gelungener historischer Roman aus dem angelsächsischen England
RabenthronDas England im frühen 11. Jahrhundert ist geprägt durch politische instabilität unter der Herrschaft Æthelred des Unberatenen und den beständigen Überfällen dänischer Invasoren. In dieser Zeit macht sich ...
Das England im frühen 11. Jahrhundert ist geprägt durch politische instabilität unter der Herrschaft Æthelred des Unberatenen und den beständigen Überfällen dänischer Invasoren. In dieser Zeit macht sich Ælfric of Helmsby zusammen mit seinem Sohn und einen dänischen Gefangenen auf den Weg in die Hauptstadt des angelsächsischen Englands. Unterwegs machen sie bekanntschaft mit dem wissensbegierigem Mönch Eilmer of Malmesbury und eine langanhaltende Freundschaft entsteht. Dabei geraten unsere Helden schnell in den inneren Kreis des Hofes und finden sich schnell zwischen politischen Ränkespielen wieder.
Zeitlich schließt der Roman nahe vor "Das Zweite Königreich", dem ersten Band der Helmsby-Reihe an. Allerdings lässt sich Rabenthron gut lesen, ohne dass man die anderen beiden Romane aus der Reihe gelesen haben muss.
Schnell habe ich auch hier wieder in den Schreibstil Gablés hineingefunden, flott und raumgreifend wird die Geschichte erzählt, und die Seiten sind bei mir nur so dahingeflogen. Auch die Atmosphäre für Umgebung in räumlichen und historischen Sinn wurde wieder sehr gut getroffen und man hat wirklich das Gefühl, an den histroischen Schauplätzen mitdabei gewesen zu sein. Was dieses Mal aber hinter meinen Erwartungen zurückblieb war die Ausbildung der einzelnen Charaktere. Nach Klappentext und den ersten Kapiteln habe ich mir erwartet, dass wir mit Ælfric, Hakon und Eilmer drei gleichwertige Hauptcharaktere haben, zwischen denen in der Geschichte die Perspektiven hin und herwechseln. Allerdings blieb uns die Autorin dies schuldig. Der Fokus liegt deutlich auf Ælfric und später dann auf seinem Sohn Penda, den wir schon als kleinen Jungen zu Beginn des Buches kennenlernen. Bruder Eilmer taucht in den späteren Kapiteln des Buches hin und wieder mal auf, spielt allerdings keine wirklich tragende Rolle und auch Hakon - der zwar mehr auftritt als Eimer - blieb deutlich unter meinen Erwartungen. Nicht nur, was den Anteil an der Handlung anbelangt, sondern viel mehr auch die Charakterentwicklung. Hakon und andere auch, bleiben den ganzen Roman über nur sehr schwer greifbar für mich. Andere Figuren widerum wurden ihrer Rolle entsprechend in guter Art und Weise Gablés gezeichnet und dargestellt. Aber so muss ich leider sagen, dass der Roman ohne Hakon und Eilmer nicht sehr viel schlechter funktioniert hätte. Das Potential für intensive Zwischenmenschliche Beziehungen und Konflikte zwischen den drei jungen Männern mit doch sehr unterschiedlichem Hintergrund wurde leider nicht angetastet, obwohl es mitunter eines der Themen war, auf das ich mich zu Beginn des Romanes am meisten gefreut hatte. Auch muss ich sagen, dass mir im vergleich zu anderen Roman der Autorin unser Hauptprotagonist Ælfric weniger symathisch war. Er ist nicht unsympathisch, aber er macht durch gewisse Dummheiten und Wesenszüge auf mich doch einen bisschen stark naiven Eindruck.
Was Rebecca Gablé aber ohne Zweifel wieder sehr gut gelungen ist, ist es die historischen Gegebenheiten und das Leben am Hof spannend aufzubereiten. Nach diesem Roman weiß glaube ich jeder darüber Bescheid, was es mit den letzten Königen vor der normannischen Eroberung Englands auf sich hatte. Wir erleben - zwar mit vielen Zeitsprüngen - die Herrschaften von 5 englischen Königen mit und finden uns immer wieder mit dabei bei wichtigen Einzelereignissen. Besonders Augenmerkt wird von der Autorin auf Königin Emma, die uns den ganzen Roman über begleitet und ihren Sohn Prinz Edward, den späteren Eduard der Bekenner, gelegt. DSas ist der Autorin auch hier wieder sehr gut gelungen, diese nahbar zu machen und ihnen ein stark menschliches Antlitz zu geben. Auch wenn wir es nicht wissen, ich kaufe es der Autorin ab, dass die beschriebenen historischen Persönlichkeiten wirklich so drauf waren.
Auch wenn die Kritik hart wirken mag, ist der Roman immer noch außerordentlich spannend und unbedingt lesenswert. Als jemand, der beinahe alle Bücher der Autorin gelesen hat, komme ich nicht umhin, Rabenthron in seiner Umsetzung mit diesen zu vergleichen. Und dabei schneidet dieser Roman für mich persönlich einfach in einigen Aspekten schlechter ab. Dennoch kann ich den Roman wirklich jedem ans Herz legen und ich hatte sehr viele spannende Stunden damit.