Wenn Fiona dabei nicht das Problem hätte, ihre verschiedenen Identitäten auseinanderhalten zu können.

Mein Eindruck:
Fiona ist ein extrem interessanter und vielfältiger Charakter. Sie leidet an dem Cotard-Syndrom, einer psychischen Krankheit, das dazu führt, dass sie sich selbst als fremd und ohne Leben ansieht. So hat sie auch große Schwierigkeiten, selbst einfache Gefühle wie Freude oder Angst wahrzunehmen.
Um in ihrer Welt trotzdem mit anderen Menschen umgehen zu können, versucht sie mehr oder minder passende Gefühle zu erraten und entsprechende Reaktionen hervorzurufen.

Es ist als fühlender Mensch natürlich schwierig, diesem Denken zu folgen. Dennoch gelingt es Harry Bingham, diese emotionale Kälte trotzdem sympathisch und nachvollziehbar zu vermitteln. Fiona wird dadurch zu einem sehr spannenden Charakter, den man als Leser erst einmal richtig kennenlernen muss. Bis dahin erscheint sie mitunter etwas sprunghaft, merkwürdig und suspekt, bleibt aber trotzdem sehr liebenswürdig. Oft überrascht sie mit unerwarteten Überlegungen und Handlungen.

Für die Geschichte ist aber gerade diese fehlende Gefühlswelt eine treibende Kraft. Sie ist durchgängig in der Ich-Perspektive geschrieben und wie im Klappentext angedeutet, ist man sich nicht immer sicher, mit welcher Identität Fiona gerade denkt und agiert. Ihre Denkweisen ändern sich entsprechend und die Polizistin Fiona Griffiths scheint manches mal nur noch blass bis zur Oberfläche durch.

Die Handlung ist durchgängig spannend. Dem Leser sind die Gefahren der verdeckten Ermittlung stets fühlbar bewusst. Die eigentlichen polizeilichen Ermittlungen schreiten dabei eher gemächlich voran. Dafür lebt die Handlung aber von der perfekt organisierten Arbeit der Verbrecher, wie aber auch von den Anstrengungen Fionas Vorgesetzter ihr den größtmöglichen Schutz zu geben. Zum Ende hin überraschte mich die Geschichte dann noch mit rasantem Tempo und großer Action.

Der Schreibstil ist am Anfang etwas gewöhnungsbedürftig. Er erinnert ein wenig an die schnelle Abfolge von Gedanken, die Fiona im Kopf umherschwirren. Sprache und Stil passen aber sehr gut zu ihr und geben ihr Inneres in dieser Form auch hervorragend wieder.

Fazit:

Kein Krimi, wie man ihn erwartet. Er lebt von Fionas einmaligen und besonderem Charakter und von den Schilderungen einer so real wirkenden organisierten Kriminalität.

Veröffentlicht am 24.09.2017

Großartige Erzählkunst im historischen Gewand

Das Fundament der Ewigkeit
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Ken Follet beweist einmal mehr, dass er ein großer Erzähler ist. In "Das Fundament der Ewigkeit" entführt er auf 1.168 Seiten den Leser in ein unruhiges Europa des 16. Jahrhunderts. Dort lässt er seine ...

Ken Follet beweist einmal mehr, dass er ein großer Erzähler ist. In "Das Fundament der Ewigkeit" entführt er auf 1.168 Seiten den Leser in ein unruhiges Europa des 16. Jahrhunderts. Dort lässt er seine Charaktere inmitten der realen Geschichte ihre beeindruckenden Rollen spielen. Eine mitreißende Kombination von Historie und Fiktion.

Zum Inhalt:
Ned Willard kehrt 1558 nach einer Auslandsreise zurück in seine Heimatstadt Kingsbridge. Dort ist er in einer wohlhabenden Kaufmannsfamilie aufgewachsen. Ned hofft auf ein glückliches und Leben mit Margery, die er heiraten möchte.

Doch der Zwist zwischen Katholiken und Protestanten verhindert diese Hochzeit, sorgt für weiteres Unglück und Ned verlässt schließlich Kingsbridge. Er tritt in die Dienste von Elisabeth Tudor ein, die kurze Zeit später Königin von England wird. Sie tritt offenbar für eine Welt ein, in der niemand mehr wegen seines Glaubens hingerichtet werden muss. Ein Ideal, das auch Ned teilt.

Elisabeth richtet mit Neds Hilfe ein Netz von Geheimagenten in ganz Europa ein, der es ihr für Jahrzehnte ermöglicht, auf dem Thron zu bleiben. Doch der Frieden zwischen den christlichen Glaubensrichtungen steht überall in Europa auf wackeligen Beinen und große Mächte haben sich gegen die Königin verschworen.

Mein Eindruck:
Es ist gar nicht so einfach, eine Rezension zu diesem mittlerweile dritten Kingsbridge Roman zu verfassen. Zu viele Eindrücke, Erlebnisse und Bilder haben die knapp 1200 Buchseiten bei mir hinterlassen.

Der erste Eindruck dieses Buches war zunächst wie ein wohliges nach Hause kommen. Gemeinsam mit Ned Willard kehrt man nach Kingsbridge zurück und wird sofort an die Geschichten und Legenden erinnert, für die diese Stadt steht. Man selbst blickt voller Wehmut an die Geschichten von Prior Philip und Tom Builder zurück, die seinerzeit die große Kathedrale erbaut hatten. Aber auch an Merthin und Caris, die im zweiten Kingsbridge Roman für diese großartige Stadt standen.

Jetzt allerdings geht es um eine ganz andere, nicht minder historisch bedeutsame Zeit. Das 16. Jahrhundert, in dem Königin Elisabeth I. 1559 den Thron Englands bestieg und in dem Katholizismus seine Macht immer mehr an die Protestanten verlor. Die Folgejahre waren geprägt von großen Konflikte zwischen den beiden christlichen Glaubensrichtungen. Zudem tritt noch eine dritte Partei auf, die für Toleranz und ein friedliches Miteinander eintritt - und das alles in einem Europa mit Monarchen, die die aufkommende Toleranz in England mit Misstrauen beäugten.

In diese Welt wirft Ken Follet seine Charaktere und es entsteht ein Wechselspiel zwischen Realität und Fiktion. Das Beeindruckende an diesem Roman ist nämlich die Verknüpfung der echten Geschichte mit den fiktiven Charakteren und ihren bildhaften Erlebnissen. Ob es (als Beispiele) das Massaker in der Bartholomäusnacht 1572 in Paris oder die große Seeschlacht des berühmten Sir Francis Drake sind. Die realen und die fiktiven Charaktere agieren so nahtlos miteinander, das Fiktion und Realität wie aus einem Guss erscheinen. Auch die schottische Königin Maria Stuart, die  als Konkurrentin auf den englischen Thron in Erscheinung tritt, wird in diesem Roman Leben eingehaucht. Ein Konzept, dass mich bereits bei den beiden Vorgängern überzeugen konnte.

Geschichtlich drängen die Konflikte zwischen Katholiken und Protestanten in den Vordergrund. Die unterschiedlichen Positionen, Ziele und Bemühungen werden aus der jeweiligen Sicht ganz unterschiedlicher Personen mit unterschiedlichen Interessen und Motiven dargestellt. Dabei wird natürlich nicht vor Intrigen, Verschwörungen und gar Mord zurückgeschreckt. Auch die Belange der unterschiedlichen Monarchen und des Papstes werden dabei berücksichtigt, so dass man in Summe die politischen Wirren jener Zeit hautnah mitverfolgen kann. Das immer schwankende Gleichgewicht der Kräfte verleiht dieser Geschichte nicht nur ihre Spannung, sondern auch ihren ganz besonderen Reiz.

Ned Williams, der sich in die Dienste der Königin Elisabeth stellt, steht für den Wunsch nach Toleranz und Frieden unter den Konfessionen. Seine Lebensgeschichte, auch seine private, steht im Mittelpunkt. So erlebt er zusammen mit dem Leser zahllose Erfolge und Rückschläge, Höhen und Tiefen. Vor allem sein nicht erfüllter Wunsch sein Leben mit seiner großen Liebe Margery zu verbringen, gibt seinem Leben eine bedeutende Wendung. Doch auch die zahllosen weiteren Charaktere, die im Laufe der Geschichte auch aufeinander treffen, haben ihre ganz eigenen Facetten und Interessen. Einige Personen wird der Leser lieben, andere wiederum hassen.

Interessant sind aber auch die in diesem Roman geschilderten diplomatischen Arbeitsweisen. Mit viel List und Überlegung, werden Pläne gestrickt, wieder verworfen oder durchkreuzt. Die Mächtigen bedienen sich oftmals ihrer Helfer wie beispielsweise auch Ned Willard einer ist.
Der Informationsvorsprung gegenüber dem Gegner erscheint oft als entscheidender Vorteil, so dass sich Netzwerke von Informanten und Spionen bilden. Der Klappentext spielt nicht umsonst auf die Anfänge der Geheimdienst hin. Auch der Einblick in diese Tätigkeiten und Vorgehensweisen machen die Geschichte viel interessanter.

Das Buch ist nicht nur dick und schwer, sondern verlangt vom Leser ein echtes Grundinteresse an der realen Geschichte des 16. Jahrhunderts ab. Man benötigt keinesfalls besonderes Vorwissen, da viele Erläuterungen einen tieferen Einblick geben. Aber gerade diese „bildenden“ Abschnitte könnten weniger Interessierte Leser abschrecken und das Buch abbrechen lassen. Wer sich aber mit ein wenig Interesse auf diesen historischen Ausflug einlässt, dürfte von dieser real-fiktiven Geschichte restlos begeistert sein. Für meinen Teil hat mich die Geschichte auch nach den letzten Seiten nicht losgelassen.

Fazit:

Vorausgesetzt man hat Interesse an Europas Geschichte ist "Das Fundament der Ewigkeit" ein großartiges Werk, in dem genau diese Geschichte wahrhaft lebendig wird.

Veröffentlicht am 17.09.2017

Norwegenkrimi mit Tiefgang und authentischen Charakteren

Kreuzschnitt
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Sehr geschickt verbindet Øistein Borge in seinem Debütroman "Kreuzschnitt" ein dunkles Kapitel der Vergangenheit mit einem Mord in der Gegenwart. Der Reiz dieses Krimis liegt aber auch in der Tiefe der ...

Sehr geschickt verbindet Øistein Borge in seinem Debütroman "Kreuzschnitt" ein dunkles Kapitel der Vergangenheit mit einem Mord in der Gegenwart. Der Reiz dieses Krimis liegt aber auch in der Tiefe der Handlung und in den authentischen Charakteren.

Zum Inhalt:

Der Norweger Unternehmer Axel Krogh wird ermordet in seiner Villa in Südfrankreich aufgefunden. Bogart Bull, ein Kommissar der Osloer Kriminalpolizei wird von seiner Chefin zu Europol versetzt. Seine Aufgabe ist die Unterstützung der örtlichen Ermittlungen in Frankreich in diesem Mordfall. Bull selbst hatte ca. ein Jahr zuvor seine Frau und seine Tochter bei einem scheren Verkehrsunfall verloren und blüht in dieser Mordermittlung förmlich auf.
Alle Zeugen, die zum Mordzeitpunkt in der Villa wohnten, haben ein wasserdichtes Alibi und der Täter hat keine Spuren hinterlassen. Einziger Anhaltspunkt ist ein fehlendes Gemälde, der einzige Gegenstand, der entwendet wurde. Bulls Ermittlungen führen ihn zu einem grausamen, ungesühnten Verbrechen in der Vergangenheit.

Mein Eindruck:
Auf dem Buchrücken wird das Buch mit einem Zitat von Aftenposten, Oslo beworben: "Ein komplexes, spannendes Debüt" heißt es dort.
Diesen Worten kann ich mich nur anschließen. Die Geschichte ist durchaus komplex. Da sie aber nie kompliziert wird, kann man ihr trotzdem mühelos folgen. Es gibt im Wesentlichen einen aufregenden Handlungsstrang in der Vergangenheit und einen weiteren in der Gegenwart, der sich mit Bulls Ermittlungen beschäftigt. Beide sind gleichermaßen spannend und fügen sich erst in der zweiten Hälfte langsam zusammen. Die wirkliche Auflösung findet aber erst auf den allerletzten Seiten statt. Dabei werden selbst kleine Puzzleteile aus dem Verlauf des Buches berücksichtigt und geben im Großen und Ganzen ihren Sinn preis.
Die Charaktere sind schön gezeichnet. Sie bekommen zügig ein tieferes Bild, was mir besonders gut gefallen hat. Bulls persönlicher Hintergrund ist durch den Verlust seiner Familie geprägt. Natürlich leidet er, stürzt ab, kommt aber stark und konzentriert aus seinem Tief wieder heraus. Dieses Dilemma belastet die Geschichte aber nicht über Gebühr, sondern wird im Wesentlichen nur einleitend angeführt. Bull ist im Endeffekt ein ehrgeiziger, von seiner Aufgabe angetriebener Ermittler mit hoher Auffassungsgabe. Nur in ruhigen Momenten hadert er mit seinen eigenen Problemen. Es macht Spaß ihn als Ermittler und als Menschen auf seiner Südfrankreichreise zu begleiten.
Auch die weiteren Charaktere, die in dieser Geschichte eine Rolle spielen, bekommen ein ausgeprägteres Bild und sind dabei sehr authentisch und glaubwürdig. Handlung und Charaktere empfand ich als realistisch und bildhaft. Beide greifen sehr passend ineinander. Auf diese Weise konnte ich tief in diesen Krimi eintauchen.
Die Zusammenarbeit mit der französischen Polizei ist nicht von einem Kompetenzgerangel oder gegenseitigem Misstrauen geprägt, wie man es leider schon öfter lesen musste. Hier ist genau das Gegenteil der Fall. Es entwickelt sich schnell eine tiefere Vertrauensebene und Freundschaft zwischen Bull und seinem französischem Pendant Jean Moulin.
Der Schreibstil von Øistein Borge hat mir gut gefallen. Er ist ein klein wenig anspruchsvoller als in vielen anderen Büchern, bleibt aber immer gut lesbar. Alle Beschreibungen bleiben nachvollziehbar und verständlich.

Fazit:

Ein rundum gelungener skandinavischer Krimi mit Tiefgang, der sowohl den Ermittler Bull - als auch den Leser - vor ein scheinbar unlösbares Rätsel stellt.

Veröffentlicht am 08.09.2017

Konfrontiert mit der verbotenen Liebe, die keine ist

Unter Wasser hört dich niemand schreien
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Vom Klappentext angezogen, war ich doch etwas erstaunt, in welche Richtung sich die Geschichte entwickelt hat. Ein lebloses Mädchen im Pool verspricht eigentlich Polizei oder Detektive; auf jeden Fall ...

Vom Klappentext angezogen, war ich doch etwas erstaunt, in welche Richtung sich die Geschichte entwickelt hat. Ein lebloses Mädchen im Pool verspricht eigentlich Polizei oder Detektive; auf jeden Fall aber so etwas wie Ermittlungsarbeit. Das Buch „Unter Wasser hört dich niemand schreien“ von Paula Treik DeBoard kommt ganz ohne diese Klassiker aus und kann trotzdem eine anregende und spannende Geschichte liefern.

Zum Inhalt:

Liz McGinnises zieht mit ihrem Mann und ihrer 14-jährigen Tochter Danielle nach „The Palms“, einem luxuriösem Wohngebiet für die Reichen und Schönen dieser Welt. Phil hat dort einen Job als Community Relations Specialist der Immobilienfirma bekommen, die The Palms betreibt. Seine Aufgabe besteht darin, die Wünsche und den Ärger der Bewohner aufzunehmen bzw. sie zu beruhigen. Liz fühlt sich in dieser äußerst exquisiten Gesellschaft sichtlich nicht wohl. Die Leute dort sind eben von einem anderen Schlag als sie selbst. Dennoch organisiert sie für ihre Tochter ein Treffen mit anderen Mädchen aus der Nachbarschaft. Danielle freundet sich daraufhin mit Kelsey und Hannah an.
Eines Tages treibt Kelsey leblos im Pool der Familie McGinnises.

Mein Eindruck:

Statt einer Polizei- oder Detektivgeschichte erwartet den Leser eine eher eine psychologische ausgerichtete Geschichte. Sie wird aus den Perspektiven von Liz und Phil erzählt und decken nach und nach die Hintergründe der leblosen Kelsey im Pool auf. Die Spannung wird durch immer neue Situationen, Gedankengänge und Ängste kontinuierlich weiterentwickelt. Die Beschreibung von "The Palms" und deren Bewohnern ist extrem gut gelungen. Auf der einen Seite wünscht man sich diesen Luxus, auf der anderen Seite merkt man auch schnell, dass man wie Liz dort eigentlich doch nicht so gerne leben möchte. Die Sorgen und Nöte der Bewohner sind eben nicht die gleichen, wie bei uns Normalverdienern. Vom Schreibstil ist das Buch angenehm zu lesen. Gedanken, Gefühle und Handlungen werden präzise und sehr nachvollziehbar beschrieben.

Es ist leider nicht möglich, diesen Eindruck weiter zu schreiben, ohne ein klein wenig zu spoilern. Wer sich überraschen lassen möchte, sollte bei dieser Rezension jetzt abbrechen und zum Buch greifen.

Besonders beeindruckend ist die nicht stattfindende Liebesgeschichte zwischen der 15-jährigen Kelsey und Phil. Kelsey sucht den Kontakt und versucht Phil dazu zu bringen, sich auf sie einzulassen. Phil aber zweifelt zu Recht und verhält sich daher zunehmend abweisend ihr gegenüber. Kelseys Handeln und ihre Reaktionen darauf sind beeindruckend beschrieben und bilden schließlich auch den Kern der Geschichte. Phils Ängste, dass man ihm eine Beziehung zu einer 15-jährigen unterstellen könnte, bringen ihn in eine für ihn schier ausweglose Situation. Darunter beginnt sehr bald die gesamte Familie zu leiden, denn auch Liz merkt sehr schnell, dass mit Phil etwas nicht stimmt. Zudem wird ihre Tochter Danielle plötzlich erwachsen und befindet sich in der „Abnabelungsphase“. Für großartige Konfliktmöglichkeiten ist also gesorgt.
Das Zusammenspiel von Phil, Liz und Kelsey ist ein hervorragend konstruiertes Handlungs- und Spannungsnetz, dass großes Potential besitzt. Es wird dabei in erster Linie mit den Ängsten und Befürchtungen der Hauptpersonen gespielt. Letztlich fehlte mir in dieser Geschichte aber leider noch der allerletzte Funke, um mich ganz tief in ihren Bann zu ziehen. Mir kommt die Geschichte etwas zu „runter erzählt“ vor, wobei mir im Schreibstil das besondere Etwas fehlt, obwohl er insgesamt sehr gut und angenehm zu lesen ist.


Fazit:


Ein etwas anderer Thriller mit einer sehr unterhaltsamen und bedrohlich erscheinenden Familiengeschichte.