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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.08.2017

Für Fans!

Man lernt nie aus, Frau Freitag!
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Frau Freitags Bücher über ihr Leben als Lehrerin an einer Berliner Brennpunktschule habe ich alle mit großem Vergnügen gelesen und somit war ich auf dieses Buch besonders gespannt. Denn hier werden die ...

Frau Freitags Bücher über ihr Leben als Lehrerin an einer Berliner Brennpunktschule habe ich alle mit großem Vergnügen gelesen und somit war ich auf dieses Buch besonders gespannt. Denn hier werden die Rollen getauscht und Frau Freitag schlüpft in die Rolle der Schülerin, genauer gesagt, in die einer Fahrschülerin.
Die passionierte Nutzerin des ÖPNV hat es sich in den Kopf gesetzt, mit Anfang 50 endlich den Führerschein zu machen. Wäre doch gelacht, wenn frau das auch in höherem Alter nicht mit links schaffen würde...

Meine Meinung: Und wieder ist es Frau Freitag gelungen ein kurzweiliges und unterhaltsames Buch zu schreiben. Ihre Erlebnisse mit ihren Fahrlehrern und ihre Gedanken schildert sie so lebensnah, dass man als Leser das Gefühl hat,während ihrer Fahrstunden mit im Auto zu sitzen.
Ein wenig haben mir die Geschichten über ihre Schüler schon gefehlt, aber auch dieses Buch hat mir insgesamt gut gefallen.
Es ist mit knapp unter 200 Seiten recht kurz und dadurch eine ideale leichte Lektüre für Zwischendurch. Es ist locker und leicht zu lesen, phasenweise wären aber etwas weniger "Kraftausdrücke " mehr gewesen.

Fazit: Nette und kurzweilige Unterhaltung für die Fans von Frau Freitag.
Zum Kennenlernen der Autorin würde ich aber zu ihren Anekdoten rund um das Lehereinnendasein raten.

Veröffentlicht am 10.08.2017

Ganz okay

Die Morde von St. Pauli (Alfred-Weber-Krimi 2)
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Inhalt: Hamburg, 1927. Die Unterwelt von St. Pauli wird durch mehrere kuriose Mordfälle an Klein-Ganoven erschüttert. Das Besondere: Die Opfer wurden im Tod auf dramatische Weise zur Schau gestellt. Auch ...

Inhalt: Hamburg, 1927. Die Unterwelt von St. Pauli wird durch mehrere kuriose Mordfälle an Klein-Ganoven erschüttert. Das Besondere: Die Opfer wurden im Tod auf dramatische Weise zur Schau gestellt. Auch in der bürgerlichen Gesellschaft gibt es zwei mysteriöse Todesfälle zu beklagen.
Kriminalkommissar Alfred Weber beginnt zu ermitteln und entdeckt Zusammenhänge zwischen den Mordserien. Seine Nachforschungen sind so manchem ein Dorn im Auge.

Meine Meinung: Was mir bei der Lektüre dieses Kriminalromans besonders gut gefiel, war die Einbettung historischer Fakten in die fiktionale Handlung.
So erfährt man als Leser einige interessante Details über die Einführung der "WKP", der "weiblichen Kriminalpolizei" in Deutschland. Aber auch Themen wie Emanzipation, die Theorien Freuds, Beschreibungen der damaligen Künstler-Szene und der beginnenden Motorisierung beschwören das Flair der goldenen zwanziger Jahre herauf.
Politische Themen wie z. B. der langsam aufkeimende Nationalsozialismus oder kommunistische Strömungen werden zwar kurz erwähnt, sind für die Handlung des Romans aber eher nebensächlich.
Der Kriminalfall selbst beginnt eher gemächlich und obwohl sich die Spannung im Verlauf des Buches durchaus noch steigert, konnte mich die Handlung nicht immer 100-prozentig fesseln. Phasenweise war das Geschehen auch recht komplex, so dass ich erst zum Schluss alle Zusammenhänge erfassen konnte. Insgesamt aber war der Fall logisch aufgebaut und nachvollziehbar.
Die Hauptfigur Kriminalkommissar Alfred Weber blieb in meinen Augen etwas blass. Eigentlich schade, denn sein rebellischer Charakter, sein komplizierter familiärer Hintergrund und seine Liebe zur Damenwelt hatten eigentlich viel Potenzial.
Seine junge Kollegin Auguste fand ich im Gegensatz zu Alfred sehr kess und erfrischend.
Sprachlich ist der Roman leicht zu lesen, vielleicht hätten ein paar eingestreute mundartliche Ausdrucke zusätzlich dazu beigetragen, dass sich der Leser wirklich in das alte Hamburg zurück versetzt fühlt.

Fazit: Insgesamt hat mir dieser historische Krimi recht gut gefallen, obwohl durchaus noch "Luft nach oben" gewesen wäre.

Veröffentlicht am 10.08.2017

Ungewöhnlich

Das Mädchen im Strom
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Inhalt: Sabine Bode erzählt in ihrem Roman die Lebensgeschichte von Gudrun Samuel, Tochter einer wohlhabenden jüdischen Kaufmannsfamilie aus Mainz.
Ihre Kindheit in den zwanziger- und frühen dreißiger ...

Inhalt: Sabine Bode erzählt in ihrem Roman die Lebensgeschichte von Gudrun Samuel, Tochter einer wohlhabenden jüdischen Kaufmannsfamilie aus Mainz.
Ihre Kindheit in den zwanziger- und frühen dreißiger Jahren verläuft unspektakulär, doch als Teenager bekommt sie die Härte des damaligen Regimes zu spüren. Sie muss die Schule verlassen, ihre erste große Liebe in der Öffentlichkeit verheimlichen, wird inhaftiert und kann im letzten Moment Deutschland verlassen.
Doch in ihrer neuen Heimat steht sie vor dem Nichts, muss sich immer wieder alles neu arbeiten und viele Verluste und Enttäuschungen verkraften.

Meine Meinung: Durch die spröde und eher sachliche Erzählweise der Autorin baute sich eine ungewöhnliche Distanz zu den Personen, vor allem aber zu Gudrun, auf.
Doch interessanterweise habe ich das nicht als störend empfunden, sondern es hat es mir leichter gemacht Gudruns schwere Lebensgeschichte zu verfolgen.
Gudrun war mir nicht immer sympathisch, aber sie ist eine Kämpfernatur, die alle ihre Chancen genutzt hat und auch selber um ihre dunklen Seiten weiß. Sie ist eine junge Frau mit guten und schlechten Eigenschaften und keine Heilige. Das wird vor allem im Mittelteil des Romans deutlich.
Sehr berührt hat mich allerdings der Briefkontakt zwischen Gudrun und ihrer Jugendfreundin Margot, der nie ganz abriss und der vor allem das letzte Drittel des Buches aufwertet. Er stellt anschaulich dar, dass das Trauma der Überlebenden auch Jahrzehnte nach Kriegsende noch andauert.

Fazit: Man muss sich auf die distanzierte Erzählweise des Romans einlassen, dann erwartet den Leser ein interessanter Roman über ein ungewöhnliches Schicksal. Mir hat dieses Buch gut gefallen und ich kann es jedem geschichtlich interessierten Leser empfehlen.

Veröffentlicht am 10.08.2017

Gefühlvoll

Die zwei Leben der Florence Grace
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Die kleine Waise Florrie wächst bei ihrer Großmutter in Cornwall in einfachen, aber liebevollen Verhältnissen auf.
Doch als Florrie etwa elf Jahre alt ist, erkrankt auch ihre Großmutter schwer. Kurz vor ...

Die kleine Waise Florrie wächst bei ihrer Großmutter in Cornwall in einfachen, aber liebevollen Verhältnissen auf.
Doch als Florrie etwa elf Jahre alt ist, erkrankt auch ihre Großmutter schwer. Kurz vor ihrem Tod klärt sie ihre Enkelin über deren Herkunft auf. Florries Mutter entstammt einer vornehmen Familie, die das Mädchen nun zu sich nach London nehmen wird.
Aus Florrie Buckley wird nun Florence Grace.
Das junge, ungestüme Mädchen hat viel zu lernen und nicht alle der neuen Verwandten sind ihr wohl gesonnen. Doch zum Glück gibt es auch Turlington, Florries Cousin, Enfant terrible und Erbe der Familie Grace....

Meine Meinung: Schon auf den ersten Seiten fühlt sich der Leser ins historische England zurück versetzt, so bildhaft beschreibt Tracy Reeves die zwar ärmliche, doch glückliche Kindheit der aufgeweckten kleinen Florrie.
Das erste Drittel des Buches hat mir nicht nur besonders gut gefallen, es hat mich regelrecht verzaubert und ich konnte Florence' spätere jahrelange Sehnsucht nach der komischen Landschaft gut nachvollziehen.
Auch ihre erste Zeit in London und Entwicklung zu einer jungen Dame war interessant und glaubwürdig beschrieben.
Etwas anstrengend fand ich jedoch die Liebesgeschichte zwischen Florence und Turlington. Hier war mir es irgendwann zu viel des Guten. Unterstrichen wurde das durch den phasenweise übertrieben blumigen Sprachstil der Autorin.
Den Seufzer: "O, Turlington!" mochte ich nach der x-ten Wiederholung einfach nicht mehr lesen. (Leserinnen mit einer ausgeprägten romantischen Ader wird es aber möglicherweise gar nicht so sehr stören…)
Insgesamt passt aber der Sprachstil in die damalige Zeit und auch zur Geschichte.
Die Weiterentwicklung von Florence zu einer selbstbestimmten Frau, die schließlich ihre Erfüllung findet, hat mich dann wieder mit der Geschichte versöhnt, so dass ich mit gutem Gewissen für vier von fünf Sternen vergeben kann.

Veröffentlicht am 10.08.2017

Berührend

Und damit fing es an
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Über sieben Jahrzehnte, beginnend wenige Jahre vor dem zweiten Weltkrieg, erzählt dieser berührende Roman in leisen, sensiblen Tönen die Geschichte von Gustav Perle und seiner lebenslangen Freundschaft ...

Über sieben Jahrzehnte, beginnend wenige Jahre vor dem zweiten Weltkrieg, erzählt dieser berührende Roman in leisen, sensiblen Tönen die Geschichte von Gustav Perle und seiner lebenslangen Freundschaft zu dem musikalisch begabten Anton.
Die Geschichte spielt in der Schweiz.

Das Buch ist in drei große Abschnitte unterteilt, wobei mich die ersten beiden besonders berührt haben.
Im ersten Teil, der in der Nachkriegszeit angesiedelt ist, geht es um die Kindheit der ungleichen Freunde. Gustav, Sohn einer mittellosen Witwe, hat schon früh gelernt sich "zu beherrschen" und seine Gefühle für sich zu behalten.
Er liebt seine Mutter sehr, obwohl diese ihn stets sehr distanziert behandelt. Von seinem verstorbenen Vater, einem ehemaligen Polizisten, weiß er nur, dass dieser ein Held gewesen sei.
In der Vorschule lernt er eines Tages Anton Zwiebel kennen, den einzigen Sohn einer wohlhabenden jüdischen Bankiersfamilie. Die beiden ungleichen Jungen fühlen sofort tiefe Verbundenheit und legen in diesen Jahren den Grundstein für Ihre Freundschaft.

Rose Tremain erzählt diesen Abschnitt in einer zarten, fast schon kindlich anmutenden Sprache, so dass man als Leser tief in die Seele des kleinen Gustav blicken kann.
Vieles, dass in seiner Umwelt geschieht, kann er noch nicht wirklich begreifen, aber seine Gefühle sind intensiv und stark.

Auch der zweite Teil des Romans hat mich sehr bewegt. Er beginnt kurz vor dem zweiten Weltkrieg und erzählt die Geschichte von Gustavs Eltern.
Als Leser versteht man Emilies schroffe Art besser zu verstehen. Sie, die als junges Mädchen so viele Träume und Hoffnungen hatte und vom Leben immer wieder enttäuscht wurde, ist vor der Realität geflohen und hat die Vergangenheit verklärt. Die Bedürfnisse ihres Sohnes übersieht sie jedoch dabei.

Nach den ersten beiden äußerst starken Abschnitten fällt der dritte Teil leider etwas ab. Wieder geht es um Gustav Perle, nun ein reifer Mann über 50, der mit Fleiß, Disziplin und etwas Glück Besitzer eines kleinen Hotels, dem Hotel Perle, wurde und seine immer noch bestehende Freundschaft zu Anton.
Diesen Abschnitt hätte ich mir etwas ausführlicher gewünscht. Es gibt einige Zeitsprünge, so dass die Geschichte nur wie eine Aneinanderreihung verschiedener wichtiger Ereignisse wirkt.
Hier fehlte mir etwas die Tiefe und das Gefühl der vorangegangenen Abschnitte um die Veränderungen der Freundschaft der beiden Männer besser nachvollziehen zu können.

Trotzdem ist das Buch ein hervorragende Roman, der durch die wunderschöne, sensible Erzählweise von Rose Tremain besticht und dem ich viele Leser wünsche. Sehr empfehlenswert!