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Veröffentlicht am 15.09.2016

Sonniges Sizilien mit Schattenseiten

Das Sternenboot
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Nicola und Stella kommen am selben Tag zur Welt. Doch die Vorzeichen ihrer Geburt und Kindheit könnten nicht unterschiedlicher sein. Nicola ist das absolute Wunschkind seiner Eltern und vervollständigt ...

Nicola und Stella kommen am selben Tag zur Welt. Doch die Vorzeichen ihrer Geburt und Kindheit könnten nicht unterschiedlicher sein. Nicola ist das absolute Wunschkind seiner Eltern und vervollständigt ihr Glück, obwohl sie nicht über große finanzielle Mittel verfügen. Stella hingegen ist die dritte Tochter, ihre adlige Mutter ist enttäuscht über eine weitere Tochter anstatt des ersehnten männlichen Erben und so lehnt sie das Kind von Anfang an ab.

Die Autorin lässt uns Leser daran teilhaben, wie diese beiden Kinder aufwachsen, wie sich ihre Kindheit und Jugend entwickelt. Es dauert lange, bis sich ihre Wege kreuzen, obwohl die Geschichte in einem kleinen Ort auf Sizilien spielt, doch zu groß sind gerade hier die gesellschaftlichen Unterschiede zwischen dem Sohn eines Polizisten und der Tochter eines Grafen. Doch zeigt der Verlauf der Handlung von Anfang an deutlich, dass es nicht darum geht, über wie viel Geld oder Titel eine Familie verfügt, sondern dass die wahren Werte ganz woanders liegen und man Glück nicht kaufen kann.

Der Leser begleitet Nicola und Stella, die es beide nicht leicht im Leben haben, denn beide Familien werden von Schicksalsschlägen getroffen.
Die Romane der Autorin spielen immer wieder auf Sizilien und die Insel bietet wie gewohnt eine farbenprächtige, sonnige Kulisse. Dennoch werden auch die Schattenseiten nicht verschwiegen, ärmliche Verhältnisse auf dem Land, Unterdrückung der Frauen und vor allem die allgegenwärtige Mafia, gegen die sich kaum einer aufzulehnen wagt – und wer es doch tut, wird schnell und hart bestraft, so dass die Furcht immer größer wird und die meisten sich lieber weiter ducken und resignieren.

Man merkt, dass die Autorin sich hier auskennt, Land und Leute sind wunderbar anschaulich beschrieben. Nicht nur die beiden Protagonisten, auch die meisten der Nebenfiguren standen mir während der Lektüre deutlich vor Augen und ich konnte ihr Handeln und Denken zwar nicht immer gutheißen oder persönlich nachvollziehen, aber dennoch war es für mich immer verständlich, warum die Figuren so handeln, wie sie es in der Geschichte tun. Das ist für mich ein großer Pluspunkt.

Aus der Buchbeschreibung geht es nicht hervor, aber es handelt sich um den ersten Band eines Zweiteilers, die Geschichte von Nicola und Stella wird 2016 fortgesetzt. Mit diesem Wissen war ich mit dem etwas abrupten Ende versöhnt und freue mich darauf, nächstes Jahr weiterzulesen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Wunderschön!

Der Ozean am Ende der Straße
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Der Erzähler ist eigentlich auf dem Weg zu einer Beerdigung und kommt dazu in seinen Heimatort. Das Haus, in dem er aufgewachsen ist, existiert nicht mehr, doch wie von selbst fährt er weiter, bis ans ...

Der Erzähler ist eigentlich auf dem Weg zu einer Beerdigung und kommt dazu in seinen Heimatort. Das Haus, in dem er aufgewachsen ist, existiert nicht mehr, doch wie von selbst fährt er weiter, bis ans Ende der Straße landet, auf der Farm der Hempstocks. Hinter deren Haus liegt der Ozean, eigentlich viel mehr ein Teich, doch in den Augen des damals siebenjährigen Erzählers war es eben ein Ozean.

Und an dessen Rand sitzt er nun und erinnert sich an seine Kindheit, wie er und seine Schwester aufgewachsen sind und wie er eines Tages Lettie Hempstock kennenlernte und daraufhin ganz erstaunliche und auch ziemlich gruselige Dinge erlebt hat.

Die Geschichte beginnt mit einer ganz normalen Familie in einer normalen ländlichen Gegend und wird dann nach und nach immer phantastischer.

Es war mein erstes Buch von Neil Gaiman und ich wusste überhaupt nicht, was mich erwartet, bin also ganz unbefangen an die Geschichte herangegangen. Dadurch war ich mir eine Zeitlang gar nicht sicher, ob das alles wirklich passiert oder die Phantasie eines kleinen Jungen hier reale Ereignisse umwandelt. Für Gaiman-Kenner stellt sich diese Frage vermutlich nicht.

Es ist eigentlich nur ein kleines Büchlein, aber es passiert so viel und die Sprache ist so wunderschön, dass ich mich relativ lange damit aufgehalten habe.

Vieles bleibt der Interpretation und Phantasie des Lesers überlassen, aber während ich sonst klar definierte und erklärbare Handlungen bevorzuge, hat mir das hier irgendwie überhaupt nicht gestört, es passte einfach von Inhalt und Sprache so wunderbar zusammen.

Es war sicher nicht mein letztes Buch von Neil Gaiman und wird einen Ehrenplatz in meinem Regal bekommen, da ich mir vorstellen kann, dass es bei nochmaligem Lesen immer noch weitere Details zu entdecken gibt.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Schöne Idee, in der Umsetzung nicht ganz überzeugend

Die Magie der Namen
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Wir befinden uns in einer Welt, in der junge Menschen keine Namen haben. Sie werden durchnummeriert und bis zu ihrem Schulabschluss nur als Zahlen angeredet, erst dann erhalten sie einen Namen und damit ...

Wir befinden uns in einer Welt, in der junge Menschen keine Namen haben. Sie werden durchnummeriert und bis zu ihrem Schulabschluss nur als Zahlen angeredet, erst dann erhalten sie einen Namen und damit eine wirkliche Identität. Nummer 19 ist ein schmächtiger Junge, der es kaum erwarten kann, endlich seinen Namen zu erfahren. Denn bei der Namenszeremonie erfährt man nicht nur, wie man heißt und in welche Familie und Gilde man damit gehört, man verändert sich auch körperlich, wächst zum Beispiel oder wird kräftiger. Doch bei Nummer 19 geschieht nichts davon. Seine Gestalt ändert sich nicht und den Namen, den er erhält, hat noch nie jemand gehört. Das ist umso erstaunlicher, als die Namen eigentlich immer wieder vergeben werden – wie kann es da sein, dass niemand den Namen Tirasan Passario kennt?

Tirasan bleibt nichts anderes übrig, als sich für den Moment damit abzufinden. Nach der Zeremonie müssen alle neuen Namensträger zum Namensarchiv in die Hauptstadt reisen, um sich dort offiziell eintragen zu lassen. Also macht auch Tirasan sich auf den Weg. Zu seinem Glück muss er nicht alleine reisen, der junge Krieger Rustan schließt sich ihm an und bald kommen noch weitere Weggefährten hinzu. Die Reise wird abenteuerlich, aber das ist noch nicht gegen die Überraschungen, die die kleine Gruppe am Ziel erwarten!

Mit diesem Buch hat die Autorin 2015 den ersten #erzaehlesuns Wettbewerb des Piper Verlags gewonnen. Ein tolles Debut!

Die Welt und die ganze Idee mit den Namen gefiel mir sehr gut. Die Handlung beginnt erst recht gemächlich, schnell steigert sich dann aber das Tempo und die Spannung, so liest sich das Buch extrem schnell.
Es gab ein paar Dinge, die ich nicht ganz schlüssig oder zu wenig ausgearbeitet fand, aber am Ende löst sich doch alles ziemlich nachvollziehbar auf. Mein größter Kritikpunkt ist das Ende, die Lösung hier kam mir zu einfach vor und hat mich nicht so ganz begeistern können.

Insgesamt eine schöne Idee mit guter Umsetzung, bei der mir aber dennoch irgendwie ein bisschen etwas gefehlt hat!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Auch als Buch ein Vergnügen

Winston (Band 4) - Im Auftrag der Ölsardine
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Schon der vierte Fall von Kater Winston und seinen menschlichen und vierbeinigen Freunden! Diesmal habe ich das Buch gelesen, eigentlich bevorzuge ich bei dieser Reihe die Hörbücher, die Oliver Kalkofe ...

Schon der vierte Fall von Kater Winston und seinen menschlichen und vierbeinigen Freunden! Diesmal habe ich das Buch gelesen, eigentlich bevorzuge ich bei dieser Reihe die Hörbücher, die Oliver Kalkofe wunderbar liest. Aber da ich schon mehrere Bände gehört habe, hatte ich beim Lesen seine Stimme auch irgendwie im Kopf.

Zum Inhalt: Diesmal haben Winston und seine Freunde gleich zwei Fälle zu lösen. Zum einen scheint es bei Feinkosthändler Sandro nicht mit rechten Dingen zuzugehen, gleich mehrere ernsthafte Magenverstimmungen sorgen gerade kurz vor Weihnachten für einige Besorgnis. Zum anderen scheint ein skrupelloser Mensch Giftköder auszulegen, um damit Hunde und vor allem Katzen umzubringen – wer tut so etwas nur?
Da sowohl Menschen als auch Tiere in Gefahr sind, erweist sich das bewährte Team von Winston, seiner Menschenfreundin Kira sowie ihren Freunden Tom und Pauli als ideale Besetzung, um die Fälle aufzuklären. Besondere Unterstützung bekommen sie diesmal auch von Odette, der Angebeteten von Winston. Ob die beiden sich irgendwann einmal endlich näherkommen werden?

Obwohl es nach dem ersten Band, in dem Kira und Winston ja die Körper getauscht hatten, etwas weniger phantastisch zugeht, bleibt der spezielle Charme der Reihe auch im vierten Teil erhalten. Kira und Winston verbindet immer noch ein besonderes Band, auch wenn sie nicht mehr direkt miteinander reden können. Aber sie verstehen sich immer noch ziemlich gut und sorgen damit mehr als einmal für Verblüffung in ihrer Umwelt. Der Autorin gelingt es, die Geschichten spannend zu halten, was für mich weniger an den jeweiligen Fällen liegt, die sind meist recht einfach gestrickt. Aber es geht hier ja auch nicht um Krimis, sondern um Kinderbücher. Schön finde ich, dass auch Randfiguren mehr Bedeutung bekommen, wie hier zum Beispiel Odette, deren Lebensgeschichte wir erfahren. So bleibt es unterhaltend.

Natürlich darf man die Bücher nicht mit dem Anspruch lesen, eine realistische Geschichte erzählt zu bekommen. Allein Winstons Fähigkeiten sind ja schon unglaublich – wobei ich nicht so genau weiß, was Katzen nicht vielleicht doch alles können! Aber auch die Kinder sind ja immer wieder sehr erstaunlich in ihrem Ideenreichtum und vor allem ihrem Mut! Zum Glück stehen notfalls aber ja auch immer ein paar zuverlässige Erwachsene hinter ihnen, sei es nun Winstons Professor oder Kiras Babuschka – man muss sie einfach alle ins Herz schließen und so freue ich mich schon auf den nächsten Band!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Du machst mich bezaubernd

All die verdammt perfekten Tage
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Violet Markey und Theodore Finch gehen auf dieselbe Schule und sind in derselben Stufe. Das ist aber auch schon alles, was sie verbindet. Violet gehört zur angesagten Clique, ist beliebt und angesehen. ...

Violet Markey und Theodore Finch gehen auf dieselbe Schule und sind in derselben Stufe. Das ist aber auch schon alles, was sie verbindet. Violet gehört zur angesagten Clique, ist beliebt und angesehen. Seit dem Unfalltod ihrer Schwester vor einem knappen Jahr ist sie ziemlich aus der Bahn geworfen, mogelt sich irgendwie aber durch. Theo, von den meisten nur bei seinem Nachnamen Finch gerufen, ist der Freak der Schule. Er fällt auf, er provoziert und sorgt immer wieder für Unruhe. Außerdem hat er merkwürdige Aussetzer, von denen aber anscheinend niemand weiß. Die beiden haben also nichts gemeinsam, bis sie sich eines Tages auf dem Glockenturm der Schule begegnen. Beide stehen auf der Mauer, nahe am Abgrund. Finch überredet Violet, von der Brüstung runterzuklettern, doch alle denken, es wäre umgekehrt gewesen, dass sie ihn gerettet hätte. Und vielleicht hat sie das auch? Aber auf jeden Fall verliebt sich Finch in Violets Lächeln und macht sich zur Aufgabe, sie aus ihrer Trauer herauszuholen. Für ein Schulprojekt sollen sie besondere Orte in ihrem Heimatstaat Indiana aufsuchen und darüber berichten. Für Violet und Theo beginnt eine ganz besondere Reise.

Es fällt mir schwer, das Buch zu beurteilen. Im ersten Drittel konnte es mich nicht wirklich fesseln. Die Idee, besondere Orte in der Umgebung aufzusuchen, die eigene Heimat besser kennenzulernen, hat mir gefallen. Man sollte viel öfter genauer hinschauen, um den Zauber im Alltäglichen nicht zu übersehen! Aber die beiden Protagonisten haben mich lange Zeit emotional kaum berührt. Beide haben ihre Probleme. Die von Violet sind offensichtlich, die von Finch nur teilweise und er bleibt somit lange Zeit ziemlich rätselhaft. Im Mittelteil hat mir das Buch dann besser gefallen, die Stimmung wirkte positiver. Gemeinsam entwickeln die beiden sich, zumindest Violet macht spürbare Fortschritte, geht wieder aus sich heraus und nimmt wieder mehr und aktiver am Leben teil. Dazu trägt Finch mit seinem Wesen und seinen Ideen einen großen Teil bei. Doch braucht er nicht auch Hilfe? Kann Violet ihm diese geben?
Gegen Ende kippte die Stimmung für mich dann wieder. Ich will hier nichts weiter verraten, aber es passiert etwas, das mir gar nicht gefallen hat und das mich wütend gemacht hat.

Insgesamt empfand ich das Buch als erschreckend düster und trostlos, auch wenn ich den Eindruck hatte, dass das nicht wirklich die Botschaft sein sollte, denn es gibt so viele schöne, hoffnungsvolle Szenen in der Geschichte, auch am Ende. Dennoch überwiegt für mich die Traurigkeit und es hat mich ziemlich runtergezogen.

Das Buch ist nicht explizit als Jugendbuch ausgewiesen, aber durch die jugendlichen Protagonisten spricht es sicher auch diese Zielgruppe an.