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Veröffentlicht am 02.01.2024

Kein roter Faden, aber trotzdem sehr unterhaltsam

Da bin ick nicht zuständig, Mausi
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Ich habe mir das Buch von meinen Bonuspunkten bei vorablesen.de geholt. Vielen lieben Dank an vorablesen.de und dtv für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich ...

Ich habe mir das Buch von meinen Bonuspunkten bei vorablesen.de geholt. Vielen lieben Dank an vorablesen.de und dtv für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.

Aufmachung:
Die Covergestaltung ist simpel; man sieht die Figur Conny vor einem typischen Amtsbüro am Schreibtisch mit einem Haufen Akten und einer Tasse Kaffee vor sich – so, wie man sich eine Beamtin in ihrem Arbeitsumfeld eben vorstellt. :D
In der vorderen Innenklappe sind Zeichnungen der Charaktere Conny sowie Petra, Gisela, Ronja, Doris und Dilara abgebildet, eben die Figuren, die man auch vom Instagram-Kanal @conny.fromtheblock kennt. In der Erzählung selbst stellen sich diese Figuren auch alle einmal vor, auf dieser Seite ist die Zeichnung dann noch einmal in schwarz-weiß abgedruckt, das fand ich ganz süß.


Meine Meinung:
Ich bin auf das Buch über die Instagrammerin selbst aufmerksam geworden, als sie es im Juni bekanntgegeben hat. Da ich ihre Videos schon immer sehr lustig finde, habe ich mir den Erscheinungstermin des Buches natürlich sofort notiert und als ich es bei vorablesen.de entdeckt habe, habe ich nicht lange überlegt und es mir von meinen Bonuspunkten geholt.

Wer die Videos der „Amtsfluencerin“ kennt, weiß auch in etwa, was ihn hier mit „Da bin ick nicht zuständig, Mausi“ erwartet: ganz viel Satire, schrullige Charaktere und ein guter trockener Humor.
Man kann hier nicht die größte, tiefgründigste Erzählung erwarten, aber diesen Anspruch stellt das Buch auch gar nicht.
Es geht darum, Klischees über Beamte aufzuzeigen und auch zu bestätigen, sich ein bisschen darüber lustig zu machen, wie es auf dem Amt (nicht) vorangeht, aber auch, wie Beamte in der Gesellschaft wahrgenommen werden. Ich bin zwar keine Beamtin, aber durch das Studium, Freunde und Bekannte bekommt man ja doch einiges mit, und es ist schon lustig, dass anscheinend deutschlandweit Behörden gleich funktionieren.

Conny selbst ist zwar nur eine Kunstfigur, aber hier wie auch in den Videos so realistisch dargestellt, dass man das schnell vergisst und glaubt, hier ein biografieähnliches Werk zu lesen. Auch die anderen Figuren, die man aus den Videos nennt, sind hier unglaublich liebenswert und lebensnah dargestellt; man bekommt wirklich den Eindruck, mit ihnen zusammen im Büro zu sitzen.
Nebenfiguren wie Hakan, Connys ehemaligen Schulkameraden, oder Gül, ihre Nachbarin werden hier sehr echt und greifbar dargestellt. Die Autorin hat wirklich ein Talent dafür, Figuren zu schaffen, die nah an der Realität sind und daher umso sympathischer wirken, was sich ja auch bereits in ihren Videos zeigt.

Gleichzeitig beweist sie auch mit dem Buch wieder einmal, was für einen wunderbaren, trockenen Humor sie hat. Auf den 288 Seiten habe ich mich unglaublich gut amüsiert, nicht selten habe ich laut aufgelacht. Das liegt wohl einfach daran, dass sie hier Situationen darstellt, die wohl jeder kennt, ob nun selbst Beamtin oder nicht. Man kann sich einfach gut in das Geschriebene hineinversetzen und erkennt sich oder andere aus dem eigenen Bekanntenkreis in den Figuren und Situationen wieder. Bekennend ist, dass dabei jede Figur ihren eigenen Unterton mit einbringt!

Ein bisschen schade fand ich, dass ich durchweg keinen wirklichen roten Faden erkennen konnte. Nun soll dieses Buch ja auch eher mit Beamten-Klischees spielen und den Leser zum Lachen bringen. Aber trotzdem hätte ich mir irgendetwas gezogen, dass sich durch das gesamte Buch zieht und an dem sich die einzelnen Anekdoten aufziehen. Das fehlte mir hier etwas, aber das tut dem großen Unterhaltungsfaktor des Buches insgesamt kaum Abbruch.


Fazit:
„Da bin ick nicht zuständig, Mausi“ ist ein tolles Buch, wenn man lachen und abschalten möchte. Die Autorin hat, wie auch in ihren Instagram-Videos, einen wunderbaren, trockenen Humor, der immer genau den richtigen Ton trifft. Ihre Kunstfiguren wirken dabei wie echte Personen, weil sie einerseits so stereotypisch, andererseits so mehrdimensional und greifbar gestaltet sind, dass sich jeder in einer von ihnen oder in mehreren wiedererkennen wird.
Das Buch erzählt keine zusammenhängende Geschichte und es fehlt ihm auch etwas an einem roten Faden, aber nichtsdestotrotz sorgt es für einige sehr spaßige Lesestunden. Es gibt sogar zwei Rezepte in diesem Buch!
4/5 Lesehasen.

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Veröffentlicht am 21.10.2023

Das richtige Buch zur richtigen Zeit

On Your Own
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Vielen lieben Dank an den Lyx-Verlag und die #bloggerjury für dieses Rezensionsexemplar!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.


Aufmachung:
Vorab: Normalerweise ...

Vielen lieben Dank an den Lyx-Verlag und die #bloggerjury für dieses Rezensionsexemplar!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.


Aufmachung:
Vorab: Normalerweise stehen meine Ausführungen zur Aufmachung ja immer ein bisschen außer Konkurrenz, da ich sie nicht in die Bewertung des Buches mit einfließen lasse, aber da hier die Art und Weise, wie das Buch gestaltet ist, sehr viel zum Leseeindruck und zur Grundstimmung beiträgt, mache ich heute mal eine Ausnahme.
Für das Buch ist das aber auch nur positiv, denn „On Your Own“ ist wirklich wunderschön aufgemacht. Es ist ein Mitmach-Buch, in dem es genug Platz zum Reinschreiben gibt, wenn man das möchte. Gleichzeitig ist es ein Buch, bei dem man sich sicherlich viele Stellen zum Nachlesen markieren wird – ich habe hier auf jeden Fall eine Menge Post-Its verbraucht und das Buch auch nach dem ersten Lesen schon oft wieder aufgeschlagen. Dafür muss es natürlich robust gebunden sein, und da hat der Verlag ganze Arbeit geleistet. Es ist ein Softcover, aber trotz mehrmaligem Aufschlagen habe ich bisher keine Leserillen im Buch. Als jemand, der oft darauf achtet, dass die Buchrücken schön bleiben, ist das gerade bei so einem Buch, mit dem man auch arbeitet, natürlich von Vorteil. :D
Die Farbgestaltung im Buch orientiert sich an den Farben des Covers. Alles ist sehr pastellig gehalten, Seiten mit Atemübungen sind hellgrün unterlegt, Yogaflows helllila und Journaling Prompts in hellblau; im Text selbst sind manche Passagen farbig hervorgehoben. Was im ersten Moment vielleicht etwas bunt und wild klingt, ist dagegen in sich sehr stimmig und versprüht eine ruhige, aufgeräumte Atmosphäre, die natürlich zum Inhalt des Buches passt. Bereits das Anschauen von „On Your Own“ macht also viel Spaß!


Inhalt:
Aber auch das Lesen hat mir sehr viel Freude bereitet. Es hat mir geholfen – bzw. hilft mir immer noch, meine Gedanken zu sortieren, so Manches bewusster zu erleben und mir über einiges klarer zu werden.
Als ich das Buch in der Bloggerjury gesehen habe, war ich vor allem wegen der Yogaflows und der Journaling Prompts, mit denen geworben wird, sofort interessiert, da mich Yoga und Journaling bereits seit einiger Zeit begleiten und ich großen Spaß daran habe. Bevor ich mich für das Buch dann aber beworben habe, habe ich noch ein wenig gezögert, da das Buch primär an diejenigen gerichtet ist, die gerade die Schule abgeschlossen haben oder abschließen. Das ist bei mir mittlerweile sechs Jahre her, und so habe ich befürchtet, dass ich womöglich schon gar nicht mehr zur Zielgruppe gehören könnte.
Letztlich habe ich mich dann aber für eine Bewerbung entschieden, da ich gerade mein Studium abgeschlossen habe und mir dachte, dass das ja auch irgendwie passt. Und damit hatte ich recht! Viele Gedanken und Gefühle, die ich jetzt nach dem Studium hatte, hatte ich nach meiner Schulzeit so gar nicht wirklich, da ich schon ziemlich früh wusste, dass es für mich nach der Schule erstmal mit Jura weitergeht. Das Jurastudium ist dazu ja auch relativ lang, danach kommt das Referendariat und so ist der Weg sehr lange schon vorgegeben, sodass ich mir nach dem Schulabschluss erstmal wenig Gedanken über das „Was kommt später?“ machen musste. Jetzt, nach dem Studium, habe ich nur noch die zwei Jahre Referendariat vorbei, und gerade nach den letzten paar Jahren habe ich extrem gemerkt, wie schnell die Zeit vergeht. Natürlich macht man sich dann (vermutlich auch unnötig) sehr viele Gedanken, über alles, was kommen mag, was man möchte, was man dafür braucht, erledigen muss, vorher noch erleben will und so weiter.
Ich persönlich neige dann dazu, alles zu zerdenken und bis ins kleinste Detail durchzuplanen, selbst wenn das vielleicht gar nicht mal wirklich möglich ist. Damit setze ich mich dann wiederum selbst unter Druck und gerade sehr schnell in ein Gefühlschaos, wenn irgendetwas nicht so klappt, wie ich es mir vorgestellt habe. :‘D
„On Your Own“ kommt da also gerade zum richtigen Zeitpunkt. In diesem Buch geht es nämlich vor allem darum, zu lernen, sich selbst zu vertrauen, netter mit sich selbst zu reden und den (selbst auferlegten) Druck von sich zu nehmen. Dafür hält die Autorin, selbst Psychologin und Yogalehrerin, viele Tools bereit, die einem dabei helfen können. Seien es Journaling Prompts, Atemübungen oder Yogaflows – Viele dieser Übungen habe ich beim Lesen oder danach selbst ausprobiert, manche Yogaflows kannte ich sogar schon und einige, insbesondere Atemübungen oder Journaling Prompts habe ich sogar mehrfach wiederholt. Jede einzelne dieser Übungen, die ich ausprobiert habe, hat eines gemeinsam: Sie schaffen es wirksam, mich zu beruhigen, meine Gedanken zu sortieren oder neuen Mut und neue Energie zu gewinnen.
In den drei Monaten, in denen ich das Buch nun habe, habe ich es noch nicht geschafft, jede dieser Übungen auszuprobieren, da einige auch für sehr spezifische Situationen gemacht sind, in die ich in der Zwischenzeit noch nicht geraten bin. Ich kann mir aber sehr gut vorstellen, dass mir die Übungen aus diesem Buch auch in den Momenten, wenn sie irgendwann mal eintreten, helfen werden.

Neben den Übungen spricht die Autorin auch direkt mit dem Leser, gibt hilfreiche Tipps, wie man mit manchen Situationen umgehen kann oder wie man lernen kann, die Art und Weise, wie man über sich denkt und mit sich spricht, freundlicher zu gestalten. Die Autorin berichtet von eigenen Erfahrungen oder man liest von den Problemen und Gedanken anderer junger Erwachsener und merkt, dass man mit seinen wirren Gedanken gar nicht so alleine ist, wie es sich vielleicht manchmal anfühlt.
„On Your Own“ hat mir beim Lesen und auch nachhaltig wirklich dabei geholfen, mich mit meiner mentalen Gesundheit auseinanderzusetzen, auf mich achtzugeben und für mich zu sorgen. Gerade in der Examensvorbereitung habe ich dazu geneigt, alle Erschöpfung und negativen Gedanken zu verdrängen und mich voll und ganz nur auf das Examen konzentriert. Das war in diesen Monaten eben alles, was zählte, und das hat sich ehrlicherweise dann in den Monaten nach meiner mündlichen Prüfung dann in Form völliger Erledigung und, ich sag mal, „Jura-Müdigkeit“ gerächt. :‘)
Es ist eben nicht nur okay, sondern auch absolut notwendig, dass man manchmal schlechte Tage einfach schlechte Tage sein lässt, ohne sich dafür schlecht zu fühlen, oder dass man mal nicht produktiv ist, sondern stattdessen einfach mal guten Gewissens gar nichts macht, denn trotz allem Leistungsdruck sind wir ja alle keine Maschinen. Objektiv war mir das natürlich klar, ich selbst habe FreundInnen auch den Rat gegeben, nicht so streng zu sich selbst zu sein, aber meine Ansprüche an mich selbst sind dagegen natürlich astronomisch hoch. Dabei, das zu realisieren, es mir wirklich bewusst zu machen, und auch bewusst dagegenzusteuern, hat mir „On Your Own“ sehr geholfen, und dafür wird das Buch immer einen wichtigen Platz in meinem Alltag bekommen.


Fazit:
Auch wenn mein Schulabschluss inzwischen sechs Jahre her ist, hat mir „On Your Own“ beim Lesen und auch nachhaltig wahnsinnig dabei geholfen, mich mit meiner mentalen Gesundheit auseinanderzusetzen, auf mich achtzugeben und für mich zu sorgen. In diesem Buch geht es nämlich vor allem darum, zu lernen, sich selbst zu vertrauen, netter mit sich selbst zu reden und den (selbst auferlegten) Druck von sich zu nehmen. Dafür hält die Autorin, selbst Psychologin und Yogalehrerin, viele Tools bereit, die einem dabei helfen können, spricht einem gut zu und zeigt anhand eigener Anekdoten oder Berichte anderer junger Erwachsene auf, dass man mit seinen fürchterlichen Gedanken nach dem Abschluss gar nicht so alleine ist, wie es sich manchmal vielleicht anfühlt.
Herzensbuch!

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Veröffentlicht am 20.08.2023

Schöner Abschluss einer Wohlfühl-Reihe

A Place to Shine
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Vielen lieben Dank an den Knaur-Verlag für die Bereitstellung meines Rezensionsexemplars!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.


Aufmachung:
An den Covern ...

Vielen lieben Dank an den Knaur-Verlag für die Bereitstellung meines Rezensionsexemplars!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.


Aufmachung:
An den Covern der „Cherry Hill“-Reihe gefällt mir besonders gut, dass sie auf den ersten Blick relativ identisch aussehen, sich bei näherem Hinsehen dann aber durch winzige Details unterscheiden, wie die Highlight-Farbe und die abgebildeten Blüten.
Wie auch schon bei den beiden Vorgängern ist die vordere Innenklappe des Buches mit einer Aquarellzeichnung und der Definition von „Poppy“, der englischen Bezeichnung für Mohnblume, sowie einer Charakterbeschreibung von Poppy verziert, die eine tolle Ergänzung zur Buchgestaltung sind. Auch die einzelnen Kapitelüberschriften sind wieder mit den Blumen des Covers geschmückt und tolle Hingucker im Buch.


Meine Meinung:
Ich habe alle Bücher der Reihe bisher sehr gerne gelesen, da sie vor allem zum Abschalten und Wohlfühlen einfach perfekt sind. Zwar kann man von keinem Teil herzergreifende Tiefgründigkeit erwarten, aber jedes Buch, einschließlich diesem hier schafft es, dass man sich nach nur wenigen Worten auf Cherry Hill zuhause fühlt. Auf „A Place to Shine“ habe ich mich besonders gefreut, da Poppy mit ihrer frechen Art schon seit dem Auftakt zu meinen Lieblingsfiguren zählt.
Aber auch, weil „A Place to Belong“ sehr viel für Poppys Charakter getan hat, obwohl sie dort „nur“ eine Nebenfigur war, war ich sehr gespannt auf ihre eigene Geschichte!

Leider muss ich sagen, dass gerade in dieser Hinsicht „A Place to Shine“ ein wenig hinter meinen Erwartungen zurückbleibt.
Versteht mich nicht falsch: Auch hier mochte ich Poppys direkte Art und ihren trockenen Humor sehr. Wie auch bereits in den Vorgängerbänden hat sie es damit mehrfach geschafft, dass ich laut auflachen musste. Gleichzeitig erkennt man besonders hier, dass sie auch eine verletzliche Seite hat, die immer noch stark unter dem Tod ihres Vaters leidet.
Allerdings fehlte mir hier die emotionale Bindung zu Poppy. Ich habe zwar gesehen, dass sie es schwer hat, aber wirklich gefühlt habe ich es nicht. Tatsächlich kamen ihre Verlustängste und ihr Trauma viel deutlicher in „A Place to Belong“ zum Vorschein, wo sie selbst ja eigentlich gar nicht im Fokus steht. Das wäre aber viel eher in ihrem eigenen Buch zu erwarten gewesen, wo man als Leser sogar ihre Gedanken und Gefühle aus erster Hand mitbekommt. Diese Emotionalität sucht man vor allem in der ersten Hälfte der Geschichte aber vergeblich. Die zweite Hälfte des Buches kommt dem schon näher und schafft es durchaus auch, mich sogar ein paar Mal zu Tränen zu rühren, aber insgesamt finde ich Poppys Charakterentwicklung hier, vor allem im Vergleich zu ihrer Entwicklung in den vorherigen Büchern, aber auch im Vergleich zu der Entwicklung ihrer Schwestern zu schwach.

Ein weiterer Kritikpunkt: Poppys Konflikte mit Flynn und vor allem mit Maddie, die im dritten Teil ja beginnen (was auch der Grund dafür ist, weshalb ich unbedingt empfehlen würde, jedenfalls den dritten vor dem vierten Band zu lesen, während es bei „A Place to Love“ und „A Place to Grow“ relativ egal ist, in welcher Reihenfolge man sie liest), bekommen hier einfach nicht die Aufmerksamkeit, die ich angesichts dessen, wie wichtig sie doch für Poppys Charakter sind, erwartet hätte. Zwar ist es in ihrer Beziehung zu Flynn und zu Maddie inhaltlich durchaus sinnvoll, dass sie lange nicht mit ihm reden kann (anders als zwischen ihr und Trace, dazu später), weshalb mich dieser Teil nicht so sehr gestört hat, wie es sonst bei Misskommunikation der Fall ist. Als sie dann aber irgendwann mit Flynn sprechen darf, hatte ich nicht das Gefühl, dass sich die Autorin ausreichend Zeit genommen hat, die Probleme zwischen Flynn und Poppy auszuräumen – sie haben zwar miteinander geredet, aber danach war fast schon wieder alles wie vorher und ihre Auseinandersetzung wurde kein einziges Mal wieder erwähnt, obwohl sich durch die Geschehnisse in „A Place to Belong“ viel mehr in Poppys und Flynns Beziehung getan hat, was an Aufmerksamkeit verlangt.
Mit Maddie hingegen führt Poppy noch nicht einmal ein richtiges Gespräch, sie kommt lediglich ein paar Mal in Erwähnungen vor. Natürlich ist Maddie hier nicht relevant für die Geschichte zwischen Poppy und Trace, aber sie ist eben Poppys Schwester, mit der noch einiges an ungelösten Konflikten vorhanden ist. Für einen Abschluss der Reihe und vor allem auch für Poppys Charakterentwicklung hätte ich mir hier einfach gewünscht, dass die Autorin sich ein wenig mehr Zeit dafür genommen hätte.


Daneben hatte ich auch hier, wie bereits bei den anderen Büchern, wieder Schwierigkeiten mit Poppys männlichen Gegenpart. Wie auch schon Henry, Bo und Flynn bleibt Trace, den man bereits aus Erzählungen kennt, hier sehr blass. Er ist ein Countrystar, der aufgrund eines Unfalls gezwungen ist, einige Zeit in seinem Elternhaus zu verbringen. Mit seinen Eltern hat er, seit er seine Karriere begonnen hat, ein eher unterkühltes Verhältnis. Warum genau das so ist und wie es sich auf ihn und seine Eltern, vor allem seinen Vater auswirkt, erfährt man allerdings nicht so richtig, ebenso wenig kommt es zu einer Aussprache, Versöhnung oder sonst zu einem Umgang mit diesem Konflikt. Ich hätte mir hier sehr gewünscht, dass das Problem nicht nur angesprochen, sondern auch angegangen wird. Das hätte nicht nur Trace mehr Charaktertiefe gegeben, sondern hätte auch gut dazu verwendet werden können, seine und Poppys Beziehung etwas mehr zu festigen.

Diese konnte ich nämlich auch nicht so richtig nachempfinden, was aber wohl hauptsächlich daran liegt, dass weder Poppy noch Trace hier wirklich ausgebaut werden – wenn die Figuren kein stabiles, mehrdimensionales Charakterfundament bekommen, fällt es mir in der Folge auch nicht so leicht, mich in sie und ihre Gefühle (generell und füreinander) hineinzuversetzen.
Trotzdem heißt das Ganze jetzt nicht, dass „A Place to Shine“ mich gelangweilt oder dass ich gar keinen Spaß mit Poppy und Trace gehabt hätte, im Gegenteil. Das ist bloß nicht ganz so emotional, wie es hätte sein können und wie ich es mir gewünscht hätte.

„Langsam hob ich den Blick und sah ihn unter meinen Wimpern hinweg an. Klick. Sein Gesichtsausdruck veränderte sich. Klick. Wurde sehnsüchtig. Klick. Mein Atem stockte, und ich kämpfte gegen den Drang, die Lider zu schließen. Klick. Seine Augen huschten zu meinen Lippen, und es sah aus, als müsste er sich zwingen, wieder wegzusehen. Klick. Und plötzlich spürte ich sie auch. Die Sehnsucht.“ (S. 276/384).


Die Schlagabtausche, die Textnachrichten und die Spannung zwischen den beiden Protagonisten konnten mich nämlich durchaus sehr gut unterhalten. Beide Figuren halten mit ihrer Meinung nicht hinterm Berg, was für viele spannende Dialoge sorgt, und vor allem die schlagfertige Poppy sorgt stets dafür, dass es zwischen den beiden nicht langweilig wird.
Die Geschichte der beiden wird anfangs auch zum Teil aus der Vergangenheit erzählt, was wir ja bereits aus den Büchern über ihre Schwestern kennen. Auch hier war es wieder schön zu sehen, wie Poppy und Trace sich kennengelernt haben und was sie miteinander verbindet. Ich habe allerdings nicht so ganz verstanden, weshalb genau sich Poppy jahrelang so sehr über Trace aufgeregt hat. Also klar, er hat einen Song über sie geschrieben und damit aus ihrer Sicht ihre Geschichte für seinen Profit verwendet – das kann ich schon nachvollziehen. Aber wieso konfrontiert sie ihn damit nicht ein einziges Mal, nicht einmal, als sie sich nach Jahren bei diesem Unfall wiedersehen und durch ärgerliche Zufälle gezwungen sind, Zeit miteinander zu verbringen? Stattdessen macht sie sich selbst vor, ihn zu hassen, obwohl sie sich doch so offensichtlich zu ihm hingezogen fühlt und macht sich damit das Leben schwer. Dabei muss das Ganze, wie sie nach viel zu langer Zeit auch selbst herausfindet, gar nicht mal so dramatisch sein; das Gespräch, das sie dann doch irgendwann mit Trace führt, ist nämlich sehr antiklimaktisch.


Bei aller Oberflächlichkeit, die ich nun kritisiert habe, und die aus objektiver Sicht meine unten stehende positive Gesamtbewertung auf den ersten Blick eigentlich gar nicht rechtfertigen könnte, möchte ich hier noch einmal betonen, dass die Reihe vor allem von dem leichten, angenehmen Schreibstil, dem Wohlfühlort Cherry Hill und der Beziehung der Schwestern untereinander (mit Ausnahme von Maddie) lebt, und auch „A Place to Shine“ wieder damit überzeugen kann.
Ja, ich hätte mir vor allem von Poppys Charakter einfach mehr erhofft, was aber vermutlich auch mit meinen hohen Erwartungen an sie zusammenhängt.
Nichtsdestotrotz hatte ich eine sehr schöne Zeit mit dem letzten Band auf Cherry Hill, der es, wie auch seine Vorgänger, durch seine sommerliche, friedliche Atmosphäre und den ulkigen Kleinstadt-Vibes geschafft hat, mich glücklich zu machen – und das ist in erster Linie das, was ich mir von einem Buch erwünsche.
Auch wenn also nicht alle Konflikte, die es in meinen Augen zu klären galt, gelöst wurden, ist „A Place to Shine“ deshalb ein sehr schöner Abschluss dieser Wohlfühl-Reihe!


Fazit:
Dem Abschluss der Cherry Hill-Reihe hat es in meinen Augen vor allem an Emotionalität gefehlt, und gerade auch Poppys Charakterentwicklung schwächelt hier im Vergleich zu ihrer Entwicklung in den vorherigen Bänden und auch der Entwicklung ihrer Schwestern – es bleiben einfach zu viele ihrer Konflikte gänzlich ungeklärt oder zu oberflächlich beleuchtet. Auch Trace leidet daran, was mich schon an Henry, Bo und Flynn gestört hat: einem eindimensionalen Charakter, über den man nur wenig erfährt.
Nichtsdestotrotz konnte mich „A Place to Shine“ mit Poppys schlagfertiger Art, der sommerlichen, friedlichen Atmosphäre dieser ulkigen Kleinstadt sowie dem leichten, angenehmen Schreibstil von Lilly Lucas gut unterhalten. Trotz aller ungelösten Konflikte ist „A Place to Shine“ deshalb ein schöner Abschluss dieser Wohlfühl-Reihe, die ich gerne gelesen habe!
4/5 Lesehasen.

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Veröffentlicht am 16.08.2023

Verworren, mystisch und vor allem einnehmend von der ersten Seite an

Wie Träume bluten
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Vielen lieben Dank an den Knaur-Verlag für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.

Aufmachung:
Wie auch schon ...

Vielen lieben Dank an den Knaur-Verlag für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.

Aufmachung:
Wie auch schon das Cover des ersten Bandes gefällt mir das von „Wie Träume bluten“ wieder sehr. Es fällt zwar optisch nicht in mein typisches „Beuteschema“, aber es passt nicht nur super zum Auftakt, sondern vor allem trifft es auch den Inhalt sehr gut.
Man sieht zwei Figuren, die offensichtlich Ronan und Hennessy darstellen sollen, zwei der beiden Protagonisten der Reihe, vor einem Auto mit leuchtenden Scheinwerfern und mit einer untergehenden Sonne hinter einem Nadelwald im Hintergrund. Die beiden Figuren halten jeweils ein Schwert, die offenbar die Traumschwerter von Ronan und Hennessy darstellen sollen.
Insgesamt erzeugt das Cover die Stimmung eines nahenden Weltuntergangs, was auch die Grundstimmung der Geschichte widerspiegelt.


Meine Meinung:
Aus irgendeinem Grund tue ich mich mit dieser Rezension sehr schwer. Dabei bin ich ja, wie ihr vielleicht schon mitbekommen habt, ein großer Fan der Raven Boys und auch „Wie der Falke fliegt“ hat mir im letzten Jahr bereits sehr gut gefallen. „Wie Träume bluten“ ist da keine Ausnahme – tatsächlich konnte er mich gefühlt sogar noch ein wenig mehr mitreißen als der Auftakt.

Trotzdem weiß ich nicht so wirklich, wie ich meine Empfindungen für das Buch ausdrücken soll; ich kann ja schlecht bloß schreiben, dass mir die Atmosphäre wieder einmal unvergleichlich gut gefallen hat, dass ich den einerseits sehr distanzierten, andererseits aber doch gleichzeitig emotionalen und mystischen Schreibstil der Autorin bewundere, und dass mich die Mehrdimensionalität und Entwicklungen jeder ihrer Figuren jedes Mal aufs Neue beeindruckt.
All das ist wahr und doch habe ich den Eindruck, dass nichts, was ich dazu schreiben könnte, meiner Bewunderung für das Talent der Autorin und ihrer Träumer-Welt gerecht wird.

Dabei muss ich gleichzeitig aber auch fair bleiben: Ich bin nicht so sehr geplättet von „Wie Träume bluten“, dass diese Rezension kritikfrei bleibt.
Vor allem das Pacing ist, selbst unter Berücksichtigung dessen, dass alle der Bücher, die ich bisher von Maggie Stiefvater gelesen habe, ein sehr langsames Erzähltempo aufweisen und mehr von Atmosphäre als von Action leben, hier sehr ruhig.
Versteht mich nicht falsch: Es passiert hier schon einiges; vor allem die Tatsache, dass Ronan, Hennessy und Bryde den Jägern stets einen Schritt voraus bleiben müssen, sorgt schon für die eine oder andere rasante Szene. Aber inhaltlich kommt es einem nicht so vor, als passiere in „Wie Träume bluten“ wahnsinnig viel.
In der Geschichte ist man zum Ende von „Wie Träume bluten“ nicht viel weiter als noch 400 Seiten zuvor, was natürlich dazu führt, dass nach wie vor sehr viele große Fragen offenbleiben und man zwar beeindruckt, aber dennoch nicht ganz zufriedengestellt aus dem Buch herausgeht.

Trotzdem habe ich nicht den Eindruck, dass Stiefvater die Geschichte bewusst in die Länge gezogen hat, damit sie eine Trilogie schreiben kann, oder dass einige Szenen hier durchaus gekürzt werden könnten, ohne, dass etwas von dem Leseerlebnis verloren ginge.
Vielmehr erzeugt sie durch foreshadowing, Text zwischen den Zeilen und ein paar kleinere Auflösungen zwischendurch das Gefühl, dass alles genau so sein muss, wie es ist, und dass alles am Ende Sinn ergibt. Vorhersagen, wie einzelne Konflikte aufgelöst werden, was so manch ominöse Information zu bedeuten hat, oder wie die gesamte Geschichte ausgeht, kann man dennoch beim besten Willen nicht.


Das liegt nicht nur daran, dass Stiefvater ihre Geschichte unheimlich gut kennt und es wie keine Zweite versteht, ihre LeserInnen zu verwirren. Unter anderem liegt es auch an den Figuren, die allesamt, wie anfangs bereits angeschnitten, eine beeindruckende Entwicklung durchleben. Selbst bei der scheinbar unwichtigsten Nebenfigur hat man nicht den Eindruck, dass sie auf der Stelle tritt; jede Figur erfüllt ihren eigenen Zweck und bekommt von der Autorin einen Charakter verliehen, der so vielschichtig und facettenreich ist, dass jede Figur dadurch lebendig und echt wirkt.

Praktisch nebenbei wirft die Autorin mit ihrer Traumthematik noch die sehr philosophischen Fragen auf, was jemanden zu einer eigenständigen Person macht, ab wann etwas lebt und wie viel Macht eine einzelne Person haben sollte und dass, nur weil etwas aus der Sicht einer Person „gut“ erscheint, es nicht gleichzeitig auch für alle anderen „gut“ sein muss.
Damit bringt sie den Leser zum Nachdenken, ohne dass sie ihn direkt mit der Nase darauf stößt. All diese Fragen sind so subtil in die Handlung verwoben, dass es einem beim Lesen auf Anhieb nicht unbedingt auffällt, und gerade das ist es, was „Wie Träume bluten“ so spannend macht.


Zum Schluss hätte ich mir, wie gesagt, noch ein bisschen „mehr“ gewünscht, aber ich bin guter Dinge, dass alles so ist, wie es sein soll, und dass mich das Finale noch einmal mehr aus den Socken haut!


Fazit:
Unmittelbar nach dem Beenden konnte ich auf Goodreads in meinem Fazit bloß „shocked pikachu meme“ schreiben, weil mir auf das Gelesene einfach nichts Eloquentes eingefallen ist. Gefühlt kann ich auch jetzt nichts schreiben, was meiner Bewunderung für das Talent der Autorin und ihrer Träumer-Welt gerecht wird.
Zwar hat das Buch insgesamt einen (selbst für die Verhältnisse der Autorin) sehr langsamen Erzählstil und auch inhaltlich hätte ruhig ein kleines bisschen mehr passieren können. Aber trotzdem hat mich auch „Wie Träume bluten“ wieder einmal mit seiner magischen Atmosphäre, dem einerseits sehr distanzierten, andererseits aber doch gleichzeitig emotionalen und mystischen Schreibstil der Autorin und der Mehrdimensionalität und Entwicklungen jeder ihrer Figuren beeindruckt.
Ich kann noch überhaupt nicht sagen, wie die Trilogie ausgehen könnte, daher bin ich unfassbar gespannt auf den Abschluss!
4,5/5 Lesehasen.

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Veröffentlicht am 07.08.2023

Spannendes Prequel zum Orden!

Das Kloster des geheimen Baumes - Die Thronfolgerin
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Vielen lieben Dank an den penhaligon-Verlag und das Penguin Random House Bloggerportal für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche ...

Vielen lieben Dank an den penhaligon-Verlag und das Penguin Random House Bloggerportal für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.

Aufmachung:
Der Verlag hat das Cover des Originals „A Day of Fallen Night“ übernommen, was ich super finde, da es einfach nur wunderschön ist und zudem auch im gleichen Stil von „Priory of the Orange Tree“ gehalten ist, man somit sofort erkennt, dass die Bücher zusammengehören.
Zusätzlich hat der deutsche Verlag den Schutzumschlag des Hardcovers mit blauer Metallicfolierung an den Drachenschuppen veredelt, was dem Buch direkt einen viel hochwertigeren Gesamteindruck verleiht. Anders als die beiden Teile der Übersetzung von „Priory of the Orange Tree“, „Der Orden des Geheimen Baumes“, hat „Das Kloster des Geheimen Baumes“ leider kein Lesebändchen, aber das finde ich in Ordnung. Insgesamt ist der Preis von 22 € wegen der hochwertigen Aufmachung nämlich trotzdem mehr als gerechtfertigt, zumal sich im Innenteil einige Karten befinden, mit deren Hilfe man die Wege der Protagonisten verfolgen kann.
Einzig den deutschen Titel des Prequels „Das Kloster des Geheimen Baumes“ finde ich nicht so gut gewählt; zwar passt er irgendwie schon zum Inhalt, da es auch hier natürlich immer noch um die Priorei geht, aber er ist meines Erachtens viel zu ähnlich zum deutschen Titel der Hauptreihe (bzw. des Hauptbuches, im Original ist es ja ein Einzelband) und hat dadurch natürlich wenig Wiedererkennungswert.


Meine Meinung:
Vorab muss ich dazu sagen, dass ich den „Orden des Geheimen Baumes“ bereits vor gut zweieinhalb Jahren gelesen habe – nicht nur wegen dieser großen Zeitspanne, sondern auch angesichts der Komplexität des Buches konnte ich mich zu Beginn an kaum noch etwas erinnern. Ich wusste nur noch, dass ich das Magiesystem und Worldbuilding absolut genial fand, mir aber gleichzeitig die Erzählung vor allem im ersten Teil der deutschen Übersetzung viel zu langwierig war, ich also gemischte Gefühle zum Orden hatte.
Dennoch war ich neugierig auf das Prequel, in dem es um ein Ereignis geht, das im Orden mehrfach erwähnt wird und an das ich mich auch noch vage erinnern konnte.
Ich bin also mit eher moderaten Erwartungen an „Das Kloster des Geheimen Baumes“ herangegangen und wurde dafür dann positiv überrascht!

Denn obwohl ich mich, wie gesagt, an kaum etwas erinnern konnte, habe ich den Einstieg in das Prequel viel leichter gefunden als in das Hauptbuch. Da es sich um die gleiche Welt handelt, ist auch das „Kloster“ natürlich sehr komplex, der Schreibstil ist schwierig und man muss sich viele Details und Figuren merken, um sich im Buch zurechtzufinden.
Damit hatte ich keinerlei Probleme – auch wenn ich anfangs noch sehr verwirrt war, war ich gefesselt von dieser Welt, die ich, da das Buch 500 Jahre vor dem „Orden“ spielt, noch einmal neu kennengelernt habe.

Das lag zum Teil aber auch daran, dass man hier so viel mehr von der Welt kennenlernt als im „Orden“. Die Kapitel sind jeweils aus der Sicht einer Figur geschrieben, die im Osten, Westen, Norden oder Süden wohnt – jede Himmelsrichtung steht dabei für ein eigenes Land in dieser Welt, das seine eigenen Sitten und seine eigene Politik hat.
Was auf den ersten Blick so klingt, als sei das Buch unheimlich komplex und als bekäme man unfassbar viele Informationen, die man verarbeiten muss, ist natürlich auch genau so. Aus dem Grund würde ich die Bücher von Samantha Shannon auch keinem Genreeinsteiger empfehlen.
Aber die Art, wie sie die Informationen mit dem Leser teilt, wie sie ihn durch die Welt führt und ihren Figuren und ihrem Magiesystem näherbringt, sorgt dafür, dass man sich schnell zuhause fühlt und sich alles bei aller Komplexität trotzdem natürlich anfühlt.
Man bekommt viel an die Hand, was man verarbeiten muss, ja, aber man wird nicht mit Informationen zubombardiert, sodass man irgendwann den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht.
Stattdessen schafft Shannon hier ein ganz großartiges High Fantasy-Epos, das – für einen Einzelband äußerst ungewöhnlich – unheimlich vielschichtig und reich an Details ist.

Zudem besticht Shannon hier mit einer Originalität, die ihresgleichen sucht. Von Wortneuschöpfungen, über unbekannte Wesen, bis hin zu Kulturen und Völkern, die zwar irgendwie an uns Bekannte erinnern, aber doch auf eigenen Beinen stehen, ist hier alles dabei, was das High Fantasy-Herz begehrt.
Was eigentlich selbstverständlich sein sollte, aber trotzdem nicht allzu häufig in diesem Genre auftaucht und daher trotzdem bemerkenswert ist: Wie auch schon der „Orden“, zeigt „Das Kloster des Geheimen Baumes“, dass High Fantasy nicht sexistisch sein muss. In so gut wie allen HF-Büchern, die in einem mittelalterlichen Setting spielen, ist es Gang und Gäbe, dass Frauen von Männern unterdrückt, ausgenutzt und belächelt werden. Eben, weil es im „echten“ Mittelalter so war. Aber wer sagt denn, dass das in Fantasy auch so sein muss? Fantasy ist doch gerade das Genre, in dem alles erlaubt ist!
Und das zeigt dieses Buch: Das Königinnenreich Inys bspw., oder auch der Orden des Orangenbaumes sind Matriarchate. Auch in vielen anderen Teilen dieser Welt sind Frauen diejenigen, die leitende Positionen und Macht innehaben – nicht in allen, es gibt auch Könige und Kaiser!
Frauen und Männer sind hier also gleichberechtigt, und das wird nicht einmal zum Thema gemacht, sondern ist einfach so. Gleiches gilt übrigens auch für gleichgeschlechtliche Beziehungen. Es gibt hier mehrere Figuren, die sich zum gleichen oder zu mehreren Geschlechtern hingezogen fühlen, und auch das wird nicht weiter kommentiert, sondern einfach dahingestellt.


Fazit:
„Das Kloster des Geheimen Baumes“ ist ein äußerst spannendes Prequel zum „Orden des Geheimen Baumes“, das die Hauptgeschichte sowohl unterstützt als auch völlig eigenständig existiert. Ich würde zwar empfehlen, zuerst das Hauptbuch, dann das Prequel zu lesen, da die Bücher eben in dieser Reihenfolge erschienen sind und man sich so in dieser hochkomplexen Welt, in die im „Orden“ noch stärker eingeführt wird als im „Kloster“, vielleicht noch ein bisschen besser zurechtfindet. Man kann aber meines Erachtens auch genauso gut zuerst das Prequel und dann das Hauptbuch oder eben nur das Prequel lesen.
Inhaltlich finde ich „Das Kloster des Geheimen Baumes“ nämlich ein wenig stärker als den „Orden“, da es ein rasanteres Erzähltempo, eine höhere Plotdichte und ein noch weitreichenderes, detailliertes Worldbuilding hat als das Hauptbuch. Einen halben Stern Abzug gibt es, weil es trotz allem auch hier ein paar Längen gibt, aber im Großen und Ganzen hat Samantha Shannon hier ein unfassbar beeindruckendes High Fantasy Epos geschaffen, dessen detailreiche Gesamtheit man gar nicht unbedingt auf den ersten Blick erfassen kann. Umso beeindruckender, dass das Buch im Original ein Einzelband ist!
4,5/5 Lesehasen.

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