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Veröffentlicht am 20.12.2025

Toller Buch im Buch Krimi

Tod zur Teestunde
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Das Cover mit dem sehr farbenfrohen Kolibri über einem alten Landsitz in England wirft Fragen auf, und so kommt ihm auch eine Schlüsselfunktion ( daher der Schlüssel in seinem Schnabel? )zu, die aber erst ...

Das Cover mit dem sehr farbenfrohen Kolibri über einem alten Landsitz in England wirft Fragen auf, und so kommt ihm auch eine Schlüsselfunktion ( daher der Schlüssel in seinem Schnabel? )zu, die aber erst gegen Ende des Werkes aufgelöst wird.
Mit diesem Werk bin ich zum ersten Mal mit der Ermittlerin, Susan Ryeland, konfrontiert. Sie ist nicht erfolgreiche Kommissarin, wie in anderen Krimis, sondern Lektorin. “ Tod zur Teestunde“ ist ihr dritter Fall, aber man kann alle 3 Werke problemlos unabhängig voneinander lesen.
Susan arbeitet freiberuflich in London. Die beliebte Romanfigur Atticus Pünd wurde von Alan Conway, dessen Manuskripte sie lektoriert hat, erfunden. Nach seinem Tod durch Ermordung schreibt ein junger Autor die beliebte Reihe weiter. Eliot Crace war bisher als Schriftsteller erfolglos, und Susan soll sein Manuskript lektorieren, da sie ja mit dieser Detektiv-Reihe bestens vertraut ist. In “Tod zur Teestunde“ geht es um die reiche Lady Chalfont, die vergiftet wird. Nun behauptet Eliot, welcher der Enkel einer sehr berühmten, verstorbenen Kinderbuchautorin ist, dass seine Großmutter ebenso vergiftet wurde. Somit ergeben sich zwei Kriminalfälle, in denen von Susan Ryeland ermittelt wird. Wir haben hier also ein “Buch im Buch“, das durch Eliots Tod “gewürzt“ wird, und durch viele kniffelige Ereignisse und geniale Wendungen zu einem Meisterwerk wird. Die verschachtelten Geheimnisse werden erst ganz zum Schluss aufgedeckt, da die Spannung dieses 600 Seiten langen Werkes, bis zum Ende anhält. Wer ist involviert? Toll ist das sehr ausgeklügelte Spiel mit zwei Ebenen, die alle paar Kapitel abwechseln.
Eliot hat viele eigene Familienmitglieder als Vorlage benutzt, was zur Folge hat, dass die Anzahl der Personen ständig steigt. Zum Glück gibt es zu “Pünds letzter Fall“, also um die Familie von Lady Chalfont, ein Personenregister, jedoch hätte ich gerne eine Aufstellung der Familie Crace gehabt, damit klar wird, wer wer sein soll. Dazu gibt es erst gegen Ende des Werkes Hilfe. Aber das ist wohl so verzwickt intendiert und bewusst konstruiert.
Die Figuren werden sehr lebensecht, präzise und charakterstark beschrieben. Der Schreibstil ist mitreißend und gut lesbar, ohne aufreißerisch zu wirken.
Die Anagramme und die doppelten Charaktere sind etwas Besonderes und würzen die Handlung, die aber erst nach dem ersten Drittel des Werkes so richtig an Fahrt aufnimmt.
Wer einen gut konstruierten und spannenden Krimi zu Weihnachten verschenken will, der sollte Fans von eigener “Detektivarbeit“ auswählen, denn das Werk kann man nicht so einfach herunterlesen , sondern man muss ständig “um die Ecke“ denken.

Veröffentlicht am 30.11.2025

Historische Spannung

Das Antiquariat am alten Friedhof
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Kai Meyer versetzt uns mit seinem neuen Roman “Das Antiquariat am alten Friedhof“, welcher das vierte Werk über das zerstörte Graphische Viertel in Leipzig ist, in die politisch brisante Zwischen- und ...

Kai Meyer versetzt uns mit seinem neuen Roman “Das Antiquariat am alten Friedhof“, welcher das vierte Werk über das zerstörte Graphische Viertel in Leipzig ist, in die politisch brisante Zwischen- und Nachkriegszeit.
Das romantisierte Cover wirkt wie ein altes, vergilbtes Photo und fängt die Atmosphäre im Buch gut ein, düster und geheimnisvoll.
Das Werk spielt auf zwei Zeitebenen, 1930 und 1945, die erzähltechnisch miteinander abwechseln und zum Effekt des Pageturners beitragen, denn man fiebert mit, wie es weitergehen möge. Thematisch spielt die Macht der Bücher eine tragende Rolle, aber auch Freundschaft, Schuld, Wahrheit und Verrat, ebenso wie Leidenschaft und Liebe, sind wichtig. Besonders hat mich die Einbettung in die jeweilige politische Situation gefangengenommen. Wir finden eine Verbindung von Okkultismus und historischer Erzählung vor, die durch die differenzierte und individualisierte psychologische Feinzeichnung der Charaktere hervorgehoben wird. Sie lassen mich mitfiebern und ihre starke Veränderung miterleben. Dabei erleben wir Grausamkeit, menschliche Abgründe und Machtbessenheit, die zu einer mystischen , beklemmenden Spannung beitragen, die die Leserschaft oft verängstigt, aber auch “ bei der Stange“ hält.
In präzisier Sprache vermittelt der Autor die Konflikte der Figuren, oft bildhaft, aber immer klar und deutlich, so dass man mühelos durch die Zeilen fliegen kann. Generell ist der Schreibstil so mitreißend, dass man die 500 Seiten mühelos in recht kurzer Zeit schaft.
Das Ende hat mir gut gefallen, denn es schließt an die anfangs begonnene Situation an und lässt den Protagonisten “ankommen“.
Inhaltlich geht es um vier junge Männer aus wohlhabenden Familien, die in Leipzig um 1930 viel Zeit im Graphischen Viertel in dem Antiquariat ihres Clubs “Casaubon“ verbringen. Sie vernachlässigen ihr Studium, lesen und debattieren stattdessen. Danach geraten sie in eine Art Sog, stehlen wertvolle Bücher, und gehen gefährliche Allianzen ein, werden obzessiv und teilweise unberechenbar. Richtig gefährlich wird die Situation, als Eva, die Schwester eines Clubmitglieds, hinzukommt und für viel Verwirrung sorgt.
Der Zeitsprung ins Jahr 1945 verleiht dem Werk eine beklemmende Dimension. Felix, ein Clubmitglied, der inzwischen in die USA ausgewandert ist, soll für die Amerikaner, in der Rolle eines Bibliothekars, geraubte Werke katalogisieren. Er gerät in sehr gefährliche Situationen und versucht zu überleben im zerstörten Leipzig, das von den Amerikanern besetzt ist, aber bald an die Russen übergeben werden soll.
Dieser vielschichtige, atmosphärische Roman ist ein Highlight und lässt sich nicht exakt einem Genre zuordnen, einerseits ein spannender historischer Krimi, anderseits spielen gesellschaftliche Themen, Teile einer Liebesgeschichte und Freundschaftsbande tragende Rollen.
Das Werk ist empfehlenswert für Freunde von historischer Spannung, Vielschichtigkeit und literarischem Tiefgang.
Ich werde die 3 Vorläuferbände auch unbedingt lesen.

Veröffentlicht am 28.10.2025

Ein außergewöhnlicher Agententhriller

Kälter
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Das Cover von „Kälter“ ist auffällig und passt zum Titel. Blau symbolisiert Kälte, rot eventuell Blut, das in diesem Agententhriller in Strömen fließt.
Das Riesenrad könnte ein Symbol für die Endlosdrehung ...

Das Cover von „Kälter“ ist auffällig und passt zum Titel. Blau symbolisiert Kälte, rot eventuell Blut, das in diesem Agententhriller in Strömen fließt.
Das Riesenrad könnte ein Symbol für die Endlosdrehung des eigenen Lebens sein, ein vorgegebenes Schicksal, dem man (hier die Protagonistin Lucy) nicht entfliehen kann.
Lucy, muss sich, nach 8 Jahren Polizeidienst auf der “gemütlichen“ Insel Amrum, einem Killerkommando stellen. Ihre Vergangenheit holt sie wieder ein, sie muss deswegen ihre körperliche Fitness und ihre alten Fähigkeiten wieder aktivieren, um eine erbarmungslose Waffe zu werden. Eine tödliche Jagd zwischen Geheimdiensten und alten Feinden beginnt, die sie von Amrum über Berlin, Wiesbaden, Marseille, Wien und eine Wüste führt. Sie ist dabei auf der Jagd nach ihrem Todfeind Babel, von dem sie angenommen hatte, dass er ermordet worden sei, doch diese Annahme war falsch.Wer wird aus diesem “Krieg“ als Sieger hervorgehen?
Das Ende ist spannend und doch ein wenig vorhersehbar. Der Plot ist interessant und sehr abwechslungsreich aufgebaut. Perspektivwechsel und Rückblenden runden die Action ab.
Als Jugendlicher in den 70ern und als junger Erwachsener in den 80er Jahren aufgewachsen, kann ich mich gut an die politischen Verhältnisse erinnern. Aber Pflüger, obwohl perfekte Recherchearbeit vorausgegangen ist, vermischt bewusst historische Bezüge und fiktive Elemente des kalten Krieges miteinander. Die Zeit des Mauerfalls findet besondere Beachtung, denn die politischen Verhältnisse ändern sich dramatisch. Geheimagenten wechseln die Seiten und müssen befürchten, enttarnt zu werden. Wem kann man noch vertrauen? Moral und Loyalität scheinen vergessen.
Mit Lucy Morgenroth ist keine Identifikation möglich, denn sie ist keine Protagonistin im herkömmlichen Sinn, sondern in ihrer Komplexität kaum zu verstehen.Ihre Vergangenheit hat Risse, sie ist ständig auf Identitätssuche und Vergangenheitsbewältigung. Pflüger stellt sie uns scheibchenweise vor, teils einfühlsam, menschlich, aber hauptsächlich als erbarmungslose Killerin.
Generell haben alle Figuren Tiefe und Authentizität, allerdings macht die Vielzahl an Personen den Lesefluss mühsam. Der Spannungsbogen hat im Mittelteil leider einige Längen, jedoch bleibt er bis zum Schluss erhalten.
Der Schreibstil unterstützt die atmosphärische Gewalt, die Grausamkeiten, die Härte der Handlung. Pflüger hat einen sehr speziellen Schreibstil, versetzt mit Metaphern, Symbolen und teilweise komplizierter Wortwahl aus dem Bereich des Geheimdienstwesens, die Insiderwissen voraussetzt. Manchmal wirkt der Stil auch fast poetisch. Die Aussagen der Satzkonstruktionen sind oft nicht leicht verständlich und erfordern Innehalten und mehrfaches Lesen. Musik- und Filmtitel sind geschickt in die Handlung eingestreut. Die Dialoge zwischen Lucy und ihrem Kollegen sind oft voll trockenem Humor, auch ironisch und witzig.
Der Autor vermittelt gleichzeitig verschiedene Ebenen und verlangt eine gebildete Leserschaft, die sich auf die grausamen Fakten, die historischen Bezüge und die Dichte der Atmosphäre einlässt.
Für mich präsentiert Pflüger in “Kälter zu viel Brutalität, zu viele Morde und ein teilweise übermenschliches Verhalten der Protagonistin, daher nur 4,5 Punkte.

Veröffentlicht am 13.10.2025

Camping at its best

Entführung im Himmelreich
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Der zweite Cosy-Crime von Andreas Winkelmann mit dem Titel “Entführung im Himmelreich“ hat mir sehr gut gefallen. Wieder ist das Cover ein Highlight und hat mich mit seiner Farbigkeit und dem Aufbau an ...

Der zweite Cosy-Crime von Andreas Winkelmann mit dem Titel “Entführung im Himmelreich“ hat mir sehr gut gefallen. Wieder ist das Cover ein Highlight und hat mich mit seiner Farbigkeit und dem Aufbau an Naive Malerei erinnert. Es vermittelt Natur, Ruhe und Fröhlichkeit und stimmt perfekt auf das Setting des Werkes ein.
Die erzählenden Figuren ändern sich, und auch die einzelnen Schauplätze. Somit entsteht Dynamik. Die real existierende Campingplatzatmosphäre wird realistisch und lebendig dargestellt. Das wird untermalt durch den exakten Lageplan des Campingplatzes im aufklappbaren Buchdeckel. Es wird wieder Gemütlichkeit mit Schmunzelfaktor evoziert. Toll sind auch die drei Rezepte mit witzigen Phantasienamen.
Wie auch in Band 1 verpackt Winkelmann seinen Krimi in einen luftig-leichten, bildhaften Schreibstil voller Humor. In Winkelmanns Thrillern war mehr Spannung, aber die Atmosphäre mit den teilweise kauzigen und skurrilen Charakteren lässt einen durch die Kapitel fliegen und hat Wohlfühlcharakter.
Mit einem leichten Augenzwinkern charakterisiert der Autor seine Personen.
Die beiden Protagonisten, der ehemalige Schauspieler, Björn Kupernikus, und die Künstlerin Isabelle Schäfer sind sehr verschieden, aber realistisch in ihrer gemeinsamen Aktion dargestellt. Der Hund Pinguin macht alles sehr niedlich und ist mir gleich ans Herz gewachsen.
Aber worum geht es in diesem Werk? Kupernikus und Schäfer müssen in mehreren Verbrechen ermitteln, denn der Bäcker, welcher die Brötchen und Brote ins Himmlreich liefert, ist verschwunden, auf einem Hausboot wird eingebrochen und ein Toter wird gefunden. Der Kommissar Fass soll aufklären, jedoch die beiden Schlaufüchse kommen ihm oft zuvor. Allein schon dieses Wetteigern lässt einen oft wiehern. Generell ein vergnügliches Werk, das ich jedem Freund von Cosy Crimes empfehlen kann.

Veröffentlicht am 07.10.2025

Ein Leseabenteuer für Skandinavienfans

Lügennebel
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Das in drei Farben gehaltene Cover des schwedischen Krimis “Lügennebel“ von Viveca Sten lässt einen tief in die eisige, nordische Landschaft und Atmosphäre eintauchen.
Der Titel gefällt mir auch sehr gut, ...

Das in drei Farben gehaltene Cover des schwedischen Krimis “Lügennebel“ von Viveca Sten lässt einen tief in die eisige, nordische Landschaft und Atmosphäre eintauchen.
Der Titel gefällt mir auch sehr gut, denn er bezieht sich auf die 6 Freunde, die in Are gemeinsam einen Skiurlaub verbringen. Sie haben Geheimnisse voreinander, beschulden sich gegenseitig und lügen.
Die Eltern eines Kommilitonen haben ein sehr luxuriöses Feriendomizil in dem kleinen schwedischen Bergdorf, wo die 6 Freunde ausgelassen feiern und trinken, obwohl sie am nächsten Morgen zu einer anstrengenden Skitour aufbrechen wollen. Doch am Morgen wird Fanny, eine junge Frau aus dieser Gruppe, tot im Schnee gefunden. Sie ist fast nackt, und man muss sich fragen:“ War es Mord oder ein Unfall?“ Es breitet sich Misstrauen in der Gruppe aus, und auch einige Dorfbewohner geraten unter Verdacht.
Mich haben besonders die gruppendynamischen Prozesse interessiert, besonders, da Sten die Charaktere der einzelnen Personen hervorragend ausgearbeitet hat. Allerdings hat sie auch stark mit Klischees gearbeitet.
Hauptfigur ist die sympathische Hanna Ahlander, die mit ihrem Kollegen, Daniel Lindskog, ermittelt. Sie ist aus den drei Vorläuferbänden bestens bekannt, und auch ihre Entwicklung, besonders auch ihr Privatleben wird stark thematisiert.
Der Spannungsbogen wird hoch angesiedelt, als die eigentliche Ermittlungsarbeit beginnt. Es kommt zu vielen Verwicklungen und Wendungen, und die Leserschaft wird oft auf die falsche Fährte gelockt. Im Mittelteil gibt es leider einige Längen, jedoch wird die Spannung bewusst verstärkt durch die kurzen Kapitel und den damit ständig verbundenen Perspektivwechsel. Die Auflösung des Falles ist nicht außergewöhnlich spektakulär, aber der angenehme deskriptive und flüssige Schreibstil lassen einen sehr schnell durch die Seiten fliegen.
Die persönlichen Beziehungen zwischen Hanna und ihren Kollegen mit diversen Problemen, all ihren menschlichen Stärken und Schwächen, nehmen viel Raum ein, machen die Geschichte allerdings auch realistischer. Für Skandinavienfans ist dieses Werk ein besonderes Leseerlebnis, das ich wärmstens empfehlen kann.